Originaltitel:
Miracle on 34th Street
Regie und Drehbuch: George Seaton, Musik: Cyril Mockridge
Darsteller: Edmund Gwenn, Maureen O'Hara, John Payne,
Natalie Wood, Jerome Cowan, Gene Lockhart, Alvin Greenman, Porter Hall, William
Frawley, Philip Tonge, Harry Antrim, Thelma Ritter
FSK: 0, Dauer: 97 Minuten.
Die alleinerziehende Mutter Doris Walker (Maureen O'Hara,
"Rio Grande") wurde von der Liebe so sehr enttäuscht, daß sie nur
noch an die Realität und an Fakten glaubt – eine Einstellung, die sie auch
ihrer kleinen Tochter Susan (Natalie Wood, "… denn sie wissen nicht, was
sie tun") vermittelt, die daher keine Märchen erzählt bekommt und nicht an den Weihnachtsmann glaubt. Ironischerweise zeichnet ausgerechnet Doris
für die Organisation der großen jährlichen Thanksgiving-Parade des Kaufhauses Macy's in
New York verantwortlich, die mit der Ankunft von Santa Clause die
Weihnachtssaison einleitet. Als der angeheuerte Nikolaus sehr kurzfristig ausfällt,
engagiert Doris vom Fleck weg einen netten älteren Herren, der genau so aussieht,
wie man sich den Weihnachtsmann vorstellt – und felsenfest darauf besteht, wirklich Santa Clause zu sein! Tatsächlich wird dieser Kris Kringle (Edmund
Gwenn, "Immer Ärger mit Harry") bei der Parade ein voller Erfolg,
weshalb er anschließend bis Weihnachten bei Macy's Kinderwünsche anhören
(und durch die Käufe der Eltern die Kassen des Kaufhauses füllen) soll. Alle lieben
diesen Santa Claus, der überall Frohsinn und Menschlichkeit verbreitet –
abgesehen von dem grantigen Kaufhaus-Psychologen Sawyer (Porter Hall,
"Reporter des Satans"), der Kris wegen seines Glaubens, der
echte Weihnachtsmann zu sein, für gefährlich hält und in die Psychiatrie einweisen
lassen will. Die Angelegenheit geht vor Gericht, wo Richter Harper (Gene
Lockhart, "Der große Edison") widerwillig urteilen muß, ob
der von Doris' idealistischem Nachbarn Fred (John Payne, "Auf Messers
Schneide") vertretene Mr. Kringle in Freiheit bleibt oder nicht …
Kritik:
Ein oft übersehener problematischer Nebeneffekt von
Hollywoods sich in den letzten Dekaden verstärkender Remake-Manie ist die
Gefahr, daß das Remake das Original in der öffentlichen Aufmerksamkeit in
den Hintergrund drängt. Dies geschieht natürlich nicht, wenn das Original ein
gefeiertes (Genre-)Meisterwerk ist und die Qualität der Neuverfilmung klar
abfällt ("Psycho", "The Fog", "Wicker Man"), aber
wenn das Original schon älter und der qualitative Unterschied überschaubar ist,
dann kann es durch das Remake in Vergessenheit geraten. Gute Beispiele dafür
sind etwa "Das Ding aus einer anderen Welt", "Scarface"
oder "Die Fliege". Und auch "Das Wunder von Manhattan" paßt
in diese Reihe, denn obwohl Les Mayfields gleichnamige Neuverfilmung von 1994 mit Sir Richard Attenborough als Weihnachtsmann nur mittelmäßige
Kritiken erhielt, wurde im deutschen Free-TV seitdem nie mehr das
Schwarzweiß-Original von George Seaton ("Ein Mädchen vom Lande")
gezeigt. Eine sehr bedauerliche Entscheidung der Programmplaner, denn trotz des
Alters hat sich Seatons "Das Wunder von Manhattan" seinen etwas
naiven, aber aufrichtigen Charme bis heute bewahrt und verbreitet nach wie vor
gekonnt Weihnachtsstimmung mit garantiertem Happy End.
Daß "Das Wunder von Manhattan" in erster Linie ein
Märchen ist, zeigt vor allem der finale Gerichtsprozeß, der in so ziemlich
jeder denkbaren Hinsicht absoluter Humbug ist. Ich muß zugeben, daß mich das
schon ein wenig geärgert hat, denn man hätte den Prozeß, ohne den
Märchencharakter zu verlieren, sehr wohl realistischer und glaubwürdiger
darstellen können. Aber was soll's, witzig ist das Gezeigte allemal und die aus
vielen – heutzutage bis auf die Hauptdarstellerin O'Hara weitgehend in
Vergessenheit geratenen – damaligen Stars bestehende Besetzung sorgt mit viel Spielfreude dafür,
daß man jederzeit gut unterhalten wird. Nicht ohne Grund gewann Edmund Gwenn
sogar den OSCAR für die beste Nebenrolle, denn sein Santa Clause ist in der Tat
zauberhaft mit seiner unaufgesetzten und mit mildem Witz unterfütterten
Freundlichkeit, seinem aufrechten Interesse an allen Menschen, aber auch der
unverhohlenen Frustration über Menschen wie den böswilligen Kaufhaus-Psychologen
Sawyer, der mit seinem endlosen Zynismus das Gegenteil des
sprichwörtlichen Geistes der Weihnacht verkörpert. Das Zentrum von "Das
Wunder von Manhattan" ist in Wirklichkeit jedoch Doris Walker, denn sie
und ihre aufgeweckte Tochter Susan sind gewissermaßen der Lackmustest für Kris
Kringle – ob er nun der echte ist oder nicht.
Hollywood-Legende Maureen O'Hara ist in der Rolle wenig
überraschend eine Wucht: Obwohl sie schauspielerisch natürlich schon mal stärker
gefordert war, verkörpert sie die von der Liebe enttäuschte und zur generellen
Skeptikerin mutierte Doris mit einer Wärme und Verletzlichkeit, daß man sie
einfach nur in den Arm nehmen und fest drücken und ihren Glauben an Magie und
Romantik wiederherstellen will. Somit können wir bestens die Gefühle ihres
netten Nachbarn Fred nachvollziehen, denn der will das offensichtlich auch, und
noch ein bißchen mehr. John Payne spielt hier eigentlich eine typische James
Stewart-Rolle – er sieht sogar ein wenig wie die amerikanische Schauspiel-Ikone
aus und macht seine Sache gut, obgleich er naturgemäß nicht an Stewarts Klasse
und Charisma heranreicht. Einen James Stewart gab es eben nur einmal! Die
Chemie zwischen Payne und O'Hara ist jedoch zweifellos vorhanden, was für den
romantischen Erzählstrang logischerweise entscheidend ist. Dennoch funktioniert
dieser nicht gänzlich, weil die Entwicklung von der anfänglichen oberflächlichen
Freundschaft hin zu einer ernsthaften romantischen Beziehung arg abrupt vor sich
geht. Das ist sicherlich zum Teil den damaligen Zensurvorgaben geschuldet und
noch stärker der Tatsache, daß es sich um einen Familienfilm handelt, zu dessen
Zielpublikum ganz klar auch kleinere Kinder gehören. Dennoch wären ein paar
zusätzliche gemeinsame Szenen von Doris und Fred (auch mal ohne Susan) der
Glaubwürdigkeit ihrer Beziehung dienlich gewesen. Porter Hall funktioniert
derweil als der Antagonist der Geschichte für mich nur bedingt, obwohl er die Rolle
überzeugend spielt; doch zu sinnlos und übertrieben scheinen seine grinchartige
Abneigung gegen Kris Kringle und seine Aktionen, um den netten älteren Mann
loszuwerden. Eine wirkliche, nachvollziehbare Motivation für Porters Handeln
ist schwerlich auszumachen.
Die weihnachtlich-humanistische Botschaft von "Das Wunder
von Manhattan" wird manchmal etwas plakativ vorgetragen, meistens ist
sie aber nicht zuletzt im Zuge von Doris' Wandlung durchaus subtil und erweist
sich als lobenswertes Plädoyer für Freundlichkeit und Phantasie. Denn letztlich
wird Kris Kringle ja nicht nur vor Gericht gestellt, weil er glaubt, Santa Clause
zu sein, sondern vor allem deshalb, weil Sawyer und einige andere es für verrückt halten,
so nett, zuvorkommend und selbstlos zu sein wie Kris oder dessen Protegé
Alfred (Alvin Greenman, "Herr Belvedere kann alles besser"). Eine gewisse Gesellschaftskritik schimmert stets
durch, auch im Handlungsfaden über das Kaufhaus Macy's, das durch Kris'
eigenmächtiges Handeln (er empfiehlt den Eltern einen rivalisierenden
Laden, wenn der das passende Geschenk für die Kinder hat) die beste
Mundpropaganda seiner Geschichte erhält. Und diese Kritik ist mehr als 70 Jahre
nach dem Erscheinen von "Das Wunder von Manhattan" in der Ära sozialer Medien und von Verschwörungserzählungen leider aktueller denn je. Das
Rezept, das Regisseur und Drehbuch-Autor George Seaton (der für sein Skript ebenfalls
einen Academy Award gewann) dem offensichtlich schon damals um sich greifenden
Zynismus und Egoismus entgegenstellt – Freundlichkeit, solidarisches Denken und
Empathie – mag ein wenig naiv sein, zumindest als Grundlage für eine bessere
Welt taugt es jedoch allemal. Insgesamt hätte "Das Wunder von
Manhattan" gerne etwas witziger und weniger vorhersehbar ausfallen dürfen,
aber auch so ist es ein immer noch sehr nett anzuschauender Weihnachtsfilm.
Fazit: "Das Wunder von Manhattan" erzählt
mit einer ungemein sympathischen, von Maureen O'Hara angeführten Besetzung eine
unspektakuläre, aber liebenswerte Weihnachtsgeschichte für die ganze Familie über
die Bedeutung von Menschlichkeit und Phantasie.
Wertung: 7,5 Punkte.
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