Regie: Sallie Aprahamian, Justin Molotnikov, Drehbuch:
Debbie Horsfield, Musik: Anne Dudley
Darsteller:
Aidan Turner, Eleanor Tomlinson, Luke Norris, Gabriella Wilde, Jack Farthing, Pip
Torrens, Vincent Regan, Kerri McLean, Peter Sullivan, Tim Dutton, Lily Dodsworth-Evans, Tom York, Freddie Wise,
Harry Richardson, Ellise Chappell, Amelia
Clarkson, Beatie Edney, Sofia Oxenham, Tristan Sturrock, Richard Hope, Anthony
Calf, Woody Norman, Rebecca Front, John Macneill, Andrew Gower, Zachary Fall,
Nico Rogner, Heida Reed, Robin Ellis
Das 19. Jahrhundert ist angebrochen, doch an den Problemen
in Großbritannien hat sich nicht viel geändert. Der noble, mit seinem
ehemaligen Dienstmädchen Demelza (Eleanor Tomlinson, "Colette")
verheiratete Landadlige Ross Poldark (Aidan Turner, "The Man Who Killed Hitler and Then the Bigfoot")
versucht noch immer unermüdlich, als Abgeordneter im Londoner Unterhaus gesellschaftliche Verbesserungen
anzutreiben und durch einen alten Freund findet er eine neue, dringende Mission. Denn der hitzköpfige irische Colonel Ned Despard (Vincent Regan,
"300"), der Ross 20 Jahre zuvor im amerikanischen
Unabhängigkeitskrieg das Leben gerettet hatte, wurde zum Opfer einer Intrige und
sitzt im Londoner Gefängnis. Als Gouverneur der Kronkolonie Britisch-Honduras
hatte Ned – der mit der zuvor von ihm befreiten Sklavin Kitty (Kerri McLean, "The
Ritual") verheiratet ist – sich vehement gegen die Sklaverei ausgesprochen und damit
den ebenso skrupellosen wie einflußreichen, von Sklavenarbeit abhängigen
Mahagoni-Händler Ralph Hanson (Peter Sullivan, "The Limehouse Golem")
gegen sich aufgebracht. Verkompliziert wird die Angelegenheit dadurch, daß sich
Ross' seit dem Tod seiner Mutter vollends verwaister Neffe Geoffrey Charles
(Freddie Wise, "Maleficent 2") in Hansons selbstbewußte Tochter
Cecily (Lily Dodsworth-Evans, "The Good Liar") verliebt hat – die
Hanson als neue Ehefrau ausgerechnet für Geoffrey Charles' verhassten
Stiefvater und Ross' Erzrivalen George Warleggan (Jack Farthing, "Official Secrets") vorgesehen hat …
Kritik:
Obwohl die Zuschauerzahlen in Großbritannien für die
historische romantische Abenteuerserie "Poldark" immer noch hoch
waren, entschieden sich der produzierende TV-Sender ITV und die Macher der
Serie für ein relativ frühes Ende nach fünf Staffeln mit insgesamt 43
einstündigen Episoden. Einen definitiven Grund dafür konnte ich nicht
herausfinden, es hat aber vermutlich viel damit zu tun, daß man bereits mit dem
Ende der vierten Staffel einen Punkt erreichte, in dem die als Vorlage dienende
Roman-Reihe von Winston Graham einen größeren Zeitsprung unternahm. Den
mitzumachen wäre nicht unproblematisch gewesen, da die Hauptdarsteller im Laufe
der Serienproduktion sowieso zunehmend deutlich zu jung für die von ihnen
verkörperten Figuren wurden, schließlich erstreckt sich die Handlung der fünf
Staffeln über ziemlich genau 20 Jahre. Dann auch noch ein Zeitsprung … nein,
das wäre wohl schwer vermittelbar gewesen. Also entschied man sich für eine
finale fünfte Staffel, in der Drehbuch-Autorin Debbie Horsfield sich erstmals
nur sehr lose an Grahams Bücher halten und viel selbst erfinden mußte. Die gute
Nachricht ist, daß ihr das einwandfrei gelingt – wer nicht weiß, daß es für die
Ereignisse der fünften Staffel keine direkte Vorlage in den Büchern gibt, der wird
es kaum erraten können. Die schlechte Nachricht ist, daß sich diese
Staffel niemals wie ein Finale anfühlt, sondern eher wie eine ganz normale
Staffel, die kurioserweise am Ende gar den Grundstein für weitere Abenteuer
legt. Das ist nicht per se schlimm und vielleicht will man sich ja ganz bewußt die
Tür für eine Fortsetzung in einigen Jahren offenhalten (wenn die Schauspieler
genügend gealtert sind), aber wenn die Serienmacher schon mal die Gelegenheit
haben, ihr Wunschende umzusetzen, dann erwartet man als Zuschauer doch
irgendwie mehr als "business as usual" – ein Indiz dafür, daß das keineswegs nur mir so ging, ist die Tatsache, daß in Großbritannien die letzte
Episode die zuschauerschwächste der gesamten Serie war (mit immer
noch guten 5,32 Millionen).
Besonders bedauerlich finde ich es, daß viele teils mehr, teils
weniger liebgewonnene Figuren aus den vorigen Staffeln gar nicht mehr
auftauchen – in der vierten Staffel sorgte man ja in einer Folge mit einer
Rückblende dafür, daß selbst Verstorbene noch einmal kurz zu sehen
waren, doch in der Finalstaffel werden diese mit wenigen Ausnahmen bestenfalls
mit einer Erwähnung bedacht. Wenn man bedenkt, welch große Rolle (noch
lebende!) Charaktere wie Ross' Cousine Verity, sein früherer Bediensteter Jud
Paynter, Morwennas jüngere Schwester Rowella, Ross' politischer Verbündeter Sir Francis
Basset oder das oft für Turbulenzen sorgende Vater-Tochter-Gespann Tholly und
Emma Tregirls in der Geschichte von "Poldark" spielten, ist das durchaus
enttäuschend. Als Ersatz für diese zahlreichen Fehlstellen gibt es etliche ganz neue Figuren, die überwiegend gut funktionieren. Nachdem ich
mich seit Staffel 2 darüber beschwert hatte, daß die anfängliche leichte
Ambivalenz von Ross' ehrgeizigem Erzfeind George Warleggan über Bord gegangen war und er
zum ziemlich klischeehaften Bösewicht avancierte, darf er sich in der fünften
Staffel doch endlich ein bißchen weiterentwickeln – was primär der Einbindung
von Ralph Hanson als neuer Oberbösewicht zu verdanken ist, der George locker
die Schau stiehlt. Auf eine klare Unterscheidung zwischen Gut und Böse will
"Poldark" also bis zum Ende nicht verzichten und als ob ein
Sklavenhändler für heutige Verhältnisse nicht schon verachtenswert genug wäre,
ist er auch noch ein richtig fieses und hinterhältiges Ekel. Subtil sieht anders
aus, aber die Rechnung geht auf, denn man wünscht Hanson nur das Schlechteste und im
direkten Vergleich sieht George gleich viel harmloser aus – obwohl er mit
Hanson zusammenarbeitet. Ein wesentlich spannenderer Neuzugang im Cast ist
allerdings Ross' alter Lebensretter Colonel Despard (wie der im gleichen Storystrang auftretende undurchschbaure Mr. Merceron übrigens eine
historische Persönlichkeit), dessen Einfluß auf Ross schnell offenbar wird. Wie
Ross ist Despard ein unerschrockener Kämpfer für die Gerechtigkeit, allerdings auch
ein unbelehrbarer Hitzkopf – und diese Eigenschaft ist bei ihm sogar noch
deutlich stärker ausgeprägt, weshalb er sich noch öfter und schwerwiegender
selbst in Gefahr bringt als wir es von Ross seit Staffel 1 kennen. Als
Zuschauer kann man mitunter nur den Kopf schütteln ob Despards Dummheiten und
Unbeherrschtheiten, dennoch fühlt man stets mit ihm und seiner tapfer die
Vorurteile der Londoner High Society ertragenden und sich als Aktivistin engagierenden afroamerikanischen Gattin Kitty mit.
Kitty paßt übrigens perfekt ins Bild der
"Poldark"-Frauen, von denen die meisten viel aktiver und selbstbewußter sind als es vermutlich realistisch wäre. Trotzdem wird die
historische Situation der Frau keineswegs verschwiegen, was man unter anderem
an einer weiteren Zwangsheirats-Storyline erkennen kann. Die Gewichtung ist
dabei wohlgemerkt eine andere als in den vorigen Staffeln bei der
bemitleidenswerten Morwenna und ihrem perversen Ehemann Ossie, denn nun
konzentriert sich "Poldark" auf die verbotene Romanze zwischen Cecily
Hanson und Geoffrey Charles Poldark (Freddie Wise ist aus Altersgründen bereits dessen dritter Darsteller). Auch in der Thematisierung sozial-politischer
Aspekte bleibt sich "Poldark" treu und legt vielleicht sogar noch einmal
eine Schippe drauf. Die schlechte Bezahlung und die mangelnde Sicherheit der
Minenarbeiter bleiben ein Dauerbrenner, dazu gesellen sich die fehlenden
Bildungschancen der Arbeiterkinder, die mißtrauisch beäugte Einführung des
Papiergelds und generell der neidvolle Blick vieler benachteiligter Bürger auf
die französische Revolution gut zehn Jahre zuvor. Das ist viel Stoff und
natürlich zu viel, um alles ausführlich zu behandeln, aber es reicht allemal
aus, um einen guten Überblick über die Situation speziell des ländlichen
Großbritannien rund um das Jahr 1800 zu liefern. Und selbstredend tun Ross und Demelza
weiterhin ihr Bestes, um die Situation der Armen zu bessern, müssen sich dabei
aber mit dem wachsenden revolutionären Geist in frustrierten, nicht
mehr an eine bessere Zukunft glaubenden Menschen wie der jungen Tess Tregidden
(Sofia Oxenham) auseinandersetzen, der Demelza zu helfen versucht, indem sie
ihr einen Job gibt. Da Ross wieder viel in London zu tun hat und Demelza meist
in Cornwall zurückbleibt, ist unser Traumpaar übrigens erneut einige Zeit
getrennt, aber zum Glück sind sie insgesamt deutlich länger als zusammen als in
der vorigen Staffel und harmonieren weiterhin prächtig miteinander (und ja, Demelza darf wieder ihre wunderschöne Singstimme präsentieren, wenn auch leider relativ kurz). Von den
übrigen alten Bekannten spielen in erster Linie Ross' bester Freund Dr. Dwight Enys
(Luke Norris) und seine Frau Caroline (Gabriella Wilde, "Die drei Musketiere") – die mir im Lauf der
Jahre sogar noch mehr ans Herz gewachsen sind als Ross und Demelza – sowie
Demelzas Brüder Sam (Tom York, TV-Serie "Olympus") und Drake (Harry Richardson, "Dunkirk") eine größere Rolle.
Und dann ist da eben noch George Warleggan, der nicht nur in
Sachen Bösartigkeit von Ralph Hanson in den Schatten gestellt wird, sondern
auch noch als Folge des nie verwundenen Todes seiner geliebten Elizabeth am
Ende von Staffel 4 in den Wahnsinn abzugleiten droht. So sehr man es in den
letzten Jahren gelernt hat, George zu verachten und vielleicht sogar zu hassen:
Diese von Jack Farthing höchst überzeugend gespielten Szenen
wecken aufrichtiges Mitgefühl für ihn und schaffen es endlich, George wieder
als Menschen zu sehen und nicht als reinen Klischee-Bösewicht. Und so ganz
nebenbei gibt es durch Georges Misere ein Wiedersehen mit
Elizabeth-Darstellerin Heida Reed; zudem bekommt Pip Torrens ("Niemandsland") als Georges
bemerkenswert loyaler Onkel Cary gefühlt mehr zu tun als in der gesamten Serie zuvor. Trotz meiner geäußerten Kritik an der finalen
"Poldark"-Staffel gibt es letztlich also auch viel Gutes über sie zu
sagen, sie reiht sich qualitativ gleichwertig neben den vorherigen
Staffeln ein. Allein die letzten beiden Episoden, in denen die Erzählstränge der Staffel kulminieren und zusätzlich mit einem neuen
kombiniert werden, wirken zu überladen und gehetzt, um völlig glaubwürdig
rüberzukommen. Das ist schade, da die Serie einen richtig guten,
spektakulären Schlußpunkt verdient gehabt hätte, aber im Grunde genommen auch
nicht wirklich schlimm. Abseits vom Inhaltlichen kann ich über die Staffel –
wie die gesamte Serie – sowieso nur Gutes berichten: Die Kameraarbeit beschert
uns erneut idyllische Bilder der Küstenlandschaft von Cornwall und teilweise deutlich weniger
idyllische des schmutzigen London (inklusive des wenig einladenden
Gefängnisses), die gefühlvolle Musik von Anne Dudley untermalt die dramatischen wie auch
die romantischen Szenen weiterhin kongenial, Kostüme und Ausstattung wirken
sehr hochwertig und das Schauspiel-Ensemble überzeugt durch die Bank. Sicher, ich hätte mir für "Poldark" eine etwas rundere und
einzigartigere Finalstaffel gewünscht, aber wer die ersten vier
"Poldark"-Staffeln mochte, der wird zweifellos auch die abschließende
mögen. Und wenngleich ich fünf Jahre lang das Gefühl hatte, daß die Serie ihr
erzählerisches Potential nicht ganz ausschöpft, werde ich Aidan Turner als Ross
Poldark, die wunderbare Eleanor Tomlinson als Demelza und all die anderen (ja,
ein bißchen sogar George) ganz bestimmt vermissen.
Fazit: Die finale fünfte Staffel der britischen romantischen
Historienserie "Poldark" versprüht wenig Abschiedsstimmung,
liefert den Fans aber weitere dramatische Abenteuer in gewohnter Qualität.
Wertung: 7,5 Punkte.
Die fünfte Staffel von "Poldark" wurde von
Edel:Motion am 6. Dezember 2019 auf DVD und Blu-ray veröffentlicht. Das
Bonusmaterial umfaßt neben drei neuen Sammelkarten vier Featurettes mit einer kumulierten Dauer von gut 80 Minuten, die u.a. die
gesamte Serie noch einmal aus der Perspektive vieler Beteiligter Revue passieren
lassen. Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise von Glücksstern-PR zur
Verfügung gestellt.
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