Regie: Hiroyasu Ishida, Drehbuch: Makoto Ueda, Musik: Umitarô
Abe
Sprecher der Originalfassung: Kana Kita, Yū Aoi, Megumi Han,
Rie Kugimiya, Miki Fukui, Hidetoshi Nishijima, Naoto Takenaka
FSK: 6, Dauer: 117 Minuten.
Der aufgeweckte Neuntklässler Aoyama zählt buchstäblich die
Tage, bis er erwachsen ist, er eifert seinem Wissenschaftler-Vater gemeinsam
mit seinem besten Freund Uchida mit eigenen, bemerkenswert methodisch
verfolgten Forschungsprojekten nach – ach, und seit Neuestem ist er besessen
von Brüsten. Hauptverantwortlich dafür dürfte (neben der einsetzenden Pubertät)
die hübsche, vollbusige Zahnarzthelferin sein, die gelegentlich auf Aoyama
aufpaßt und ihn im Schachspiel trainiert. Als eines Tages aus heiterem Himmel
Pinguine im Ort auftauchen und für Verwirrung sorgen, weil sie ebenso plötzlich
wieder verschwinden, merkt Aoyama jedoch, daß es an "Onee-san"
(bedeutet ungefähr "große Schwester") noch wesentlich Interessanteres
gibt als ihre Oberweite – denn eines Tages beobachtet er, wie sie einen der
Pinguine scheinbar aus dem Nichts erschafft! Da sie sich das selbst nicht
erklären kann, will Aoyama der Sache auf den Grund gehen. Das ist allerdings nicht das einzige zu lösende Mysterium, denn Aoyamas
ähnlich wißbegierige Mitschülerin Hamamoto (deren Vater ebenfalls Forscher ist) führt ihn und Uchida zu einer
großen, schwebenden Wasserkugel, auf die sie jenseits des nahen Waldes gestoßen ist. Es stellt sich
heraus, daß es eine Verbindung zwischen diesem merkwürdigen Gebilde und Onee-sans
Pinguinen zu geben scheint …
Kritik:
Weil das über Jahrzehnte hinweg für seine poetischen,
tiefgründigen Zeichentrick-Meisterwerke von Hayao Miyazaki ("Wie der Wind sich hebt") und anderen global
gefeierte japanische Studio Ghibli in den letzten Jahren an Bedeutung verlor
und sich 2014 sogar aus der Filmproduktion zurückzog (bis Mitgründer Miyazaki
für den für 2020 geplanten "How Do You Live?" doch noch einmal aus
dem Ruhestand zurückkehrte), versuchen andere Studios und Filmemacher, in die
großen Fußstapfen zu treten. Vor allem Makoto Shinkai tat sich mit seinem Welterfolg
"Your Name." und dem ebenfalls gefeierten Nachfolger "Weathering
with You" hervor, auch Mamoru Hosoda ist dank dem wunderbaren "Das
Mädchen, das durch die Zeit sprang", "Summer Wars" oder
"Mirai" ein Kandidat. Dem 31-jährigen Hiroyasu
Ishida wurde bezüglich seiner Kurzfilme wie "Fastening Days" ebenfalls eine
stilistische Verwandtschaft mit Ghibli nachgesagt – und diese findet sich auch in
seinem Langfilmdebüt "Penguin Highway". Auf der Grundlage eines
preisgekrönten japanischen Coming of Age-Romans von Tomihiko Morimi (der auch
die Vorlage zum sehr gelungenen "Night Is Short, Walk On Girl"
schrieb) erzählt "Penguin Highway" eine zauberhafte Geschichte mit
SciFi-Elementen, die mit einer originellen, ziemlich unvorsehbaren Story und
überzeugend gezeichneten, sympathischen Figuren nicht nur Genrefans ein seliges
Lächeln auf die Lippen zaubern dürfte.
"Penguin Highway" richtet seine ganze
Konzentration auf fünf Figuren: Aoyama, Onee-san, Hamamoto, Uchida und
Schulrowdy Suzuki – ansonsten spielen einzig die Väter von Aoyama und Hamamoto
eine (kleine) Rolle. Dadurch, daß Regisseur Ishida seine Aufmerksamkeit ganz
diesem zentralen, ein bißchen eigenwilligen Quintett widmet, aus dem Aoyama und
Onee-san noch einmal hervorstechen, kann er umso mehr Sorgfalt in deren
Ausgestaltung stecken. Das rentiert sich, denn auch wenn eine gewisse
Klischeehaftigkeit speziell bei dem etwas nerdigen Uchida und dem rüpelhaften
Suzuki nicht zu leugnen ist, wirken die Figuren authentisch und wachsen einem
schnell ans Herz, was in der deutschen Synchronfassung sicherlich auch den gut
ausgewählten, engagiert zur Sache gehenden Sprechern zu verdanken ist (deren
Namen ich leider nicht herausfinden konnte). Lobenswert ist, wie ernst
"Penguin Highway" die jungen Protagonisten nimmt und wie
detailliert deren Nachforschungen geschildert werden. Daß das niemals langweilig
wird, liegt daran, daß das doppelte Mysterium, das sie untersuchen, wirklich
faszinierend und spannend ist und zum Mitraten einlädt, zumal sich die Lage
gegen Ende – wie bei den im Kern nicht unähnlichen Hollywood-Genreklassikern
"E.T." und "Super 8" – immer dramatischer zuspitzt. Aoyama
und seine Freunde müssen erleben, wie ein spannendes, aber doch relativ abstraktes
"Forschungsprojekt" zu einem sie zunehmend überfordernden Ereignis
mit potentiell sehr ernsten Konsequenzen mutiert.
Das treibt besonders Aoyama zu Höchstleistungen an und nimmt
auch das Publikum gekonnt auf eine emotionale Achterbahnfahrt mit. Daß am Ende nicht
alle Fragen beantwortet werden, mag manchen Zuschauer stören, aber ich
persönlich habe kein Problem damit, daß ein paar Geheimnisse bis zum Schluß
erhalten bleiben – einmal ganz abgesehen davon, daß auf diese Weise theoretisch
sogar eine Fortsetzung möglich wäre … Der Animationsstil hat mir mit recht
detaillierten, ausdrucksstarken Gesichtern und teils bildschönen Hintergründen gut
gefallen, die Musik von Umitarô Abe fügt sich harmonisch ins Gesamtbild ein und
auch der Humor kommt nicht zu kurz – zwar ist er manchmal etwas kindisch (was
man dem Film angesichts seiner kindlichen Protagonisten schwerlich vorwerfen kann),
aber oft sehr witzig. Vor allem aber gelingt es "Penguin
Highway" wie den besten Coming of Age-Filmen (ob nun real oder animiert),
seine Zuschauer zum Lachen und zum Staunen zu bringen und dazu, in Erinnerungen
an die eigene Kindheit zu schwelgen und an die Abenteuer, die man damals mit
guten Freunden erlebt hat (oder gerne erlebt hätte). Eben ganz so wie die Filme
aus dem Hause Ghibli.
Fazit: "Penguin Highway" ist ein
bezauberndes Coming of Age-Animationsabenteuer mit SciFi-Elementen,
das mit glaubwürdigen, sympathischen Figuren
und einer ziemlich originellen Story sehr viel richtig macht.
Wertung: Knapp 8,5 Punkte.
"Penguin Highway" wird im Rahmen der KAZÉ Anime Nights am Dienstag, 29. Oktober 2019 in vielen deutschen Kinos zu sehen sein. Eine Rezensionsmöglichkeit wurde mir von Themrock PR & Promotion zur Verfügung gestellt.
"Penguin Highway" wird im Rahmen der KAZÉ Anime Nights am Dienstag, 29. Oktober 2019 in vielen deutschen Kinos zu sehen sein. Eine Rezensionsmöglichkeit wurde mir von Themrock PR & Promotion zur Verfügung gestellt.
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