Regie: Chad Stahelski und David Leitch, Drehbuch: Derek
Kolstad, Musik: Tyler Bates und Joel J. Richard
Darsteller: Keanu Reeves, Mikael Nyqvist, Willem Dafoe,
Adrianne Palicki, Ian McShane, Alfie Allen, Dean Winters, Daniel Bernhardt,
John Leguizamo, Lance Reddick, David Patrick Kelly, Randall Duk Kim, Bridget
Regan, Toby Leonard Moore, Omer Barnea, Thomas Sadoski, Clarke Peters, Kevin
Nash, Bridget Moynahan
FSK: 16, Dauer: 101 Minuten.
Einstmals war John Wick (Keanu Reeves, "The Neon Demon") ein
Auftragskiller – und zwar nicht irgendeiner, sondern ein in seiner Branche
geradezu legendärer. Doch als er sich in Helen (Bridget Moynahan, "I, Robot") verliebte,
zog er sich ins Privatleben zurück. Bedauerlicherweise
verstarb Helen aber an einer tödlichen Krankheit, ihr letztes Geschenk an
ihren Gatten war ein Hundewelpen namens Daisy. Als John eines Tages an der
Tankstelle mit drei jungen, vorlauten russischen Gangstern aneinandergerät – die keine
Ahnung haben, wer er ist –, brechen sie in der Nacht in sein Haus ein, stehlen
sein Auto, prügeln John bewußtlos und … töten Daisy! Da so seine letzte
Verbindung zu Helen vernichtet wurde, beschließt John, sich zu rächen und die
Hundemörder ihrem gerechten Schicksal zuzuführen. Grundsätzlich sollte das kein
Problem für eine lebende Killer-Legende wie John sein, jedoch gibt es etwas, das die Angelegenheit ganz erheblich verkompliziert: Das Ziel seiner
Rache, der sadistische Iosef (Alfie Allen aus der TV-Serie "Game of
Thrones"), ist der einzige Sohn von Viggo Tarasov (Mikael Nyqvist, "Mission: Impossible – Phantom Protokoll"), seines Zeichens mächtiger russischer
Gangsterboß und der frühere Boß von John Wick! Da Viggo natürlich um Johns Fähigkeiten
weiß, versucht er, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, doch dieser denkt gar
nicht daran. Und so wirft ihm Viggo alles entgegen, was er hat – schließlich
ist Iosef, so dämlich er auch ist, immer noch sein Sohn …
Kritik:
Wenn ein Film, der inhaltlich eigentlich ein rundes
Ende anbietet, so erfolgreich ist, daß er eine Fortsetzung rechtfertigt, ist
das für alle finanziell daran Beteiligten eine schöne Sache. Wenn die
Fortsetzung doppelt so viel Geld einspielt, dann ist die Freude umso
größer – und eine weitere Fortsetzung obligatorisch. Wenn dieser dritte Teil
dann bereits am Startwochenende in Nordamerika 50 % mehr einspielt als der
erste Film insgesamt, dann reden wir endgültig von einem Hit-Franchise. Häufig
geschieht dergleichen nicht, zu den wenigen Beispielen zählen die
ursprüngliche "Jason Bourne"-Trilogie mit Matt Damon – und
"John Wick". Wenn man ehrlich ist, schien die ganz große Zeit
des Schauspielers Keanu Reeves bereits ziemlich weit in der Vergangenheit zu
liegen. Zwischen Mitte der 1990er Jahre und Mitte der 2000er Jahre feierte er
mit "Speed", der "Matrix"-Trilogie oder dem Thriller "Im Auftrag des Teufels" große Erfolge, die ihn zu
einem der heißesten Eisen in Hollywood machten. In der folgenden Dekade
gelangen ihm in kommerzieller Hinsicht nur noch ein paar Achtungserfolge wie
"Das Haus am See" oder "Der Tag, an dem die Erde
stillstand", viele seiner Filme wurden nicht einmal mehr breit in den
Kinos gestartet oder floppten schlagzeilenträchtig ("47 Ronin"). Doch dann kam "John Wick". Ein geradliniger
Rache-Actionfilm, inhaltlich alles andere als originell, aber knackig
inszeniert, mit stark choreographierten Shootouts und einer Paraderolle für
Keanu Reeves, der mit seinem Charisma den stoischen Killer mit der ganz
persönlichen Motivation auch ohne viele Worte zu einer Identifikationsfigur für das Publikum machte.
Manche betrachten "John Wick" ja als die US-Antwort auf
den drei Jahre zuvor erschienenen indonesischen Actionkracher "The Raid" von Gareth Evans – und dieser Vergleich ist gar nicht so weit
hergeholt, wenn er auch erst unter Berücksichtigung der Fortsetzungen so
richtig zum Tragen kommt. Denn sowohl "The Raid" als auch "John
Wick" konzentrieren sich fast völlig auf die harte, lineare Action,
wohingegen Story und Charaktere nur eine kleine Nebenrolle spielen (trotz
eines späten Handlungstwists bei "The Raid"). Erst im jeweiligen
zweiten Teil wird die inhaltliche Komponente deutlich aufgepeppt und
komplexer gestrickt, wobei sich "The Raid 2" mit einer erkennbar von
"Der Pate" inspirierten Gangstergeschichte sogar ambitionierter
zeigt als "John Wick: Kapitel 2". Daß der erste "John Wick" eher in die Kategorie "Rohdiamant" fällt, zeigt sich in erster
Linie an der sehr überschaubaren Figurenzeichnung. Etliche interessante,
durchaus namhaft besetzte Nebenfiguren wie der mit John befreundete
Autowerkstattbesitzer Aurelio (John Leguizamo, "Kiss the Cook") oder der von Schauspielveteran
Ian McShane ("Jack and the Giants") verkörperte Besitzer des als "neutraler Grund" für
Auftragskiller fungierenden New Yorker "Continental Hotel" absolvieren nur kurze
Auftritte, die neugierig machen, ohne die Neugierde je zu befriedigen (das
ändert sich in der Fortsetzung). Adrianne Palicki (TV-Serie "The Orville") als auf John angesetzte
Auftragskillerin Ms. Perkins oder Dean Winters (TV-Serie "Law & Order: SVU") als Viggos lakonischer Anwalt
haben zwar etwas mehr zu tun, bleiben aber letztlich ebenso oberflächlich
gezeichnet wie Viggos brutaler und dämlicher Sohn Iosef. Immerhin wird
mit dem "Continental Hotel" und seinen ganz speziellen Regeln und Gästen ein faszinierendes Element etabliert, das die "John
Wick"-Reihe von vielen Genrevertretern abhebt und in den weiteren Filmen
(sowie einer – während ich dies schreibe – geplanten Spin-off-TV-Serie) stärker
vertieft wird. Die einzigen Figuren, bei denen sich Drehbuch-Autor Derek
Kolstad (der zuvor nur an einigen Kurzfilmen und dem Dolph
Lundgren-B-Movie "The Package" beteiligt war) in diesem Film
erkennbar Mühe gegeben hat, sind aber John Wick, Viggo und Marcus (Willem
Dafoe, "Aquaman"), der einst Johns Mentor war und nun ebenfalls von Viggo mit Johns Tod
beauftragt wird.
Zugegebenermaßen geht "John Wick" auch bei diesen
drei zentralen Charakteren kaum in die Tiefe, aber ihr Zusammenspiel
funktioniert aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit und der grundsätzlichen
Sympathien untereinander ausgezeichnet und sorgt für die nötige emotionale
Fallhöhe. Wenn man mit dem Antagonisten zumindest ein Stück weit mitfühlen kann
(und wer will ihm ernsthaft verübeln, daß er den Tod seines
nichtsnutzigen Sohnes verhindern will?), ist das immer vorteilhaft, und die
Schauspieler transportieren ihre Figuren glaubwürdig genug auf die Leinwand, um
eine Verbindung zu ihnen zu spüren. Oh, apropos glaubwürdig: Wie ich aus
eigener Erfahrung weiß, gibt es gar nicht wenige Personen, die es für albern
halten, daß John nur wegen des Todes eines Hundes Dutzende (böse) Menschen
umlegt. Als selbst langjähriger Hundehalter kann ich jedoch versichern, daß Johns
Motivations ausgesprochen nachvollziehbar ist und ich kann mir ehrlich gesagt
nicht vorstellen, daß andere Hundefreunde Johns Feldzug nicht
nachvollziehen können. Damit will ich natürlich nicht andeuten, daß ich in der
gleichen Situation losziehen und gefühlt meinen halben Heimatort wegpusten
würde – aber ich bin auch (Achtung, Spoiler!) kein gelernter Auftragskiller
… Mal ganz davon abgesehen, daß für John ja nicht "nur" das gemordete
Welpenleben selbst ausschlaggebend ist, sondern außerdem die besondere Verbindung
des Welpen zur verstorbenen Liebe seines Lebens. Ob man John nun versteht oder
nicht, eines dürfte unbestreitbar sein: Wie John Viggos Schergen um die Ecke
bringt, ist von Kameramann Jonathan Sela ("Max Payne") in unterkühlten Farben und zu den treibenden
Klängen der Musik von Tyler Bates ("Guardians of the Galaxy") und Joel J. Richard ("Triple Threat") – sowie einigen passend
ausgesuchten Songs, etwa von Marilyn Manson – ausgesprochen kunstvoll in Szene
gesetzt. Dabei sorgt die Kombination bleihaltiger Shootouts mit Martial
Arts-Nahkämpfen dafür, daß die nur relativ selten unterbrochene und oft in
auffällig langen, ununterbrochenen Takes gedrehte Nonstop-Action niemals
langweilig wird (zumindest, sofern man sich ansatzweise für das Genre
interessiert). Daß Chad Stahelski und David Leitch mit "John Wick"
ihr gemeinsames Regiedebüt feiern, merkt man dem Film jedenfalls nicht an, so
routiniert fällt die Inszenierung aus – bei genauerem Hinsehen kein Wunder,
denn sie hatten zuvor bereits in anderer Funktion reichlich Erfahrung im
Actiongenre gesammelt (beide waren u.a. als Stuntmen und Kampfchoreographen tätig
und arbeiteten als Second Unit Directors bei Filmen wie "Ninja Assassin", "Die Tribute von Panem", "The Expendables 2" oder "Wolverine – Weg des Kriegers"). Der Weg dieses Duos trennte sich übrigens nach "John
Wick": Während Stahelski die Fortsetzungen alleine wuchtete, bewies sich
Leitch mit "Atomic Blonde" und vor allem dem Monsterhit
"Deadpool 2". Actionfreunde werden kaum darüber klagen ...
Fazit: "John Wick" ist ein wenig
raffinierter Rache-Actionthriller, der aber mit guter Besetzung und äußerst
rasanten Actionsequenzen das Genrepublikum glänzend unterhält und trotz einer dünnen
Story mit einigen spannenden Ideen den Grundstein für die komplexeren
Fortsetzungen legt.
Wertung: 7,5 Punkte.
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