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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 31. Oktober 2018

HALLOWEEN (2018)

Regie: David Gordon Green, Drehbuch: Danny McBride, Jeff Fradley und David Gordon Green, Musik: John Carpenter, Cody Carpenter und Daniel Davies
Darsteller: Jamie Lee Curtis, Judy Greer, Andi Matichak, Toby Huss, Nick Castle, James Jude Courtney, Will Patton, Haluk Bilginer, Dylan Arnold, Drew Scheid, Virginia Gardner, Jefferson Hall, Miles Robbins, Rhian Rees, Omar Dorsey, P.J. Soles
Halloween
(2018) on IMDb Rotten Tomatoes: 79% (6,8); weltweites Einspielergebnis: $259,9 Mio.
FSK: 16, Dauer: 106 Minuten.

Seit seiner Mordserie an Halloween vor 40 Jahren ist der psychopathische Killer Michael Myers wieder in einer psychiatrischen Anstalt eingesperrt, doch nun soll er in eine andere Einrichtung verlegt werden – gegen den Willen seines Psychiaters Dr. Ranbin Sartain (Haluk Bilginer, "The International"), dessen Mentor Dr. Loomis als Erster versuchte, Michael zu therapieren. Wie sich herausstellt, ist Dr. Sartains Widerstand gegen die Verlegung mehr als berechtigt, denn Michael gelingt wieder einmal die Flucht und während die Polizei um Deputy Frank Hawkins (Will Patton, "Armageddon") – der vor 40 Jahren Michael festnahm – fassungslos die blutigen Leichen seiner neuen Opfer betrachtet, macht sich der Killer unverzüglich auf den Weg in seine Heimat Haddonfield. Dort ist die einzige Überlebende von Michaels damaligem Mordzug, Laurie Strode (Jamie Lee Curtis, "Ein Fisch namens Wanda"), nie wirklich über das erlittene Trauma hinweggekommen: Da sie alles unternahm, um sich und ihre Tochter auf die aus ihrer Sicht unvermeidliche Rückkehr Michaels vorzubereiten, wurde ihr Karen vom Jugendamt entzogen, als sie 12 war. Seitdem ist das Verhältnis zwischen Laurie und ihrer Tochter (als Erwachsene: Judy Greer, "Ant-Man") angespannt, mit ihrer Teenager-Enkeltochter Allyson (Andi Matichak) kommt sie hingegen gut aus. Als Laurie von Michaels Flucht erfährt, holt sie ihre widerwillige Familie sofort zu sich in ihr abgelegenes Haus im Wald, das sie penibel zu einer hoffentlich uneinnehmbaren Festung ausgebaut hat …

Kritik:
Die im Jahr 1978 von John Carpenter gestartete "Halloween"-Reihe war zwar nie wirklich weg, wie sieben Fortsetzungen und zwischendurch ein zweiteiliges Reboot von Rob Zombie belegen, doch wie die meisten Slasherfilme hatte auch dieses Franchise seine Relevanz weitestgehend verloren. Da Hollywood allerdings bekanntlich wenig mehr liebt als Fortsetzungen, Remakes und Reboots, konnte selbstredend kein Zweifel daran bestehen, daß "Halloween" wiederkehren würde. Nicht mehr wirklich damit gerechnet hatten hingegen selbst Fans, daß die ursprüngliche "Scream Queen" Jamie Lee Curtis ihre ikonische Rolle erneut aufnehmen würde, schließlich starb Laurie 2002 in "Halloween: Resurrection" den Heldentod. Doch der Tod ist in Horrorfilmen bekanntlich sehr relativ und so dürfen wir uns nun über Lauries Comeback freuen, das inhaltlich sogar Sinn ergibt angesichts dessen, daß David Gordon Greens "Halloween" alle bisherigen Fortsetzungen ignoriert (bis auf ein paar Anspielungen wie die auf Lauries in "Halloween II" etablierte, hier jedoch als haltloses Gerücht abgetane enge Verwandtschaft zu Michael) und direkt an John Carpenters "Halloween – Die Nacht des Grauens" anschließt – was erfreulich gut funktioniert.

Zumindest tut es das lange Zeit, indem der für einen Horrorfilm unwahrscheinliche Regisseur Green (bislang vor allem für alberne Komödien wie "Ananas Express" bekannt, zuletzt aber auch mit ernsten Stoffen wie "Joe" und "Stronger" überzeugend) und seine beiden Drehbuch-Co-Autoren dem Vorgänger nicht nur liebevoll und clever Hommage zollt (einzelne Szenen sind fast ein Remake, außerdem hat mit P.J. Soles eines von Michaels Opfern von 1978 ein Cameo als Lehrerin), sondern gleichzeitig auf dessen Stärken aufbaut und seine nicht unerheblichen Schwächen auswetzt. Zu den Stärken des Originals zählen vor allem die Gruselatmosphäre, die unheimlich-bedrohliche Musik und Hauptdarstellerin Jamie Lee Curtis. In Sachen Stimmung muß sich der neue "Halloween" nicht vor dem alten verstecken, auch wenn der Stil und das Erzähltempo dem Zeitgeist angepaßt wurden – mit anderen Worten: Greens "Halloween" geht viel zügiger zur Sache als Carpenters auch aus Budget-Gründen phasenweise arg langatmiger Film. Mag sein, daß das in den Augen von manchen Oldschool-Fans negativ ist, aber obwohl ich grundsätzlich kein Problem mit langsam erzählten Horrorfilmen habe (etwa bei "The Witch", "It Follows" oder "The Wicker Man"), ziehe ich die Tempoverschärfung des neuen "Halloween" dem puristischen Ansatz des alten eindeutig vor. Das gilt umso mehr, als es Green schon ab dem schön schaurigen Prolog mit britischen zwei True Crime-Podcastern, die Michael in der Anstalt besuchen, gelingt, die bedrohliche Atmosphäre des Originals wiederaufleben zu lassen. Das wiederum hängt damit zusammen, daß John Carpenters brillant-minimalistische Melodien wiederverwendet werden – allerdings von Carpenter höchstselbst gemeinsam mit seinem Sohn Cody und seinem Patensohn Daniel Davis überarbeitet. So ist die Musik wie der Film etwas schneller und energischer und zudem weniger sparsam instrumentiert. An der wohlig gruseligen Wirkung des Scores ändert das zum Glück nichts. Und um zum dritten großen Pluspunkt von Carpenters "Halloween" zu kommen: Natürlich hat auch Jamie Lee Curtis schauspielerisch nicht das Geringste verlernt, vielmehr hat sie in den 40 Jahren sogar noch dazugelernt und trägt als 59-Jährige problemlos einen Hollywood-Blockbuster – was ziemlich außergewöhnlich ist in dieser Industrie und deshalb von ihr selbst völlig zu Recht gefeiert wird!

Neben den genannten Stärken gab es bei Carpenters "Halloween" jedoch etliche Schwächen, derentwegen ich nie ein ganz großer Fan des Films war, so unbestritten sein Einfluß auf das Horrorgenre ist. In erster Linie war das die bereits angesprochene Langatmigkeit, die Green mit seinem deutlich verschärften Tempo wie auch wesentlich mehr sowie blutigeren Gewaltszenen beseitigt. Erneut: Puristen mag das unter Umständen sauer aufstoßen, aber gerade durch die brutalen Mordtaten wirkt Michael – der wie im Original von mehreren Darstellern verkörpert wird, darunter erneut Nick Castle – hier wesentlich bedrohlicher als im Vorgänger, wo er größtenteils als Spanner in einer dunklen Ecke stand und erst gegen Ende ein paar unvorbereitete Teenager um die Ecke brachte (was teils sogar off-screen geschah). Ohne Carpenters Musik, speziell Michaels Leitmotiv, wäre der maskierte Killer wohl eher als Lachnummer in die Filmgeschichte eingegangen (an dieser Stelle sollte ich wohl erwähnen, daß ich keine der Fortsetzungen und Reboot-Filme je gesehen habe, mein Urteil bezieht sich folglich rein auf Carpenters und nun auf Greens Film). Davon kann im neuen "Halloween" ob seines unaufhaltsamen und (trotz Freigabe ab 16 Jahren) sehr brutalen Vorgehens jedenfalls keine Rede sein. In diesem Zusammenhang nimmt sich der Film gleich eines weiteren Versäumnisses seines Vorgängers an, denn während dort die psychologische Beurteilung von Michael fachlich gesehen grober Unfug war und der Psychiater Dr. Loomis sowieso eine verschenkte Figur bliebt, geht die Fortsetzung das Thema – auch bezüglich Lauries Traumatisierung – erfreulicherweise ernsthafter an. Ich bin nicht vom Fach und kann deshalb nicht abschließend beurteilen, wie realistisch die Ausführungen von Dr. Sartain sind, aber sie klingen definitiv weit glaubwürdiger als Dr. Loomis' "Er ist einfach böse. Basta!"-Ansatz. Auch die ausgebaute, bei Carpenter nur dezent angeschnittene Möglichkeit übernatürlicher Elemente bei Michael (Stichwort "Schwarzer Mann") und seiner Maske tut dem neuen "Halloween" gut. Gleiches gilt dafür, daß der namensgebende Festtag, der bei Carpenter noch bloße Staffage war, von David Gordon Green wesentlich stärker in die Handlung integriert wird.

Alles gut also? Leider nein. Etwa eine Stunde lang machen David Gordon Green und sein Team fast alles richtig, auch wenn die Figurenzeichnung abseits von Laurie und Michael nicht allzu viel besser ist als bei Carpenter. Immerhin Lauries Tochter und Enkeltochter gewinnen an Profil, was auch den guten Darstellerinnen Judy Greer und Newcomerin Andi Matichak zu verdanken ist; Deputy Hawkins und Dr. Sartain erfüllen ebenso ihren Zweck. Allysons Teenager-Freunde hingegen sind ähnlich oberflächlich wie Lauries Freundinnen im Original, während der durchaus markant auftretende Sheriff Barker (Omar Dorsey, "Selma") irgendwann einfach komplett von der Bildfläche verschwindet. Aber das ist bei einem Horrorfilm verschmerzbar. Das gilt jedoch nicht für einen mißratenen Showdown – und obwohl das Wort "mißraten" zu streng ist, fällt der arg in die Länge gezogene, von einer nur sehr bedingt glaubwürdigen und inhaltlich eigentlich nutzlosen überraschenden Wendung eingeleitete finale Kampf zwischen Laurie (samt Familie) und Michael gegenüber der ersten Stunde ziemlich stark ab. Teils ist das sicher dem Genre geschuldet, denn Slasherfilme sind hinsichtlich des Showdowns nunmal einigermaßen limitiert und alleine aufgrund der unzähligen Genrevertreter kann man da kaum noch mit etwas wirklich Neuem aufwarten. Aber gerade dann sollte man klug genug sein, das nicht noch mit diversen Klischees in die Länge zu ziehen, sondern es lieber knackig kurz halten. Klar, es macht Spaß, Jamie Lee Curtis in einer kampfstarken Badass-Rolle zu sehen und die Parallelen zum Finale von Carpenters "Halloween" sind geschickt eingeflochten – aber letztlich ist es, von ein paar kleineren Einsprengseln abgesehen, eben ein typischer Slasherfilm-Showdown. Nicht mehr und nicht weniger. In gewisser Weise kann man an beiden Filmen übrigens auch ganz gut einige Entwicklungen des US-Kinos in den letzten 40 Jahren nachvollziehen: Während es nämlich im Original noch ziemlich viel nackte Haut zu sehen gab, aber nur wenig Gewaltszenen, geht es in der Fortsetzung (bis auf ein paar derbe Sprüche der Teenager) ausgesprochen züchtig zu, dafür fließt das Blut umso reichlicher. Das Publikum wird davon jedenfalls nicht abgeschreckt, denn der neue "Halloween" ist kommerziell der mit Abstand erfolgreichste Film der Reihe, weshalb eine Fortsetzung garantiert ist. Bleibt die Frage, ob erneut mit Laurie Strode und/oder Michael Myers oder vielleicht doch mit komplett neuem Personal ...

Fazit: David Gordon Greens "Halloween" funktioniert lange Zeit als liebevolle Hommage ebenso hervorragend wie als gekonnte Fortsetzung des 40 Jahre alten Originals, die allzu generische letzte halbe Stunde sorgt jedoch leider für etwas Ernüchterung.

Wertung: 7,5 Punkte.


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