Regie: Peyton Reed, Drehbuch: Chris McKenna, Erik Sommers, Paul Rudd, Andrew Barrer und Gabriel Ferrari, Musik: Christophe Beck
Darsteller: Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Douglas, Michelle Pfeiffer, Walton Goggins, Michael Peña, Laurence Fishburne, Hannah John-Kamen, Randall Park, Abby Ryder Fortson, Judy Greer, Bobby Cannavale, David Dastmalchian, Tip "T.I." Harris, Divian Ladwa, Stan Lee
FSK: 12, Dauer: 118 Minuten.
Nach seinem Ausflug nach Deutschland in "Captain America: Civil War" steht Scott Lang (Paul Rudd, "Vielleicht lieber morgen") alias Ant-Man für zwei Jahre unter Hausarrest, die jetzt fast abgelaufen sind. In dieser Zeit durfte er nicht mit Dr. Hank Pym (Michael Douglas) und dessen Tochter Hope (Evangeline Lilly, "Der Hobbit – Smaugs Einöde") alias Wasp kommunizieren, da sie von den Behörden als Scotts Komplizen eingestuft werden – zu Unrecht, da sie von Scotts Abstecher nach Deutschland nichts wußten – und deshalb auf der Flucht sind. Gemeinsam suchen Vater und Tochter nach einem Weg, Hopes Mutter Janet (Michelle Pfeiffer, "Mord im Orient Express") aus dem Subatomaren Raum zu befreien, in dem sie seit 30 Jahren gefangen ist. Endlich haben sie eine Maschinerie fertiggestellt, die genau das bewerkstelligen soll – doch unerwartet sorgt der erste Testlauf beim nichtsahnenden Scott für einen seltsamen Traum von Janet. Also entführt Hope den Ex-Dieb kurzerhand aus dem Hausarrest, denn offensichtlich ist er seit seinem Besuch im Subatomaren Raum irgendwie mit Janet verbunden. Problematisch ist jedoch, daß nicht nur das FBI rund um Agent Jimmy Woo (Randall Park, "Fast verheiratet") hinter ihnen her ist, sondern auch noch der Gangster Sonny Birch (Walton Goggins, "Lincoln") – der Pyms hochmodernes Mini-Labor zu Geld machen will – sowie eine mysteriöse maskierte Gestalt namens Ghost (Hannah John-Kamen, "Ready Player One") …
Kritik:
Macht es Sinn, nur drei Monate nach den franchiseerschütternden Ereignissen von "Avengers: Infinity War" das Marvel Cinematic Universe mit einem federleichten Werk fortzuführen, das zudem zeitlich davor angesetzt ist? Ja, absolut. Erstens, weil es in der ersten Szene während des Abspanns erwartungsgemäß das denkwürdige Ende von "Infinity War" aufgreift (wenn auch etwas anders als ich gedacht hätte, da besagte Szene eine zusätzliche offene Frage aufwirft); zweitens, weil dieser vermutlich komödiantischste MCU-Film bislang angesichts der Dramatik von "Infinity War" genau das Richtige ist, um das Publikum von der bangen Frage nach der Auflösung der langlaufenden Storyline im nächsten "Avengers"-Film abzulenken. Bereits Ant-Mans erstes Abenteuer setzte ja mehr auf Humor und die Besonderheiten des ungewöhnlichen Schrumpf-Superhelden mit seinen Ameisen-Helfern, doch die Fortsetzung baut das sogar noch aus. Damit kann man durchaus sagen, daß die "Ant-Man"-Filme die Leichtgewichte innerhalb des MCU sind: unterhaltsam, temporeich und witzig – aber die erzählerische Substanz ist doch arg dünn. Wenn man die Vielfalt des MCU auch hinsichtlich der bearbeiteten Genres bedenkt, ist das gar nicht schlimm, aber als Zuschauer sollte man sich klar sein, daß man hier nicht mehr als eine sehr amüsante (wenn auch manchmal arg alberne) MacGuffin-Jagd – mit Hanks Mini-Labor als MacGuffin – erwarten darf.
Das geht in Ordnung, aber mir persönlich vergibt "Ant-Man and the Wasp" zu viele Chancen, doch zumindest ein bißchen mehr Tiefgang in seine durchsichtige Geschichte zu bringen. Das wäre nämlich problemlos möglich anhand des wenig beneidenswerten Schicksals von Janet, aber auch der sich nach und nach entfaltenden Situation des buchstäblich undurchschaubaren Neuzugangs Ghost. Um ehrlich zu sein, ist es sogar erstaunlich, wie wenig Regisseur Peyton Reed ("Der Ja-Sager") und die sage und schreibe fünf Drehbuch-Autoren (eine solche Anzahl ist selten ein gutes Zeichen für die Qualität) aus diesem für zwei der drei grundsympathischen Protagonisten maximal emotionalen Unterfangen herausgeholt haben. Gerade angesichts der Qualität der beteiligten Schauspieler ist das fast schon wieder eine Kunst – speziell Michelle Pfeiffer ist in ihrem ersten Superhelden-Film seit Tim Burtons "Batmans Rückkehr" 26 Jahre zuvor ziemlich verschenkt, auch wenn sie natürlich das Beste aus ihren relativ wenigen Szenen herausholt. Ähnlich sieht es bei Ghost aus, die ebenfalls eine Person mit hohem emotionalen Potential ist, letztlich aber vorwiegend dazu dient, Scotts, Hopes und Hanks verzweifelte Suche nach Janet (die dann natürlich auch noch durch ein zusätzliches Zwei-Stunden-Limit verschärft wird) zu verkomplizieren. Wobei das immer noch ein besseres dramaturgisches Schicksal ist als bei dem von Walton Goggins routiniert verkörperten Gangsterboß Birch, der erzählerisch wirklich komplett überflüssig ist, aber halt noch mal ein bißchen mehr Pfeffer in die zahllosen, allesamt sehenswert und abwechslungsreich choreographierten Verfolgungsjagden bringt. Für Goggins ist das kurioserweise bereits sein zweiter Klischee-Bösewicht des Jahres nach "Tomb Raider", wobei Birch in "Ant-Man and the Wasp" wegen der komödiantischen Elemente ein bißchen interessanter geraten ist.
Im Zentrum stehen aber natürlich unsere beiden Superhelden, die anfangs nicht ganz so gut aufeinander zu sprechen sind (speziell Hope auf Scott), aber selbstredend sehr schnell wieder wunderbar als Team harmonieren. Interessant ist dabei, daß Wasp tendentiell sogar etwas mehr zu tun bekommt als Ant-Man, wobei Evangeline Lilly (respektive ihr Stunt-Double) in den akrobatischen Kämpfszenen ebenso glänzt wie in den spitzzüngigen Schäkereien mit Paul Rudds Scott; der wiederum hat den gesamten Film hindurch einige herzallerliebste Momente mit seiner kleinen Tochter Cassie (Abby Ryder Fortson, "Forever My Girl"). Erfreulicherweise ist Michael Douglas als Dr. Hank Pym noch stärker in die Story involviert als im ersten Film, was auch an einem weiteren Neuzugang liegt: Laurence Fishburne spielt Hanks alten Partner Bill Foster, von dem er sich im Unfrieden getrennt hat – umso ärgerlicher für den griesgrämigen Hank, daß er Bill nun um Hilfe bitten muß. Übrigens kommt sowohl bei Douglas und Fishburne als auch bei Michelle Pfeiffer wieder die "Verjüngungstechnik" zum Einsatz, die bereits in "Ant-Man" so eindrucksvoll den Michael Douglas der "Wall Street"-Ära auf die Leinwand brachte. Die Technik wurde in der Zwischenzeit wohl sogar noch weiter verfeinert, denn wenn man es nicht wüßte, hätte man anhand der entsprechenden Rückblick-Szenen keinen Zweifel daran, daß die drei Altstars ihre jüngeren Alter Egos per Zeitmaschine in die Gegenwart transportiert haben …
Scotts Freunde aus "Ant-Man" sind derweil auch wieder dabei, sie haben zusammen mit Scott eine Firma gegründet, die sich witzigerweise X-Con nennt ("Ex-Con" heißt Ex-Häftling), jedoch (vielleicht wegen des Namens?) nicht allzu erfolgreich läuft. Da Luis (Michael Peña, "Herz aus Stahl") während Scotts Hausarrest bei ihm wohnt, spielt er sogar eine ziemlich große Rolle, während Dave (Tip "T.I." Harris, "American Gangster") und Kurt (David Dastmalchian, "Blade Runner 2049") deutlich weniger zu tun haben. Dennoch sind sie gut in die Story einbezogen, was vor allem an einer herrlichen Comedy-Sequenz liegt, in der das Trio mit Birch und seinem Befragungsexperten Uzman (Divian Ladwa, "Lion") leidenschaftlich über ein "Wahrheitsserum" debattiert … Diese komödiantischen Momente – die manchmal etwas sehr albern ausfallen, aber auch einige echte Highlights wie die Szene mit den Möwen beinhalten – wechseln sich regelmäßig mit den noch zahlreicheren Actionsequenzen ab (und manchmal verschmelzen sie auch), die die gewohnte Marvel-Qualität aufweisen. Vor allem die ständigen Größenspielereien, wenn Ant-Man oder Wasp während eines Kampfes oder einer Verfolgungsjagd immer wieder ihre Größe verändern, um ihre Gegner abzulenken, abzuschütteln oder zu beseitigen, sind sehr vergnüglich mitanzuschauen, zumal Scotts Anzug noch nicht perfekt funktioniert und deshalb immer wieder mal durch eine Fehlfunktion Spannung und mehr Komik in die Szenerie kommt. Wie gesagt: Am Unterhaltsamkeitsgrad kann man wenig bemängeln, aber die Handlung selbst ist eben nicht mehr als zweckmäßig und dabei auch noch sehr vorhersehbar. Letztlich ist "Ant-Man and the Wasp" nicht mehr und nicht weniger als ein kleiner Happen zwischen den beiden spektakulären "Avengers"-Höhepunkten (plus "Captain Marvel", die ihr Debüt noch kurz vor dem vierten "Avengers"-Film gibt).
Fazit: "Ant-Man and the Wasp" ist leichtes, anspruchsloses, aber auch sehr amüsantes und technisch eindrucksvolles Unterhaltungskino mit einer guten Besetzung, dabei mehr Komödie als Actionfilm.
Wertung: 7,5 Punkte.
Nachtrag vom 27. Oktober 2020: Da mir der Film bei der Zweitsichtung (auf Englisch) besser gefallen hat als beim Kinobesuch, habe ich meine Wertung um einen halben Punkt erhöht.
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