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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 9. Mai 2018

A QUIET PLACE (2018)

Regie: John Krasinski, Drehbuch: Bryan Woods, Scott Beck und John Krasinski, Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Emily Blunt, John Krasinski, Millicent Simmonds, Noah Jupe, Leon Russom, Cade Woodward
A Quiet Place
(2018) on IMDb Rotten Tomatoes: 96% (8,2); weltweites Einspielergebnis: $341,0 Mio.
FSK: 16, Dauer: 90 Minuten.

Im Jahr 2020 sorgt eine Invasion räuberischer außerirdischer Kreaturen dafür, daß ein großer Teil der Menschheit als Alienfutter endet. Da die Kreaturen blind sind, dafür aber ein äußerst feines Gehör haben, ist es beinahe unmöglich, sie nicht auf sich aufmerksam zu machen. Der fünfköpfigen Familie Abbott ist das auf ihrer abgelegenen Farm bislang trotzdem gelungen, wo Vater Lee (John Krasinski, "Away We Go") für Nahrung sorgt, das Haus sturmfest zu machen versucht und zudem mit einem alten Funkgerät nach weiteren Überlebenden sucht. Als nützlich hat sich erwiesen, daß die älteste Tochter Regan (Millicent Simmonds, "Wonderstruck") taub ist, weshalb alle in der Familie die Zeichensprache beherrschen. Erheblich weniger günstig ist, daß Regan durch ihre Taubheit oft nicht mitbekommt, wenn sie oder jemand anderes ein lautes Geräusch macht, sofern sie nicht zufällig in die Richtung schaut. Trotz aller Widrigkeiten haben sich die Abbotts einigermaßen mit dem Leben in permanenter Todesgefahr arrangiert – richtig kompliziert wird es allerdings, als Mutter Evelyn (Emily Blunt, "Sicario") schwanger wird, denn eine völlig lautlose Geburt ist bekanntlich doch eher selten …

Kritik:
John Krasinski hat sich vor allem in den USA einen guten Ruf als Comedy-Darsteller erarbeitet, was speziell mit seiner acht Jahre währenden Hauptrolle in der US-Version der Kultserie "The Office" (hierzulande als "Stromberg" adaptiert) zusammenhängt. Nach deren Ende 2013 hat er sich zunehmend in dramatischen Rollen versucht, etwa in Michael Bays Action-Kriegsfilm "13 Hours" und in Kathryn Bigelows Rassismus-Drama "Detroit", zudem wird er ab 2018 für die Amazon-Serie "Tom Clancy's Jack Ryan" zum titelgebenden CIA-Agenten, der im Kino bereits von Alec Baldwin, Harrison Ford, Ben Affleck und Chris Pine verkörpert wurde. Wer Krasinskis Karriere verfolgt hat, der weiß also schon länger, daß er keineswegs nur ein Comedy-Spezialist ist, sondern vielfältige Interessen und Fähigkeiten besitzt. Nicht unbedingt rechnen konnte man hingegen damit, daß der Enddreißiger auch als Regisseur einen globalen Kinohit verantworten würde (in dem er selbst die männliche Hauptrolle spielt) – genau das ist jedoch geschehen mit "A Quiet Place", einem cleveren Horrorfilm und "Creature Feature", das eine unkonventionelle Prämisse mit bewährten Genreelementen kombiniert und derart ein ungemein atmosphärisches und hochspannendes Gruselstück erschafft. In den USA hat sich der von den Kritikern gefeierte "A Quiet Place" innerhalb weniger Wochen zu einem der erfolgreichsten Horrorfilme aller Zeiten gemausert, international ist der Publikumsansturm zwar wesentlich geringer ausgeprägt, aber ebenso vorhanden – und ziemlich verdient.

Die ungewöhnliche Prämisse klingt bereits in der Titelgebung an, denn "A Quiet Place" ist in der Tat ein ruhiger Film, beinahe ein Stummfilm – zumindest soweit es um das gesprochene Wort geht. Durch die tödliche Gefahr, die von den Kreaturen ausgeht, sind die Protagonisten weitestgehend zum Schweigen (oder bestenfalls leisen Flüstern) verdammt, was dramaturgisch wie auch filmtechnisch eine Herausforderung ist, aber ebenso ein hochgradig stimmungsvolles Alleinstellungsmerkmal. Nach einem dramatischen, sehr effektiven Prolog läßt sich Krasinski, der auch das Drehbuch des jungen Autorenduos Bryan Woods und Scott Beck ("Nightlight") überarbeitet hat, sinnvollerweise erst mal Zeit, um dem Publikum diese wenig verheißungsvolle nahe Zukunft mit all ihren Auswirkungen auf die Familie Abbott nahezubringen. Die einzelnen Familienmitglieder lernen wir ebenfalls besser kennen; sie stellen sich als sehr authentische, sympathische Menschen heraus, mit denen man gerne mitfiebert und -leidet – was bei einem Horrorfilm bekanntlich immer ein entscheidender Faktor für das Gelingen ist. Das gilt ebenso für die Besetzung, die überlegt zusammengestellt wurde: Emily Blunt (auch im wahren Leben Krasinskis Gattin) spielt die tatskräftige und fürsorgliche Mutter, die alles gibt, um die Familie zusammenzuhalten, sehr einnehmend, während Krasinski als Vater Lee sichtlich kämpft mit der großen Verantwortung, die er speziell während Evelyns Schwangerschaft für sie und die Kinder trägt; eine Verantwortung, die angesichts der Umstände fast nicht zu bewältigen ist. Bei den Kindern beeindruckt speziell die (tatsächlich gehörlose) Millicent Simmonds als rebellische Regan, die sich mit ihrem Vater immer wieder streitet, weil der zu ihrem Unmut lieber ihren jüngeren Bruder Marcus (Noah Jupe, TV-Serie "The Night Manager") auf seine Streifzüge durch die nähere Umgebung mitnimmt. Und Beau (Cade Woodward), das jüngste Kind, träumt derweil davon, vor der ganzen Misere mithilfte einer Rakete einfach wegzufliegen … In Szenen, die wir aus Regans Perspektive erleben, wird übrigens immer wieder passend zu ihrer Taubheit der Ton komplett abgestellt – somit können wir ihre ganz besondere Situation in diesem dystopischen Schreckensszenario besonders gut nachvollziehen, in der Tat zählen einige dieser Szenen zu den furchterregendsten des gesamten Films und bescherten ihm eine OSCAR-Nominierung für den Tonschnitt.

Der klassische Horrorfilm-Aufbau mit einem dramatischem Einstieg, gefolgt von einer längeren, abgesehen von ein paar unnötigen akustischen Jump-Scares verhältnismäßig ruhigen Phase für die Vorstellung der handelnden Figuren funktioniert auch in "A Quiet Place" einwandfrei – und wenn es in der zweiten Hälfe des mit eineinhalb Stunden knackig kurz gehaltenen Werks dann richtig zur Sache geht, folgt bis zum Schluß Spannung nonstop, noch verstärkt durch Marco Beltramis ("Logan") unerbittlich antreibende Musik, die in einem Film, in dem kaum gesprochen wird, naturgemäß eine besondere Bedeutung hat (wie auch wie das gelungene Sounddesign). Einiges ist dabei durchaus Geschmackssache, beispielsweise die Tatsache, daß die Kreaturen relativ früh mehr oder weniger in ihrer vollen Pracht präsentiert werden. Die Genreregel lautet ja eigentlich, daß speziell übernatürliche oder außerirdische Bedrohungen umso effektiver wirken, je weniger sie zu sehen sind. John Krasinski hält davon offensichtlich nicht so viel, doch da die räuberischen Aliens von OSCAR-Gewinner Scott Farrar ("Cocoon", "Die Chroniken von Narnia", "Transformers"-Reihe) schön grausig gestaltet wurden, ist ihre frühe Enthüllung meiner Ansicht nach kein Problem, das gelingt ähnlich gut wie beispielsweise bei dem nicht ganz unähnlichen Genrekollegen "The Descent – Abgrund des Grauens" oder auch bei "Jurassic Park". Gewisse Anleihen bei der "Alien"-Reihe sind dabei unverkennbar – dort wurden die Aliens als "perfekter Organismus" bezeichnet, das kann man ebenso von den "A Quiet Place"-Kreaturen behaupten, wenn sie auch eher über Kraft und Geschwindigkeit kommen und nicht die tödliche Eleganz des "Alien"-Xenomorphs an den Tag legen. Allerdings finde sehr wohl, daß die Häufigkeit ihres Auftauchens in der zweiten Filmhälfte etwas niedriger hätte dosiert werden dürfen. Ärgerlich ist zudem, daß die Darstellung der Predatoren nicht wirklich konsistent erscheint, denn auf welche Geräusche genau sie wie schnell reagieren, wirkt ziemlich offensichtlich auf die für die jeweilige Szene erforderlichen dramaturgischen Notwendigkeiten hin zugeschnitten (z.B. die Autoszene). Wenn man sich schon die Mühe macht, Regeln aufzustellen (was hier der Fall ist), dann sollte man sie auch konsequent einhalten und sie sich nicht nach Belieben zurechtbiegen. Das ist, ebenso wie die erwähnten akustischen Jump-Scares und ein paar relativ unsubtil eingeleitete Szenenfolgen ein kleines Manko, das aber nichts daran ändert, daß "A Quiet Place" insgesamt ein gutes bis sehr gutes Creature Feature mit einer bedrückend intensiven Stimmung ist. Eine Fortsetzung befindet sich bereits in Planung und ich bin gespannt, ob den Machern dafür mehr einfällt als einfach nur mehr vom Gleichen.

Fazit: "A Quiet Place" ist ein einfallsreicher Horrorfilm, der eine im Kern altbekannte Handlung durch eine gewitzte, originelle Prämisse und eine höchst atmosphärische Umsetzung zu einem der effektivsten Genrebeiträge der letzten Jahre aufwertet.

Wertung: Knapp 8,5 Punkte.


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