Regie: John Francis Daley, Jonathan Goldstein, Drehbuch:
Mark Perez, Musik: Cliff Martinez
Darsteller:
Rachel McAdams, Jason Bateman, Kyle Chandler, Kylie Bunbury, Lamorne Morris,
Sharon Horgan, Billy Magnussen, Jesse Plemons, Danny Huston, Michael C. Hall,
Chelsea Peretti, Camille Chen, Zerrick Williams, Malcolm X. Hughes, Jessica
Lee, John Francis Daley, Jonathan Goldstein
FSK: 12, Dauer: 100 Minuten.
Das Ehepaar Annie (Rachel McAdams, "Alles eine Frage der Zeit") und Max (Jason Bateman, "Kill the Boss") ist verrückt
nach Spielen – nicht verwunderlich, lernten sie sich doch bei einem Kneipen-Quiz
kennen und seitdem haben Spiele eigentlich bei allen wichtigen Ereignissen bis hin zur Hochzeit eine Rolle gespielt. Ihre besten
Freunde – die seit ihrer Jugend liierten Kevin (Lamorne Norris, "Barbershop: The
Next Cut") und Michelle (Kylie Bunbury, TV-Serie
"Under the Dome") sowie der etwas einfältige Ryan (Billy Magnussen, "Into the Woods"), der in jeder Woche mit einer neuen "Freundin" auftaucht
– sind zwar nicht ganz so wild auf die Spiele (und vor allem nicht so
ehrgeizig), machen aber bereitwillig beim wöchentlichen Spieleabend
mit. Als nach längerem Auslandsaufenthalt Max' älterer und sehr wohlhabender
Bruder Brooks (Kyle Chandler, "Carol") zu Besuch kommt, ist Max wenig
begeistert, wurde er doch schon immer von Brooks übertrumpft. Dieses Mal
scheint das nicht anders zu laufen, denn Brooks richtet den nächsten
Spieleabend in seinem prachtvollen Haus aus und gibt sich mächtig Mühe: Er läßt eine Entführung inszenieren, nach der die verbliebenen
Freunde den Hinweisen nachgehen müssen, um das Opfer zu retten. Tatsächlich
wird Brooks entführt und alle sind begeistert, wie realistisch das
wirkt – daß es sich gar nicht um die Fake-Entführer handelt, sondern um echte
Gangster, die Brooks kidnappen, bemerken sie nicht …
Kritik:
Man mag es kaum glauben, aber es ist tatsächlich so: Die
Hollywood-Komödie befindet sich in einer ernsthaften Krise. Während in
Deutschland, Frankreich, Spanien oder auch China lokale Komödien regelmäßig zu den erfolgreichsten
Produktionen zählen, findet sich beispielsweise in den
US-amerikanischen Jahrescharts 2017 die erste Realfilm-Komödie
erst auf Platz 26 ("Girls Trip"). Natürlich kann man argumentieren,
daß auch "Jumanji 2" (Rang 4), "Guardians of the Galaxy 2"
(5) oder "Get Out" (15) stark komödianisch geprägt sind, aber in
erster Linie zählen sie doch zu anderen Genres (Action-Abenteuer, SciFi
respektive Horrorsatire) und sind keine klassischen Komödien. Und 2017 war bestimmt keine Ausnahme, spätestens seit
dem Ende der "Hangover"-Trilogie tun sich Komödien in Nordamerika
ungewöhnlich schwer – dabei galt doch immer, daß Kinozuschauer in politisch
dunklen Zeiten Filme bevorzugen, in denen man durch viele Lacher von der Realität abgelenkt wird. Die Hollywood-Komödienkrise hat vielfältige
Ursachen, zu denen die erstarkende Streaming-Konkurrenz (Netflix gelang es ja,
den einstigen Kinokomödien-Hitgaranten Adam Sandler durch einen langfristigen
Vertrag an sich zu binden) ebenso zählt wie ein verändertes Kinoverhalten der
jungen Generationen (die sich oft nur noch durch spektakuläre Highlights in die
Multiplex-Kinocenter locken lassen) und eine strukturelle Veränderung der Branche,
bei der zwischen sündteuren Großproduktionen und kleinen Indie-Filmen die
Mittelware immer stärker wegbricht; und das trifft neben Thrillern eben vor
allem Komödien. Zu den wenigen verläßlichen Komödienexperten zählt das Autoren-
und Regieduo John Francis Daley und Jonathan Goldstein, das 2011 mit "Kill
the Boss" seinen Durchbruch schaffte und seitdem dem Genre weitgehend treu
blieb. So auch mit "Game Night", einem Film, dessen Prämisse nicht
wirklich neu ist und der sich im Prinzip sehr ähnlich anfühlt wie viele andere
Hollywood-Komödien der letzten Jahre ("Wir sind die Millers",
"Bad Neighbors"), aber durchgehend gut unterhält.
Die Idee, ahnungslose Bürger im Glauben, es handle sich nur
um ein Spiel, in eine gefährliche Situation zu bringen, ist gut, aber – wie gesagt
– nicht neu. Paradebeispiel für die Thematik ist die herrlich alberne, in
Deutschland aufgrund ihres dämlichen deutschen Titels unterschätzte Bill
Murray-Komödie "Agent Null Null Nix" aus dem Jahr 1997. Während der
Murray-Film (ähnlich wie die dramatische Variante "The Game" von David Fincher) die Prämisse allerdings gnadenlos durchzog, erfahren die Protagonisten
in "Game Night" überraschend früh (wenn auch nicht alle
gleichzeitig), daß Brooks' Entführung bitterer Enst ist. Das sorgt einerseits
dafür, daß "Game Night" ein wenig an Eigenständigkeit gewinnt,
andererseits wird der Reiz der Filmidee dadurch natürlich bei weitem nicht
ausgeschöpft. Dafür lebt "Game Night" von den erfreulich gut
ausgestalteten Charakteren aus der Feder von Autor Mark Perez ("Die
Country Bears"). Zwar bleiben die letztlich schon wegen ihrer relativ
großen Anzahl – die drei Paare plus Brooks plus der sonderliche
Polizisten-Nachbar Gary (Jesse Plemons, "Bridge of Spies"), der unbedingt
mitspielen möchte – Stereotype, jedoch gelingt es Perez, sie alle durch ein paar
Eigenheiten schnell interessant zu machen. Bei Michelle und Kevin ergibt sich
beispielsweise schnell ein Running Gag, als Michelle bei einem Trinkspiel
versehentlich enthüllt, daß sie einmal Sex mit einem Promi hatte (den sie aber
nicht verraten will), während Ryan und sein neues, wesentlich
intelligenteres Date Sarah (Sharon Horgan, "Es ist kompliziert …!") alleine
durch ihre extreme Unterschiedlichkeit sowie Sarahs Hang zum Sarkasmus für
reichlich Amusement sorgen. Und das zentrale Paar Annie und Max glänzt durch
den unbedingten Willen, das Spiel zu gewinnen und es Max' großem Bruder endlich
einmal so richtig zu zeigen. Daß die von Danny Huston ("Wonder Woman") und Michael C. Hall (TV-Serie "Dexter") gespielten Antagonisten erst spät und reichlich kurz auf den Plan treten und somit ziemlich blaß bleiben, ist da zu verschmerzen.
In einem Ensemble voller komödienerfahrener Schauspieler ist
es erstaunlicherweise die sonst eher im dramatischen und romantischen Bereich etablierte
Rachel McAdams, die sich schnell als gar nicht so heimlicher Star des Films
herausschält. Sie harmoniert wunderbar mit Jason Bateman, offenbart dabei ein
beeindruckendes Comedy-Timing und hat zudem das Glück, vom Drehbuch mit die
besten Szenen zugeschustert zu bekommen – mein Favorit ist der äußerst fiese
Gag im Showdown am Flugzeug (der die FSK-Prüfer vermutlich kurz zum Nachdenken
brachte, ob eine Altersfreigabe ab 12 Jahren tatsächlich angemessen ist …), aber
auch ihre überdrehte Parodie von Amanda Plummers "Pulp Fiction"-Rolle
ist witzig. Generell muß man sagen, daß die Gagfrequenz von "Game
Night" erfreulich hoch ist und sich die Trefferquote ebenfalls sehen
lassen kann. Echte komödiantische Highlights sind jedoch rar, das Drehbuch
lebt trotz einiger Wendungen mehr von der gekonnten Umsetzung durch einen
talentierten Cast als von Originalität oder solch konsequenter
Hemmungslosigkeit wie in "Agent Null Null Nix". Ein paar Witze
unterhalb der Gürtellinie gibt es auch, die halten sich aber (meiner
Meinung nach:) glücklicherweise in Grenzen und bleiben ziemlich harmlos. Somit
ist "Game Night" zwar sicher nicht der große Hit, der das Genre
wiederbelebt, aber auf jeden Fall ein Beweis dafür, daß es Hollywood keinesfalls
ganz fallenlassen sollte. Ach, und eine zusätzliche Szene nach dem Abspann gibt es auch noch.
Fazit: "Game Night" ist eine sympathische, witzige Komödie, die das Potential ihrer Prämisse zwar kaum
ausreizt, aber dank interessanter Charaktere und einer gut eingespielten Besetzung
ziemlich viel Spaß macht.
Wertung: 7 Punkte.
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