Regie: Matthew
Vaughn, Drehbuch: Jane Goldman, Matthew Vaughn, Musik: Henry Jackman und
Matthew Margeson
Darsteller: Taron Egerton, Mark Strong, Julianne
Moore, Colin Firth, Edward Holcroft, Hanna Alström, Jeff Bridges,
Pedro Pascal, Halle Berry, Channing Tatum, Colin Firth, Emily
Watson, Bruce Greenwood, Sophie Cookson, Keith Allen, Tom Benedict
Knight, Tobi Bakare, Thomas Turgoose, Calvin Demba, Poppy Delevingne, Björn Granath, Lena Endre, Samantha
Womack, Mark Arnold, Sir Elton John
FSK: 16, Dauer: 141
Minuten.
Ein Jahr nach dem
blutigen Ende des größenwahnsinnigen Richmond Valentine durch die als
"Kingsmen" bekannten britischen Geheimagenten hat sich alles wieder
beruhigt. Eggsy Unwin (Taron Egerton, "Eddie the Eagle") ist unter dem Decknamen Galahad
inzwischen selbst ein etablierter Kingsman, der dem neuen Geheimdienstchef
Arthur (Sir Michael Gambon, "Open Range") untersteht und eine sehr glückliche Beziehung mit der schwedischen Prinzessin Tilde (Hanna
Alström, TV-Serie "Real Humans") führt. Doch eines Abends steht unerwartet jemand Totgeglaubtes vor ihm: Der ehemalige Kingsman-Rekrut Charlie Hesketh (Edward Holcroft, TV-Serie "Wölfe") will
seinen alten Konkurrenten Eggsy mit der Hilfe etlicher Schergen entführen! Der
entkommt, doch andere Kingsmen haben weniger Glück. Daher machen sich Eggsy und
Merlin (Mark Strong, "The Imitation Game") auf den Weg in die USA, wo sie Hilfe von ihren
amerikanischen Pendants erhalten, den von Champagne (Jeff Bridges, "True Grit") angeführten
Statesmen. Es stellt sich heraus, daß der Anschlag auf die Kingsmen von der
Dragonbaronin Poppy (Julianne Moore, "A Single Man") angeordnet wurde, die mit ihrer
Organisation namens "The Golden Circle" einen perfiden Plan verfolgt, der
die Welt für immer verändern soll …
Kritik:
"Kingsman: The Secret Service" war eine der größten und auch positivsten Überraschungen des
Kinojahres 2014. Der britische Filmemacher Matthew Vaughn, der bis hierhin einen
nahezu makellosen Lebenslauf als Regisseur vorweisen konnte ("Layer
Cake", "Der Sternwanderer", "Kick-Ass", "X-Men: Erste Entscheidung") schuf mit der ziemlich freien Adaption einer Graphic
Novel von "Kick-Ass"- und "Wanted"-Autor Mark Millar
eine furiose, aberwitzige Actionkomödie, die eine exzellente
James Bond-Parodie abgab, aber mit vielen guten Ideen und interessanten Figuren
sehr wohl auch auf eigenen Beinen stehen konnte. Da in diesem Fall
glücklicherweise Qualität mit kommerziellem Erfolg einherging ("The
Secret Service" spielte bei einem Budget von gut $80 Mio.
global mehr als $400 Mio. ein!), stand schnell fest, daß es eine Fortsetzung geben
sollte. Und da hierfür sogar Vaughn erstmals für einen zweiten Film innerhalb
einer Reihe zurückkehrte, waren die Chancen gut, daß auch "Kingsman: The
Golden Circle" ein Hit werden würde. Nun, in finanzieller Hinsicht trifft
das durchaus zu, qualitativ kann dieses Sequel jedoch bedauerlicherweise nicht
ganz an den Vorgänger anknüpfen. Das soll nicht heißen, daß "The Golden
Circle" schlecht wäre. Nein, Vaughn und seiner Co-Autorin Jane Goldman ("Die Frau in Schwarz") ist
erneut eine unterhaltsame Actionkomödie gelungen, deren zentraler Plot meines
Erachtens sogar besser ist als in "The Secret Service" – nur leider
mangelt es an neuen Ideen, zudem kommen die meisten der allzu vielen neu eingeführten
Charaktere zu kurz und einige eher überflüssige Nebenhandlungsstränge sorgen
dafür, daß "The Golden Circle" mit seinen 140 Minuten Laufzeit
unnötig aufgebläht wirkt.
Dabei beginnt alles
so vielversprechend: Mit der grandios choreographierten und immersiv, aber nie
unübersichtlich gefilmten Auto-Hetzjagd durch London von
Eggsy und Charlie präsentiert "The Golden Circle" einen
Actionhöhepunkt gleich zu Beginn, der mit atemberaubenden Stunts und
überraschenden Volten begeistert. Auch die anschließende erste Ruhephase
funktioniert exzellent, denn es ist eine schöne Überraschung, daß für
Eggsy seine weibliche Eroberung vom Ende von "The Secret Service"
keineswegs wie bei den allermeisten James Bond-Filmen nur ein One-Night-Stand
war, der im nächsten Film längst wieder vergessen ist. Nein, Eggsy und
Prinzessin Tilde sind ein tolles Paar, dem allerdings mit Eggsys erstem Treffen
mit ihren Eltern – also dem schwedischen Königspaar! – eine
größere Belastungsprobe bevorsteht. Und schließlich ist Vaughn eine
vielversprechende Einführung des neuen Bösewichts gelungen. Wo im Vorgänger
Samuel L. Jackson den exzentrischen Richmond Valentine als bloße
(wenngleich sehr unterhaltsame) Karikatur verkörperte, gibt Julianne Moore
ihrer Drogenbaronin einen ganz anderen Spin. Poppy ist hochgradig sadistisch und
hat ein Faible für die 1950er Jahre, Robotik, Elton John (den sie kurzerhand
für ihr Privatvergnügen entführen ließ) und miese Wortspiele. Eine gewagte
Kombination, die dank Moores Spielfreude hervorragend funktioniert und Poppy zu
einer denkwürdigen Antagonistin macht – die allerdings für
meinen Geschmack etwas zu wenig Szenen bekommen hat.
Leider geht es mit
"Kingsman: The Golden Circle" ab der Ankunft in den USA (und damit dem zweiten von drei Akten) bergab –
nicht steil, nicht einmal durchgehend, aber im Trend doch unübersehbar. So
hochkarätig beispielsweise die Statesmen besetzt sind, so blaß bleiben sie erstaunlicherweise.
Gerade Jeff Bridges und Channing Tatum (der kurioserweise nach "Logan Lucky" im zweiten Film nacheinander agiert, in dem John Denvers Song
"Country Roads" eine Rolle spielt) haben deutlich kleinere
Rollen als man vermuten würde, für Halle Berry ("Cloud Atlas") – die das Pendant zu Mark
Strongs Merlin spielt und mit ihm die meisten Szenen hat – sieht es
zumindest etwas besser aus. Ausgerechnet jener Statesman, dessen Darsteller der
am wenigsten bekannte ist, darf als einziger so etwas wie Profil entwickeln:
Whiskey, gespielt von Pedro Pascal (unter "Game of Thrones"-Fans
unvergessen als Oberyn Martell). Allerdings beeindruckt auch er vor allem durch
seine Kampfkünste, denn abgesehen von der ausführlich gelobten
Eingangssequenz in London sind Whiskeys temporeiche Kämpfe mit (Elektro-)Lasso und
Peitsche zweifellos das Action-Nonplusultra in "The Golden Circle".
Ganz im Gegenteil zu den relativ kurz kommenden Statesmen spielt übrigens Sir
Elton John eine überraschend große Rolle; er sorgt als Poppys Haustier wider
Willen mit seinem störrischen, selten auf den Mund gefallenen Verhalten für
etliche Lacher und spielt sogar im Showdown eine nicht unwichtige Rolle. Womit wir wieder bei Poppy wären: Deren Plan ist im Vergleich
zu dem von Valentine in "The Secret Service" bei genauerer
Betrachtung auch nicht viel weniger größenwahnsinnig, kommt dabei aber deutlich
geerdeter daher und hat auch eine überzeugendere, glaubwürdigere Argumentation
und Motivation zu bieten. Das bleibt zwar letztlich alles Mittel zum Zweck und
wird sehr oberflächlich thematisiert (was etliche Logikfehler zur Folge
hat, wenn man genauer darüber nachdenkt), ist im Kern aber trotzdem ziemlich
clever – und bringt auch noch den US-Präsidenten (verkörpert von Bruce
Greenwood, der übrigens in "Thirteen Days" schon mal als Präsident
John F. Kennedy zu sehen war und in "Das Vermächtnis des geheimen Buches" als fiktiver Präsident) ins Spiel, der in seiner Skrupellosigkeit selbst
einen Donald Trump beinahe – aber nur beinahe! – schon wieder harmlos aussehen läßt.
Das größte Manko
von "Kingsman: The Golden Circle" ist sein Mangel an Originalität.
Vieles ist für sich genommen nicht schlechter als im Vorgänger, nur
kennt man den Stil inzwischen eben schon. Dazu greift Vaughn auch noch auf
einige bewußte Wiederholungen zurück, wenn beispielsweise die ikonische
Barszene des ersten Teils diesmal mit Whiskey in der Hauptrolle
"nachgespielt" wird oder Poppys mit einem Roboterarm ausgestattete
rechte Hand Charlie wie eine gar nicht schlechte, aber doch etwas blassere
Kopie von Sofia Boutellas messerscharfer Kampfmaschine Gazelle eingesetzt wird. Nimmt man dann noch einen allzu vorhersehbaren Todesfall dazu und einen Showdown, der bei
weitem nicht an die Brillanz des "The Secret Service"-Finals
anknüpfen kann (aber trotzdem rasant und unterhaltsam in Szene gesetzt ist),
dann stellt sich doch eine gewisse Ernüchterung angesichts dieser Ideenarmut ein.
Zumal es auch noch zwei Handlungsstränge gibt, die die Handlung
zwischenzeitlich etwas ausbremnsen: eine Beziehungskrise zwischen Eggsy und
Tilde und die Amnesie von Harry Hart (Colin Firth, "Dame, König, As, Spion"). Oh, das hatte ich ja noch
gar nicht erwähnt: Eggsys in "The Secret Service" denkwürdig
abgetretener Mentor ist zurück, was ich verraten darf, da das gesamte
PR-Material zum Film bereits keinen Hehl daraus gemacht hatte. Harrys Rückkehr
von den Toten wird sogar halbwegs sinnvoll erklärt – trotzdem nervt es einfach,
daß er im gesamten zweiten Filmdrittel an Gedächtnisschwund leidet und seine
Freunde versuchen, ihn irgendwie an seine wahre Identität zu erinnern.
Grundsätzlich sind diese Versuche zwar nicht schlecht gemacht, aber mir
erschließt sich einfach nicht der Sinn einer Storyline, deren Ausgang man
haargenau kennt – zumal auf diese Weise nur noch eine große Kampfszene
übrigbleibt, in der Colin Firth in der coolsten Rolle seiner Karriere glänzen
kann. Was für eine Verschwendung! Spaßig sind dagegen erneut die diversen
parodistischen Genreanspielungen, darunter ein Ausflug zu einem auf einem Berggipfel
gelegenen Labor, in dem man nur darauf wartet, daß Ernst Stavro Blofeld
durch die Tür tritt …
Kurios ist
übrigens, daß wie in einer anderen James Bond-Parodie, "Johnny English – Jetzt erst recht!" mit Rowan Atkinson, der Cameo-Hit "Word Up!" im Finale
eine Rolle spielt, wenn auch hier in einer amerikanisierten Coverversion von der
deutschen Band The BossHoss (!) – ob das nun Zufall ist oder eine bewußte
Anspielung auf "Johnny English", das wissen wohl nur die Filmemacher; ich fand es jedenfalls witzig. Matthew Vaughn und Jane Goldman haben derweil
bereits einen dritten "Kingsman"-Teil angedeutet, der laut
Hauptdarsteller Taron Egerton wohl als Trilogieabschluß dienen soll. Die
Einspielergebnisse sollten dem jedenfalls nicht im Wege stehen, auch wenn
"The Golden Circle" in den USA ein wenig hinter dem Einspielergebnis von
"The Secret Service" zurückbleibt. Entscheidend wäre natürlich,
daß Vaughn und Goldman wieder bessere Einfälle haben, ohne die Stärken der
Reihe zu vernachlässigen. Denn das muß schon festgehalten werden:
"Kingsman: The Golden Circle" ist Vaughns bislang schwächster Film.
Fazit: "Kingsman: The Golden Circle"
ist eine Actionkomödie, die mit tollen Actionsequenzen und viel Humor punktet,
im Vergleich zum noch deutlich besseren Vorgänger aber neue Ideen vermissen
läßt und einige überflüssige Handlungsstränge verfolgt.
Wertung: 7 Punkte.
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