Regie: Patty Jenkins, Drehbuch: Allan Heinberg, Musik:
Rupert Gregson-Williams
Darsteller: Gal Gadot, Chris Pine, Danny Huston, Connie
Nielsen, Robin Wright, Elena Anaya, David Thewlis, Saïd Taghmaoui, Ewen
Bremner, Eugene Brave Rock, Lucy Davis, Lisa Loven Kongsli, Ann
Wolfe, Florence Kasumba, Ann Ogbomo, Doutzen Kroes, Eleanor Matsuura, Wolf Kahler,
James Cosmo, Rainer Bock, Martin Bishop, Rachel Pickup, Zack Snyder
FSK: 12, Dauer: 136 Minuten.
Als der griechische Gott des Krieges Ares den Kampf gegen
das Pantheon wagte und einen Gott nach dem anderen tötete, konnte Göttervater
Zeus ihn gerade noch niederschlagen – aber nicht vernichten. Mit letzter
Kraft schuf Zeus eine Art Tarnmantel für die Insel Themyscira, auf der die
von ihm als Beschützer der Menschheit geschaffenen Amazonen leben, sodaß sie
vor Ares sicher sind, wenn dieser wieder zu Kräften gekommen ist und die
Menschheit endgültig vernichten will. Dieser Zeitpunkt scheint gekommen, als im
Jahr 1918 der britische Spion Steve Trevor (Chris Pine, "Hell or High Water") mit seinem schwer beschädigten Flugzeug durch die unsichtbare Grenze zu
dem kriegerischen Frauenvolk hindurch direkt vor der Küste ins Meer abstürzt – gerettet wird er von der durch Zufall anwesenden Diana (Gal Gadot,
"Fast & Furious 4-7"), der kampfstarken Tochter von
Königin Hippolyta (Connie Nielsen, "Gladiator") und Zeus
höchstpersönlich. Nach einer ersten blutigen Begegnung mit den Steve
verfolgenden deutschen Truppen sowie seinen erschreckenden Erzählungen vom
"Krieg, der alle Kriege beenden soll" kommen die
Amazonen-Heerführerin Antiope (Robin Wright, "A Most Wanted Man") und
Diana zu dem Schluß, daß Ares hinter diesem Konflikt stehen muß und die Zeit für
die Amazonen, wieder die Welt der Menschen zu betreten, gekommen ist. Da ihre
Mutter Zweifel hegt, macht sich Diana heimlich mit Steve auf den Weg nach
London, wobei sie das "Lasso der Wahrheit" und das legendenumwobene
Schwert "Gotttöter" mit sich nimmt …
Kritik:
Tja, nun ist es tatsächlich passiert: Die vierte Film des DC
Extended Universe ist der erste, der den Großteil der Kritiker wie auch der
Kinogänger überzeugen konnte. Das war auch dringend nötig, waren doch die drei
vorangegangenen Werke ("Man of Steel", "Batman v Superman"
und "Suicide Squad") zwar allesamt kommerzielle Erfolge, konnten
dabei aber selbst viele DC-Fans nur bedingt überzeugen. Auf Dauer hätte
eine so bescheidene Mundpropangada mit Sicherheit zu deutlich sinkenden
Zuschauerzahlen geführt, gerade bei jenen Filmen, die sich nicht um die global beliebten DC-Superstars Batman und Superman drehen (und angesichts der
Konkurrenz durch das viel früher und strategischer aufgebaute und deshalb
durchgehend erfolgreiche Marvel Cinematic Universe). Der trotz der Kriegsthematik leichter und beschwingter daherkommende "Wonder Woman"
sollte der dringend benötigte "Gamechanger" werden; und Regisseurin
Patty Jenkins ("Monster") und Drehbuch-Autor Allan Heinberg in seinem
Kinodebüt (sonst schreibt er Comics, aber auch Manuskripte für TV-Serien wie
"O.C., California" oder "Grey's Anatomy") haben geliefert.
Zwar macht "Wonder Woman" keineswegs alles ganz anders und verläßt sich
manchmal etwas zu sehr auf gängige Superhelden-Motive, aber die überfällige
starke weibliche Note, eine gute Besetzung und Jenkins' routinierte, wuchtige
Inszenierung lassen über manche Klischees und inhaltliche Schwächen großzügig
hinwegsehen. Anmerkung am Rande: Patty Jenkins ist nicht nur die erste Regisseurin
bei einem Hollywood-Superheldenfilm, sie schuf mit "Wonder Woman" auch
den kommerziell zweiterfolgreichsten Film unter der Leitung einer Frau
(nur "Die Eiskönigin" – vom gemischten Regieduo Jennifer Lee und Chris Buck –
spielte noch mehr Geld ein).
Was mich an den heutigen Big Budget-Superheldenfilmen etwas
stört, ist der starke Fokus auf Action. Das ist bei "Wonder Woman"
nicht wirklich anders, jedoch sind die Actionsequenzen trotz eines phasenweise etwas zu
exzessiven Zeitlupen-Einsatzes unterhaltsam und spannend in Szene gesetzt und
zudem gut verteilt – in jedem der drei groben Filmakte gibt es eine. Mir hat
die erste am besten gefallen, was vor allem am Setting liegt, aber auch daran,
daß es die bodenständigste ist. Denn das erste Filmdrittel spielt auf
Themyscira, der verborgenen Heimat der Amazonen, auf der sich die Technik
nicht weiterentwickelt hat, die Kriegerinnen aber große Kampfkünste erlernt
haben – die dummerweise gegen Gewehre und Kanonen der Deutschen viel von
ihrer Wirkung verlieren. Jenkins gelingt es, dem Publikum ohne große
Umschweife die aus unserer Perspektive exotische Welt nahezubringen, in der Diana als einziges Kind in einer Welt voller starker Frauen aufgewachsen ist. Über
die Amazonen-Gesellschaft selbst erfahren wir leider nur wenig, ihre
Kampfkünste sind jedoch mehr als beeindruckend. Vor allem Dianas Tante Antiope,
die (anfangs gegen den Willen der Königin) das Training ihrer Nichte
übernahm, ist eine beeindruckende, von Robin Wright ausgesprochen
charismatisch verkörperte Figur, die zudem in der kurzen, aber sehr sehenswert
choreographierten Schlacht an der Küste gegen die deutschen Soldaten
beeindruckende Badass-Qualitäten offenbart. Sollte DC je ein Amazonen-Prequel
drehen, in dem Antiope im Zentrum steht – ich wäre definitiv dabei!
Bedauerlicherweise verlassen wir die Amazonen mit Dianas Abreise von Themyscira für den restlichen Film. Ein bißchen fies ist es schon, da dieser erste Akt eindeutig gut genug war, um Appetit auf mehr davon zu
machen, man dann aber durch den Wechsel in die trübe Realität der Ersten
Weltkrieges doch ziemlich hängengelassen wird. Statt exotischer Amazonen gibt es nun
erst einmal klassische Culture Clash-Elemente, die selbstredend alles andere als
originell sind, dafür aber größtenteils sehr amüsant präsentiert. Daß sich
zwischen Steve und Diana – der Steve in London kurzerhand den unverfänglichen,
englisch ausgesprochenen Namen "Diana Prince" verpaßt, als die sich
eben als Amazonenprinzessin vorstellen möchte … – sehr schnell eine enge
Freundschaft entwickelt, wirkt bei genauer Betrachtung nicht ganz glaubwürdig,
wird aber dadurch geschickt verdeckt, daß Gadot und Pine hervorragend
miteinander harmonieren. Überhaupt sind das israelische Ex-Model und der
langjährige Captain Kirk-Darsteller zwei sehr gewichtige Gründe für das Funktionieren
von "Wonder Woman". Die ursprünglich von etlichen Fans skeptisch beobachtete
Gal Gadot überzeugte ja bereits in "Batman v Superman" (der im
Gegenwarts-Prolog übrigens als Alibi-Aufhänger für dieses Prequel dient), wo
ihre Darstellung der Wonder Woman als elegante und etwas distanzierte, jedoch keineswegs unsympathische Kriegerin zu den wenigen Höhepunkten zählte. Hier wird das weiter ausgebaut, indem Diana etwas mehr charakterliche Tiefe
und mit der Beziehung zu Steve Trevor (der in der "Batman v
Superman"-Gegenwart natürlich längst verstorben ist) auch eine sehr persönliche, sie
prägende Hintergrundgeschichte verliehen wird. Da kann man locker verschmerzen,
daß Diana ständig Schwert, Schild und Lasso unter der ihr von Steve und seiner
Assistentin Etta (Lucy Davis, "Shaun of the Dead") verschafften Zivilkleidung griffbereit mit sich
herumträgt, ohne daß man es ihr ansieht, was nicht gerade glaubwürdig
rüberkommt. Aber um darüber nachzudenken, findet man sowieso kaum noch Zeit,
sobald sich Steve und Diana in höchst inoffiziellem Auftrag von Steves Chef Sir
Patrick Morgan (David Thewlis, "Die Entdeckung der Unendlichkeit") auf ihren Weg zur Westfront in Belgien machen.
Während viele Politiker und Militärs ob eines
deutschen Angebots für Friedensverhandlungen glauben, daß das Kriegsende
unmittelbar bevorsteht, sind Steve und Diana nämlich überzeugt, daß der
sinistre General Ludendorff (Danny Huston, "Zorn der Titanen") einen entscheidenden Schlag
gegen die Briten und ihre Verbündeten plant. Denn vor seinem schicksalsträchtigen
Aufeinandertreffen mit Diana hatte Steve in geheimer Mission aufgedeckt, daß Ludendorff
und seine brillante Chefchemikerin Dr. Maru (Elena Anaya, "Die Haut, in der ich wohne") eine neue Art von Senfgas entwickeln, gegen das auch
Gasmasken nutzlos sind. Deshalb ist Diana sogar überzeugt, daß General
Ludendorff in Wirklichkeit Ares höchstselbst ist. Die Ähnlichkeiten zu Marvels
erstem, im Zweiten Weltkrieg spielenden "Captain America"-Film sind
unverkennbar, gerade die Konstellation mit General Ludendorff und Dr. Maru erinnert doch stark an Captain Americas Widersacher Red Skull und seinen Helfer Dr. Zola –
doch erfreulicherweise gestaltet "Wonder Woman" diesen Handlungsstrang in
meinen Augen deutlich überzeugender. Während "Captain
America" im finalen Drittel fast nur auf Kriegsaction setzt, bietet
"Wonder Woman" mehr Abwechslung und besser gestaltete Charaktere. Wie
Captain America ist nämlich auch Steve (und damit Diana) mit einigen loyalen Kameraden unterwegs
– während das "Howling Commando" in "Captain America" aber auch
aufgrund der recht großen Anzahl von Männern abseits der Kampfszenen kaum etwas
zu Tun oder Sagen bekommt, verwenden Patty Jenkins und Allan Heinberg auf
Steves und Dianas drei Begleiter mehr Mühe. Zugegeben, daß
es sich bei denen um einen Araber (Saïd Taghmaoui, TV-Serie "The Missing"), einen Schotten (Ewen
Bremner, "Trainspotting") und einen Indianer ("The Revenant"-Stuntman Eugene Brave Rock in seinem Kinodebüt als Schauspieler)
handelt, klingt wie der Beginn eines schlechten Witzes, aber da jeder von ihnen seine eigene kleine Story erhält und sie wertvolle Unterstützerdienste
leisten, funktioniert das gut, zumal sie nicht wenig Humor in die Geschichte
einbringen.
In Sachen Bösewicht kann sich "Wonder Woman"
leider nicht von den meisten Genrekollegen abheben, soll heißen: Wie bei so
vielen Superhelden-Filmen fallen die Antagonisten auch hier eher unterwältigend
aus. Dabei spielt Danny Huston seine Rolle gut, was nicht verwunderlich ist,
denn gierige Oberfieslinge hat er schon immer glänzend verkörpert (z.B. in "Der
englische Gärtner", "The Warrior's Way" oder auch der TV-Serie "Magic City"), und
auch Elena Anaya verleiht der Chemikerin mit dem entstellten Gesicht etwas
Profil. Aber beide Figuren und ihre Motivation sind nicht gut genug
ausgestaltet, sie wirken bei aller Skrupellosigkeit und
Brutalität einfach nicht wie ernstzunehmende Kontrahenten für die willens-
und kampfstarke Amazone. Für Spannung sorgt nur die
Frage, ob Diana richtig liegt mit ihrer Vermutung, daß Kriegsgott Ares seine
Hände im Spiel hat, vielleicht sogar als Ludendorff agiert. Selbstverständlich
werde ich nicht des Rätsels Lösung verraten, aber ich kann sagen, daß ich
mit der Auflösung recht zufrieden bin. Der ein bißchen an
"Casablanca" erinnernde Showdown auf einem Flugplatz ist jedenfalls spektalulär inszeniert und wartet mit überwiegend
starken Computereffekten auf, die Dianas übermenschliche Kräfte wuchtig illustrieren
(lediglich ihre riesigen Sprünge wirken im Bewegungsablauf etwas unnatürlich, sowas
haben vergleichbare Filme besser hinbekommen), auch der 3D-Einsatz ist
gelungen.
Abschließend ein paar Sätze zu jener öffentlichen
Debatte, die angesichts des ersten großen Superheldinnen-Solofilms wie auch der
ersten Superheldenfilm-Regisseurin unvermeidlich war: Ist "Wonder
Woman" ein feministischer Film? Gerade in den USA wird er weithin als
solcher gepriesen, nicht allein von den Kritikern, sondern ebenso von Organisationen,
die sich für die Gleichberechtigung einsetzen, und von zahllosen
weiblichen (und etlichen männlichen) Promis; auch der Frauenanteil an den Kinogängern ist deutlich
überdurchschnittlich. Andererseits fallen die Reaktionen in Europa verhaltener aus, manche sprechen dem Film jegliche feministische Komponente
ab. Nun, die Wahrheit dürfte wie so oft irgendwo in der Mitte liegen.
Zweifellos darf man die symbolische Bedeutung von "Wonder Woman"
nicht unterschätzen, die wohl durch die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation in einem Staat potenziert wird, der von einem Präsidenten und von einer Partei regiert wird, die in den letzten Jahren nicht primär durch ihren Einsatz für Frauenrechte aufgefallen sind (und ihre Wähler noch viel weniger). Und gerade das für die Multiplexe geschaffene Hollywood-Kino richtet
sich noch immer stark an das männliche Publikum, weshalb im Grunde genommen
jeder Film, bei dem das mal nicht der Fall ist, eine willkommene Abwechslung ist. Wenn nun noch ein traditionell besonders männlich geprägtes Genre wie
das des Superheldenfilms endlich mit einer überzeugenden Protagonistin
aufwartet, dann ist es kein Wunder, daß das als ein bedeutendes Ereignis gewertet (und vielleicht auch überbewertet)
wird, das im Idealfall gar die weiterhin vorherrschende Machokultur in Hollywood
ein wenig aufbrechen könnte. Dafür sind Thema und Ära gut gewählt, denn wer könnte besser
für weibliche Selbstbestimmung stehen als die Amazonen? Und wann könnte eine
Amazone wie Diana besser demonstrieren, daß sie nicht von Männern abhängig ist,
als in einer Zeit, in der die Frauen in den meisten Staaten noch nicht einmal
das Wahlrecht hatten? Feminismus und Gleichberechtigung sind also durchaus auch
inhaltlich ein Thema in "Wonder Woman" – dennoch haben die
europäischen Stimmen nicht Unrecht, wenn sie bemängeln, daß das doch arg
oberflächlich abgehandelt wird. Nur weil die Suffragetten erwähnt werden und
Diana einigen Neandertalern beweisen muß, daß sie nicht weniger weiß oder kann
als Männer, ist "Wonder Woman" noch lange kein wirklich feministischer
Film. Ein solcher lag aber vermutlich auch nie in der Absicht von DC, denn
schließlich handelt es sich um einen Sommer-Blockbuster, von dem die Zuschauer
vor allem eines erwarten: gute Unterhaltung. Die bekommen sie, nur eben
diesmal von einer Frau inszeniert und mit einer Frau als Protagonistin. Und
darüber darf man sich unabhängig vom eigenen Geschlecht ruhig freuen und mehr davon fordern.
Fazit: "Wonder Woman" ist ein
unterhaltsames Superheldinnen-Prequel, das mit einer starken Protagonistin, Humor
und Action überzeugt, sich jedoch im Kern ziemlich eng an die typischen
Genreformeln hält.
Wertung: Knapp 8 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld oder das jpc-Banner in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
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WONDER WOMAN beginnt stark, baut aber am Ende etwas ab. Was mir wirklich gut gefiel, war der Gegensatz zu Zack Snyders düsteren DCEU-Filmen. WONDER WOMAN erinnert mit der farbenfrohen Optik eher an einen Marvelfilm. Gal Gadot hat mich als Heldin sehr überzeugt, der opulente Schlusskampf leider nicht.
AntwortenLöschenSorry für die späte Antwort, ich hatte den Kommentar bislang schlicht übersehen ... Aber eigentlich gibt es sowieso nicht viel zu antworten, da wir uns ja größtenteils einig sind in der Bewertung. Klar, der Showdown ist kein Meisterstück, aber angesichts dessen, daß die meisten Superhelden-Filme (gleich ob von DC oder Marvel) sehr ähnlich enden, gehört der Schlußkampf von "Wonder Woman" für mich dank der "göttlichen Komponente" definitiv zu den besseren.
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