Originaltitel:
Bu-san-haeng
Regie und Drehbuch: Yeon Sang-ho, Musik: Jang Young-gyu
Darsteller: Gong Yoo, Kim Su-an, Ma Dong-seok, Jung Yu-mi,
Choi Woo-shik, Ahn So-hee, Kim Eui-sung, Choi Gwi-hwa, Ye Soo-jung, Park
Myung-sin, Jung Suk-yong
FSK: 16, Dauer: 118 Minuten.
Seok-woo (Gong Yoo, "The Suspect") ist geschieden und streitet mit seiner
Ex-Frau um das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter Su-an (Kim Su-an, "Memories of the Sword"). Daß der
hochrangige Manager in einer Investment-Firma aufgrund seiner Arbeit kaum Zeit
für Su-an hat, wenn diese bei ihm ist, und sie stattdessen größtenteils bei ihrer Großmutter bleibt, macht das Mädchen auch nicht wirklich glücklich. Deshalb
will sie unbedingt an ihrem Geburtstag ihre Mutter in der Stadt Busan
besuchen – nach anfänglichem Abwiegeln gibt Seok-woo schließlich nach. Dumm
nur, daß just zu dem Zeitpunkt, als die beiden am nächsten Morgen den Zug nach
Busan betreten, eine verheerende Zombieepidemie ausbricht – und eine Infizierte steigt in
der letzten Sekunde in den Zug ein. Wenig später geht es für die Passagiere nur noch
um das nackte Überleben …
Kritik:
Mit beinahe 12 Millionen Zuschauern ist "Train to
Busan" in Südkorea einer der erfolgreichsten Kinofilme überhaupt, auch im
Ausland schlägt er sich vergleichsweise gut. Klar, Zombies sind auch im Jahr
2016 noch immer "in", dennoch ist ein solch außergewöhnlicher
Erfolg schon bemerkenswert. Nun weiß ich zugegebenermaßen nicht, ob die
Zombiethematik in Südkorea vor "Train to Busan" eine größere Rolle
spielte (z.B. durch die US-Fernsehserie "The Walking Dead"), aber ich
möchte es fast bezweifeln. Zumindest würde eine gewisse Unerfahrenheit mit den
lebenden Toten erklären, warum ein Film wie "Train to Busan", der
zwar handwerklich sehr gut gemacht ist, aber keinerlei neue Ideen oder Ansätze
in das Genre einbringt, dermaßen viele Zuschauer in die Kinos lockt. Aber
andererseits gilt vielleicht auch einfach das Motto: "Besser gut geklaut
als schlecht erfunden" …
Denn Spaß macht das Werk des bisherigen
Animationsfilm-Regisseurs Yeon Sang-ho ("The King of Pigs") – der
übrigens mit "Seoul Station" auch die direkte Vorgeschichte zu
"Train to Busan" in animierter Form erzählt, wenngleich dieses Werk
deutlich weniger Zuspruch erfährt – zweifellos. Die Zombies selbst sind
beispielsweise sehr überzeugend gestaltet, es sind jene der eher neumodischen
schnellen Sorte, teils rennen sie mit grotesk verrenkten Gliedmaßen umher,
dabei bewegen sie sich irgendwie unnatürlich und abgehackt. So erzeugen
sie genau jenen nicht wirklich greifbaren, aber sehr wirkungsvollen Gruseleffekt, den
man sich von den lebenden Toten im Kino wünscht. Obwohl es zu der
treibend-bedrohlichen, manchmal jedoch etwas zu dominanten und emotional
manipulativen Musik von Jang Young-gyu ("Sympathy for Mr. Vengeance",
"A Bittersweet Life") durchaus sehr blutig zugeht, hält sich der
Regisseur mit echten Splatterszenen übrigens eher zurück – in einer typischen
"The Walking Dead"-Episode geht es heftiger zu.
Inhaltlich kann "Train to Busan" nicht ganz so sehr
überzeugen. Daß die Protagonisten aus westlicher Sicht
übertrieben emotional agieren, mag manche Zuschauer zwar irritieren oder in
einzelnen Szenen sogar belustigen, ist aber völlig normal für südkoreanische
Filme. Ärgerlicher ist die allzu stereotype Figurenzeichnung
inklusive Gesellschaftskritik mit dem Holzhammer. Vor allem ein hochrangiger Manager unter den Passagieren ist natürlich der größte
Fiesling, der stets nur an sich denkt, dabei ohne auch nur mit der Wimper
zu zucken seine Mitreisenden opfert und insgesamt so abgrundtief böse agiert,
daß er bestenfalls noch als Karikatur taugt. Das Gute an Filmen dieser Art ist:
Man weiß genau, daß die miesen Typen früher oder später ihre verdiente Strafe
erhalten werden. Das Schlechte daran: Es macht den Storyverlauf nunmal ziemlich
vorhersehbar. Seok-woo wird anfangs nicht viel positiver skizziert, als
Protagonist der Geschichte erhält er aber naturgemäß die Chance, sich
nachhaltig zu rehabilitieren und an der Extremsituation charakterlich zu
wachsen. Und ich gebe es auch gerne zu: Die Sprüche, die der der
Arbeiterschicht entstammende Mitreisende Sang-hwa (Ma Dong-seok, "New World") – der sich mit
seiner hochschwangeren Frau Seong-keong (Jung Yu-mi, "Silmido") mit Seok-woo und dessen
Tochter zu einem ungewöhnlichen Gespann zusammenrauft – über Seok-woos Tätigkeit
als Investmentbanker vom Stapel läßt, sind wirklich witzig …
Überhaupt sorgen immer wieder schwarzhumorige Szenen und
Dialoge für etwas Auflockerung im ansonsten ebenso rasanten wie grausigen Geschehen,
wenn etwa eine ältere Dame zu ihrer Schwester angesichts erster TV-Beriche über
die beginnende Zombieepidemie meint, früher hätte es sowas nicht gegeben, da wären solche Typen umerzogen worden … Da die Handlung selbst weitgehend
in erwartbaren Bahnen verläuft, sind solche Zwischentöne auch bitter nötig.
Letzten Endes sind die erzählerischen Möglichkeiten angesichts des Schauplatzes
in einem Zug einfach beschränkt und da es in den letzten Jahren mit
"Snowpiercer" und "Howl" bereits zwei
"Zug-Horrorfilme" gab, die besagte Möglichkeiten ziemlich ausgereizt
haben, wird man in "Train to Busan" wenig Überraschendes erleben,
wenn man auch nur einen der beiden Filme kennt. Aber wie gesagt: Wer einfach
nur gut unterhalten werden will, der sollte seine Freude an dieser blutigen
Zugreise haben.
Fazit: Der südkoreanische Hit "Train to Busan" ist ein
handwerklich mehr als solide gemachter "Zombies im
Zug"-Actionhorrorfilm, der aber auch wegen des limitierten Schauplatzes
jegliche Innovationen vermissen läßt.
Wertung: 7 Punkte. Wer zuvor weder "Snowpiercer" noch
"Howl" gesehen hat, darf einen Punkt aufschlagen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen