Regie: James Gunn, Drehbuch: Nicole Perlman und James Gunn,
Musik: Tyler Bates
Darsteller: Chris Pratt, Zoe Saldana, Bradley Cooper, Dave
Bautista, Vin Diesel, Lee Pace, Michael Rooker, Karen Gillan, Glenn Close, John
C. Reilly, Benicio del Toro, Alexis
Denisof, Christopher Fairbank, Peter Serafinowicz, Ophelia Lovibond, Gregg Henry, Laura Haddock, Wyatt Oleff, Sharif
Atkins, Tomas Arana, Sean Gunn, Brendan Fehr, Nathan Fillion, James
Gunn, Rob Zombie, Tyler Bates, Seth Green, Lloyd Kaufman, Josh Brolin, Stan Lee
FSK: 12, Dauer: 121 Minuten.
Irgendwo in den Weiten des Weltalls einigen sich zwei lange
verfeindete Völker – Kree und Xandarianer – auf einen Friedensvertrag. Der
fundamentalistische Kree Ronan der Ankläger (Lee Pace, "Der Hobbit – Smaugs Einöde") ist damit allerdings überhaupt nicht einverstanden, sein
Ziel ist und bleibt es, den Planeten Xandar und all seine Bewohner
auszulöschen. Dafür benötigt er ein verschollenes, unvorstellbar mächtiges
Artefakt in Form eines Orbs. Auf einem verlassenen Planeten stößt ausgerechnet
der als Kind von dem Weltraum-Piratenanführer Yondu Udonta (Michael
Rooker, TV-Serie "The Walking Dead") entführte und dann aufgezogene Mensch Peter Quill
(Chris Pratt, "Moneyball"), genannt "Star-Lord" (allerdings
hauptsächlich von sich selbst), auf diesen Orb. Damit gerät er ins Visier der grünhäutigen,
genetisch zu einer lebenden Waffe "verbesserten" Assassinin Gamora
(Zoe Saldana, "Star Trek"), die im Auftrag Ronans und dessen noch
mächtigeren Verbündeten Thanos (Josh Brolin, "No Country for Old Men") das
Artefakt beschaffen soll. Als sie Peter den Orb auf Xandar entwenden will,
kommen ihr jedoch zwei merkwürdige Kopfgeldjäger in die Quere, der genetisch
manipulierte, intelligente Waschbär Rocket (Bradley Cooper, "Silver Linings") und das stoische Baumwesen Groot (Vin Diesel,
"Riddick"). Die Konsequenz des explosiven Zusammentreffens: Alle vier
werden von dem auf Xandar heimischen Nova Corps unter Leitung von Rhomann Dey
(John C. Reilly, "Ricky Bobby") inhaftiert und in ein vermeintlich
ausbruchsicheres Gefängnis im All transportiert – das auch Drax der Zerstörer
(Dave Bautista, "The Man with the Iron Fists") beherbergt, einen
Muskelprotz ohne jeden Sinn für Humor, der nur noch dafür lebt, sich an Ronan für den
Tod seiner geliebten Familie zu rächen …
Kritik:
Nachdem Marvel mit seinem "Avengers"-Filmuniversum
ein Franchise erschaffen hat, das sowohl in den Einzelfilmen der Superhelden
Iron Man, Thor und Captain America als auch im Zusammenspiel in den "The Avengers"-Eventfilmen hervorragend funktioniert und in dem sich die
einzelnen Teile und Figuren sogar noch gegenseitig befruchten, war es nun
wieder einmal an der Zeit für etwas Neues (innerhalb des gleichen Filmuniversums, wohlgemerkt). Und mit der Einführung der "Guardians
of the Galaxy" bewies Marvel erneut Mut, in mehr als nur einer
Hinsicht. Nicht nur, daß die Comic-Vorlage selbst im englischsprachigen Raum weitgehend unbekannt
ist – alleine das Figurenensemble mit einem sprechenden Waschbär und einem
einsilbigen Baumwesen schien extrem schwer an das zahlungskräftige
Blockbuster-Publikum zu vermarkten zu sein. Und daß Marvel dann mit James Gunn auch noch
ausgerechnet einen B-Movie-Spezialisten für die Regie dieses Wagnisses
anheuern würde, der sich mit ebenso skurrilen wie amüsanten
Independent-Produktionen wie "Slither" oder "Super" zwar eine
treue Fangemeinde aufgebaut hat, aber null Erfahrungen mit großen
Hollywood-Produktionen hatte, hätte wohl niemand erwartet. Doch einmal mehr hat
sich Marvels Mut ausgezahlt: Der einst bei der legendären Trashfilm-Schmiede
Troma entdeckte James Gunn (er schrieb das Drehbuch zu
"Tromeo and Juliet") hat ein unverschämt unterhaltsames
Weltraum-Abenteuer für Kinder und Erwachsene geschaffen, eine bunte,
selbstironische Kombination aus "Star Wars" und Joss Whedons TV-Serie
"Firefly", die sich vor allem durch das perfekt harmonierende
Ensemble der fünf "Guardians" eine eigene Identität bewahrt. Dank
einer ausgeklügelten Marketingstrategie und sehr positiver Mundpropaganda wurde
das mit einem in diesem Ausmaß nie erwarteten kommerziellen Erfolg belohnt.
Das mit Abstand Konventionellste an Gunns "Guardians of the
Galaxy" ist der dramaturgische Aufbau. Angesichts der sonstigen Wagnisse wäre es
wohl auch zu viel verlangt gewesen von einer $170 Mio. teuren
Hollywood-Großproduktion, bei der Handlung allzu viele Konventionen zu
durchbrechen. Stattdessen folgt das Grundgerüst der Story von Gunn und seiner Co-Autorin
Nicole Perlman weitgehend dem, was man von Filmen dieser Art erwartet: Die
Protagonisten werden nach und nach eingeführt, als sie sich erstmals
begegnen, kann man kaum erwarten, daß sie jemals so etwas ähnliches wie ein
Team bilden werden. Natürlich müssen sie sich wenig später aber doch
zähneknirschend zusammenraufen, um aus dem Weltraum-Gefängnis zu entkommen und Bösewicht
Ronan zu stoppen. Das ist also alles sehr erwartbar, großartige Überraschungen
gibt es in dieser Hinsicht nicht. Glücklicherweise ist Gunn aber klug genug,
dafür jede Menge Gags und Besonderheiten in den Details einzubauen, die dafür
sorgen, daß man sich nie auch nur ansatzweise langweilt.
Vor allem die Interaktion der fünf unfreiwilligen Helden ist
ein steter Quell der Freude. Der großmäulige Peter, der sarkastische Rocket,
der stoische Groot, der ironiebefreite Drax und die selbstbewußte Gamora sind
solch unterschiedliche Charaktere, daß die ständigen Reibereien unvermeidbar sind –
was dank des durchdachten Drehbuches dazu führt, daß sich diese fünf ständig
gegenseitig zu neuen humoristischen Höhepunkten treiben. Bemerkenswert und mit "Planet der Affen: Revolution" vergleichbar ist
dabei, wie gut die drei menschlichen Charaktere nicht nur untereinander,
sondern ebenso mit den computergenerierten Figuren harmonieren. Vor allem Chris
Pratt, bislang vor allem als Nebendarsteller tätig, verkörpert seine
nonchalante Rolle als Peter dermaßen charismatisch, daß es eine wahre Freude ist.
Doch auch Wrestler Dave Bautista zeigt als verbitterter Drax ungeahnte
darstellerische Facetten und darf sogar einige der besten (unfreiwilligen) Gags des Films
vortragen, was ihm mit überraschend gutem Comedy-Timing gelingt. Was Rocket und
Groot betrifft, so bin ich nur etwas enttäuscht, daß in der deutschen
Synchronfassung nicht die bewährten Sprecher von Bradley Cooper respektive
Vin Diesel zum Einsatz kommen. Bei Groot ist das verschmerzbar, da der sowieso
nur die drei Worte "Ich", "bin" und "Groot" kennt
(und die in genau einer Reihenfolge, wie Rocket bissig anmerkt); aber daß
Rocket in der deutschen Version von Schauspieler Fahri Yardim ("Der
Medicus") gesprochen wird, finde ich schon deshalb ärgerlich, weil Bradley
Cooper nicht nur der Sprecher der Originalversion ist, sondern auch Rockets Mimik und
Gestik nach seinem Vorbild mitgestaltet wurden (auch wenn Gunns Bruder Sean das
Haupt-"Double" war). Den meisten Zuschauern wird das vermutlich gar
nicht auffallen, da Yardim seine Sache gut macht – aber wenn man um die
Hintergründe weiß, dann kann man das schon leicht störend finden. Davon
abgesehen bekommt jemand wie George Lucas aber durch die technisch wie inhaltlich hervorragende Umsetzung von
Rocket und Groot, die beide für viel Humor sorgen und mit Sicherheit bei
Kindern große Begeisterung auslösen, dabei jedoch niemals zu Witzfiguren
verkommen, aufgezeigt, wie man es besser macht als es ihm seinerzeit mit dem vielen
erwachsenen Zuschauern verhassten Jar Jar Binks in "Star Wars Episode
I-III" gelang …
Ein wichtiges Zeichen eines funktionierenden, mit Herz
gemachten Films ist es für mich stets, wenn nicht ausschließlich die Hauptfiguren glänzen,
sondern auch die Nebenrollen zu ihrem Recht kommen. Denn auch wenn die
Protagonisten im Zentrum stehen und dementsprechend am wichtigsten
für das Gelingen einer Geschichte sind, sind es doch oft sorgfältig kreierte
und besetzte Nebenrollen, die dafür sorgen, daß gerade fiktionale Filme in sich
stimmig sind. "Guardians of the Galaxy" macht sich in dieser Hinsicht
sogar noch besser als die übrigen Filme aus dem "Avengers"-Filmuniversum.
Lediglich Djimon Hounsou ("Eragon") kommt als Ronans Handlanger
Korath leider nicht ganz zu seinem Recht, aber ansonsten machen selbst kleine
Nebenfiguren wie der Nova Corps-Offizier Denarian Saal (der britische
Comedian Peter Serafinowicz) oder der namenlos bleibende "Broker"
(Christopher Fairbank, "Jack and the Giants") eine richtig gute Figur und bleiben
trotz nur weniger Szenen im Gedächtnis. Für schauspielerische Hochkaräter wie
die OSCAR-Gewinnerin Glenn Close ("Eine verhängnisvolle Affäre") als
Anführerin des Nova Corps oder Benicio del Toro ("Savages") als
geheimnisvoller "Collector" gilt das naturgemäß erst recht, auf
Seiten der Bösen machen auch Lee Pace als Ronan und Karen Gillan
("Oculus", TV-Serie "Doctor Who") als Gamoras böse
Ziehschwester Nebula eine gute Figur. Zum heimlichen sechsten Hauptdarsteller
avanciert allerdings Michael Rooker, der als Peters jähzorniger
Entführer-Schrägstrich-Ziehvater Yondu die ambivalenteste Rolle des Films innehat und
sie mit der ganzen Badass-Präsenz eines erfahrenen B-Movie-Haudegens ausfüllt.
Bitte mehr davon in der Fortsetzung (oder warum nicht gleich in einem eigenen
Spin-Off?)!
Was die technische Seite betrifft, braucht man wie fast immer
bei Marvel nicht viele Worte zu verlieren: Die Spezialeffekte sind bei ruhigen
Szenen ebenso erstklassig wie bei den Action-Sequenzen, die 3D-Umsetzung ist gewohnt unspektakulär, aber sehr solide. James Gunns Inszenierung wirkt nicht nur angesichts der Tatsache, daß ein solch riesiges Budget und eine solche Dominanz von CGI-Spezialeffekten für ihn Neuland bedeuten, bemerkenswert routiniert, zudem hat er ein richtig gutes Händchen für Bildgestaltung, was wiederholt zu ikonischen Gänsehaut-Szenen der Guardians führt (woran Kameramann Ben Davis natürlich auch nicht unbeteiligt ist). Das Design der außerirdischen Welten und
Kreaturen ist derweil sehr schön und stimmig geraten, wenngleich diverse
popkulturelle Einflüsse offensichtlich sind – "Star Wars" und
"Firefly" hatte ich ja bereits als deutlich erkennbare Inspirationsquellen
genannt, die Metropole Xandar hat mich an die Citadel aus den "Mass
Effect"-Computerspielen erinnert. Bliebe noch die Musik, die für viel
Furore gesorgt hat. Damit meine ich nicht die eigentliche Filmmusik
von Tyler Bates ("300"), die speziell in den actionreichen Parts gefällt, sich
aber insgesamt eher im Hintergrund hält. Nein, die Songauswahl ist das
Besondere an "Guardians of the Galaxy". So ungewöhnlich das für einen größtenteils außerhalb der Erde spielenden Science Fiction-Film klingen
mag, aber ein wichtiger Teil des Erfolgsrezepts ist ohne Frage der schmissige
1970er- und 1980er Jahre-Soundtrack, der sich daraus ergibt, daß Peter bei
seinen Abenteuern ständig auf seinem alten Walkman ein Mixtape mit Songs
von David Bowie, 10cc oder Marvin Gaye anhört, das ihm seine Mutter
zusammengestellt hat, als er noch ein Kind war. Dieses Mixtape wurde bereits in
den Trailern prominent in den Vordergrund gerückt, auch im Film selbst spielt es
eine recht große Rolle und sorgt für zahlreiche witzige Szenen. Kein Wunder also,
daß der Song-Soundtrack zum Film mit dem Untertitel "Awesome Mix Vol. 1" in
den USA sogar die Spitzenposition der Billboard Charts erreichte (Tyler Bates'
Score kann man separat kaufen).
Abschließend darf der Hinweis nicht fehlen, daß
"Guardians of the Galaxy" natürlich wie alle Marvel-Filme eine zusätzliche
Szene nach dem Abspann enthält. Allerdings handelt es sich dieses Mal
nicht um die Hinleitung auf einen kommenden Film, sondern im Grunde genommen
einfach nur um einen zusätzlichen, recht albernen Gag (den in Deutschland
vermutlich viele gar nicht richtig verstehen werden), also: Bitte nicht zu viel
erwarten!
Fazit: "Guardians of the Galaxy" ist ein
erfrischend unkonventionelles Weltraum-Märchen mit hohem Humoranteil,
das zwar dramaturgisch auf altbekannten Pfaden wandelt, dafür aber mit einem
hochklassigen und extrem sympathischen Schauspieler-Ensemble, gewitzten Dialogen und jeder Menge Herz
begeistert.
Wertung: 8,5 Punkte.
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