Da ich in den letzten Tagen bedauerlicherweise mit dem Verfassen von Nachrufen beschäftigt war, gibt es die Neuigkeiten aus der Filmbranche diese Woche so spät wie noch nie:
- Fragt man jemanden nach dem außerhalb Nordamerikas nach Einspielergebnissen erfolgreichsten Kinofilm des Jahres 2010, so werden wohl nur diejenigen, die sich wirklich gut mit Filmstatistiken auskennen, auf Tim Burtons "Alice im Wunderland" kommen. Immerhin erhielt der spezialeffektlastige Film ziemlich miese Kritiken (die meiner Ansicht nach vollkommen berechtigt waren), und die Konkurrenz war mit Blockbustern wie "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, Teil 1", Christopher Nolans "Inception" oder Pixars "Toy Story 3" (dem weltweit erfolgreichsten Film des Jahres vor "Alice") beträchtlich. Doch irgendwie hat "Alice im Wunderland" es tatsächlich zu einem Monsterhit geschafft, der global über eine Milliarde US-Dollar eingespielt hat. Branchenexperten sehen als Hauptgrund dafür neben der generellen Familientauglichkeit des Stoffes, daß es sich um einen der ersten großen 3D-Filme nach dem von James Camerons SF-Märchen "Avatar" ausgelösten Beginn des 3D-Hypes handelte. Sollte das stimmen, wäre es eine ambivalente Nachricht für die überraschend späte Fortsetzung "Through the Looking Glass", deren Dreharbeiten vergangene Woche begonnen haben. Denn in Nordamerika hat 3D schon länger seinen ganz großen Reiz verloren, fast nur Horrorfilme und Produktionen, denen es gelingt, die Sinnhaftigkeit des 3D-Einsatzes bereits in der Werbekampagne klar zu vermitteln (z.B. "Godzilla"), erreichen einen 3D-Anteil von deutlich über 50%. Im Rest der Welt sieht es allerdings etwas anders aus. Vor allem in der boomenden asiatischen Kinolandschaft, aber auch in Osteuropa sorgen 3D-Großproduktionen regelmäßig für volle Zuschauersäle, zuletzt hat Michael Bays "Transformers 4" beispielsweise deutlich mehr Geld in China eingespielt (über $300 Mio.) als in den USA (knapp $250 Mio.)! Auf dieses Phänomen setzt Disney sicherlich auch bei der "Alice"-Fortsetzung. Angesichts der Tatsache, daß Fortsetzungen verhalten oder gar negativ aufgenommener Filme häufig einen deutlichen Zuschauerrückgang zu verzeichnen haben, ist das auch dringend nötig. Immerhin kehrt ein Großteil des sehr namhaften Ensembles des Vorgängers zurück, allen voran Mia Wasikowska ("Stoker") als Alice und Johnny Depp als verrückter Hutmacher, aber auch Helena Bonham Carter ("Sweeney Todd") und Anne Hathaway ("Les Misérables") als rote respektive weiße Königin und einige andere. Die prominentesten Neuzugänge sind Sacha Baron Cohen ("Hugo Cabret") als Bösewicht "Zeit" und Rhys Ifans ("Radio Rock Revolution") als Vater des verrückten Hutmachers. Tim Burton fungiert dieses Mal lediglich als Produzent, die Regie hat er James Bobin überlassen, der mit den letzten beiden "Muppets"-Filmen bewies, daß er familientaugliche Unterhaltung kann. Das Drehbuch verantwortet (leider) wiederum Linda Woolverton, auch bei der Musik wird mit Danny Elfman ("Charlie und die Schokoladenfabrik") auf Konstanz gesetzt. In Deutschland soll "Through the Looking Glass" am 26. Mai 2016 in die Kinos kommen.
- Lange Zeit war der irische Regisseur Jim Sheridan bekannt für seine feinfühligen Dramen wie "Mein linker Fuß" mit Daniel Day-Lewis, "Im Namen des Vaters" oder "In America". Anschließend ließ er sich auf das US-Kino ein und damit auf etwas mainstreamigere Stoffe wie den 50 Cent-Film "Get Rich or Die Tryin'" oder den Mystery-Thriller "Dream House" mit Daniel Craig – was ihm in kreativer Hinsicht jedoch nur sehr bedingt gut tat, denn die Kritiken waren ziemlich mies und die Einspielergebnisse auch nur mäßig. Insofern dürfte es für alle Filmfans eine gute Nachricht sein, daß Sheridans nächster Film wieder eine irische Produktion wird: "The Secret Scripture" wird die Verfilmung eines preisgekrönten Romans von Sebastian Barry (der im deutschsprachigen Raum unter dem Titel "Ein verborgenes Leben" erschien), in dem es um eine fast 100-jährige Frau namens Roseanne geht, die seit den 1930er Jahren auf Veranlassung eines katholischen Priesters in einer Irrenanstalt wohnt. Da sie aber vollkommen normal wirkt, untersucht ein Arzt die wahren Hintergründe ihrer damaligen Einweisung. Eric Bana ("Hulk") soll diesen Arzt verkörpern, Roseanne wird in jungen Jahren von Rooney Mara ("Verblendung") gespielt (die die ursprünglich vorgesehene Jessica Chastain ersetzt), im Alter von Vanessa Redgrave ("Abbitte"). Des weiteren wird Theo James ("Divergent") den Priester spielen und Jack Reynor ("Transformers 4") einen britischen Soldaten mit tiefen Gefühlen für die junge Roseanne. In einer nicht näher benannten Rolle wird zudem Jeremy Irons ("Der große Crash") zu sehen sein. Das Drehbuch hat der leider Ende 2013 verstorbene Johnny Ferguson ("Gangster Nr. 1") geschrieben. Wann die Dreharbeiten beginnen sollen, ist nicht bekannt, da die wichtigsten Rollen aber bereits besetzt sind, sollte es wohl in Kürze losgehen, womit "The Secret Scripture" irgendwann 2015 in die Kinos kommen dürfte.
- Es ist zwar irgendwie komisch, im August über einen Weihnachtsfilm zu schreiben, aber irgendwann müssen die Dinger schließlich auch gedreht werden, damit sie rechtzeitig zum Weihnachtsfest in die Kinos kommen können. Und die Weihnachts-Komödie, über die ich hier berichten will, klingt auf jeden Fall sehr interessant, auch wenn sie noch nicht einmal einen Titel hat. Filmemacher Jonathan Levine ("50/50", "Warm Bodies") wird Regie führen, auch das Drehbuch hat er geschrieben, in dem es um drei Freunde aus Kindertagen geht, die sich wie jedes Jahr an Heiligabend in New York treffen (was in den USA ja der Tag vor der Bescherung ist), wobei dieses Mal alle in einer persönlichen Krise stecken. Die drei Freunde werden von Joseph Gordon-Levitt ("Looper"), Seth Rogen ("Das ist das Ende") und Anthony Mackie ("Captain America 2") gespielt, dazu kommen Lizzy Kaplan (TV-Serie "Masters of Sex") als "love interest" für Gordon-Levitt und Jillian Bell ("22 Jump Street") als Rogens Ehefrau. Die Dreharbeiten sollen diese Woche in New York beginnen, der US-Kinostart ist für den 11. Dezember 2015 angesetzt.
- Abschließend noch ein kurzes, aber nicht unwichtiges Update für ein Projekt, über das ich erst vor einem knappen Monat berichtet habe: das Remake der Komödie "Der erstaunliche Mr. Limpet". Das wohl Interessanteste an diesem Film war, daß "Boyhood"-Regisseur Richard Linklater die Regie übernehmen wollte. Leider hat sich das geändert, denn Linklater will nun stattdessen wohl lieber erst den von eigenen Erfahrungen inspirierten Collegefilm "That's What I'm Talking About" drehen, den er als geistigen Nachfolger seines ersten kleinen Hits "Dazed and Confused" ansieht. Das produzierende Studio Warner Bros. will aber nicht bis 2015 warten und sucht deshalb nach einem neuen Regisseur.
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