Originaltitel: Qu'est-ce qu'on a fait au Bon Dieu?
Regie: Philippe de Chauveron, Drehbuch: Guy Laurent und
Philippe de Chauveron, Musik: Marc Chouarain
Darsteller: Christian Clavier, Chantal Lauby, Pascal N'Zonzi,
Élodie Fontan, Noom Diawara, Frédérique Bel, Medi Sadoun, Julia Piaton, Ary
Abittan, Émilie Caen, Frédéric Chau, Salimata Kamate, Tatiana Rojo, Elie
Semoun, Loïc Legendre
FSK: 0, Dauer: 97 Minuten.
Eigentlich führt das wohlhabende und konservative ältere
Ehepaar Claude (Christian "Asterix" Clavier) und Marie Verneuil
(Chantal Lauby, "Portugal, mon amour") ein sehr erfülltes Leben: Sie
sind in der Gemeinde angesehen, bewohnen ein recht stattliches Anwesen in
schöner Lage und haben vier intelligente und hübsche erwachsene Töchter. Das
Problem an der Sache: Drei der Töchter sind bereits verheiratet – und zwar
nicht mit "echten", katholischen Franzosen, sondern mit einem
Chinesen, einem muslimischen Araber und einem Juden. Selbstverständlich sind Claude und
Marie keine Rassisten, und eigentlich finden sie ihre Schwiegersöhne sogar
einigermaßen sympathisch. Mit einem davon könnten sie auch sicher leben, aber
gleich drei? Das ist dann doch ein bißchen viel des Guten. Immerhin gibt es ja noch eine
Hoffnung, nämlich Nesthäkchen Laure (Élodie Fontan). Und tatsächlich –
zur Begeisterung ihrer Eltern verlobt sie sich mit einem Katholiken! Er ist
zwar Schauspieler, aber was soll's? Ein klitzekleines Detail hat Laure ihren
Eltern jedoch verschwiegen: ihr Verlobter Charles (Noom Diawara) stammt aus der
Elfenbeinküste und ist schwarz. Und er hat einen Vater (Pascal N'Zonzi,
"Night on Earth"), der ebenso konservativ und stur ist wie Claude und
seinem Sohn alles wünscht, bloß keine weiße, französische Ehefrau. Na, das kann ja eine
heitere Hochzeit werden …
Kritik:
Es ist sicher kein Zufall, daß ausgerechnet zu einer Zeit,
in der die französische Gesellschaft um den richtigen Umgang mit den vielen Immigranten
ringt und eine rechtsextreme Partei bei der Europawahl zur stärksten Kraft
wird, eine leichte Komödie über kulturelle Unterschiede und latenten Rassismus
rund zwölf Millionen Zuschauer in die Kinos lockt. Die in der Theorie recht brisante
Themenwahl hat "Monsieur Claude und seine Töchter" zweifellos dabei
geholfen, zum erfolgreichsten französischen Film seit "Ziemlich beste Freunde" aus dem Jahr 2011 zu werden – eine ernsthafte Beschäftigung mit
der Thematik darf man allerdings nicht erwarten. Regisseur und
Co-Drehbuch-Autor Philippe de Chauveron ("Die Vollpfosten") entschied sich stattdessen dafür, eine
liebenswürdige Komödie voller im Kern sympathischer Charaktere zu erschaffen,
die spielerisch mit Klischees und Vorurteilen umgeht, ohne dabei je auch nur
ansatzweise in die Tiefe zu gehen. Oder zumindest nicht tiefer als mit der
Erkenntnis von Schwiegersohn Rachid (Medi Sadoun, "Mea Culpa – Im Auge des
Verbrechens"), daß wir letzten Endes doch alle ein bißchen rassistisch
seien. Das kann man als eine vertane Chance bedauern – oder man erfreut sich
einfach an einer spritzigen, amüsanten Sommerkomödie mit viel typisch französischem
Charme.
Dieser Charme ist allerdings bei den Männern des Films
deutlich stärker ausgeprägt als bei den Frauen, was nicht nur angesichts des
deutschen Titels schade ist. Die vier Töchter der Verneuils bleiben weitgehend hübsche
Staffage, lediglich Laure als Claudes letzte Hoffnung auf einen
"ordentlichen" Schwiegersohn bekommt etwas mehr zu tun, ihre Schwester Ségolène (Emilie Caen, "My Way – Ein Leben für das
Chanson"), eine Malerin, ist mit ihren schaurig-depressiven Selbstportraits
zumindest noch für einen (gelungenen) Running Gag gut. Selbst Mutter Marie bekommt nicht
viel mehr zu tun als ihren sturen Ehemann zu beschwichtigen respektive
zurechtzuweisen, ähnlich ergeht es Charles' resoluter Mutter Madeleine
(Salimata Kamate, "Ziemlich beste Freunde"). Nein, gute Frauenrollen
hat "Monsieur Claude und seine Töchter" nicht wirklich zu bieten. Auf
der männlichen Seite sieht es da schon deutlich besser aus – zumindest in Bezug
auf den Unterhaltungswert, denn die Frauen dürfen schon deutlich vernünftiger
sein, was aber nach Komödien-Logik eben keine allzu interessante Tugend ist.
Bei den Männern kann von Vernunft kaum die Rede sein.
Lediglich Laures Verlobter Charles kann in dieser Hinsicht punkten, aber sein
Vater ist ebenso wie Monsieur Claude ein riesiger Starrkopf, während die drei
übrigen Schwiegersöhne sich nicht einmal untereinander grün sind. Das Drehbuch
spart bei der Figurenzeichnung nicht an Klischees, alles in allem gelingt die Gratwanderung aber
ziemlich gut, jene Vorurteile durch Übertreibung zu veralbern, ohne ihren
(vermeintlich?) wahren Kern zu leugnen. Dafür, daß die Anhäufung von Klischees
letztlich kaum jemandem übel aufstoßen kann, sorgt vor allem die Tatsache, daß
im Grunde genommen alle Figuren unter ihrem teilweise recht rauhen Kern doch
liebenswürdig sind. So mag Rachid der aufbrausende Muslim sein, David (Ary
Abittan, "Vive la France") der geschäftstüchtige Jude und Chao
(Frédéric Chau, "Lucy", "District 13: Ultimatum") der schmeichlerische
Chinese, aber es wird schnell klar, daß diese Stereotype eben doch nur die
Oberfläche darstellen, das, was man auf den ersten Blick zu erkennen glaubt.
Wenn man sie näher kennenlernt – und das gilt für das Publikum ebenso wie für
die Männer untereinander –, dann erweisen sie sich als unreife, aber
sympathische und wohlmeinende Kindsköpfe, die einem immer stärker ans Herz
wachsen, als sich selbst zusammenraufen (vor allem angesichts der neuen
"Gefahr" für den Familienfrieden durch den armen Charles) …
So entspinnt sich also die Handlung sehr vorhersehbar und
dramaturgisch wie inszenatorisch unspektakulär, mit den üblichen Schwierigkeiten
für die Filmhelden (in diesem Falle Laure und Charles) im Mittelteil, für die
vor allem die beiden Sturköpfe Claude und André sorgen, und einem unvermeidlichen
Happy End. Das ist, wie gesagt, alles andere als weltbewegend oder auch nur
spannend, aber da die Gagdichte hoch ist und die Qualität der Komik meist
ebenfalls ansprechend – sofern man nichts gegen ein bißchen Slapstick und so
manch ausgelassene Herumalberei wie den Bau eines Schneemannes mit
asiatischen, jüdischen und muslimischen Merkmalen hat –, ist das gar nicht
schlimm. Und wenn das Ganze am Ende vielleicht sogar doch für ein kleines
bißchen Völkerverständigung sorgt, umso besser …
Fazit: "Monsieur Claude und seine Töchter"
ist eine hochgradig sympathische Culture Clash-Komödie, die zwar die
Gelegenheit ausläßt, die gerade in Frankreich hochaktuelle Vorurteils- und "latenter
Rassismus"-Thematik wirklich bissig aufs Korn zu nehmen, dafür aber
einfach sehr witzig ist.
Wertung: 7,5 Punkte.
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