Seit den 1960er Jahren hatte der 1,88 m große Ire mit den stahlblauen Augen und den blonden Haaren vor allem das britische, aber ebenso das Hollywood-Kino geprägt, wofür auch seine acht OSCAR-Nominierungen stehen. Ein Stück weit fühlte sich seine großartige Karriere aber immer unvollendet an, denn obwohl nur sieben Schauspieler öfter für den wichtigsten Filmpreis der Welt nominiert waren (Meryl Streep, Katharine Hepburn, Jack Nicholson, Laurence Olivier, Bette Davis, Spencer Tracy und Paul Newman), hält O'Toole den eher unrühmlichen Rekord für die meisten Nominierungen ohne einen Sieg. Bemerkenswerterweise waren alle diese acht Nominierungen zwischen 1963 und 2007 übrigens für Hauptrollen. Zwar erhielt er 2003 einen hochverdienten Ehren-OSCAR für sein Lebenswerk (den er anfangs gar nicht annehmen wollte), doch ließ er keinen Zweifel daran, daß er viel lieber einen "richtigen", regulären Academy Award gewinnen würde.
Doch beginnen wir dort, wo es am meisten Sinn macht: am Anfang. Peter Seamus O'Toole wurde am 2. August 1932 in der irischen Region Connemara geboren, wuchs aber in ärmlichen Verhältnissen im nordenglischen Leeds auf. Nachdem er zunächst noch als Teenager eine journalistische Laufbahn einschlug, zog es ihn schon bald zur Schauspielerei, wo er schnell große Erfolge feierte: 1952 erhielt er ein Stipendium für die Royal Academy of Dramatic Arts in London, bereits drei Jahre später gab er in einem Theater in Bristol Shakespeares "Hamlet", 1959 wurde er zum Theaterschauspieler des Jahres gewählt. Nach also mehreren erfolgreichen Jahren am Theater (unter anderem in der Londoner "Royal Shakespeare Company") gab er 1960 sein Kinodebüt in der Robert Louis Stevenson-Verfilmung "Entführt – Die Abenteuer des David Balfour". Obwohl er als Neuling naturgemäß nur eine Nebenrolle spielte, fiel er positiv auf und ergatterte im gleichen Jahr eine erste ziemlich große Rolle in dem Krimi "Bankraub des Jahrhunderts". Zur Rolle seines Lebens kam er zwei Jahre später dennoch nur mit Glück: Starregisseur David Lean ("Die Brücke am Kwai") wollte eigentlich Superstar Marlon Brando ("Der Pate, Teil I") für die Titelrolle seines Wüstenepos "Lawrence von Arabien", der aber absagte. Dann wollte Lean Albert Finney ("Skyfall"), der ebenfalls absagte. Anschließend wurde unter anderem Montgomery Clift ("Verdammt in alle Ewigkeit", "Das Urteil von Nürnberg") gehandelt, doch dieser schlug Lean Peter O'Toole, mit dem er einige Jahre zuvor zusammen gearbeitet hatte, als Ersatz vor. Schließlich bekam dieser den Part und schuf mit seiner ebenso charismatischen wie intensiven Verkörperung des britischen Schriftstellers, Offiziers und Geheimdienstlers T.E. Lawrence, der während des Ersten Weltkrieges den Aufstand der Araber gegen die osmanische Besetzung ihrer Länder anführte, eine der ikonischsten Figuren der Filmgeschichte (vom amerikanischen Magazin "Premiere" sogar einmal zur großartigsten Darstellung aller Zeiten gekürt). Für den OSCAR reichte das trotz einer Nominierung aber nicht, er mußte sich Gregory Peck geschlagen geben, der mit seiner nicht weniger legendären Rolle als Atticus Finch in der Harper Lee-Verfilmung "Wer die Nachtigall stört" aber natürlich auch eine extrem harte Konkurrenz war.
Der Durchbruch zum weltweiten Filmstar war für O'Toole dennoch perfekt, und so häufte er in den folgenden Jahren gute Rollen in späteren Klassikern wie den Historienfilmen "Becket" (1964) und "Der Löwe im Winter" (1968), der Joseph Conrad-Adaption "Lord Jim" (1965), Woody Allens Drehbuch-Debüt "Was gibt's Neues, Pussy?" (1965) oder auch dem Zweiter Weltkriegs-Krimi "Die Nacht der Generale" (1967) an. Sehr häufig spielte der hochgewachsene Mime mit den markanten Gesichtszügen und dem berühmten stechenden Blick Offiziere oder Aristokraten, für deren Verkörperung er wie geschaffen schien. In den 1970er Jahren sank sein Stern nach einigen kommerziellen Mißerfolgen wie "Der Mann aus La Mancha" (1972) und einer weniger zielsicheren Rollenauswahl, was auch mit seinen offen ausgelebten, berüchtigten Alkohol- und Drogenexzessen zusammengehangen haben dürfte. Nachdem er eine beinahe tödliche Krebserkrankung überstanden hatte, kehrte O'Toole mit dem Skandalfilm "Caligula" (1979), den vielfach gelobten Komödien "Der lange Tod des Stuntman Cameron" (1980) und "Ein Draufgänger in New York" (1983) sowie der grandiosen TV-Miniserie "Masada" (1981) erfolgreich zurück, dennoch erging es ihm wie den meisten Schauspielern ab einem gewissen Alter: Zumindest in den großen Produktionen mußte er sich mit signifikanten Nebenrollen zufriedengeben, was er etwa in Bernardo Bertoluccis "Der letzte Kaiser" (1987), Wolfgang Petersens "Troja" (2004) oder der Neil Gaiman-Verfilmung "Der Sternwanderer" (2007) tat; zudem war er häufiger im TV zu sehen, etwa als Papst Paul III. in der Serie "Die Borgias". Mit seiner Hauptrolle in der Independent-Tragikomödie "Venus" schaffte er 2007 nach 24-jähriger Pause sogar noch einmal eine OSCAR-Nominierung, doch erneut ging er leer aus (Forest Whitaker gewann für "Der letzte König von Schottland"). Im Alter von 80 Jahren gab er, der neben seiner Filmkarriere stets weiterhin am Theater tätig geblieben war, 2012 seinen Rücktritt als Schauspieler bekannt, ließ sich aber bereits wenig später doch wieder zur Rückkehr überreden. Zwei neue Historienfilme mit Peter O'Toole sollen deshalb 2014 noch veröffentlicht werden, "Katherine of Alexandria" und "Mary".
R.I.P., Peter O'Toole.
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