Empfohlener Beitrag

In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 23. Mai 2013

WANTED (2008)

Regie: Timur Bekmambetov, Drehbuch: Chris Morgan, Michael Brandt und Derek Haas, Musik: Danny Elfman
Darsteller: James McAvoy, Angelina Jolie, Morgan Freeman, Thomas Kretschmann, Terence Stamp, Common, Marc Warren, David O'Hara, Kristen Hager, Dato Bakhtadze, Chris Pratt, Konstantin Khabensky
 Wanted
(2008) on IMDb Rotten Tomatoes: 71% (6,6); weltweites Einspielergebnis: $341,4 Mio.
FSK: 18, Dauer: 110 Minuten.

Wesley Gibson (James McAvoy, "Abbitte") ist ein einfacher Büroangestellter und, ehrlich gesagt, ein Loser, wie er im Buche steht. Und vielleicht das schlimmste daran ist: Er weiß es, kann aber scheinbar nichts dagegen tun. Doch eines Tages erhält er unerwartet (und eigentlich ungewollt) die Gelegenheit, sich zu beweisen, nachdem die laszive Fox (Angelina Jolie, "The Tourist") auftaucht und ihn auf beeindruckende Art und Weise vor einem mysteriösen Killer rettet, der Wesley offenbar töten will. Warum er überhaupt ins Visier geraten ist, erfährt Wesley wenig später von Sloan (Morgan Freeman, "Invictus"), dem Chef einer geheimen Organisation mit Namen "Die Bruderschaft", der auch Fox angehört. Wie sich herausstellt, ist Wesleys Vater – den er nie kennengelernt hat – ebenfalls Mitglied der Bruderschaft gewesen, die nichts anderes als eine Gruppe von übernatürlich begabten Profikillern im Auftrag der Mächte des Schicksals ist! Doch dann wurde Wesleys Vater vom Verräter Cross (Thomas Kretschmann, "Der Pianist") getötet, und sein Sohn soll ihn nun rächen ...

Kritik:
"Wanted" ist das Hollywood-Debüt des russischen "Nightwatch"- und "Daywatch"-Regisseurs Timur Bekmambetov und vereint idealtypisch dessen Stärken (im visuellen Bereich) und Schwächen (Story, Logik, Figuren). Die recht abgedrehte Story basiert auf einem Comic von Mark Millar, ist aber dem Vernehmen nach eine ziemlich lose Adaption – zur Verärgerung etlicher Fans der Vorlage (obwohl Millar selbst die Filmstory abgesegnet hat). Im Grunde genommen erinnert Wesleys Geschichte ein wenig an die von Peter Parker – nur daß Wesley eben nicht zum erstaunlichen Spider-Man wird, sondern zu einem Profikiller mit Superkräften. Nun ist "Menschen umbringen" nicht unbedingt eine heldenhafte Tätigkeit, selbst wenn sie hier scheinbar einem guten Zweck dient. Dementsprechend plagen Wesley einige Zweifel ob seiner vermeintlichen Berufung, die aber eher am Rande aufgegriffen werden.

Daß "Wanted" eine Comic-Verfilmung ist, läßt sich dabei kaum übersehen. Die Protagonisten können etwa um die Ecke schießen und beherrschen noch diverse andere übermenschliche Kunststückchen, die man als Zuschauer erst einmal schlucken muß. Wenn es wie bei den klassischen Superhelden-Geschichten eine echte – wenn auch mitunter hanebüchene – Erklärung für die Superkräfte der Protagonisten gibt (außerirdische Herkunft, der Biß einer radioaktiven Spinne), dann kann ich das problemlos akzeptieren. Bei "Wanted" beschränkt sich die Erklärung zumindest im Film aber mehr oder weniger auf "Es gibt ein paar Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten". Na toll.

Dennoch macht "Wanted" durchaus Spaß – zumindest in der ersten Filmhälfte, in der es eine wahre Freude ist, James McAvoy im totalen Weichei-Modus zuzuschauen. Seine Ausbildung durch Fox, einhergehend mit einer grundlegenden charakterlichen Wandlung, ist amüsant und unterhaltsam in Szene gesetzt. Doch nachdem sie beendet ist, geht es leider steil bergab, was auch mit einem allzu sorglosen Umgang mit Gewaltszenen zusammenhängt. Es gibt ja bekanntlich massig Filme, denen von verschiedenen Seiten Gewaltverherrlichung vorgeworfen wird. In den meisten Fällen halte ich persönlich solche Unterstellungen für blanken Unsinn, weil selbst die Darstellung expliziter Gewalt noch lange nicht automatisch gewaltverherrlichend ist (oft genug sogar eher das Gegenteil). "Wanted" hingegen ist einer der ganz wenigen Filme, die in meinen Augen einen zu achtlosen Umgang mit der Gewalt-Thematik pflegen. Zu stilisiert und selbstverliebt sind die – visuell zweifellos beeindruckenden – Actionszenen inszeniert, zu sehr verkommen sie mitunter zum Selbstzweck, zu menschenverachtend entwickelt sich die Handlung (wie bei einer besonders spektakulären Sequenz, nach der nicht einmal erwähnt, geschweige denn beklagt wird, daß in ihrem Verlauf zahlreiche unschuldige Menschen zu Tode gekommen sind). Nein, das ist mit Sicherheit nicht das, was ich von einem guten Actionfilm erwarte. Zumal "Wanted" seine Story allen Over-the-Top-Momenten und Implausibilitäten zum Trotz viel zu ernst nimmt. Michael Davis' ähnlich blutiger "Shoot 'em up" mit Clive Owen hat das ein Jahr vorher beispielsweise viel besser gelöst, denn da war der ganze Film ein Witz – und wollte gar nichts anderes sein. Deshalb hat er für mich im Gegensatz zu "Wanted" als ein klassischer "Actionfilm, bei dem man vorher tunlichst das Gehirn an der Kasse abgeben sollte" einwandfrei funktioniert.

Was "Wanted" außerdem schadet, ist die hanebüchene Handlung. Die ist zwar immerhin nicht ganz so banal und geradlinig wie bei vielen anderen Genrevertretern, aber dennoch viel zu vorhersehbar und in den Details zu häufig unlogisch. Auch die Figuren können das Interesse des Zuschauers größtenteils nicht lange aufrechterhalten: "Wanted" gelingt in immerhin 110 Minuten genau eine überzeugende Charakterisierung – nämlich die der Hauptfigur Wesley Gibson (und auch deren Entwicklung innerhalb der Story ist nicht völlig glaubwürdig geraten), dessen Verkörperung James McAvoy übrigens ganz vorzüglich gelungen ist. Den Rest des Ensembles kann man eigentlich vergessen. Selbst Angelina Jolie in einer vermeintlichen Paraderolle als sexy Killerin Fox oder Morgan Freeman als undurchschaubarer Anführer der Bruderschaft bleiben erschreckend blaß, ganz zu schweigen von den potentiell durchaus interessanten Nebenfiguren vor allem innerhalb, jedoch auch außerhalb (der von Thomas Kretschmann angemessen grimmig verkörperte Attentäter Cross) der Bruderschaft. 

Eine Fortsetzung sollte angesichts des beträchtlichen kommerziellen Erfolges von "Wanted" eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein und ist tatsächlich seit langem geplant. Allerdings dauert die Entwicklung deutlich länger als erwartet und Stand Mai 2013 wird (unter Mitwirkung der "Wanted"-Autoren Brandt und Haas) wohl noch immer am Drehbuch gearbeitet.

Fazit: "Wanted" ist ein kompromißloser Actionkracher, der das Bedürfnis seiner Zielgruppe nach sinnfreien Zerstörungsorgien einwandfrei und technisch beeindruckend befriedigt, in Sachen Story und Figurenzeichnung nach einem hoffnungsvollen Auftakt aber mau ausfällt und zudem einen fragwürdigen Umgang mit Gewaltszenen offenbart.

Wertung: 5 Punkte (7 für die erste Hälfte, 3 für die zweite).


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen