Originaltitel: Gyakuten Saiban
Regie: Takashi Miike, Drehbuch: Takeshi Iida und Sachiko
Ôguchi, Musik: Kôji Endô
Darsteller: Hiroki Narimiya, Mirei Kiritani, Takumi Saitô,
Ryo Ishibashi, Akiyoshi Nakao, Akira Emoto, Shunsuke Daitô, Mitsuki Tanimura,
Fumio Kohinata, Makoto Ayukawa, Rei Dan, Takehiro Hira
In der nicht allzu fernen Zukunft hat sich die
Kriminalitätsrate in Japan vervielfacht, weshalb das Rechtssystem einschneidend
verändert wurde. Wichtigste Neuerung ist die Einführung einer Art Schnellgericht
als Standard, wonach die Maximaldauer jedes Prozesses ganze drei Tage umfaßt.
Der unerfahrene Rechtsanwalt Phoenix Wright (Hiroki Narimiya,
"Azumi") vertritt nach dem gewaltsamen Tod seiner Mentorin Mia deren
des Mordes verdächtigte Schwester Maya (Mirei Kiritani) vor Gericht. Sein
Gegenspieler ist sein alter Schulfreund Miles Edgeworth (Takumi Saitô, "13 Assassins"), der bei der Staatsanwaltschaft
mit seiner skrupellosen und rigorosen Vorgehensweise bereits Karriere gemacht
hat. Phoenix' Mission scheint angesichts der Beweise und eines Augenzeugen aussichtslos, doch schon bald gibt es
überraschende Wendungen in Hülle und Fülle und der junge, idealistische Anwalt
bekommt mehr als reichlich Gelegenheit, an seinen äußerst herausfordernden Aufgaben zu wachsen
...
Kritik:
Takashi Miike ist einer der fleißigsten, vielseitigsten und besten Regisseure der derzeitigen asiatischen Filmlandschaft.
Möglicherweise wäre er sogar noch besser, wenn er sein geradezu übermenschliches
Arbeitspensum mit im Schnitt drei Filmen pro Jahr etwas zügeln und sich mehr
auf seine einzelnen Projekte konzentrieren würde. Denn wenngleich er mit Filmen
wie "13 Assassins", "Audition" oder dem höchst umstrittenen
"Ichi the Killer" bereits einige moderne Klassiker des japanischen Kinos
geschaffen hat, so kann man sich doch bei vielen seiner Werke nur schwer des
Eindrucks erwehren, daß sie ihr kreatives Potential nicht bis ins Letzte ausreizen. Miikes
Themen-Repertoire ist dabei jedoch zweifellos beeindruckend.
International bekannt wurde er vor allem für seine ultrabrutalen Gangsterfilme
wie "Ichi the Killer" oder "Dead or Alive", doch kann er
auch ernsthafte Dramen ("The Bird People in China"), Fantasy
("Krieg der Dämonen"), Horror ("Audition", "The Call"),
Musical ("The Happiness of the Katakuris"), Western ("Sukiyaki
Western Django"), Jugenddrama ("Crows Zero") und Samuraifilme
("13 Assassins"). Und nun hat er sich auch noch an einen
Gerichtsfilm gewagt. All seinen Filmen, selbst den grundsätzlich ernsthaften,
hat Miike seinen ganz eigenen, unverkennbaren Stempel aufgedrückt, der sich vor
allem durch einen schrillen Humor und hoffnungslos überzeichnete, comicartige Charaktere
ausdrückt.
"Ace Attorney", die Verfilmung einer mir
persönlich völlig unbekannten Videospielreihe von Capcom, ist geradezu ein Paradebeispiel
für Miikes stilistische Eigenheiten. Die im Kern konventionelle, wenngleich clever
konstruierte Krimi-Handlung ist durchzogen von Slapstick-Einlagen, hemmungslos
übertriebenem Verhalten sämtlicher Figuren, irren Einfällen sowie extremem
Overacting. Achja, und nicht zu vergessen: Sollte einmal
eine Abstimmung über den schlechtest frisierten Film aller Zeiten gestartet
werden, dann ist "Ace Attorney" der große Favorit. Zumindest sorgt
Miike mit den teils unfaßbaren Frisur-Verbrechen seiner Protagonisten dafür, daß man
sie von der ersten Minute an problemlos auseinanderhalten kann ...
Leider zieht Miike den verhandelten und sich immer weiter
verzweigenden Kriminalfall zu sehr in die Länge, was speziell der
letzten halben Stunde von "Ace Attorney" nicht gut bekommt. Denn ab einem bestimmten Punkt ist es
komplett vorhersehbar, wie alles enden wird – und wenn dieses Finale des mit
einer Laufzeit von 135 Minuten sowieso umfangreichen Films dann noch ewig mit langatmigen Dialogen, aber ohne neue Ideen hinausgezögert wird,
ist das einfach ärgerlich. Zumal das kollektive Overacting auf Dauer doch etwas
ermüdend wirkt und eine echte Charakterentwicklung fast unmöglich macht.
Ein großes Problem ist zumindest für mich in der beim
Fantasy Filmfest aufgeführten Originalfassung mit englischen Untertiteln die
Verwendung alberner englischer Namen anstelle der ursprünglichen japanischen. Das
ist offenbar der US-Lokalisation der Videospiel-Vorlage geschuldet, was die
Sache aber nicht besser macht. Früher war es ja (bedauerlicherweise) Usus, in
Synchronfassungen ausländischer Filme die Namen einzudeutschen, auch heute
kommt das noch gelegentlich vor. Bei Untertiteln ist ein solches Vorgehen aber
logischerweise noch viel ärgerlicher und sinnloser, da man hier ja ganz genau hört, daß die
angeblichen Namen überhaupt nicht ausgesprochen werden – ganz davon
abgesehen, daß die japanischen Darsteller einfach nicht aussehen wie ein
"Miles", "Phoenix", "Dick", "Larry"
oder eine "Lotta". Und daß ein Papagei, der im Rahmen der Handlung
eine recht wichtige (und witzige) Rolle spielt, statt Sayuri in den Untertiteln
ausgerechnet klischeehaft "Polly" heißt, ist der negative Höhepunkt
der ganzen Angelegenheit. Das mag nicht jeden stören, aber in diesem Fall rate
ich dennoch ausdrücklich dazu, den Film – natürlich nur, sofern man kein
Japanisch versteht – in einer vermutlich irgendwann folgenden Synchronfassung
anzusehen und -hören. Dann hoffentlich auch mit den echten japanischen Namen,
aber selbst wenn nicht, wäre es immer noch erträglicher als in dieser untertitelten Version.
Fazit: "Ace Attorney" ist eigentlich ein
klassischer Gerichtsfilm, der durch Takashi Miikes typisch unkonventionelle
Inszenierungsart mit durchgeknallten Einfällen, Slapstickeinlagen, witzigen Spezialeffekten und
dem ungebremsten Overacting sämtlicher Akteure wie ein knallbunter Drogentrip wirkt. Das
ist gewöhnungsbedürftig, aber durchaus sehenswert. Was man im Grunde genommen über alle Filme von Takashi Miike sagen kann ...
Wertung: 6 Punkte. Ohne die Untertitel-Problematik würde die Wertung vermutlich bis zu einen Punkt höher ausfallen.
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