Regie: Drew Goddard, Drehbuch: Joss Whedon und Drew Goddard,
Musik: David Julyan
Darsteller: Chris Hemsworth, Kristen Connolly, Anna
Hutchison, Fran Kranz, Jesse Williams, Richard Jenkins, Bradley Whitford, Amy
Acker, Brian White, Tom Lenk, Tim DeZarn, Jodelle Ferland

Fünf befreundete Studenten fahren in den Urlaub zu einer
extrem abgelegenen Waldhütte, die der Cousin des Footballers Curt (Chris
"Thor" Hemsworth) erst kürzlich erstanden hat. Was sie nicht ahnen: Sie
stehen unter ständiger Beobachtung durch einige Wissenschaftler und sind
offenbar unwissentlich Teil eines nicht näher spezifizierten, perfiden Experiments. Die Gruppe macht sich
am Abend der Ankunft eine schöne Zeit und spielt "Wahrheit oder Pflicht",
als sich unvermittelt die Kellerluke, scheinbar durch einen Windstoß, öffnet. Kurzerhand binden die Freunde den dunklen Keller in ihr Spiel ein und finden dort
eine große Anzahl mysteriöser Gegenstände. Als Dana (Kristen Connolly, "The Bay") einige
lateinische Verse aus einem über 100 Jahre alten Tagebuch vorliest, nimmt das
Unheil seinen blutigen Lauf ...
Kritik:
Wenn ein Film eine ungewöhnlich lange Zeit nach den
Dreharbeiten ins Kino kommt, ist das in den allermeisten Fällen ein sehr, sehr
schlechtes Zeichen. Normalerweise handelt es sich bei solchen aufgeschobenen
Kinostarts um Filme, bei denen der Verleiher entweder genau weiß, daß sie
grottenschlecht sind, oder aber aufgrund einer besonders ungewöhnlichen
Thematik oder Machart keine Ahnung hat, wie er sie erfolgversprechend
vermarkten soll. "The Cabin in the Woods" hat eine rekordverdächtige
dreijährige Wartezeit hinter sich – und entpuppt sich doch als kleines Meisterwerk! Zwar
kann man eines der drei Jahre sehr wohl potentiellen
Vermarktungsschwierigkeiten zurechnen, derentwegen der Film entgegen des
Willens von Regisseur und Drehbuch-Autor nachträglich in 3D konvertiert werden
sollte (was gerade bei Horrorfilmen eine Zeitlang quasi eine Garantie für
höhere Einnahmen war). Am Ende blieb es dann doch bei 2D, aber bis zu dieser
Entscheidung vergingen etliche Monate. Der Löwenanteil der Verzögerung ist jedoch schlicht der
Insolvenz des altehrwürdigen Produktionsstudios MGM geschuldet. "The Cabin
in the Woods" landete in der Insolvenzmasse und verblieb dort, bis eine
Restrukturierung unter neuer Führung gelang und die beiden letzten
"alten" MGM-Filme (neben "The Cabin in the Woods" das in
Kürze startende Remake von "Red Dawn", ebenfalls mit Chris Hemsworth)
doch noch in die Kinos gebracht werden konnte.
Zum Glück. Denn andernfalls wäre dem Publikum einer der
besten Horrorfilme seit langer Zeit vorenthalten geblieben. Wobei
"Horror" als Genrezuordnung nicht ganz zutreffend ist,
auch "Horrorkomödie" und vor allem "Horrorsatire" kommen infrage, aber eigentlich handelt es sich um eine Kombination dieser
Elemente. Verantwortlich für dieses kleine Meisterwerk sind Drew Goddard und
"The Avengers"-Regisseur Joss Whedon, die bereits bei Whedons
Kultserien "Buffy" und "Angel" zusammengearbeitet haben.
Bei "The Cabin in the Woods" führt Goddard erstmals Regie, das
Drehbuch hat er gemeinsam mit Whedon erarbeitet – wobei dessen Handschrift für
seine Fans anhand der spritzigen, wortgewandten und selbstironischen Dialoge
voller Genrezitate sowie der ausgesprochen unkonventionellen
Handlungsentwicklung deutlich erkennbar ist.
Wer sich ein wenig mit dem Genre auskennt, der wird anhand
obiger kurzer Inhaltsangabe zweifellos erkennen, daß sie fast identisch ist mit der
Prämisse von Sam Raimis legendärem (und in Deutschland in seiner ungeschnittenen Fassung bis heute indizierten) Genreklassiker "Tanz der Teufel"
mit Bruce Campbell. Abgesehen von der Sache mit den Wissenschaftlern und dem
Experiment. Und genau dieses Element, diese umrahmende und sehr amüsant
erzählte Storyline, macht "The Cabin in the Woods" zu etwas ganz
Besonderem. Bevor ich jedoch näher darauf eingehe, muß unbedingt eine Warnung
erfolgen, auf die man in so ziemlich jeder Kritik zum Film stößt: "The Cabin
in the Woods" funktioniert umso besser, je weniger der Zuschauer von der
Handlung weiß. Zwar verzichte ich natürlich auf direkte inhaltliche Spoiler, aber wer sowieso vorhat, den Film in Kürze zu sehen, der sollte diese
Rezension an dieser Stelle abbrechen und erst nach dem Kinobesuch beenden!
Was Whedon und Goddard hier leisten, läßt sich vom Prinzip
her mit Wes Cravens "Scream" vergleichen. Hier wie dort
werden die Regeln des Genres auf höchst unterhaltsame Art und Weise sorgfältig
dekonstruiert – in "Scream" durch die Verwendung der Figur eines
Horror-Nerds, der durch sein beträchtliches Filmwissen die Züge des Killers
erklären und teilweise vorhersagen kann. In "The Cabin in the Woods"
gibt es mit dem entgegen allen Klischees erstaunlich auffassungsschnellen Kiffer Marty (Fran Kranz aus
Whedons TV-Serie "Dollhouse") eine Figur mit ähnlicher Funktion, vor
allem aber den metaphernreichen Handlungsstrang rund um die Wissenschaftler.
Diese, allen voran die Leiter der Operation Richard Sitterson (Richard Jenkins,
"Killing Them Softly"), Steve
Hadley (Bradley Whitford, TV-Serie "The West Wing") und Wendy Lin (Amy Acker
aus Whedons TV-Serie "Angel"), beobachten die Vorgehensweise der fünf
Freunde auf Schritt und Tritt, steuern ständig bissige Kommentare bei und
lenken die jungen Leute bei Bedarf auch in die richtige Richtung (zu welchem
Zweck sie das tun, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten). Auf diese
Weise werden diverse Horrorgemeinplätze völlig nachvollziehbar und
glaubwürdig durchexerziert und dabei gleichzeitig persifliert. Das beginnt übrigens bereits früh
mit der Titeleinblendung, die einen köstlichen Seitenhieb auf eines der
nervigsten Genre-Klischees darstellt: dramaturgisch völlig sinnfreie
akustische Schockeffekte.
In der ersten Filmhälfte spielt die Rahmenhandlung jedoch
noch keine so große Rolle, da Whedon und Goddard sie offensichtlich möglichst lange
geheimnisvoll belassen wollen. Ergo stehen die Erlebnisse in der Waldhütte im
Zentrum des Geschehens und das ist ein kleines Problem: Denn so unterhaltsam
das alles auch ist – es erinnert nunmal stark an "Tanz der Teufel",
ohne jedoch dessen anarchischen Low Budget-Charme und die eklig-ausgefallene
Inszenierungsart ganz zu erreichen. Zudem wirken die Monsterangriffe im direkten
Vergleich zu glatt und harmlos, beinahe hat man den Eindruck, als hätten sich die
Macher hier bewußt zurückgehalten, um eine niedrigere Altersfreigabe zu erreichen.
Doch das ist vermutlich nur eine weitere kleine Falle für
das Publikum, denn in der zweiten Filmhälfte geht es dann so richtig ab und das
Blut fließt in Strömen (in Deutschland zeigte sich die FSK dennoch gnädig
und vergab aufgrund der selbstironischen Inszenierung eine Freigabe ab 16
Jahren). Ohne hier auf Einzelheiten eingehen zu wollen: Die letzte halbe Stunde
ist so rasant, so innovativ, so witzig, daß es eine wahre Freude ist. Speziell
Genrekenner kommen nun mit einem phantasievollen, anspielungsreichen
Kreaturendesign und einem unerwarteten, tollen Gaststar (den ich zumindest bis
zur Heimkino-Veröffentlichung nicht bei der Auflistung der Darsteller nennen werde) voll auf ihre Kosten. Zudem treibt die zugegebenermaßen nicht völlig unvorhersehbare
Auflösung der Wissenschaftler-Rahmenhandlung das satirische Element auf die
Spitze und fungiert gleichermaßen als intelligenter Kommentar auf den Zustand
des Horrorgenres – und das keineswegs nur auf Hollywood beschränkt, wie wir ebenfalls innerhalb
dieses Handlungsstrangs erfahren ...
Für manche Zuschauer, die einfach nur einen
"normalen" Horrorfilm oder eine amüsante Horrorkomödie erwarten, ist das ein bißchen viel an Subtext. Hier ist durchaus Mitdenken
gefordert, außerdem erhöht sich das Sehvergnügen ohne jeden Zweifel, je besser
man sich im Genre auskennt. Dies erklärt wohl auch, warum "The Cabin in the
Woods" bei den Kritikern noch deutlich besser ankommt als im Schnitt bei
den Kinobesuchern – daß ein Film aus dem Horrorgenre beim Rezensions-Aggregator Rotten Tomatoes
einen (deutlich) höheren Wert erreicht als bei der Internet Movie Database, kommt
jedenfalls nur sehr selten vor. Dennoch kann Goddards und Whedons Schöpfung weltweit ordentliche
Einspielergebnisse vorweisen, weshalb angesichts des recht bescheidenen Budgets
von geschätzt $30 Mio. eine Fortsetzung durchaus möglich wäre. Da Whedon
mit "The Avengers" in die A-Liga der Hollywood-Regisseure und
-Autoren aufgestiegen ist und bereits mit Hochdruck am zweiten Teil dieses Mega-Blockbusters
arbeitet, steht das derzeit noch in den Sternen; in Interviews
zeigte er sich jedoch durchaus interessiert.
Fazit: "If you hear a strange sound
outside ... have sex!" Der ironische US-Werbeslogan beschreibt
"The Cabin in the Woods" ziemlich gut: Es ist ein höchst
unterhaltsamer Horrorfilm, der sich als (gut getarnte) Persiflage des gesamten
Genres versteht und sich dabei irgendwo zwischen "Tanz der Teufel",
"Scream" und "Cube" einreiht. Das Whedon-typisch gewitzte Drehbuch mit
unzähligen Genrezitaten, das gekonnte Kreaturendesign und die sympathischen
Charaktere überzeugen durch die Bank, lediglich der scheinbar zentrale Plot um
die fünf jungen Leute in der titelgebenden Hütte im Wald ist in der ersten
Filmhälfte einen Hauch zu konventionell geraten.
Wertung: 9 Punkte.
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