Regie: Sean Anders, Drehbuch: John Morris und Sean Anders, Musik:
Dominic Lewis
Darsteller: Will
Ferrell, Ryan Reynolds, Octavia Spencer, Tracy Morgan (Stimme), Sunita Mani,
Patrick Page, Joe Tippett, Marlow Barkley, Andrea Anders,
Jen Tullock, Aimee Carrero, Rose Byrne, P.J. Byrne, Dame Judi Dench,
Jimmy Fallon
Seit Jahrhunderten
haben es sich der Geist von Jacob Marley (Broadway-Star Patrick
Page), der Geist der gegenwärtigen
Weihnacht (Will Ferrell, "Eurovision Song Contest"), der Geist der vergangenen Weihnacht (Sunita Mani, Netflix-Serie "GLOW") und der
Geist der zukünftigen Weihnacht (in der Originalfassung gesprochen
von Tracy Morgan aus der TV-Serie "30 Rock") sowie zahllose
"Hilfs-Geister" zur Aufgabe gemacht, an jedem
Weihnachtsabend nach penibler Vorarbeit eine verhärtete
Seele zu läutern. Als der Geist der gegenwärtigen Weihnacht
zufällig dem zynischen Medienberater Clint Briggs (Ryan Reynolds,
"Killer's Bodyguard") begegnet, ist er sicher, das
neue Zielobjekt gefunden zu haben. Kleines Problem: Clint gilt
als "unläuterbar", weshalb Patrick – der normalerweise
die Ziele aussucht – jegliche Bekehrungsversuche als
Zeitverschwendung ansieht. Letztlich kann sich Gegenwart jedoch
durchsetzen und ein Jahr später droht dem nichtsahnenden Clint ein
höchst unkonventioneller Weihnachtstag. Allerdings läuft keineswegs
alles so, wie von den Geistern geplant. Beispielsweise kann aus
irgendeinem Grund Clints gutherzige rechte Hand Kimberly (Octavia
Spencer, "Hidden Figures") Gegenwart sehen, der sich ihr
daraufhin spontan als Roberto vorstellt. Damit aber noch nicht genug,
denn im Laufe des Tages stellt sich die besorgniserregende Frage, ob
es nicht eher Clint ist, der die Geister verändert, als umgekehrt
...
Kritik:
Charles Dickens'
"Eine Weihnachtsgeschichte" über den notorischen Griesgram
und Geizhals Ebenezer Scrooge, der von den Geistern der Weihnacht zum
Guten bekehrt wird, zählt zu den am häufigsten
verfilmten Erzählungen überhaupt. Meine
Lieblings-Adaptionen stammen beide aus den 1980er
Jahren: Als seriöse Version funktioniert Clive Donners
verträumt-poetischer britischer TV-Film "Charles Dickens'
Weihnachtsgeschichte" (1984) mit George C. Scott als Scrooge perfekt, die gelungenste freie Adaption ist für mich
Richard Donners einfallsreiche Hollywood-Comedy-Version "Die
Geister, die ich rief …" (1988) mit Bill Murray als modernem
Scrooge (der ein zynischer TV-Produzent ist). Beliebt bei jung
und alt ist auch "Die Muppets-Weihnachtsgeschichte" (1992)
mit Sir Michael Caine, während ältere Semester (und Fans alter
Filme) auf Brian Desmond Hursts "Charles Dickens – Eine
Weihnachtsgeschichte" (1951) mit Alastair Sim schwören.
Musical-Fans freuen sich derweil ebenso über Ronald Neames für vier
OSCARs nominierten "Scrooge" (1970) mit Albert Finney wie
Animationsfreunde über Robert Zemeckis kunstvollen "Disneys Eine
Weihnachtsgeschichte" (2009) mit Jim Carrey. Und das sind nur
sechs von (wenn man die losen Adaptionen mitzählt) Dutzenden Verfilmungen, von denen die meisten
mindestens brauchbar ausfielen. Benötigen wir unbedingt
eine weitere? Eher nicht, aber schaden kann es angesichts der
unkaputtbaren Qualität der literarischen Vorlage auch nicht. Das
für den Streamingdienst Apple TV+ produzierte humorvolle Musical
"Spirited" erreicht zwar nicht den Olymp der besten
Scrooge-Adaptionen (dafür ist es doch etwas glatt geraten), macht aber
fraglos viel richtig und wenig falsch und unterhält dank
sympathischer Besetzung und erstklassiger Musik zwei Stunden lang
gut.
Eine sehr
interessante Entscheidung ist es, die Zielperson der Geister in
"Spirited" nicht als klassischen Bösewicht anzulegen.
Tatsächlich ist Clint ein charismatischer Mann, der seine
Angestellten häufig lobt und eine gute Beziehung zu seinem jüngeren
Bruder und seiner Nichte hat. Alles also eigentlich wunderbar, wäre
da nicht sein Job, der im Grunde genommen aus der Konzeption von
Schmutzkampagnen in den (sozialen) Medien besteht und den er ziemlich enthusiastisch ausführt. Das macht es einigermaßen
nachvollziehbar, daß "Roberto" sich Clint als Ziel aussucht,
denn würde er bekehrt, dann könnte das angesichts seines Jobs in
der Tat einen beträchtlichen positiven Domino-Effekt auslösen.
Andererseits wirkt es trotzdem etwas komisch, daß ausgerechnet
dieser freundliche, humorvolle, wenn auch äußerst zynische Mann
komplett unbekehrbar sein soll. Das riecht ein wenig nach fehlendem
Mut, Ryan Reynolds mal ein richtiges Ekel spielen zu lassen – zumal in
einem Familienfilm –, aber zugegeben: Es funktioniert trotzdem gut.
Die Charakterzeichnung bleibt auch als Folge dieser Entscheidung
jedoch ziemlich oberflächlich, obwohl sich der Film stark auf
Roberto und Clint (und ein wenig noch Kimberly) fokussiert und die
meisten Nebenfiguren leider weitgehend unbeachtet links liegen läßt (dafür gibt es ein paar nette Cameos).
Doch zum Glück
harmonieren Will Ferrell und Ryan Reynolds gut miteinander (auch
Ferrell und Octavia Spencer nimmt man die gegenseitige Anziehung
durchaus ab), erfreulicherweise hält sich Ferrell zudem mit seinem
typischen Grimassieren zurück, was dem grundsätzlichen Ernst der
Geschichte zugutekommt. Generell ist der Humor
familienfreundlich gehalten, also zumeist harmlos, aber durchaus mit
einigen richtig guten Lachern und einem soliden durchschnittlichen
Qualitätsniveau. Das trifft auch auf die sehenswerten Spezialeffekte
während Clints Reise durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu,
der größte Pluspunkt von "Spirited" ist jedoch die Musik –
was für ein Musical logischerweise nicht das Schlechteste ist! Den
beiden OSCAR-gekrönten "La La Land"- und "Greatest
Showman"-Komponisten Benj Pasek und Justin Paul ist ein sehr
gefälliger Soundtrack mit vielen schönen Liedern gelungen, deren
tonales Spektrum von verträumt-melancholisch bis fröhlich-absurd
reicht und die teils von aufwendigen Massen-Choreographien
begleitet werden. Ein absolutes Highlight mag fehlen, aber dafür
fällt auch kein Song ab und mit "The Story of Your Life"
(gesungen von Patrick Page, Ryan Reynolds und Will Ferrell), der
Ballade "The View from Here" (Spencer und Ferrell) oder dem
schmissigen "That Christmas Morning Feelin'" (Ensemble)
sind einige richtig gute Lieder vertreten. Ein Film, der einfach Spaß
macht, ohne die ganz großen inhaltlichen Ambitionen zu haben.
Fazit:
"Spirited" ist eine etwas seichte, aber unterhaltsame und charmante Musical-Version von Charles Dickens'
"Eine Weihnachtsgeschichte", die vor allem mit der
spielfreudigen Besetzung und guter Musik überzeugt.
Wertung:
7,5
Punkte.
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