Originaltitel:
Jingle Jangle: A Christmas Journey
Regie und Drehbuch: David E. Talbert, Musik: John Debney und
Michael Diskint
Darsteller:
Forest Whitaker, Keegan-Michael Key, Madalen Mills, Ricky Martin (Stimme),
Anika Noni Rose, Kieron L. Dyer, Lisa Davina Phillip, Hugh Bonneville, Phylicia
Rashad, Sharon Rose, Justin Cornwell, Miles Barrow, Tobias Poppe (Stimme)
Viktorianisches England zur Mitte des 19. Jahrhunderts: Die
etwa 10-jährige Journey (Madalen Mills) hat ihren Großvater, den genialen
Spielzeug-Erfinder Jeronicus Jangle (Forest Whitaker, "Rogue One"),
noch nie getroffen. Denn dieser ist seit einem 30 Jahre zurückliegenden Verrat
durch seinen Assistenten Gustafson (Keegan-Michael Key, "Dolemite Is My
Name") und dem wenig später folgenden Tod seiner Frau ein gebrochener Mann
und schickte deshalb Tochter Jessica (Anika Noni Rose,
"Dreamgirls") fort, weil er glaubte, sie wäre ohne ihn besser dran.
Journey hat aber Jeronicus' magisches Erfindertalent geerbt und will ihren
Großvater unbedingt kennenlernen, weshalb sie mit einem Trick erreicht, daß sie
Weihnachten bei ihm verbringen darf. Jeronicus, der inzwischen nur noch als
Pfandleiher tätig ist und unmittelbar davor steht, seinen schlecht laufenden
Laden an die Bank zu verlieren, ist zunächst wenig angetan und gibt sich
ziemlich ruppig, doch Journey bleibt hartnäckig und schafft es langsam,
Jeronicus' Herz zu erweichen. Und Jeronicus hat Journeys gewitzte Hilfe dringend nötig – nicht nur, um seinen Laden zu behalten, sondern auch, um den
mit den von Jeronicus gestohlenen Entwürfen zum erfolgreichsten
Spielzeughersteller aufgestiegenen Gustafson davon abzuhalten, auch die letzte
Erfindung ihres Großvaters zu rauben: den intelligenten Roboter Buddy 3000 …
Kritik:
Ehrlich gesagt war es mir bisher nie aufgefallen, aber wenn
man darüber nachdenkt, dann sind die großen (westlichen)
Weihnachtsfilm-Klassiker schon auffällig "weiß". Ob "Ist das
Leben nicht schön?", "Wir sind keine Engel", "Das Wunder
von Mahattan", die unzähligen Versionen von Charles Dickens' "A
Christmas Story", "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" oder selbst
"Kevin – Allein zu Haus" und "Tatsächlich … Liebe":
nicht-weiße Figuren kommen bestenfalls in kleinen Nebenrollen vor. Höchste Zeit
also, das zu ändern, dachte sich offensichtlich auch Netflix – und produzierte
mit "Jingle Jangle Journey" ein Weihnachts-Musical mit überwiegend
schwarzer Besetzung (wobei die Hautfarbe der Charaktere in der Geschichte
wohlgemerkt nicht wirklich eine Rolle spielt – eben so, wie es auch in der
Realität sein sollte). Ob der Film des auch als Dramatiker tätigen Regisseurs und Drehbuch-Autors David E. Talbert ("First
Sunday") dereinst als Weihnachtsfilm-Klassiker gelten wird, kann ich
natürlich nicht vorhersagen, aber auf jeden Fall bietet er trotz seiner eher wenig
originellen Handlung gute Unterhaltung und einen tollen R&B-Soundtrack.
Daß Charles Dickens eine bedeutende Inspirationsquelle für
"Jingle Jangle Journey" war, ist von Anfang an unverkennbar. Das sich
auf nur wenige Schauplätze konzentrierende viktorianische Setting ist mit seiner selbstbewußt klischeehaften und kitschigen Künstlichkeit mit den engen Gassen,
dem ständigen Schneefall und den eleganten, farbenfrohen Kostümen eine
liebevolle und detailverliebte Hommage an die großen britischen
Dickens-Verfilmungen – und sicher nicht zufällig sieht während einer
Schneeballschlacht ein Junge sogar genau so aus, wie man sich weithin Oliver
Twist vorstellt. Die schmutzige Realität dieser Ära spielt hier also erklärtermaßen keine Rolle und ähnlich wie in Disneys insgesamt deutlich
schwächerem "Der Nußknacker und die vier Reiche" (in dem ebenfalls ein
schwarzer Erfinder eine kleine, aber wichtige Rolle spielt) bekommen wir eine
magisch überhöhte Wunschvorstellung des viktorianischen Zeitalters zu sehen,
was durch das buchstäblich magische Gespür für Erfindungen der Familie Jangle
noch zusätzlich betont wird. Generell wirkt "Jingle Jangle Journey"
wie eine Mischung aus "Charlie und die Schokoladenfabrik", "Mary
Poppins", "Mr. Magoriums Wunderladen" und eben Charles Dickens,
außerdem würde der Film zumindest in dieser musikalischen Ausgestaltung ohne den gigantischen
Erfolg von Lin-Manuel Mirandas Bühnenmusical "Hamilton" kaum
existieren. Tatsächlich zählt die Musik neben der tollen Ausstattung, den
Kostümen und der Besetzung zu den großen Stärken von Talberts Film. Die acht
Songs – einer davon, "Make It Work", stammt von US-Star John Legend –
bewegen sich stilistisch zwischen R & B, Soul und Pop, wobei es mit dem von
Keegan-Michael Key als Gustafson vorgetragenen "Magic Man G" einen
tanzbaren und hitverdächtigen Ohrwurm ebenso gibt wie einen klar an Aretha Franklin
erinnernden Song ("Miles and Miles") und eine emotionale Ballade
("Over and Over") – und auch Pop-Star Ricky Martin, welcher die
böswillige lebende Puppe Don Juan spricht, darf mit "Borrow
Indefinitely" ein hörenswertes Lied vortragen.
Forest Whitaker liefert derweil als gebrochener Erfinder
nicht nur eine gewohnt einnehmende Performance ab, sondern überzeugt auch als
Sänger, zudem harmoniert er gut mit den frisch aufspielenden
Kinder-Darstellern Madalen Mills und Kieron L. Dyer (der Jeronicus' aktuellen
Assistenten Edison spielt). Auch die Antagonisten machen einen guten Job, wobei
der leicht beeinflußbare Gustafson in Sachen Bösartigkeit von Ricky Martins intrigantem Don Juan locker in den Schatten gestellt wird.
Beide sind zwar arg klischeehaft ge- und überzeichnet, in einem
Weihnachtsmärchen, dessen Happy End nie wirklich in Frage steht, ist das aber
kein größeres Problem. Ein paar Schwächen offenbart "Jingle Jangle Journey"
allerdings schon. Die letztlich arg simple, so ähnlich oft gesehene und
entsprechend vorhersehbare Vater-Tochter(-Enkelin)-Geschichte ist eher Mittel
zum Zweck, die an Jeronicus sehr offen interessierte Postfrau Ms. Johnston wird
von Lisa Davina Phillip übertrieben bis an den Rand der Nervigkeit gespielt,
die "Female Empowerment"-Botschaft wirkt manchmal etwas sehr plakativ
und rund um die Jangle-Erfindungen gibt es gefühlt mehr "Technobabble"
als in einer ganzen "Star Trek"-Staffel. Das alles fällt aber zum
Glück nicht allzu schwer ins Gewicht, weil die Protagonisten sympathisch sind,
das Erzähltempo im Großen und Ganzen stimmt (wenngleich man den Film durchaus
um 10 oder auch 15 Minuten hätte straffen können) und die Musik mitsamt teils
eindrucksvoller Massen-Choreographien ebenso wie die Dickens'sche
Weihnachtsstimmung für konstant gute Laune sorgt und das Herz erwärmt. Ein
Meisterwerk ist "Jingle Jangle Journey" sicher nicht geworden, aber
ein richtig schöner Weihnachtsfilm.
Fazit: "Jingle Jangle Journey: Abenteuerliche Weihnachten!" ist ein sehenswert
ausgestattetes Weihnachts-Musical, das wenig Neues zu erzählen hat, aber
mit märchenhafter Atmosphäre, schmissigen Songs und guter Besetzung punktet.
Wertung: Knapp 8 Punkte.
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