Regie:
Craig Brewer, Drehbuch: Scott Alexander und Larry Karaszewski, Musik: Scott
Bomar
Darsteller:
Eddie Murphy, Da'Vine Joy Randolph, Wesley Snipes, Keegan-Michael Key, Mike
Epps, Craig Robinson, Tituss Burgess, Kodi Smit-McPhee, Snoop Dogg, Chris Rock,
Tip "T.I." Harris, Ron Cephas Jones, Bob Odenkirk, Barry
Shabaka Henley, Aleksandar Filimonović, Ivo Nandi, Luenell
Los Angeles, 1970er Jahre: Rudy Ray Moore (Eddie
Murphy) hat den Durchbruch als Musiker nie geschafft und auch seine Auftritte
als Stand-Up-Comedian und Anheizer sorgen nicht für viel Begeisterung, weshalb er sein
Geld vorwiegend als Angestellter eines Plattenladens verdient. Mehr oder
weniger durch Zufall kommt Rudy eines Tages auf die Idee, die Kunstfigur
Dolemite zu schaffen, einen großmäuligen Zuhältertyp, der in Reimform derbe,
aber kreative Flüche und Beleidigungen en masse heraushaut. Entgegen aller
Zweifel seines Umfelds kommt Dolemite bei Rudys erstem Auftritt hervorragend beim
Publikum an und entwickelt sich schnell zu einer Kultfigur der
afroamerikanischen Arbeiter-Subkultur. Auch die Plattenaufnahmen verkaufen
sich prächtig, nur weiße Zuhörer finden sich kaum. Um seine Bekanntheit zu
erweitern, beschließt Rudy daher, daß als nächstes ein Dolemite-Film an der
Reihe ist. Obwohl er keinerlei Ahnung vom Filmgeschäft hat, gelingt es ihm
nicht nur, ein kleines Budget zu ergattern, sondern auch den renommierten Theater-Autor Jerry Jones (Keegan-Michael Key, "All die verdammt perfekten Tage") und den halbwegs bekannten Schauspieler
D'Urville Martin (Wesley Snipes, "Blade") zur Mitwirkung zu überreden – ansonsten
besteht die Crew allerdings fast ausschließlich aus Laien und Filmstudenten …
Kritik:
Kinofans jüngeren Semesters mag das überraschen, aber es gab
tatsächlich eine gar nicht so kurze Zeit, da war Eddie Murphy einer der größten
Filmstars weltweit. Mit (Action-)Komödien wie "Nur 48 Stunden",
"Beverly Hills Cop" (jeweils samt Fortsetzungen), "Die
Glücksritter" oder "Der Prinz aus Zamunda" hatte der für sein
maschinengewehrschnelles Geplapper berühmt-berüchtigte "Saturday Night
Live"-Alumnus in den 1980er Jahren einen Hit nach dem anderen, auch in
den 1990er Jahren war er mit den Remakes der Komödienklassiker "Der
verrückte Professor" und "Dr. Dolittle" sehr erfolgreich – wenn
auch nun vorrangig beim Familienpublikum. Nach der Jahrtausendwende änderte
sich das erheblich. Zwar war er als Sprecher des Esels in der
"Shrek"-Reihe weiterhin ein Highlight, vor der Kamera reihte sich nun
allerdings ein Kritiker- wie auch Zuschauer-Flop an den anderen (etwa "Pluto Nash", "Mensch, Dave!", "Noch Tausend
Worte"). Einzig in einer OSCAR-nominierten Nebenrolle in der
Broadway-Adaption "Dreamgirls" zeigte Murphy, was er wirklich drauf
hat; im Kino war er trotzdem immer seltener zu sehen.
Das ändert sich zwar auch mit der Netflix-Produktion "Dolemite Is My
name" nicht, jedoch könnte das gutgelaunte Biopic von Craig Brewer ("Black Snake Moan") eine kleine Murphy-Renaissance einleiten,
denn sie brachte ihm eine verdiente Golden Globe-Nominierung und viel
Kritikerlob ein – und als nächstes steht für Eddie Murphy eine sehr späte
Fortsetzung seines 1980er Jahre-Hits "Der Prinz aus Zamunda" an.
"Dolemite Is My Name" zählt zu jenen Biopics, die
die Bezeichnung eigentlich nicht komplett verdienen, da sie sich auf einen
mehr oder weniger eng umfaßten, aber als für die Karriere des Portraitierten
besonders wichtig erachteten Zeitraum beschränken. Hier ist das jene Phase, als
der im Grunde genommen bereits gescheiterte Musiker und Comedian Rudy Ray Moore
die entscheidende Inspiration für sein großes Comeback respektive seinen
richtigen Durchbruch findet und seinen Erfolg voll auskostet. Auf diese Weise
vermeidet man einige typische Biopic-Probleme – wie eine anekdotenhafte, gehetzte Erzählweise und blasse, weil häufig wechselnde Nebenfiguren –, bürdet
sich dafür aber andere auf. Insbesondere erfährt das Publikum letztlich
erstaunlich wenig über den Mensch Rudy Ray Moore. Seine Vergangenheit wird
lediglich kurz angeschnitten, auch sein Privatleben spielt keine große Rolle.
Stattdessen konzentriert sich das Drehbuch des biopicerprobten Duos Scott
Alexander und Larry Karaszweski ("Ed Wood", "Larry Flynt",
"Der Mondmann") ganz auf Rudys Karriere – und das funktioniert sogar
richtig gut. Besonders erstaunlich ist das, weil Rudys Humor gewöhnungsbedürftig ist und damals wie heute nur eine ziemlich spitze Zielgruppe
ansprechen dürfte. Zu der zähle ich nicht, aber die Kombination aus Eddie
Murphys leidenschaftlich enthemmter Darstellung und Craig Brewers
farbenfroh-schriller Inszenierung sorgt dafür, daß man sich als Zuschauer sehr
gut unterhalten fühlt – so flach und repetitiv die Dolemite-Nummer inhaltlich
auch sein mag.
Der Spaß, den alle Beteiligten beim Drehen offensichtlich
hatten, vermittelt sich besonders gut in der zweiten Filmhälfte, der sich auf
die herrlich amateurhaften Dreharbeiten zu dem (wirklich existierenden und
kommerziell wider Erwarten erfolgreichen) Blaxploitation-Kracher
"Dolemite" konzentriert, der 1975 in die US-Kinos kam. Hier wird "Dolemite Is My Name"
vorübergehend zu einem klassischen Underdog-Film britischer Machart, bei dem
man mit begrenzt talentierten (etwa, was Rudys angebliche Kung Fu-Fähigkeiten betrifft), dafür aber umso enthusiastischeren Protagonisten
mitfiebert und sich freut, wenn diese nach diversen – für die Zuschauer oft sehr
lustigen – Fehlschlägen immer wieder aufstehen und am Ende tatsächlich
irgendwie am Ziel ankommen. Klar, sonderlich originell ist das Ganze nicht,
aber der ganze Film mit seinem schrillen 1970er Jahre-Flair und dem schmissigen Soundtrack versprüht solch eine unschuldige Lebenslust, daß man ihm
seine Schwächen gern verzeiht. Daran hat auch das gut ausgewählte
Schauspielensemble seinen Verdienst, aus dem neben Hauptdarsteller Eddie Murphy vor
allem Da'Vine Joy Randolph (TV-Serie "Empire") als Sängerin und Rudys gutherzige Seelenverwandte Lady Reed und
Wesley Snipes als mürrischer und arroganter D'Urville Martin (der kleine Rollen
in "Rosemaries Baby" und "Rat mal, wer zum Essen kommt"
spielte und sich von Rudy nur dadurch zur Mitwirkung überreden läßt, daß er
Regie führen darf) heraus. Zudem überzeugt Keegan-Michael Key als Drehbuch-Autor
Jerry Jones, der zwar zunächst ähnlich entsetzt vom Verlauf der Dreharbeiten
ist wie D'Urville, sich dann aber doch besser damit arrangiert, während Kodi
Smit-McPhee ("Planet der Affen: Revolution") den studentischen Kameramann Nick mimt – und es gibt auch ein paar
kurze Gastauftritte von Stars wie Snoop Dogg ("Starsky & Hutch"), Chris Rock ("Rush Hour") oder Bob Odenkirk (TV-Serie "Better Call Saul"). "Dolemite Is
My Name" erfindet das Biopic-Rad mit Sicherheit nicht neu, aber er ist ein
würdiger Vertreter des Genres und zeigt, daß Eddie Murphy es immer noch drauf
hat!
Fazit: "Dolemite Is My Name" ist das
ebensowenig originelle wie tiefgängige, allerdings stets unterhaltsame Portrait eines
fast schon gescheiterten Künstlers, der mit Leidenschaft, Timing und gutem
Gespür einen unwahrscheinlichen Erfolgslauf startet.
Wertung: 7,5 Punkte.
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