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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 12. August 2020

PLEASE STAND BY (2017)

Regie: Ben Lewin, Drehbuch: Michael Golamco, Musik: Heitor Pereira
Darsteller: Dakota Fanning, Toni Collette, Alice Eve, Michael Stahl-David, Patton Oswalt, Tony Revolori, Denise Dowse, Jessica Rothe, Shawn Roe, Marla Gibbs, Laura Innes, Robin Weigert
Please Stand By (2017) on IMDb Rotten Tomatoes: 56% (5,8); weltweites Einspielergebnis: $0,4 Mio.
FSK: 6, Dauer: 93 Minuten.
Wendy Welcott (Dakota Fanning, "Ocean's 8") ist eine junge Autistin, die manchmal gewisse Aggressionsprobleme hat – derentwegen sie von ihrer älteren Schwester Audrey (Alice Eve, "Star Trek Into Darkness") schweren Herzens in ein spezielles Pflegeheim geschickt wurde, als Audrey und ihr Ehemann ein Baby bekamen. Unter der Anleitung von Betreuerin Scottie (Toni Collette, "Knives Out") hat Wendy bereits große Fortschritte gemacht, sie hat ihre Wutanfälle weitgehend im Griff und sogar eine einfache Arbeitsstelle gefunden. Und Wendy hat zwei große Ziele, die miteinander zusammenhängen. Erstens will sie unbedingt zurück zu ihrer Schwester ziehen; da diese aber finanziell nicht gerade rosig dasteht, will sie als eingefleischter Fan des Franchises zweitens einen mit $100.000 Preisgeld dotierten Wettbewerb für ein "Star Trek"-Drehbuch gewinnen. Nach einem Streit mit Audrey macht sich Wendy kurzerhand auf eigene Faust auf den langen Weg nach Hollywood, um ihr 450 Seiten schweres Drehbuch persönlich abzuliefern. Während Scottie und Audrey verzweifelt nach ihr suchen, macht Wendy auf ihrer Reise einige interessante Bekanntschaften …

Kritik:
Obwohl der kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Polen geborene, mit seiner Familie aber schon als Kind nach Australien ausgewanderte Regisseur und Drehbuch-Autor Ben Lewin bereits über 70 Jahre alt und seit Jahrzehnten sowohl im Kino- wie auch im TV-Bereich in der Branche ist, erlangte er erst 2012 größere internationale Bekanntheit. Grund dafür war seine sehr positiv rezensierte Indie-Tragikomödie "The Sessions", die viele Preise gewann und sogar eine OSCAR-Nominierung für Hauptdarstellerin Helen Hunt einheimsen konnte. Das sorgte aber nicht dafür, daß Lewins Karriere plötzlich spät durchgestartet wäre; vielmehr dauerte es fünf Jahre, bis er mit "Please Stand By", einer weiteren Tragikomödie, seinen nächsten Film drehte – der jedoch kaum Beachtung fand. Das ist nicht wirklich verwunderlich, denn obwohl das auf einem Bühnenstück von Michael Golamco (der dieses selbst ins Drehbuch für die Verfilmung überführte) basierende Roadmovie mit Coming of Age-Elementen ein interessantes Thema hat und dazu gut besetzt und wirklich nett anzuschauen ist, fehlt ihm einfach das gewisse Etwas, um aus der Vielzahl an Independent-Tragikomödien hervorzustechen.

Augenfälligstes Beispiel dafür ist die "Star Trek"-Thematik, die zwar die Triebfeder von "Please Stand By" ist, aber nur am Anfang und am Ende wirklich eine Rolle spielt. Gerade im letzten Drittel gibt es da ein paar schöne Szenen, als Wendy bereits in Los Angeles angekommen ist und u.a. auf Klingonisch mit einem fürsorglichen Polizisten (Patton Oswalt, "Odd Thomas") parliert, aber insgesamt wirkt es doch so, als wäre diese Prämisse ein wenig verschenkt – ein anspielungsreiches Nerd-Abenteuer á la "Fanboys" aus dem Jahr 2009 sollte sich jedenfalls niemand erhoffen. Ernsthafter wird erfreulicherweise mit Wendys Autismus umgegangen, doch wenngleich Dakota Fanning ihre Figur sehr überzeugend darstellt, kann zumindest ich als Laie mich auch hier nicht ganz des Eindrucks erwehren, daß "Please Stand By" relativ dicht an der Oberfläche bleibt und wenig Interesse daran hat, das Wesen und die für Betroffene und Umwelt ja durchaus schwerwiegenden Konsequenzen genauer unter die Lupe zu nehmen. Klar, durch die Schwestern-Beziehung und Wendys Wutausbrüche wird schon vermittelt, daß das Ganze kein Kinderspiel ist, aber von einer tiefgehenden Thematisierung ist "Please Stand By" ziemlich weit entfernt. Ich will allerdings nicht verschweigen, daß viele mit Autismus wesentlich besser vertraute Personen dem Film und Fanning eine sehr authentische Darstellung bescheinigen.

Dennoch kann gerade der Roadmovie-Teil von "Please Stand By" nur bedingt überzeugen, da Wendys Begegnungen alles in allem doch arg unspektakulär verlaufen. Das macht sie auf der anderen Seite natürlich realistisch, aber ein Film wie dieser soll und will nunmal unterhalten, und dafür geschieht in "Please Stand By" einfach zu wenig. Zudem muß man nie mit Wendy mitfiebern, denn trotz ihrer Probleme im Umgang mit ihrer Umwelt gerät sie niemals in wirklich gefährliche Situationen, selbst wenn naturgemäß nicht jede Begegnung positiv für sie verläuft. Die Handlung plätschert weitgehend erwartbar vor sich hin, zweifellos gefällig und sympathisch, aber es fehlen schlicht die Höhepunkte. Ein wenig entschädigen dafür die guten Schauspieler, wobei neben Fanning erwartungsgemäß vor allem Toni Collette als ihre Betreuerin Scottie einen guten Job macht, zudem gibt es einige Gastauftritte bekannter Darsteller wie Tony Revolori ("Grand Budapest Hotel"; als Wendys Kollege), Michael Stahl-David ("Cloverfield"; als Audreys Ehemann), Jessica Rothe ("Happy Deathday"; als Wendys Zufallsbegegnung unterwegs) oder eben dem Comedy-Spezialisten Patton Oswalt. Insgesamt ein netter Film, den man sich gut anschauen kann, anschließend aber auch ziemlich schnell wieder vergessen dürfte.

Fazit: "Please Stand By" ist ein tragikomisches Roadmovie über eine junge Autistin, das zwar sympathisch rüberkommt und gut gespielt ist, erzählerische Höhepunkte jedoch schmerzlich vermissen läßt.

Wertung: 6,5 Punkte.

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