Originaltitel: Hatsukoi
Regie: Takashi Miike, Drehbuch: Masa Nakamura, Musik: Kōji
Endō
Darsteller: Masataka Kubota, Sakurako Konishi, Shōta
Sometani, Nao Ōmori, Becky, Takahiro Miura, Seiyō Uchino, Mami Fujioka, Yen
Cheng-kuo, Duan Chun-hao, Masayuki Deai, Sansei Shiomi, Jun Murakami, Bengal,
Maimi Yajima
FSK: 18, Dauer: 108 Minuten.
Leo (Masataka Kubota, "13 Assassins"), der als
Säugling ausgesetzt wurde und daher keine Familie hat, arbeitet in einem
chinesischen Restaurant und ist ein aufstrebender Boxer – bis er während eines
von ihm klar dominierten Kampfes zusammenbricht und vom Arzt die Diagnose
"tödlicher Hirntumor" erhält. Die in etwa gleichaltrige Yuri (Sakurako Konishi)
wurde von ihrem drogensüchtigen und übergriffigen Vater an den Yakuza Yasu
(Takahiro Miura, "The Unforgiven") und seine Freundin Julie (Becky)
verkauft, für die sie unter dem Pseudonym Monica anschaffen muß. Die Wege
dieser beiden verlorenen Seele kreuzen sich zufällig, als der ebenso ehrgeizige
wie skrupellose junge Yakuza Kase (Shōta Sometani, "Parasyte") mit
dem korrupten Polizisten Ōtomo (Nao Ōmori, "Ichi the Killer") Yasu
eine Drogenlieferung klauen und den Diebstahl Yuri anhängen wollen. Durch Leos
beherztes Eingreifen kann Yuri flüchten und da Leo angesichts seiner Diagnose nichts mehr zu verlieren hat, beschließt er, das Mädchen zu beschützen. Und das ist
auch bitter nötig, denn die unvorhergesehene Wendung veranlaßt nicht nur die
direkt Beteiligten zur Jagd auf Yuri, sondern zusätzlich die gesamte örtliche
Yakuza-Organisation und eine verfeindete chinesische Bande …
Kritik:
Japans notorischer Vielfilmer Takashi Miike – auf dessen Konto bereits über 100 Filme gehen – baut sein Œuvre konsequent weiter aus, wobei er sich seit 2008 auf ein bis drei Produktionen pro Jahr bezähmt (Miikes Rekordjahr war 2002 mit sage und schreibe sieben veröffentlichten Filmen zuzüglich einer Episode zu einer Anthologie!). Ob diese vergleichsweise Zurückhaltung der durchschnittlichen Qualität seiner Werke zuträglich ist, kann ich nicht wirklich beurteilen, da leider noch immer viele davon nicht so leicht oder schnell den Weg in den Westen finden. Fakt ist: "First Love" ist nach "Blade of the Immortal" Miikes zweiter Film hintereinander, der mir richtig gut gefallen hat. Die abgefahrene, bei den Filmfestspielen von Cannes vorgestellte Mischung aus Actionkomödie, Thriller-Verwirrspiel und Romanze basiert auf einem Drehbuch von Masa Nakamura, der zum zwölften Mal mit Miike zusammenarbeitet – daraus gingen mit der Spaghetti-Western-Hommage "Sukiyaki Western Django" und der Tragikomödie "The Bird People in China" zwei von Miikes bekanntesten Filmen hervor. Zuletzt machten die beiden eine längere Pause, vor "First Love" hatten sie letztmals 2011 kooperiert. Schön, daß sie wieder zueinandergefunden haben, denn der deutlich von den frühen Werken Tarantinos (der übrigens einen Kurzauftritt in "Sukiyaki Western Django" hatte) inspirierte "First Love" ist vor allem für Anhänger zünftiger Action mit einem Schuß schwarzen Humors ein großer Spaß.
Japans notorischer Vielfilmer Takashi Miike – auf dessen Konto bereits über 100 Filme gehen – baut sein Œuvre konsequent weiter aus, wobei er sich seit 2008 auf ein bis drei Produktionen pro Jahr bezähmt (Miikes Rekordjahr war 2002 mit sage und schreibe sieben veröffentlichten Filmen zuzüglich einer Episode zu einer Anthologie!). Ob diese vergleichsweise Zurückhaltung der durchschnittlichen Qualität seiner Werke zuträglich ist, kann ich nicht wirklich beurteilen, da leider noch immer viele davon nicht so leicht oder schnell den Weg in den Westen finden. Fakt ist: "First Love" ist nach "Blade of the Immortal" Miikes zweiter Film hintereinander, der mir richtig gut gefallen hat. Die abgefahrene, bei den Filmfestspielen von Cannes vorgestellte Mischung aus Actionkomödie, Thriller-Verwirrspiel und Romanze basiert auf einem Drehbuch von Masa Nakamura, der zum zwölften Mal mit Miike zusammenarbeitet – daraus gingen mit der Spaghetti-Western-Hommage "Sukiyaki Western Django" und der Tragikomödie "The Bird People in China" zwei von Miikes bekanntesten Filmen hervor. Zuletzt machten die beiden eine längere Pause, vor "First Love" hatten sie letztmals 2011 kooperiert. Schön, daß sie wieder zueinandergefunden haben, denn der deutlich von den frühen Werken Tarantinos (der übrigens einen Kurzauftritt in "Sukiyaki Western Django" hatte) inspirierte "First Love" ist vor allem für Anhänger zünftiger Action mit einem Schuß schwarzen Humors ein großer Spaß.
Anfangs macht es "First Love" dem Publikum
allerdings gar nicht so leicht – innerhalb kurzer Zeit machen wir die
Bekanntschaft von etwa einem Dutzend Personen, die in der Handlung eine größere
Rolle spielen. Dabei beschränkt sich Miike zunächst meist auf eine kurze, nicht
allzu aussagekräftige Szene pro Figur, weshalb es eine ziemlich anspruchsvolle
Aufgabe ist, sie alle auseinanderhalten zu können. Und um ehrlich zu sein: Bei
einigen Randfiguren gelang mir das bis zum Schluß nicht wirklich, was aber halb
so schlimm ist, da die zweite Filmhälfte sich als ein extrem langer Showdown entpuppt,
bei dem mehr oder weniger jeder gegen jeden kämpft. Natürlich entwickelt man so als
Zuschauer wenig bis gar keine Bindung zu diesen überwiegend stereotypen
Charakteren, über deren Persönlichkeit oder Vergangenheit wir bestenfalls in ein paar Halbsätzen rudimentäre Schnipsel erfahren, erstaunlicherweise stört dies das
Vergnügen, das man als Genrefan mit "First Love" hat, aber kaum. Die
einzigen Figuren, die echtes Profil entwickeln dürfen, sind Leo und die manchmal von Halluzinationen ihres nur in eine Unterhose gekleideten Vaters geplagte Yuri. Was wir über sie erfahren, reicht aus, um mit diesen beiden sympathischen
Außenseitern, denen das Leben so übel mitgespielt hat, mitzuzittern – auch wenn
sie gar nicht so stark im Zentrum der Geschichte stehen wie man es vermuten würde
und ihre zarte Liebesgeschichte eher angedeutet als ausgespielt wird. Doch
Masataka Kubota und Sakurako Konishi (in ihrem Kinodebüt) kommen in ihren
wehmütig-verschlossen ausgespielten Rollen angenehm rüber und harmonieren
ordentlich miteinander, weshalb man sie auch ohne große Worte schnell ins Herz
schließt – zumal sich Sympathieträger unter den übrigen Figuren sowieso
kaum finden lassen.
Hinsichtlich der Story geben sich Miike und Nakamura
zumindest in der ersten Hälfte deutlich mehr Mühe als bei der Figurenzeichnung. Allzu originell ist der Machtkampf zwischen Yakuza und Chinesen, den ein
junger Ehrgeizling für seinen eigenen Coup ausnutzen will, zwar nicht, doch er
erfüllt seinen Zweck und ist mit ausreichend einigermaßen glaubwürdigen
Wendungen (sowie ein paar aberwitzigen Einfällen) ausgestattet, daß er durchgehend unterhält. Als hilfreich erweisen sich vor
allem Kase und Julie, die für die nötige Portion Irrsinn sorgen. Ein echter
Scenestealer ist Shota Sometani ist als illoyaler Drahtzieher Kase, dessen Fähigkeiten zu seinem Pech bei weitem nicht mit seinen großen Ideen
mithalten können und der deshalb zu seinem Verdruß eine Leiche nach der anderen
hinter sich zurückläßt – wobei sich der Verdruß wohlgemerkt auf die
Unannehmlichkeiten (z.B. bei der Leichenentsorgung) bezieht, mit dem Töten
selbst hat er keine Probleme, erledigt das mit beiläufiger Grausamkeit.
Sometani gelingt das Kunststück, diese eigentlich maximal antagonistische Figur
so nonchalant und sogar ein wenig charmant auszugestalten, daß man hofft, er
muß nicht zu früh ins Gras beißen … ganz wie bei guten Tarantino-Fieslingen.
Und die von der bekannten japanischen Entertainerin Becky mit
leidenschaftlichem Overacting verkörperte Julie sorgt mit ihrem wahnwitzigen
Rachefeldzug für etliche Glanzmomente schwarzen Humors.
In der zweiten Hälfte wird die Handlung weitgehend zur
Makulatur, aber dafür gibt es einen sehr langen und blutigen nächtlichen Showdown in
einem geschlossenen Supermarkt. Hier nehmen die Tarantino-Parallelen stark zu,
denn die ganze Inszenierung mit absurd überzogenen, schnell geschnittenen und ebenso
abwechslungsreichen wie schwarzhumorigen Kämpfen in den engen Supermarkt-Gängen
erinnert bis hin zur musikalischen Untermalung an "Reservoir Dogs"
oder "Pulp Fiction". Wie gesagt, die Figuren und ihr
Beziehungsgeflecht untereinander sind dabei nicht ganz einfach
auseinanderzuhalten, aber dank hervorstechender Merkmale – der Typ mit dem
Taser, die Schwertkämpferin, der korrupte Bulle, der Einarmige mit der Pumpgun
(!) – funktioniert das gut genug. Glorifizierung oder Verharmlosung von
Kriminellen kann man "First Love" übrigens nicht vorwerfen.
Zwar gibt es im stylishen, auch mit ein paar Splattereinlagen aufwartenden Finale
schon ein paar coole tarantinoeske Auftritte (erwähnte ich den Einarmigen mit
der Pumpgun?) und ein paar der Gangster dürfen sogar Mitgefühl mit Leo und Yuri
zeigen, aber im Allgemeinen werden die Kriminellen als Verräter, Sadisten
und Dilettanten dargestellt. Am Unterhaltungsgrad des trotz seiner Länge
niemals langweilenden Showdowns ändert das nichts und wenngleich die
Kampfchoreographie nicht außergewöhnlich ist, kompensiert Miike das mit
ausgeprägtem Abwechslungsreichtum, hohem Tempo und einer herrlich überdrehten Auflösung
mitsamt "Blues Brothers"-Anspielung.
Fazit: Takashi Miikes "First Love" ist eine
tarantinoeske, anarchische Actionfarce mit dünnem Plot und magerer
Figurenzeichnung, der sich allerdings mit zahlreichen Wendungen, schrägen Charakteren
und überdrehter Action als herrlicher Partyfilm entpuppt.
Wertung: Knapp 8 Punkte.
"First Love" ist am 5. Mai 2020 von EuroVideo Medien auf DVD und Blu-ray erschienen. Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Entertainment Kombinat zur Verfügung gestellt.
"First Love" ist am 5. Mai 2020 von EuroVideo Medien auf DVD und Blu-ray erschienen. Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Entertainment Kombinat zur Verfügung gestellt.
Screenshots: © EuroVideo Medien
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