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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 5. Mai 2020

DAS MÄDCHEN, DAS DURCH DIE ZEIT SPRANG (2006)

Originaltitel: Toki o kakeru shōjo, Englischsprachiger Titel: The Girl Who Leapt Through Time
Regie: Mamoru Hosoda, Drehbuch: Satoko Okudera, Musik: Kiyoshi Yoshida
Sprecher der Originalversion: Riisa Naka, Takuya Ishida, Mitsutaka Itakura, Ayami Kakiuchi, Mitsuki Tanimura, Sachie Hara, Yuki Sekido, Fumihiko Tachiki, Takayuki Sorita, Midori Andō, Utawaka Katsura
Sprecher der deutschen Synchronfassung: Anne Helm, Daniel Schlauch, Norman Matt, Catrin Dams, Rubina Kuraoka, Silke Matthias, Libell Barthel, Oliver Siebeck, Tobias Nath, Ulrike Stürzbecher, Stefan Staudinger
Das Mädchen, das durch die Zeit sprang (2006) on IMDb Rotten Tomatoes: 84% (6,6); weltweites Einspielergebnis: $3,2 Mio.
FSK: 12, Dauer: 94 Minuten.
Die 17-jährige Makoto (Sprecherin in der deutschen Synchronfassung: Anne Helm) ist ein ganz normales japanisches Schulmädchen bis eines Tages die Bremse an ihrem Fahrrad versagt, sie bei einem Bahnübergang in vollem Tempo von einem Zug erfaßt zu werden droht und ... sich im nächsten Augenblick kurz vor diesem verhängnisvollen Unglück unversehrt, wenngleich sehr verwirrt, wiederfindet und es deshalb diesmal vermeiden kann. Offensichtlich ist ihr im Moment der größten Todesgefahr ein kleiner Zeitsprung geglückt, wobei sie keine Ahnung hat, wie oder warum ihr dies gelungen ist. Doch mit etwas Übung schafft sie es erneut, diesmal sogar ohne Todesgefahr – und schließlich beherrscht sie diese neue, mysteriöse Fähigkeit ganz. Typisch Teenager nutzt sie die Möglichkeiten der Zeitsprünge zunächst ausschließlich dazu, um Spaß mit ihren Freunden Chiaki (Daniel Schlauch) und Kōsuke (Norman Matt) zu haben sowie um unangenehmen Situationen (wie Prüfungen) aus dem Weg zu gehen respektive sie mit dem Wissen des ersten Versuches problemlos zu meistern. Doch es kommt, wie es kommen muß: Nach und nach begreift Makoto, daß jede noch so kleine Änderung während ihrer Zeitsprünge weitreichende Folgen für sie und ihre Umwelt nach sich ziehen kann ...

Kritik:
Wenn es um japanische Anime-Filmregisseure geht, gibt es etwa eine Handvoll Namen, die bei am Genre halbwegs Interessierten weltweite Bekanntheit erlangt haben. Allen voran natürlich Hayao Miyazaki ("Chihikos Reise ins Zauberland", "Wie der Wind sich hebt"), zu dem sich sein Studio Ghibli-Mitgründer Isao Takahata ("Die letzten Glühwürmchen", "Pom Poko"), der wie Takahata leider bereits verstorbene Satoshi Kon ("Tokyo Godfathers", "Paprika") und der Shooting Star der letzten Jahre, Makoto Shinkai ("Your Name.", "Die Reise nach Agartha") gesellen – sowie Mamoru Hosoda, der neben Hits wie "Summer Wars", "Ame & Yuki – Die Wolfskinder" und "Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft" den wunderbaren Zeitreise-Coming of Age-Zeichentrickfilm "Das Mädchen, das durch die Zeit sprang" schuf. Die bezaubernde Story der liebenswert-chaotischen Makoto und ihrer nicht weniger sympathischen Freunde basiert auf einem Roman von Yasutaka Tsutsui und ihr gelingt es, die Zeitreise-Elemente so harmonisch in die tatsächlich im Mittelpunkt stehende Coming of Age- und Liebesgeschichte einzuflechten, daß sie dieser nicht etwa die Schau stiehlt, sondern sie subtil bereichert. Als Resultat ist "Das Mädchen, das durch die Zeit sprang" unglaublich charmant, clever und dabei auch noch witzig, weshalb er zu meinen absoluten Lieblings-Zeichentrickfilmen zählt.

Zugegeben: Betrachtet man die Prämisse von "Das Mädchen, das durch die Zeit sprang", kann einem der Gedanke kommen: Da habe ich schon Originelleres gesehen! Doch glücklicherweise steht die von mir wegen der unvermeidlichen Paradoxa (die es auch hier gibt) sowieso nicht wirklich geliebte Zeitreise-Thematik eben nicht im Zentrum der Handlung, sondern ist lediglich ein Mittel zum Zweck. Obwohl das Zeitreise-Element im Storyverlauf sehr wohl genauer erklärt wird (man es also als Zuschauer nicht einfach ohne Erklärung als gegeben hinnehmen muß wie etwa in der romantischen britischen Tragikomödie "Alles eine Frage der Zeit"), stehen andere Themen klar im Vordergrund: das Heranwachsen, Freundschaften, Verantwortungsbewußtsein – denn Makoto muß erst lernen, die weitreichenden Konsequenzen ihrer sorglosen, so harmlos erscheinenden Zeitsprünge in ihre Entscheidungen miteinzubeziehen. Dabei dienen Makotos Zeitsprünge in erster Linie der Schaffung zahlreicher sehr amüsanter Situationen, weshalb man lange versucht ist, "Das Mädchen, das durch die Zeit sprang" für eine reine Komödie zu halten. Doch im Verlauf der eineinhalb Stunden gelingt es Regisseur Drehbuch-Autor (Satoko Okudera verfaßte auch die Drehbücher zu Hosodas "Summer Wars" und "Ame & Yuki") bemerkenswert subtil, ihr Werk immer ernsthafter und gleichzeitig emotionaler werden zu lassen – ohne dabei jemals belehrend zu wirken oder die gute Laune dieses gewitzten Films zu vernachlässigen.

Neben dieser exzellent aufgebauten und betont gefühlvollen Story sind ohne Zweifel die Figuren die größte Stärke von "Das Mädchen, das durch die Zeit sprang". Makoto und ihre Freunde Chiaki und Kōsuke, die am liebsten zusammen Baseball spielen, sind ein eingeschworenes Trio (später mit der in Kōsuke verliebten Kaho ein Quartett), das so sympathisch geschrieben, gezeichnet und gesprochen ist, daß man es am liebsten gleich in den eigenen Freundeskreis aufnehmen möchte. Lediglich ein paar – für asiatische Filme nicht so unübliche – emotionale Übertreibungen können auf Dauer etwas nerven, wenn Makoto etwa wie am Spieß schreit, weil sie wieder einmal verschlafen hat. Aber das sind Kinkerlitzchen, die sich nicht wirklich negativ auswirken. Das Lob für die Sprecher gilt übrigens sowohl für die japanische Originalversion (die ich beim Fantasy Filmfest 2007 sah – wobei ich da mangels Japanisch-Kenntnissen nur die "Tonlage" der Sprecher-Performances beurteilen kann) als auch für die überzeugende deutsche Synchronfassung, die dankenswerterweise nicht auf Promis, sondern auf echte Profisprecher wie Anne Helm (Stammsprecherin von Anna Kendrick und Margot Robbie), Daniel Schlauch (Zac Efron), Norman Matt (Michael Fassbender und Mark Ruffalo) oder Rubina Kuraoka (Karen Gillan) setzt, die ihr Handwerk exzellent beherrschen. Auch die Optik dieses ganz altmodisch handgezeichneten 2D-Animationsfilms fängt den Charme und die Magie der Geschichte und ihrer Protagonisten gekonnt ein, die von Kiyoshi Yoshidas sich meist angenehm im Hintergrund haltender Musik harmonisch untermalt wird. Kurzum: Ein wunderbares Feelgood-Movie.

Fazit: "Das Mädchen, das durch die Zeit sprang" ist ein schön gezeichneter, ebenso witziger wie gefühlvoller und von ungemein sympathischen Figuren bevölkerter Zeichentrickfilm, der eine klassische Coming of Age-Story clever mit Zeitreise-Elementen anreichert.

Wertung: 9 Punkte.

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