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Donnerstag, 23. April 2020

Klassiker-Rezension: FROM BEYOND (1986)

Deutscher Alternativtitel: From Beyond – Aliens des Grauens
Regie: Stuart Gordon, Drehbuch: Dennis Paoli, Musik: Richard Band
Darsteller: Barbara Crampton, Jeffrey Combs, Ted Sorel, Ken Foree, Carolyn Purdy-Gordon, Bunny Summers, Bruce McGuire
From Beyond - Aliens des Grauens (1986) on IMDb Rotten Tomatoes: 75% (6,7); US-Einspielergebnis: $1,3 Mio.
FSK: 16, Dauer: 82 Minuten.
Der visionäre Wissenschaftler Dr. Edward Pretorius (Ted Sorel, "Network") und sein begabter Assistent Crawford Tillinghast (Jeffrey Combs, "The Frighteners") sind davon überzeugt, daß sich in der menschlichen Zirbeldrüse eine Art sechstes Auge verbirgt, also ein im Laufe der Evolution verlorengegangenes zusätzliches Sinnesorgan. Um dieses zu reaktivieren, arbeiten sie seit längerem an einem Gerät, das sie Resonator nennen und das die Zirbeldrüse so stark anregen soll, daß seine ursprüngliche Funktion wieder "erwacht". Eines Abends gelingt es ihnen endlich und tatsächlich werfen sie auf diese Weise einen Blick in eine für den normalen Menschen unsichtbare Dimension. Dort tummeln sich merkwürdige Kreaturen, die man nur mit angeregter Zirbeldrüse sehen kann – und auch sie bemerken uns nur dann. Zum Glück, denn wie sich herausstellt, haben die Kreaturen großen Hunger auf Menschen und töten prompt Dr. Pretorius, ehe Crawford den Resonator deaktivieren kann. Weil ihm seine Geschichte niemand glaubt, wird er wegen Mordes festgenommen und zudem für verrückt gehalten – die ehrgeizige Psychiaterin Dr. Katherine McMichaels (Barbara Crampton, "Tales of Halloween") soll seinen Geisteszustand untersuchen und will dafür das Resonator-Experiment mit Crawford und dem ihnen als Aufpasser zugeteilten Polizisten Buford "Bubba" Brownlee (Ken Foree, "Dawn of the Dead") nachstellen. Was kann da schon schiefgehen …

Kritik:
Zwei der größten Autoren des Genres haben die Karriere des 2020 verstorbenen Horrorexperten Stuart Gordon ganz besonders geprägt: Edgar Allan Poe und H. P. Lovecraft. Der Ruhm des Regisseurs und gelegentlichen Drehbuch-Autors rührt jedoch vornehmlich von zwei Lovecraft-Adaptionen her, welche gleich die ersten beiden Kinofilme des zuvor lange ausschließlich im Theater tätigen Amerikaners waren: "Re-Animator" und "From Beyond". Daß Stuart Gordons Lovecraft-Verfilmungen sich in der Regel nur der jeweiligen Prämisse der zugrundeliegenden Kurzgeschichte bedienten und diese ansonsten sehr frei interpretierten, tat seinem Erfolg vor allem bei Genreanhängern keinen Abbruch – schließlich gelang es ihm trotzdem besser als vielen anderen, die sich an Lovecraft versuchten, deren einzigartige, unheilvolle Atmosphäre einzufangen – wenn auch in der Regel mit etwas Humor angereichert, den es in den Vorlagen kaum gibt. Der schnell zum Kultfilm avancierte "Re-Animator" aus dem Jahr 1985 ist zweifellos Gordons bekannteste und – was die Qualität und den Unterhaltsamkeitsgrad angeht – beste Lovecraft-Adaption, doch auch der ein Jahr später folgende "From Beyond" fand trotz (verdient) schwächerer Kritiken über die Jahre viele Fans.

Da "Re-Animator" so wunderbar funktioniert hatte, brachte Stuart Gordon für "From Beyond" in großen Teilen das gleiche Team wieder zusammen – allen voran die formidablen Hauptdarsteller Jeffrey Combs und Barbara Crampton (allein der dritte "Re-Animator"-Protagonist Bruce Abbott fehlt). Deren Bedeutung für die Handlung ist hier jedoch ein wenig vertauscht, denn wenngleich Combs erneut einen wagemutigen Wissenschaftler spielt, liegt das Hauptaugenmerk des Films diesmal eher auf Barbara Cramptons ehrgeiziger Psychiaterin – während Crawford nach dem so fatal gescheiterten ersten Experiment eigentlich nichts mehr von der Angelegenheit wissen will, ist es Katherine, die mit ihrem von nur wenigen Skrupeln zurückgehaltenen Wissensdurst die Handlung vorantreibt. Das ist ein interessanter Unterschied und gleichzeitig ist es eine nette Abwechslung, die klassische "Scream Queen" Crampton in einer betont aktiven Rolle sehen zu dürfen (wenngleich sie trotzdem ihre beeindruckenden Scream Queen-Qualitäten ausgiebig zur Schau stellen darf). Ebenso ist es unterhaltsam, Combs einmal als panisches Nervenbündel zu erleben. Ansonsten sind eigentlich nur noch drei Figuren erwähnenswert, wobei Ted Sorel den größenwahnsinnigen Wissenschaftler Dr. Pretorius ähnlich lustvoll übertrieben (und damit sehr unterhaltsam) gibt wie es David Gale in "Re-Animator" tat – wenn er auch im direkten Vergleich keine so denkwürdigen Szenen spendiert bekommt. Die auf Katherine neidische Psychiaterin Dr. Bloch (gespielt von Gordons Ehefrau Carolyn Purdy-Gordon) wirkt dagegen eher überflüssig und "Dawn of the Dead"-Star Ken Foree nervt sogar als ständig mit dummen Sprüchen um sich werfender Polizist Bubba (was weniger seine Schuld sein dürfte als die des Drehbuchs).

Daß "From Beyond" insgesamt zwar durchaus unterhaltsam geraten ist, aber doch bei weitem nicht an "Re-Animator" oder andere Genreklassiker heranreicht, ist vorwiegend einer Handlung geschuldet, die nach einem vielversprechenden Auftakt sehr dünn gerät und das Potential der faszinierenden Prämisse mit der für normale Menschen unsichtbaren, von gefährlichen Wesen bevölkerten Dimension nahezu vollständig verschenkt wird. Anstatt diese auszubauen und um spannende Facetten anzureichern, konzentriert sich Gordon lieber auf die handgemachten und oft sehr blutigen Spezialeffekte. Über die werden sich vor allem Oldschool-Horrorfans freuen, denn wenngleich die Effekte und Kreaturen gemessen am heutigen Stand der Technik natürlich nur noch bedingt glaubwürdig rüberkommen, sind sie handwerklich eindrucksvoll und ziemlich eklig gestaltet und verstärken das wohlige B-Movie-Flair des gesamten Films. Meiner Ansicht nach wäre in diesem Fall weniger allerdings mehr gewesen, denn mit zunehmendem Verlauf des nur 80-minütigen "From Beyond" geht es eigentlich fast nur noch um diese Spezialeffekte und nicht mehr um Handlung und Figuren. Da hat Gordon bei "Re-Animator" viel besser die richtige Balance zwischen diesen Elementen gefunden. Das gilt auch für den Humor, denn der fehlt bei "From Beyond" fast vollkommen – zumindest was "direkten" Humor betrifft, den es abgesehen von Bubbas dämlichen, höchstens pseudo-lustigen Sprüchen kaum gibt (zugleich sorgt die lustvolle Übertreibung in den Effekten, aber ebenso im betont exaltierten Schauspiel der Hauptfiguren sehr wohl hin und wieder für Erheiterung im Publikum, was sicher auch genau so gewollt ist). Somit ist "From Beyond" ein ordentlicher Horrorfilm, der im Gegensatz zu "Re-Animator" wirklich nur für Fans des Genres geeignet sein dürfte und kaum Crossover-Potential zum Mainstream-Publikum besitzt.

Fazit: "From Beyond" ist ein recht unterhaltsames Horror-B-Movie, das aus seiner spannenden Prämisse zwar viel zu wenig herausholt, aber Genrefans mit viel Atmosphäre und noch mehr Blut und handgemachten Creature Effects erfreut.

Wertung: 6,5 Punkte.

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