Originaltitel:
Finding Dory
Regie: Andrew
Stanton und Angus MacLane, Drehbuch: Andrew Stanton und Victoria Strouse,
Musik: John Newman
Sprecher
der Originalfassung: Ellen DeGeneres, Albert Brooks, Hayden Rolence, Ed
O'Neill, Kaitlin Olson, Ty Burrell, Diane Keaton, Eugene Levy, Idris Elba,
Dominic West, Willem Dafoe, Kate McKinnon, Bill Hader, Brad Garrett, Allison
Janney, Stephen Root, Vicki Lewis, Andrew Stanton, Sigourney Weaver
Sprecher
der deutschen Synchronfassung: Anke Engelke, Christian Tramitz, Vicco Clarén,
Roland Hemmo, Rubina Nath, Axel Malzacher, Elisabeth Günther, Oliver Siebeck,
Nina
Proll, Sascha Rotermund, Maud Ackermann, Udo Wachtveitl, Claude Albert Heinrich, Franziska van Almsick
FSK: 0, Dauer: 97 Minuten.
Ein Jahr, nachdem sie dem Clownfisch Marlin dabei half, seinen
von Menschen entführten Sohn Nemo zurückzuholen, beginnt die chronisch
vergeßliche Dorie nach einem kleinen Unfall, sich bruckstückhaft
an ihre Eltern zu erinnern. Und sofort kennt der Paletten-Doktorfisch kein Halten
mehr: Dorie muß ihre Eltern wiederfinden! Obwohl Marlin eigentlich wenig Lust auf eine
erneute Ozeanüberquerung verspürt – Dorie erinnert sich, daß sie in Kalifornien
aufwuchs –, kann er die Gefühle seiner Freundin gut nachempfinden und
schließlich schuldet er ihr ja auch etwas für die unschätzbare Hilfe bei der
Suche nach Nemo. Also machen sich Dorie, Marlin und Nemo per Schildkröten-Taxi
auf den Weg. In Kalifornien angekommen, wird diesmal jedoch Dorie von Menschen
aus dem Wasser gefischt und in das nahe Meeresinstitut gebracht. Während
Marlin und Nemo alles versuchen, um zu Dorie zu kommen, erkennt die, daß sie
genau am richtigen Ort gelandet ist – und mit der Hilfe des griesgrämigen Kraken Hank hofft sie, ihre Eltern endlich wiederzusehen …
Kritik:
Andrew Stantons und Lee Unkrichs "Findet Nemo" aus
dem Jahr 2003 ist noch immer einer der beliebtesten Pixar-Animationsfilme und inflationsbereinigt in vielen Ländern der erfolgreichste. Alleine
in Deutschland sahen unglaubliche 8,8 Millionen Zuschauer die unfreiwilligen
Abenteuer des jungen Clownfisches Nemo und seines
überfürsorglichen Vaters Marlin, der gemeinsam mit der vergeßlichen Paletten-Doktorfisch-Dame
Dorie einen ganzen Ozean überquerte, um seinen Sohn zurückzuholen. Dennoch
zögerten die Pixar-Verantwortlichen lange mit der Realisierung einer
Fortsetzung, doch nach 13 Jahren ist es so weit – und wie das globale
Einspielergebnis von mehr als einer Milliarde US-Dollar beweist, haben viele
Kinogänger nur darauf gewartet (auch wenn die Zuschauerzahlen fast überall
hinter denen des ersten Teils zurückblieben). Daß "Findet
Dorie" die Qualität seines Vorgängers nicht erreicht, war offensichtlich
kein allzu großer Hemmschuh, zumal auch dieser Film noch unterhaltsam und
sympathisch genug ausgefallen ist.
Den inhaltlichen Höhepunkt liefert "Findet Dorie"
bereits in seinem exzellenten Prolog, der in Form eines Rückblicks die Tragik von Dories Zustand stark
herausarbeitet – wie Dorie trotz aller Bemühungen ihrer Eltern zunehmend an
ihrer Vergeßlichkeit verzweifelt und schließlich ganz allein und ohne jeden
Bezugspunkt im Ozean landet (bis sie auf Marlin trifft), geht wirklich ans Herz und bietet den
emotionalen Tiefgang, den man von Pixar-Filmen wie "WALL-E",
"Alles steht Kopf" oder auch der "Toy Story"-Reihe in ihren
besten Momenten gewohnt ist. Umso bedauerlicher ist es, daß "Findet
Dorie" an diese Stärken nach dem Prolog nie mehr anknüpfen kann. Die
Handlung, die in ihren Grundzügen zu sehr der des ersten Teils ähnelt, bleibt
fortan ziemlich oberflächlich, nimmt den Zuschauer aber zumindest auf eine ebenso
unterhaltsame wie rasante Achterbahnfahrt mit. Da Nemo, Marlin und Dorie nichts von ihrer Liebenswürdigkeit eingebüßt haben, gibt es viel, worüber
man sich freuen kann – gleichzeitig ist unübersehbar, daß die Handlung keineswegs
mit dem Ideenreichtum von "Findet Nemo" mithalten kann und mit
zunehmender Dauer erkennbar künstlich gestreckt ist, wenn kurz vor dem Ziel
ein Umweg eingebaut wird und noch einer und dann sogar noch einer.
Glücklicherweise trösten neben der gewohnt erstklassigen
Animationsarbeit (auch in 3D, ich habe die 2D-Fassung gesehen) vor allem
die neuen, wiederum sehr liebevoll herausgearbeiteten Nebenfiguren – und ein
paar Cameos aus dem Vorgänger – über solche Schwächen hinweg. Ob das der in
der Originalfassung von Ed "Al Bundy" O'Neill gesprochene schlecht
gelaunte Oktopus (eigentlich Septopus …) und Tarnungs-Experte Hank ist, der eigentlich
nicht wieder ins Meer zurück, sondern einfach nur in einem sauberen
Glaskasten voller Wasser seine Ruhe haben will, die kurzsichtige Walhai-Dame Destiny
oder Belugawal Bailey, dessen Echoortung nicht mehr funktioniert – in Sachen
liebenswert-schrullige Charaktere hat es Pixar zweifellos drauf. Scene Stealer
sind allerdings zwei Tiere, die gar nicht reden können, nämlich die leicht
derangierte Eistaucher-Dame Becky und der Seelöwe Gerald mit den verrückten
Augen, der immer wieder versucht, den alteingesessenen Artgenossen Smutje und
Boje ihre bequemen Plätze auf einem Felsen in Sichtweite des Meeresinstituts
streitig zu machen.
Damit wären wir auch schon beim Thema "deutsche
Synchronfassung" angekommen, denn wenngleich die Qualität der
Sprechleistungen ausnahmslos sehr gelungen ist – vor allem Anke Engelke macht
als Dorie einmal mehr einen erstklassigen Job –, wurden hier doch ein paar
Entscheidungen getroffen, über die man diskutieren kann. Grundsätzlich ist es nachvollziehbar, daß bei einem Blockbuster wie diesem viel Mühe darauf
verwendet wird, den Sehgenuß für das deutschsprachige Publikum zu optimieren –
auch wenn ich es schon immer etwas unpassend bis störend fand, wenn in
amerikanischen oder britischen Filmen plötzlich Namen oder Begriffe verwendet
werden, mit denen Amerikaner oder Briten mit Sicherheit nichts anfangen können
(wenn z.B. in Monty Pythons "Die Ritter der Kokosnuß" plötzlich von
der "Sportschau" die Rede ist). Die Verantwortlichen für die deutsche
Synchronfassung von "Findet Dorie" haben sich hierbei besonders stark
ins Zeug gelegt. So ist beispielsweise Franziska van Almsick die "Stimme
vom Band", die via Lautsprecheranlage im Meeresinstitut ertönt und
die Besucher mit Informationen versorgt. Im Original übernimmt diese Aufgabe
Sigourney Weaver, womit man zumindest zugestehen muß, daß die deutsche Wahl
thematisch besser paßt – dummerweise verliert für die deutschsprachigen Zuschauer auf
diese Weise jedoch eine amüsante Anspielung auf Weavers ersten Kinohit
"Alien" eine Ebene ihres Witzes. Auch darf man sich als kritischer
Zuschauer sicher wundern, warum die kalifornischen Seelöwen Smutje und Boje
ausgerechnet in einem starken oberbayerischen Dialekt sprechen. Und wenn dann
bei der Übersetzung der Beschriftungen der einzelnen Gebäude im Meeresinstitut
ausgerechnet der "Giftshop" offenbar vergessen wurde, sorgt das
angesichts der minimal anderen Bedeutung des Wortes "Gift" im
Deutschen eher für unfreiwillige Lacher. Aber wie gesagt, letztlich ist
das Geschmackssache und da gerade Smutje und Boje (die im Original übrigens von
Idris Elba und Dominic West vertont wurden) wirklich witzig rüberkommen, hält
sich der Schaden in Grenzen, solche Details werden vielen Zuschauern wahrscheinlich gar nicht erst auffallen.
Fazit: "Findet Dorie" ist ein
unterhaltsamer 3D-Animationsfilm, der die liebgewonnenen "Findet
Nemo"-Helden ein neues Abenteuer mit sympathischen neuen Nebenfiguren
erleben läßt, aber inhaltlich nicht an die hohe Qualität des Vorgängers anknüpfen
kann.
Wertung: Gut 7 Punkte.
Vorfilm:
PIPER (2016):
Regie und Drehbuch: Alan Barillaro
Der sehr schöne dialogfreie
Kurzfilm "Piper" zeigt innerhalb von sechs Minuten, wie ein extrem
putziges Strandläufer-Küken mit Angst vor den Wellen am Strand zum ersten Mal selbst sein Futter besorgen muß – und sich dabei nach Anlaufschwierigkeiten noch als erstaunlich effizient erweist.
Wertung: 9 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger amazon.de-Bestellungen über einen der Links in den Rezensionen oder das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
Wertung: 9 Punkte.
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