Normalerweise ist es in einer Awards Season so, daß nach den ersten, aufregenden Wochen, in denen ein Kritikerpreis den nächsten jagt und sich schnell die Favoritenlage für die OSCAR-Verleihung im Februar herauskristallisiert, vorübergehend die Luft raus ist. Man weiß einfach irgendwann, was bei den nächsten Kritikern oder auch den Gilden nominiert werden wird, große Überraschungen oder gar Sensationen gibt es kaum einmal. Umso erfreulicher, daß nun die Gilde der Drehbuch-Autoren (WGA) allen Ernstes das Marvel-Weltraumabenteuer "Guardians of the Galaxy" für das beste adaptierte Manuskript des Jahres 2014 nominiert hat! Denn das ist eine Nominierung, die wohl wirklich niemand erwartet hatte, da die Juroren sämtlicher Preise, die nicht durch Zuschauervoten entschieden werden, im Normalfall "ernsthaftere" Stoffe deutlich vorziehen. Doch dem Charme der intergalaktischen Außenseiter-Bande konnten sich bei den Drehbuch-Autoren offensichtlich viele nicht entziehen. Ob das nun bedeutet, daß "Guardians of the Galaxy" eine reelle Chance auf eine OSCAR-Nominierung hat? Das ist höchst zweifelhaft. Zwar dürfen viele der WGA-Mitglieder auch bei den OSCARs abstimmen, dennoch scheint es schwer vorstellbar, daß die noch immer von "alten weißen Männern" dominierte Academy diesen Weg gehen wird. Aber eine erfreuliche Abwechslung ist diese WGA-Nennung auf jeden Fall. Hier alle Nominierten (wie jedes Jahr standen ein paar Filme aufgrund der komplizierten Vorgaben der Gilde nicht zur Auswahl, allen voran die OSCAR-Mitfavoriten "Birdman", "Die Entdeckung der Unendlichkeit" und "Selma"):
Originaldrehbuch:
- Richard Linklater, "Boyhood"
- E. Max Frye und Dan Futterman, "Foxcatcher"
- Wes Anderson, "Grand Budapest Hotel"
- Dan Gilroy, "Nightcrawler"
- Damien Chazelle, "Whiplash"
Die OSCAR-Nominierungen dürften ähnlich aussehen. Dort wird noch "Birdman" hinzukommen, aber "Boyhood" ist der Favorit. "Grand Budapest Hotel" gilt ebenfalls als sicherer Nominee, "Whiplash" (der kurioserweise auch als adaptiertes Drehbuch gewählt werden kann, weil der Regisseur die gleiche Story im Jahr zuvor bereits als Kurzfilm drehte; das könnte ihn unter Umständen jegliche Nominierung kosten, falls sich die Stimmen für den Film zu sehr zwischen den beiden Kategorien aufteilen) und "Nightcrawler" haben gute Chancen. Der Wackelkandidat, der am ehesten für "Birdman" weichen müßte, ist wohl "Foxcatcher". Hineinrutschen könnten aber auch noch "Selma", "Mr. Turner" oder "A Most Violent Year".
Adaptiertes Drehbuch:
- Jason Hall, "American Sniper"
- Gillian Flynn, "Gone Girl"
- James Gunn und Nicole Perlman, "Guardians of the Galaxy"
- Graham Moore, "The Imitation Game"
- Nick Hornby, "Wild"
"The Imitation Game", "Gone Girl" und "Die Entdeckung der Unendlichkeit" (der hier nicht zugelassen war) sollten eine OSCAR-Nominierung sicher haben. "Wild" liegt aussichtsreich im Rennen, der ursprüngliche Außenseiter "American Sniper" hat sich in den letzten Tagen (es gab ja auch schon eine überraschende Nominierung bei der Produzentengilde) ebenfalls gut in Position gebracht. Am ehesten könnten ansonsten wohl noch "Unbroken" oder Paul Thomas Andersons sehr umstrittenes "Inherent Vice"-Skript hineinrutschen.
Alle Nominierungen (es gibt auch noch eine Doku- sowie diversen TV-Kategorien) kann man auf der WGA-Awards-Homepage nachlesen.
Abschließend sollen noch die fünf Nominierungen der Vereinigung der Kameraleute Erwähnung finden:
- Roger Deakins, "Unbroken"
- Óscar Faura, "The Imitation Game"
- Emmanuel Lubezki, "Birdman"
- Dick Pope, "Mr. Turner"
- Robert D. Yeoman, "Grand Budapest Hotel"
Deakins, Lubezki und Pope sind sichere OSCAR-Kandidaten, Yeoman hat gute Aussichten. Faura dürfte am ehesten ein Wackelkandidat sein.
Quelle: Homepage der American Society of Cinematographers.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen