Regie:
Antoine Fuqua, Drehbuch: Richard Wenk, Musik: Harry Gregson-Williams
Darsteller:
Denzel Washington, Marton Csokas, Chloë Grace Moretz, David Harbour, Johnny
Skourtis, Melissa Leo, Bill Pullman, Vladimir Kulich, David Meunier, Haley
Bennett, E. Roger Mitchell, Alex Veadov, Timothy John Smith, Robert Wahlberg
Robert McCall (Denzel Washington, "Flight") ist ein umgänglicher Mensch. Bei seinem neuen
Job in einem Baumarkt kommt er mit allen gut klar, obwohl er deutlich älter ist
als die meisten seiner Kollegen – einem hilft er in seiner Freizeit sogar
dabei, seine Wachmann-Prüfung zu schaffen. Da McCall unter erheblichen
Einschlafproblemen leidet, kreuzt er jede Nacht in einem Diner auf, wo er stets
kurz, aber freundlich mit dem Besitzer plauert, ehe er sich in eine Ecke setzt
und ein gutes Buch liest. Der einzige weitere nächtliche Stammgast ist die
minderjährige Prostituierte Teri (Chloë Grace Moretz, "Kick-Ass"),
mit der sich McCall langsam anfreundet. Als er eines Nachts erfährt, daß
das Mädchen von dem Zuhälter Slavi (David Meunier, TV-Serie "Justified") übel zusammengeschlagen
wurde und nun im Krankenhaus liegt, entscheidet sich McCall, Teri freizukaufen.
Slavi und seine Handlanger lachen jedoch nur über sein Angebot – ein fataler
Fehler, denn McCall war keineswegs immer ein Baumarkt-Mitarbeiter, sondern ist eine
bestens ausgebildete Kampfmaschine. Auch McCall verfügt jedoch nicht über alle nötigen
Informationen über sein Gegenüber: Slavi ist nämlich nicht einfach nur ein beliebiger
Zuhälter, sondern arbeitet für den mächtigen Anführer der Russen-Mafia Pushkin
(Vladimir Kulich, "Der 13. Krieger"). Da dieser seine Geschäfte schützen will, schickt
er Teddy (Marton Csokas, "Sin City 2") in die Stadt, einen soziopathischen Spezialisten fürs
Grobe, der sich um das Problem namens Robert McCall kümmern soll …
Kritik:
Eigentlich bin ich kein großer Freund des Actionhelden
Denzel Washington. Natürlich nicht etwa deshalb, weil er solche Rollen nicht
spielen könnte – ganz im Gegenteil, er hat sie so gut drauf, daß er sich dafür
wahrscheinlich gar nicht mehr anstrengen muß. Und genau das ist es, was mich stört:
Der zweifache OSCAR-Gewinner Denzel Washington ist einfach viel zu gut für
generische Rollen in mehr oder weniger mittelmäßigen und nicht sehr abwechslungsreichen
Streifen wie "Mann unter Feuer", "Déjà Vu", "Die
Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3", "Safe House" oder "2
Guns". Dennoch muß ich zugeben, daß "The Equalizer", die lose
Adaption einer gleichnamigen TV-Serie aus den 1980er Jahren, zu den besseren dieser
Filme zählt. Weil Regisseur Antoine Fuqua, der mich in der Vergangenheit
("Shooter", "Olympus Has Fallen", selbst "Training
Day", für den Washington einen OSCAR gewann) oft mit seinem ausgeprägten Hang zu "style over substance" genervt hat, sich hier vergleichsweise zurückhält und dafür erfreulich starkes Augermerk auf
die Figurenzeichnung legt.
Um das präziser zu formulieren: Fuqua und Drehbuch-Autor
Richard Wenk ("16 Blocks", "The Mechanic") konzentrieren
sich erfreulich stark auf die drei zentralen Figuren. Das ist natürlich primär
Robert McCall, diese freundliche Kampfmaschine mit der mysteriösen
Vergangenheit; auch diese Rolle erfordert von Washington keine
schauspielerische Glanzleistung, aber sie gibt ihm deutlich mehr Gelegenheit,
seine Figur zu entwickeln, als das bei den meisten der oben genannten Filme der
Fall war. Selbstverständlich löst Washington diese Aufgabe souverän und gewohnt
charismatisch, dieser Robert McCall mit seinen strikten Moralvorstellungen
wächst einem schnell ans Herz. Zupaß kommt dem Film, daß Washington zwei talentierte Kollegen zur Seite gestellt bekommt, mit denen er sehr gut harmoniert: Speziell
die Gespräche mit der jungen, desillusionierten Teri, der
McCall mit seinem ernstgemeinten Zuspruch wieder etwas Hoffnung gibt,
funktionieren ausgezeichnet, die Dialoge entwickeln für einen Actionfilm sogar
eine erstaunliche Tiefe. Umso bedauerlicher ist es, daß Teri nach 30 Minuten weitestgehend aus dem Film verschwindet – allerdings gibt es mit Marton
Csokas einen adäquaten Ersatz. Denn der in Schurkenrollen sehr erfahrene Neuseeländer gibt als Teddy trotz des knuffigen Spitznamens einen formidablen Gegenspieler ab, dessen eiskalte
Ausstrahlung den Zuschauer bereits angespannt auf den unvermeidlich folgenden
Gewaltausbruch warten läßt, wenn er sich noch vermeintlich ganz normal mit
jemandem unterhält. Anders als McCall und Teri ist Teddy zwar letztlich doch
nur ein wandelndes Russenmafia-Klischee – aber eben ein so überzeugend
dargestelltes, daß es für den Bösewicht des Films locker ausreicht.
Im Grunde genommen braucht der Film nicht mehr als diese
drei Figuren, um seine geradlinige Handlung voranzutreiben, entsprechend wenig
Sorgfalt wird auf den Rest verwendet. Lediglich David Harbour ("Zeiten des Aufruhrs") als korrupter Polizist Masters und Johnny Skourtis als McCalls
Baumarkt-Kumpel Ralphie können ansatzweise Profil entwickeln, der ganze Rest bleibt
nebensächlich – bekannte Namen wie Bill Pullman, Melissa Leo oder auch Vladimir
Kulich haben letztlich nicht mehr als Cameos. Ähnlich sieht es bei der Handlung
aus: Während deren Zentrum rund um das Duell zwischen McCall und Teddy
einwandfrei funktioniert, ist das Drumherum kaum der Rede wert. Vor allem
entwickelt sich "The Equalizer" nach dem sehr gelungenen Start in der
vollkommen gewaltfreien ersten halben Stunde immer stärker zu einem typischen
Genrevertreter: Die Story dient fast nur noch dazu, von einer (wie man es von
Fuqua gewohnt ist: ausgesprochen edel inszenierten) Actionsequenz zu der nächsten überzuleiten,
überraschende Wendungen bleiben weitgehend aus. Daß die Kämpfe – die übrigens
ähnlich wie in Guy Ritchies "Sherlock Holmes"-Filmen beginnen, indem man in Zeitlupe demonstriert bekommt, wie der analytisch brillante McCall
die Gesamtsituation erfaßt und den Kampfverlauf antizipiert – übermäßig brutal
ausfallen, wirkt außerdem einfach unnötig, denn es bringt diesem Film überhaupt nichts.
Angesichts dessen schätze ich, die deutschen FSK-Prüfer werden sich die Jugendfreigabe
zweimal überlegt haben, denn wenn McCall einem Gegner mal eben einen
Korkenzieher unter dem Kinn ins Gesicht rammt, dann ist das schon grenzwertig.
Zudem wird im Filmverlauf immer offensichtlicher, daß
"The Equalizer" unter dem klassischen Superman-Problem leidet:
Einzelkämpfer McCall wird so übermächtig dargestellt, daß man kaum in die
Verlegenheit kommt, um sein Wohlbefinden zu bangen. Immerhin wird dadurch ein
sehr klassisches Genre-Klischee umschifft (denn meist läuft es ja nach dem
Schema "Held dominiert – Held erleidet schlimmen Rückschlag – Held schlägt
final zurück" ab), aber der Glaubwürdigkeit kommt das nicht
zugute. Zumal man sich unweigerlich fragt, wie McCall sich vorher zurückhalten
konnte, denn Ungerechtigkeiten ist er sicher auch nach seiner aktiven Zeit
nicht so selten begegnet. Klar, die schlimmen Prügel für Teri fungieren als
Auslöser für seinen "Rückfall" in alte Gewohnheiten, dennoch ist es
schwer vorstellbar, daß er vorher in ähnlichen Situationen einfach weggesehen
hat. Zusätzlich beschädigt McCalls Übermacht auch noch den Antagonisten Teddy,
der es trotz eines beinahe legendären Killer-Rufs, seiner beeindruckenden
Ausstrahlung und nicht zuletzt einer gewaltigen numerischen Überzahl einfach
nicht gebacken bekommt, McCall ernsthaft gefährlich zu werden. Das hätte
Drehbuch-Autor Wenk definitiv besser lösen können und sollen – aber andererseits
wirkt es sich erstaunlich wenig auf den Spaß aus, den man als Zuschauer dabei
hat, McCalls Feldzug gegen das Böse zu verfolgen. Angesichts des kommerziellen
Erfolges von "The Equalizer" befindet sich übrigens bereits ein zweiter
Teil in Vorbereitung, was beinahe als historisch bezeichnet werden muß – denn damit
wird Denzel Washington mit über 60 Jahren erstmals in einer Fortsetzung
mitwirken!
Fazit: "The Equalizer" erfindet das Genre
des Action-Thrillers keineswegs neu, weiß aber dank seiner ausgefeilten
Inszenierung, dreier starker Hauptdarsteller und einer für
Genreverhältnisse erfreulich ausführlichen Charaktereinführung gut
zu unterhalten.
Wertung: Knapp 7,5 Punkte.
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