Regie: Doug
Liman, Drehbuch: Christopher McQuarrie, Jez und John-Henry Butterworth, Musik:
Christophe Beck
Darsteller:
Tom Cruise, Emily Blunt, Brendan Gleeson, Bill Paxton, Noah Taylor, Kick Gurry, Jonas
Armstrong, Charlotte Riley, Tony Way, Franz Drameh, Dragomir Mrsic,
Lara Pulver, Terence Maynard, Masayoshi Haneda, Wolf Blitzer
In der nahen Zukunft wird die Erde von "Mimics" genannten Tentakel-Aliens
angegriffen. Die blitzschnellen und
nahezu unbesiegbar erscheinenden Außerirdischen erobern in Windeseile große
Teile Europas, wobei ihnen sehr zupaß kommt, daß sie die Aktionen ihres Feindes
erschreckend genau vorhersehen zu können scheinen. Mit einem finalen
Großangriff, einer Invasion des europäischen Festlandes von London aus, will
die Menschheit den unheimlichen Feind doch noch besiegen. Zu seinem Leidwesen
soll an dieser Invasion auch der komplett kampfunerfahrene Presseoffizier und PR-Experte
Bill Cage (Tom Cruise) an vorderster Front teilnehmen; sein Versuch, diesem vom
hartgesottenen General Brigham (Brendan Gleeson, "The Guard")
befohlenen Schicksal durch offene Drohungen mit seinem Einfluß bei den Medien
zu entkommen, endet damit, daß er als Deserteur festgenommen und als einfacher
Soldat zur Invasionsarmee geschickt wird. Es kommt, wie es kommen muß: Cage
stirbt wenige Minuten nach Beginn der Kämpfe einen grausamen Tod … und erwacht
zu seiner Überraschung wieder, allerdings einen Tag vorher. Cage will die
anderen warnen, doch er stößt nur auf Ablehnung und Hohn, weshalb das
Schicksal erneut seinen Lauf nimmt: Cage stirbt auf dem Schlachtfeld. Und
erwacht am Vortag. Er stirbt. Er erwacht. Und so weiter. Bis er eines Tages bei
den Kämpfen der Kriegsheldin Rita Vrataski (Emily Blunt, "Lachsfischen im Jemen") das Leben rettet und diese ihm Glauben schenkt. Gemeinsam wollen sie die
Menschheit retten …
Kritik:
Hollywood wird ja gerne Ideenlosigkeit vorgeworfen, was
angesichts der beständigen Flut an Fortsetzungen, Remakes und Reboots selbst
wohlmeinende Menschen kaum leugnen können. Doug Limans ("Die Bourne
Identität", "Mr. & Mrs. Smith") "Edge of Tomorrow"
liefert aber wieder einmal den Beweis, daß ein Cocktail aus den verschiedensten
altbekannten Zutaten sehr wohlschmeckend sein kann, wenn die einzelnen
Ingredienzien geschickt genug gemixt werden. Die Zutaten von "Edge of
Tomorrow" heißen "Alien(s)", "Der Soldat James Ryan" (die vielen Parallelen zum Zweiten Weltkrieg sind nicht nur anhand der gewählten Örtlichkeiten unübersehbar),
"Und täglich grüßt das Murmeltier" und "Starship Troopers",
dazu gesellt sich vielleicht noch ein kleiner Schuß "Looper".
Garniert mit aufwendigen und teuren (das Budget des Films soll sich auf über $170 Mio. belaufen), spezialeffektlastigen Actionsequenzen, zwei
charismatischen Hauptdarstellern und einigen schlauen Drehbuch-Ideen ist das
Resultat ein überraschend gelungenes Science Fiction-Abenteuer, das sich an der
Kinokasse aber leider nicht so gut zu schlagen verspricht wie es verdient wäre
(gerade im Vergleich zu anderen, weit stupideren Hollywood-Blockbustern).
Ein Grund dafür – neben einem allgemeinen Rückgang der
Zugkraft von Tom Cruise außerhalb der "Mission: Impossible"-Reihe
(wie zuletzt die mittelmäßigen Einspielergebnisse von Filmen wie "Knight
& Day", "Oblivion" oder "Jack Reacher" demonstrierten)
– dürfte in der Trailer-Auswahl liegen. Die ist nämlich gleichzeitig zu loben
und zu kritisieren. Zu loben deshalb, weil sich das Studio tatsächlich einmal
Mühe gegeben hat, im Promomaterial nicht zu viel von der Story zu verraten,
wohingegen es heutzutage ja alles andere als selten vorkommt, daß man nach
Ansicht eines Trailers das Gefühl hat, den Film gar nicht mehr anschauen zu
müssen, weil man sowieso schon genau weiß, was passiert. Zu kritisieren
deshalb, weil "Edge of Tomorrow" dank dieser Strategie wie ein
relativ generischer Hollywood-Blockbuster aussieht, dem man kaum zutraut, Ecken
und Kanten zu haben. Kurz gesagt: Dem Trailer ist es nicht gelungen, ein
"Must See-Gefühl" zu wecken. Irgendwie blöd gelaufen.
Apropos Ecken und Kanten: die darf hier auch Tom Cruise mal
wieder zeigen. Bei all seiner unumstrittenen Eignung als Actionheld wird ihm ja
doch gerne und nicht ganz zu Unrecht vorgeworfen, daß die von ihm verkörperten
Figuren oft viel zu glatt und fehlerlos und damit langweilig seien. Bill Cage ist ganz anders, denn er ist zu Beginn ein arroganter Kotzbrocken, der mit
seinen Werber-Fähigkeiten quasi Millionen Menschen in einen
aussichtslosen Krieg schickt, selbst aber zu schmutzigen Tricks greift,
als er von General Brigham angewiesen wird, die Truppen zu
begleiten. Brighams Reaktion, Cage deshalb kurzerhand als Deserteur zu
brandmarken und ihn nicht als Presseoffizier, sondern als einfachen Private an
vorderste Front der Invasionsarmee zu schicken – was angesichts seiner
fehlenden Kampferfahrung einem Todesurteil gleichkommt –, ist sicher
übertrieben, aber viele Zuschauer werden sich ein "Ätsch, selber
Schuld!"-Gefühl nicht verkneifen können. Somit haben wir übrigens neben
der Sache mit der Zeitschleife eine weitere Parallele zu Harold Ramis'
Komödienklassiker "Und täglich grüßt das Murmeltier", denn Bill Cage erinnert
durchaus an den von Bill Murray so genial verkörperten zynischen Wetterfrosch
Phil Connors. Wie bei Connors dient auch bei Cage das
Gefangensein in der Zeitschleife der charakterlichen Läuterung – beide müssen bessere Menschen
werden, um wieder herauszukommen; nur daß Cages Weg zum Ziel weit
schmerzhafter ist und die drohenden Konsequenzen im Fall des Scheiterns sehr viel
weitreichender sind. Da dieses Storyelement nur einen Teil von "Edge of
Tomorrow" ausmacht, während es in "Und täglich grüßt das
Murmeltier" im Zentrum stand, ist die Läuterung selbstredend nicht
so intelligent-witzig ausgeklügelt, auch Cruises (gewohnt solide) Darstellung
reicht nicht an die von Murray heran. Nach dem wunderbar unsympathischen
Auftakt geht Cages Wandlung ganz einfach zu schnell vonstatten, ohne
konsequente Entwicklung seines Charakters. Dennoch: Im Vergleich zu den
Figuren, die Tom Cruise in den letzten Jahren spielte, ist dieser Bill Cage eine nette
Abwechslung. Und für Cruise-Hasser müßte es doch eine echte Empfehlung sein,
daß sie ihr Anti-Idol in keinem Film so oft sterben sehen werden wie in
"Edge of Tomorrow" …
Häufig hängen Hollywood-Großproduktionen im ruhigeren Mittelteil
etwas durch, da sie gerne mit einem Knall beginnen und auf
ein explosives Finale zusteuern, zwischendrin aber etwaige Handlungs- oder
Dialogmängel besonders auffallen. Bei "Edge of Tomorrow" ist
beinahe das Gegenteil der Fall. Der Auftakt ist zwar gelungen, wird vom zum
Glück langen zweiten Akt aber noch deutlich übertroffen. Ich hätte ja nicht
gedacht, daß man aus dem Zeitschleifen-Thema noch so viel rausholen könnte, aber
Regisseur Liman und seinem Autoren-Trio – deren Vorlage übrigens eine
japanische "Light Novel" namens "All You Need Is Kill" von Hiroshi
Sakurazaka war – gelingt es tatsächlich, Cages unzählige Tode, sein Bemühen,
durch kleine Änderungen seines Vorgehens Schritt für Schritt weiter zu kommen
und (ab dem Treffen mit Rita Vrataski) sein unerbittliches Kampftraining höchst
unterhaltsam, dabei spannend und einigermaßen abwechslungsreich und vor allem
erfreulich witzig zu gestalten. So ernst die – schon deshalb wenig aufregende,
weil Hintergründe und Motivation der Außerirdischen sehr kurz
abgehandelt werden – Alieninvasions-Geschichte auch grundsätzlich erzählt wird, so
amüsant sind Cages schmerzhafte Bemühungen mitanzusehen. Eine gute Mischung.
Unglücklicherweise trüben ein paar unnötige Logikfehler
etwas das Bild (wie kann es sein, daß den angeblichen Deserteur Cage niemand erkennt,
obwohl er doch über Monate hinweg im Fernsehen gewissermaßen das Gesicht der
Verteidiger der Menschheit war? Warum versucht er in einem Durchgang der
Zeitschleife, Rita das Leben zu retten, indem er auf eigene Faust loszieht,
obwohl er doch genau weiß, daß sie ohne sein Eingreifen höchstwahrscheinlich
viel schneller auf dem Schlachtfeld sterben wird – er hat es schließlich oft
genug gesehen?), außerdem kann der Showdown die Qualität des Mittelteils nicht
halten. Das liegt vor allem in einem zu starken Festhalten an den
Hollywood-Konventionen begründet. Generell ist es schon ein wenig ärgerlich,
daß ein Film wie dieser, mit so vielen, meist grausamen Leinwandtoden gezielt
so blutarm inszeniert ist, daß er nicht nur jugendfrei ist, sondern sogar
12-Jährige ihn sehen dürfen. Es muß ja nicht gleich so
drastisch wie in Paul Verhoevens stilistisch ähnlichem B-Movie-Spektakel
"Starship Troopers" sein, aber diese starke Zahmheit in der
Präsentation nimmt Cages Schicksal einiges von seinem Biß. Noch weit ärgerlicher
sind allerdings die inhaltlichen Klischees, die "Edge of
Tomorrow" im finalen Akt bedient. Da fällt Rita etwa genau in dem
Moment, als sie und Cage nicht mehr weiterwissen, ein, daß es im Camp einen
als verrückt geltenden Wissenschaftler gibt, der ihnen dann natürlich wirklich die
entscheidenden Informationen geben kann. Und, ohne (wegen akuter
Spoiler-Gefahr) näher darauf eingehen zu wollen, selbstverständlich gibt es
Entwicklungen, die dazu führen, daß sich alles auf genau einen letzten
Alles-oder-nichts-Versuch zuspitzt, den man von Anfang an so erwarten konnte.
Und das Resultat dieses Versuchs? Nunja, sagen wir so: Man kann darüber
diskutieren, ob das wirklich ein gutes (und logisches) Ende ist oder nicht …
Schauspielerisch gibt es dagegen wenig zu bemängeln, was im
Fall der beiden Hauptdarsteller auch einer für Genreverhältnisse recht
sorgfältigen Charakterzeichnung durch das Drehbuch zu verdanken ist. Wie
bereits ausgeführt, zeigt Tom Cruise eine gewohnt souveräne Vorstellung, ohne
ansatzweise so zu glänzen, wie er es etwa in "Magnolia" oder
"Tropic Thunder" tat. Bei einem Spektakel wie "Edge of
Tomorrow" ist das auch gar nicht nötig, da ist das Charisma wichtiger, das
er ohne Zweifel ebenso ausstrahlt wie seine Leinwandpartnerin Emily Blunt, die
nach "Looper" richtig Gefallen an diesem Genre gefunden zu haben
scheint. Die meisten Genrefans dürfte das freuen, denn Blunt macht selbst in
den Monstren von (an die Exoskelett-Laderoboter in "Aliens – Die Rückkehr"
erinnernden) Ganzkörper-Kampfanzügen, in denen die Soldaten gegen die Außerirdischen
antreten, eine richtig gute Figur – und das ist keineswegs nur auf die
Optik gemünzt. Cruise und Blunt dominieren den Film zwar, dennoch kommen auch
die Soldaten aus der Einheit, der Cage zugeteilt wird (darunter
"Aliens"-Veteran Bill Paxton und TV-"Robin Hood" Jonas
Armstrong), zu ein paar guten Szenen. Brendan Gleeson ist dagegen als General
schlicht verschenkt; für die wenigen Minuten, die er zu sehen ist, hätte man
auch einen weniger hochkarätigen Darsteller anheuern können. Die Spezialeffekte
sind dafür sehr überzeugend (was man angesichts der Produktionskosten aber auch
erwarten durfte), trotz nachträglicher Konvertierung weiß der 3D-Einsatz ebenfalls
weitgehend zu gefallen.
Fazit: "Edge of Tomorrow" ist ein nicht
allzu originelles, aber sehr unterhaltsames und gut besetztes Action-SF-Spektakel,
das mit seiner spielerischen Umsetzung des altbekannten Zeitschleifen-Elements für
viel Freude sorgt, seine Stärken im letzten Drittel aber aufgrund einer zu
offensichtlichen Anbiederung an den (vermuteten) Massengeschmack nicht mehr zur Gänze ausspielen kann.
Wertung: 7,5 Punkte.
Das man ihn nicht erkannt hat, finde ich auch einen extrem unnötigen Logikfehler. Beim Alleingang könnte es dagegen so sein, dass er noch am Tag vor dem Angriff losgezogen ist.
AntwortenLöschenHmm, die Möglichkeit muß ich mal überprüfen, wenn ich mir den Film wieder anschaue - im Moment ist meine Erinnerung nicht mehr detailliert genug, um die Stichhaltigkeit dieses Erklärungsansatzes überprüfen zu können ... ;-)
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