Regie: Stuart Gordon, Drehbuch: John Strysik, Musik: Bobby
Johnston
Darsteller: Stephen Rea, Mena Suvari, Russell Hornsby,
Rukiya Bernard, Lionel Mark Smith, Carolyn Purdy-Gordon, Wayne Robson, John
Dunsworth
FSK: 18, Dauer: 82 Minuten.
Tom (Stephen Rea, "V wie Vendetta") hat einen so richtig, richtig miesen
Tag: Nachdem er kürzlich seinen Job als Projektleiter infolge von
Rationalisierungsmaßnahmen verloren hat, wirft ihn nun auch noch sein Vermieter
aus der Wohnung und auf dem Arbeitsamt erfährt er nach stundenlanger Warterei,
daß sein Name nicht im Computer ist und er alle Anträge noch einmal neu stellen
muß. Zu allem Überfluß wird Tom auch noch von einem Polizisten von der Parkbank vertrieben, auf der er die Nacht verbringen wollte. Auf dem Weg zur nächsten
Obdachlosen-Unterkunft folgt der absolute Tiefpunkt des Tages: Tom wird beim
Überqueren der Straße von einem Wagen mit voller Geschwindigkeit erfaßt! So
steckt er nun in der Windschutzscheibe des Autos fest, schwer verletzt, einen
Scheibenwischer tief in den Bauch gerammt, und wartet auf Hilfe. Die Fahrerin,
eine junge Altenpflegerin namens Brandi (Mena Suvari, "American
Beauty"), gerät allerdings in Panik und macht keinerlei Anstalten, den Notruf zu
betätigen oder Tom in ein Krankenhaus zu bringen. Stattdessen fährt sie ihren
Wagen den kurzen Weg zurück zu ihrer Wohnung und stellt ihn in der Garage ab. Mit
dem verzweifelt um Hilfe flehenden Tom immer noch in der Windschutzscheibe.
Doch Brandi hilft nicht. Vielmehr überlegt sie, wie sie den armen Tom mithilfe
ihres Gangster-Freundes Rashid (Russell Hornsby aus der TV-Serie
"Grimm") möglichst unauffällig loswerden kann. Aber Tom hat nun
endgültig die Schnauze voll: So leicht will er sich nicht töten und dann wie
ein Stück Müll entsorgen lassen ...
Kritik:
Stuart Gordon war nie ein Blockbuster-Regisseur, dennoch hat
sich der Amerikaner vor allem in den 1980er Jahren eine erkleckliche
Fangemeinde aufgebaut. Dafür gibt es einen guten Grund, denn Gordon scheint nahezu der einzige zu sein, der die phantastischen Schauergeschichten von
H.P. Lovecraft in gute Filme umsetzen kann. Dabei weicht der erklärte
Lovecraft-Fan zwar stets deutlich von den makabren Vorlagen ab, dennoch hat sich seine
herrlich durchgeknallte "Re-Animator"-Adaption aus dem Jahr 1985 mit
Jeffrey Combs als modernem Frankenstein innerhalb kurzer Zeit zum (verdienten)
Kultfilm gemausert. "From Beyond" (1986) steht dem kaum nach, auch
"Castle Freak" (1995), "Dagon" (2001) und die "Masters
of Horror"-Episode "Dreams in the Witch-House" haben ihre
Stärken. Da ich selbst ein Verehrer der Geschichten H.P. Lovecrafts bin,
verfolge ich Gordons Karriere sehr wohlwollend und freue mich auf jeden neuen
Film. Leider ist "Stuck" bis ins Jahr 2014 hinein sein letzter;
nachdem ein Kickstarter-Projekt Ende 2013 scheiterte, könnte das noch eine
Weile lang so bleiben. Nachvollziehbar ist das nicht wirklich, denn
"Stuck" ist zwar ein eher mittelmäßiger Film, aber als Karrierestopper
qualifiziert er sich nun wirklich nicht.
Dennoch ist es bedauerlich, daß Gordon aus dem Stoff nicht
mehr herausholt, denn die Story von "Stuck" ist erstens
durchaus interessant und beruht zweitens erschreckenderweise sogar auf wahren
Geschehnissen. Gordon und sein Drehbuch-Autor John Strysik (der übrigens mit
dem Regisseur die Vorliebe für Lovecraft zu teilen scheint, denn 1980
inszenierte er den Kurzfilm "The Music of Erich Zann", der auf einer
Kurzgeschichte des Autors beruht) haben sich entschieden, Toms und Brandis
Geschichte zu einem kruden Genremix zu verarbeiten, der Elemente von Thriller,
Horrorfilm (mitsamt handwerklich gut gemachter Splatter-Einlagen) und schwarzer
Komödie vereint.
Letzteres ist wohl tatsächlich die beste Möglichkeit, eine
solch haarsträubende und dennoch im Kern wahre Handlung auf die Leinwand zu
transportieren, denn als ernsthafter Thriller hätte das einfach zu
unglaubwürdig gewirkt. Entsprechend gehören die schwarzhumorigen Szenen fraglos
zu den Stärken von "Stuck", einige brillante, von Gordon wunderbar
trocken präsentierte Sequenzen verleiteten das Kino-Publikum sogar zu verdientem
Streckenapplaus. Doch leider sind diese Highlights zu spärlich verteilt,
dagegen können vor allem die Dialoge in den Szenen, in denen Brandi und Rashid
über ihr weiteres Vorgehen diskutieren, kaum überzeugen. Zu übertrieben und
hysterisch sind sie präsentiert und zugleich inhaltlich nicht klug genug, um
die anhand der Situation absolut mögliche Ausleuchtung des menschlichen Wesens
überzeugend rüberzubringen. Immerhin geht es hier darum, wie eine (angesichts ihres eher zwielichtigen Freundes: mehr oder weniger) ganz normale
Frau – die als Altenpflegerin das Helfen sogar zu
ihrem Beruf gemacht hat – aufgrund eines Fehlers und der panischen Angst
vor den möglichen Konsequenzen zu einem wahren Monster wird. Was hätte man aus dieser Prämisse nicht alles machen können?
Speziell Mena Suvari hätte ein besseres, mutigeres Drehbuch
wirklich verdient gehabt, denn die blonde chronische Nebendarstellerin (etwa in der "American Pie"-Reihe) nutzt
diese seltene Gelegenheit, in einer Hauptrolle ihr Können zu zeigen, engagiert aus.
Auch wenn ihre Hysterie mitunter nervt (aber die steht nunmal im Skript), Suvaris
Energie und Leidenschaftlichkeit in der Darstellung der ziemlich
unvorteilhaften Figur (mit übrigens noch unvorteilhafterer Frisur) der Brandi beeindrucken. Der Ire Stephen Rea gibt mit einer
gewohnt souveränen, leidensfähigen Vorstellung einen guten Gegenspieler wider Willen ab,
wohingegen Russell Hornsby an Suvaris Seite doch etwas blaß bleibt.
Fazit: "Stuck" ist ein nur sehr bedingt massentauglicher, bitterböser Genremix, der seine haarsträubende Thriller-Geschichte mit reichlich schwarzem Humor und Kunstblut anreichert, aber aus dem Potential der Charaktere und des Dilemmas, in dem sie sich befinden, zu wenig herausholt.
Wertung: 6 Punkte.
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