Originaltitel: Hotel Rwanda
Regie: Terry George, Drehbuch: Keir Pearson und Terry
George, Musik: Andrea
Guerra, Rupert Gregson-Williams und Afro Celt Sound System
Darsteller: Don Cheadle, Sophie Okonedo, Nick Nolte, Joaquin
Phoenix, Fana Mokoena, Cara Seymour, Desmond Dube, Hakeem Kae-Kazim,
Antonio Lyons, Tony Kgoroge, David O'Hara, Jean Reno
FSK: 12, Dauer: 122 Minuten.
Ruanda, Frühjahr 1994: Paul Rusesabagina (Don Cheadle,
"Iron Man 3") ist der Manager eines Hotels unter belgischer Führung in der Hauptstadt
Kigali. Eigentlich läuft alles ganz gut für ihn und seine Familie; zwar hetzt
die Volksgruppe der Hutu gegen ihre früheren Unterdrücker, die Tutsi, aber die
UNO hat soeben erfolgreich einen Friedensvertrag zwischen den beiden Parteien
vermittelt. Dann wird ein Flugzeug mit dem ruandischen Staatspräsidenten Habyarimana an Bord
abgeschossen, angeblich von Tutsi-Rebellen. Das nutzen die Hutu – in Form der von ihnen kontrollierten
regulären Armee, vor allem aber mittels völlig unberechenbarer Milizen – zu
einer groß angelegten ethnischen Säuberung. Durch seine guten Kontakte unter anderem zum Kommandeur der ruandischen Armee und zum Befehlshaber der
UN-Friedenstruppen, Colonel Oliver (Nick Nolte, "Parker"), und mit Hilfe von
Bestechungen gelingt es Paul – der selbst Hutu ist, unmittelbar also eigentlich nicht so viel
zu befürchten hätte –, Hunderte von Flüchtlingen, ob Hutu oder Tutsi, in dem Hotel
zu beherbergen und sie vor Übergriffen durch die Hutu-Milizen zu beschützen.
Doch dann versagt die Weltpolitik und zieht die Blauhelm-Truppen aus Ruanda ab.
Paul, seine Frau Tatiana (Sophie Okonedo, "Die Bienenhüterin"),
eine Tutsi, und die Flüchtlinge sind von heute auf morgen auf sich allein
gestellt ...
Kritik:
Ich war schon immer der Ansicht, daß der Völkermord von Ruanda unter den Augen der Weltöffentlichkeit der größte Skandal in der Historie der Vereinten Nationen ist, der Sündenfall der UNO gewissermaßen. Vor allem Briten und Amerikaner ließen die ruandische Bevölkerung damals im Stich – eben jene Briten und Amerikaner, die sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 mit erfundenen "Beweisen" über die UNO hinwegsetzten, um den Irak anzugreifen, weigerten sich ein Jahrzehnt zuvor, Ruanda zu helfen. Dabei ging es nicht "nur" um Tausende oder Zehntausende Opfer wie in so vielen bewaffneten Konflikten, bei denen niemand eingreift, sondern um Hunderttausende, vielleicht sogar über eine Million Hutu und Tutsi, die in Ruanda innerhalb weniger Monate grausam abgeschlachtet wurden. Wie die Welt damals einfach wegsehen konnte, werde ich nie begreifen. Doch nicht nur Amerikaner und Briten tragen Mitschuld an den vielen Toten, auch Franzosen und Belgier, die lediglich ihre Landsleute evakuierten, die friedlichen Einwohner Ruandas jedoch im Stich ließen. Man hört das ja immer wieder: Europäer werden aus krisengeschüttelten Regionen evakuiert, meist im Nahen Osten oder in einem afrikanischen Staat. Doch was das genau bedeutet, davon erfährt man in den Nachrichten in der Regel nichts. Der nordirische Regisseur Terry George, Schöpfer der TV-Serie "The District", beleuchtet genau diesen Aspekt ausführlich in "Hotel Ruanda", einem der eindrucksvollsten, deprimierendsten und besten Filme, die ich je gesehen habe.
Ich war schon immer der Ansicht, daß der Völkermord von Ruanda unter den Augen der Weltöffentlichkeit der größte Skandal in der Historie der Vereinten Nationen ist, der Sündenfall der UNO gewissermaßen. Vor allem Briten und Amerikaner ließen die ruandische Bevölkerung damals im Stich – eben jene Briten und Amerikaner, die sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 mit erfundenen "Beweisen" über die UNO hinwegsetzten, um den Irak anzugreifen, weigerten sich ein Jahrzehnt zuvor, Ruanda zu helfen. Dabei ging es nicht "nur" um Tausende oder Zehntausende Opfer wie in so vielen bewaffneten Konflikten, bei denen niemand eingreift, sondern um Hunderttausende, vielleicht sogar über eine Million Hutu und Tutsi, die in Ruanda innerhalb weniger Monate grausam abgeschlachtet wurden. Wie die Welt damals einfach wegsehen konnte, werde ich nie begreifen. Doch nicht nur Amerikaner und Briten tragen Mitschuld an den vielen Toten, auch Franzosen und Belgier, die lediglich ihre Landsleute evakuierten, die friedlichen Einwohner Ruandas jedoch im Stich ließen. Man hört das ja immer wieder: Europäer werden aus krisengeschüttelten Regionen evakuiert, meist im Nahen Osten oder in einem afrikanischen Staat. Doch was das genau bedeutet, davon erfährt man in den Nachrichten in der Regel nichts. Der nordirische Regisseur Terry George, Schöpfer der TV-Serie "The District", beleuchtet genau diesen Aspekt ausführlich in "Hotel Ruanda", einem der eindrucksvollsten, deprimierendsten und besten Filme, die ich je gesehen habe.
Im Zentrum steht jedoch die wahre (für den Film aber natürlich fiktionalisierte) Geschichte des Paul
Rusesabagina, aus dessen sowohl afrikanisch als auch durch seine langjährige
Führungs-Tätigkeit in einem europäisch geführten Hotel westlich geprägter
Perspektive wir die Grauen dieses Völkermordes miterleben. Don Cheadle, der für
die Rolle eine hochverdiente OSCAR-Nominierung erhielt und als Schauspieler
seinen internationalen Durchbruch schaffte, verkörpert Paul mit einer unglaublichen
Intensität und Authentizität. Er interpretiert ihn nicht ansatzweise als
klischeehaften Held wider Willen, sondern als ganz normalen, aufrechten
Menschen, der buchstäblich (berechtigte) Todesangst vor den blutdürstigen
Milizen hat, aber doch nicht anders kann als wenigstens zu versuchen,
denjenigen zu helfen, deren Leben noch stärker bedroht ist als seines. Nicht,
weil er ein Held sein will; sondern, weil er es kann. Weil er mit dem von den
Touristen längst verlassenen Hotel die Möglichkeit hat, viele
Unschuldige vor dem gewaltsamen Tod zu bewahren – zumindest, solange das
Hotel von den Blauhelmen beschützt wird.
Deshalb zählt es auch zu den bewegendsten und
aufrüttelndsten Szenen von "Hotel Ruanda", als die Europäer alle
verbliebenen Weißen (überwiegend Mitglieder von Hilfsorganisationen und Journalisten) aus dem Hotel evakuieren und gleichzeitig die verzweifelten
Einheimischen dem sicher scheinenden Tod überlassen. Joaquin Phoenix
("Walk the Line") als westlicher Journalist Jack spielt hier
sozusagen das Gewissen der Welt. Als die Europäer im strömenden Regen die wenigen
Meter vom Hotel zu den wartenden Bussen zurücklegen, halten ihnen die
ruandischen Hotelangestellten sogar noch pflichtbewußt die Regenschirme über
den Kopf, damit sie nicht naß werden. Jack sagt zu ihnen, daß sie das lassen
sollen, er ist den Tränen nahe und seine letzten Worte, ehe er das Hotel und
damit auch den Film verläßt, sind: "Ich schäme mich so." Manch einer mag
diese sicher nicht gerade subtil eingesetzte Figur des Jack als etwas zu
populistisch empfinden, aber wenn die Weltöffentlichkeit und die
Politik schon so konsequent die Augen vor einer der größten humanitären Katastrophen
der letzten Jahrzehnte verschlossen haben, dann muß man halt auch mal mit dem
metaphorischen Holzhammer verdeutlichen, was hier geschehen ist. Auch wenn es,
wie sich seitdem immer wieder gezeigt hat, wenig Hoffnung auf Besserung gibt.
Terry George macht es sich aber natürlich nicht so einfach, die Blauhelme als Bösewichte oder Feiglinge darzustellen. Auch sie sind in "Hotel Ruanda" letztlich Opfer, auch wenn das Wort angesichts hunderttausender Toter auf ruandischer Seite irgendwie falsch klingt. Doch sie sind hilflose Opfer der internationalen Diplomatie. Wie es Nick Nolte als desillusionierter Colonel Oliver an einer Stelle zynisch formuliert: "Wir sind hier, um den Frieden zu bewahren und nicht, um Frieden zu schaffen!" Die Blauhelme dürfen sich gemäß ihrem Auftrag nur verteidigen, ansonsten aber keine Waffen einsetzen. Deshalb müssen sie tatenlos zusehen, wie Tausende und Abertausende unschuldiger Menschen gnadenlos exekutiert werden, selbst viele Kinder. Immerhin muß man der UNO zugestehen, daß sie in der Realität nach diversem politischen Hickhack letztlich doch noch einige Tausend Menschen retten konnte.
Terry George macht es sich aber natürlich nicht so einfach, die Blauhelme als Bösewichte oder Feiglinge darzustellen. Auch sie sind in "Hotel Ruanda" letztlich Opfer, auch wenn das Wort angesichts hunderttausender Toter auf ruandischer Seite irgendwie falsch klingt. Doch sie sind hilflose Opfer der internationalen Diplomatie. Wie es Nick Nolte als desillusionierter Colonel Oliver an einer Stelle zynisch formuliert: "Wir sind hier, um den Frieden zu bewahren und nicht, um Frieden zu schaffen!" Die Blauhelme dürfen sich gemäß ihrem Auftrag nur verteidigen, ansonsten aber keine Waffen einsetzen. Deshalb müssen sie tatenlos zusehen, wie Tausende und Abertausende unschuldiger Menschen gnadenlos exekutiert werden, selbst viele Kinder. Immerhin muß man der UNO zugestehen, daß sie in der Realität nach diversem politischen Hickhack letztlich doch noch einige Tausend Menschen retten konnte.
Bei der Vermittlung der Gewalttaten findet Terry George
genau den richtigen Weg: Er scheut nicht davor zurück, das Publikum mit dem
ganzen Ausmaß der Greueltaten zu konfrontieren, tut dies aber vor allem verbal
und mit Andeutungen, bei denen meist keine blutigen Details zu sehen sind. Das
ist auch überhaupt nicht nötig, denn das, was man zu sehen bekommt (auch
wenn es "nur" in der eigenen Phantasie vollendet wird), ist wahrlich
schlimm genug, auch die berüchtigten Radio-Propagandasendungen, die gezielt die Gewalttaten anstachelten, sprechen für sich. Und wenn Paul sich bei einer nächtlichen Fahrt mit einem Jeep zunächst
wundert, warum die Straße plötzlich so uneben ist, nur um dann, als die Dämmerung
hereinbricht, festzustellen, daß er minutenlang über unzählige Leichen, die die
Straße lückenlos bedecken, gefahren ist, dann ist das sowieso eine viel
nachdrücklichere Szene als es die Darstellung der Tötung ebenjener Menschen je
hätte sein können. Das namenlose Entsetzen, das Paul ob seiner Erkenntnis
empfindet, kann man als Zuschauer jedenfalls nur zu gut nachvollziehen.
Nick Noltes furiose Darstellung des frustrierten und
machtlosen Colonels ist übrigens seine beste Leistung seit Ewigkeiten und hätte
durchaus ebenfalls eine OSCAR-Nominierung verdient gehabt, die neben Don
Cheadle auch seine Leinwand-Ehefrau Sophie Okonedo erhielt (eine dritte gab es für das Drehbuch). Die weiteren
Schauspieler spielen gleichfalls so intensiv, wie es das Thema gebietet: Jean
Reno ("22 Bullets") etwa hat eine kleine, aber wichtige Nebenrolle als Präsident des
belgischen Unternehmens, dem das Hotel gehört, von den eher unbekannten
Darstellern überzeugen vor allem Cara Seymour ("An Education") als
Mitarbeiterin des Roten Kreuzes, Desmond Dube (TV-Serie "Eine Detektivin
für Botswana") als Dube (Pauls Vertrauter im Hotel), Fana Mokoena ("World War Z") als Hutu-General Bizimungu und Tony Kgoroge ("Invictus") als
zwielichtiger Hotelangestellter Gregoire.
Fazit: "Hotel Ruanda" ist ein aufrüttelnder und hochdramatischer Film, der aus der persönlichen Perspektive eines aufrechten Mannes einfühlsam die Grauen eines unvorstellbaren Genozids zeigt und zugleich das Versagen der internationalen Gemeinschaft zornig aufarbeitet. Ein Film, der einen an der Menschheit verzweifeln läßt, der aber auch zeigt, zu welch todesmutigen und selbstlosen Taten einzelne Menschen fähig sein können, wenn es darauf ankommt.
Fazit: "Hotel Ruanda" ist ein aufrüttelnder und hochdramatischer Film, der aus der persönlichen Perspektive eines aufrechten Mannes einfühlsam die Grauen eines unvorstellbaren Genozids zeigt und zugleich das Versagen der internationalen Gemeinschaft zornig aufarbeitet. Ein Film, der einen an der Menschheit verzweifeln läßt, der aber auch zeigt, zu welch todesmutigen und selbstlosen Taten einzelne Menschen fähig sein können, wenn es darauf ankommt.
Wertung: 10 Punkte.
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