Das Jahr 2020 hat bereits in den ersten Monaten vielen berühmten Personen aus der Welt des Films das Leben gekostet, doch wenigstens hatten die meisten von ihnen ein ziemlich (Stuart Gordon, 72) bis sehr hohes Alter (Olivia de Havilland, 104; Kirk Douglas, 103) erreicht. Nun hat es mit Chadwick Boseman allerdings einen Mann getroffen, der mit 43 Jahren gerade in der sprichwörtlichen Blüte seines Lebens stand - respektive hätte stehen sollen -, was den Verlust noch ein Stück härter wirken läßt.
Chadwick Boseman wurde als Schauspieler vergleichsweise spät berühmt, was auch daran liegen dürfte, daß er zunächst eine Karriere als Regisseur und Drehbuch-Autor angestrebt hat. Zeugnis davon geben zwei Kurzfilme aus den Jahren 2008 ("Blood Over a Broken Pawk") und 2012 ("Heaven"), die aber kaum Aufmerksamkeit hervorriefen. In dieser Zeit versuchte sich der in South Carolina geborene Boseman bereits als Schauspieler und ergatterte vor allem im TV-Bereich einige Rollen, u.a. in den kurzlebigen Serien "Lincoln Heights" und "Persons Unknown" sowie als Gastdarsteller in erfolgreichen Serien wie "emergency room", "Cold Case", "Lie to Me", "Castle", "Justified" oder "Fringe". Seinen Durchbruch in den USA schaffte Boseman 2013 im Alter von 36 Jahren, als er in Brian Helgelands Sportler-Biopic "42" die Hauptrolle des ersten afroamerikanischen Baseball-Profis Jackie Robinson ergatterte, der in den Vereinigten Staaten bis heute eine Legende ist. Boseman erhielt für seine Leistung viel Kritikerlob und zahlreiche Filmpreis-Nominierungen, auch wenn sich die Hoffnungen auf eine OSCAR-Nominierung nicht erfüllten. Doch da "42" in den USA ein großer kommerzieller Erfolg war (im Rest der Welt fand er dagegen aufgrund der sehr US-amerikanischen Baseball-Thematik kaum Zuschauer, sofern er überhaupt ins Kino kam), war der Weg für Bosemans Schauspiel-Karriere endgültig geebnet.
Es folgten mit Ivan Reitmans Football-Drama "Draft Day" (2014), dem hinter den Erwartungen zurückgebliebenen James Brown-Biopic "Get On Up" (2014; in dem Boseman die Soullegende spielte) und Alex Proyas' geflopptem Fantasyfilm "Gods of Egypt" (2016) namhafte Filme - und dann kam er auch schon zur Rolle seines Lebens. Für den dritten "Captain America"-Film mit dem Untertitel "Civil War" wurde Chadwick Boseman als afrikanischer Superheld T'Challa alias Black Panther aus dem fiktiven Land Wakanda besetzt. Bei den Fans des Marvel Cinematic Universe kam sein charismatischer Auftritt hervorragend an, weshalb er zwei Jahre später mit "Black Panther" seinen eigenen Solofilm erhielt - der sich als Mega-Erfolg mit einem globalen Einspielergebnis von weit über einer Milliarde US-Dollar erwies. So beeindruckend die Box Office-Zahlen von "Black Panther" sind, erfassen diese nur ansatzweise die gesellschaftliche Bedeutung, die dieser schwarze Superheld für Millionen dunkelhäutiger Kinder und Jugendlicher speziell in den USA, aber auch im Rest der Welt hatte. Obwohl Black Panther nicht der erste schwarze Superheld im Kino war (man denke etwa an Wesley Snipes' Auftritte als Vampirjäger Blade, auch im MCU gab es mit Don Cheadles War Machine oder Anthony Mackies Falcon bereits afroamerikanische Nebenfiguren), war er doch der erste, der in einem familientauglichen Hollywood-Blockbuster als unumstrittener Hauptdarsteller ein riesiges Publikum erreichte und damit unzähligen Kindern und Jugendlichen endlich eine nicht-weiße Identifikationsfigur aus dem Superhelden-Genre bot. Natürlich spielte Boseman die Rolle auch in dem monumentalen Zweiteiler "Avengers: Infinity War" und "Avengers: Endgame". Was zu diesem Zeitpunkt fast niemand außerhalb seiner Familie wußte: Bereits 2016 erfuhr Chadwick Boseman, daß er an Darmkrebs litt - die körperlich anspruchsvollen Dreharbeiten zu seinen Black Panther-Auftritten (nach "Captain America 3") absolvierte er also bemerkenswerterweise zwischen auszehrenden Chemotherapien und Operationen!
Von der tödlichen Krankheit ließ sich Chadwick Boseman aber nicht stoppen. Neben den Black Panther-Auftritten spielte er in den Action-Thrillern "Message from the King" (2016) und "21 Bridges" (2019) Hauptrollen und spielte in Reginald Hudlins Biopic "Marshall" den berühmten afroamerikanischen Bürgerrechts-Anwalt und späteren Richter Thurgood Marshall. Für seine Nebenrolle als nur in Rückblenden auftauchender Vietnamkriegs-Soldat "Stormin' Norman" in Spike Lees gefeiertem Veteranen-Drama "Da 5 Bloods" (2020) hat Boseman sogar noch eine kleine Chance auf eine posthume OSCAR-Nominierung und sein wohl letzter Film wird George C. Wolfes bereits abgedrehtes Musikdrama "Ma Rainey's Black Bottom" sein, in dem er auf Grundlage eines preisgekrönten Theaterstücks von August Wilson ("Fences") den ehrgeizigen Blues-Trompeter Levee verkörpert, der im Chicago der 1920er Jahre auf den großen Erfolg hofft.
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