Regie: David Wain, Drehbuch: Michael Showalter, David
Wain, Musik: Theodore Shapiro und Craig Wedren
Darsteller: Janeane Garofalo, David Hyde Pierce, Michael
Showalter, Marguerite Moreau, Paul Rudd, Christopher Meloni, Molly Shannon,
Bradley Cooper, Elizabeth Banks, Zak Orth, Ken Marino, Joe Lo Truglio, Michael
Ian Black, Amy Poehler, Kevin Sussman, Marisa Ryan, Judah Friedlander, A. D.
Miles, Gideon Jacobs, H. Jon Benjamin (Stimme), Kyle Gallner, David Wain
Rotten Tomatoes: 38% (5,0); weltweites Einspielergebnis: $0,3
Mio.
FSK: 16, Dauer: 97 Minuten.
Ferienlager Camp Firewood, 1981: Es ist der letzte
Tag des Sommer-Camps und während sich die Kinder auf die große
abschließende Talent-Show am Abend vorbereiten oder anderweitig letzte
Abenteuer bestehen, sorgen bei den Betreuern – neben wenigen Ewachsenen vor
allem ältere Jugendliche – die Hormone für diverse amouröse Verwicklungen. So
will der schüchterne Coop (Michael Showalter, "The Baxter") endlich
die reizende Katie (Marguerite Moreau, TV-Serie "Shameless") für sich
gewinnen, die dummerweise mit dem arschigen Schönling Andy (Paul Rudd,
"Ant-Man") zusammen ist. Das Großmaul Victor (Ken Marino, TV-Serie
"Veronica Mars") sieht derweil dank der wenig zimperlichen Abby
(Marisa Ryan, "Der letzte Gentleman") endlich die Chance gekommen,
seine Jungfräulichkeit zu verlieren, wird aber von Camp-Leiterin Beth (Janeane
Garofalo, "Lügen haben lange Beine") zu einem Tagesausflug mit
einigen Kids verdammt, die noch eine Schlauchboot-Fahrt auf einem
Fluß in einiger Entfernung durchführen wollen. Beth hat sich derweil in
den neben dem Camp wohnenden schrulligen Astrophysiker Henry (David Hyde Pierce,
TV-Serie "Frasier") verguckt und der von seinem Vietnam-Einsatz
traumatisierte Koch Gene (Christopher Meloni, "Sin City 2)
unterhält sich angeregt mit seinem besten Freund, einer sprechenden
Konservendose …
Kritik:
Natürlich gibt es auch außerhalb Amerikas Ferienlager, doch die gesellschaftliche Bedeutung der amerikanischen Sommer-Camps erreichen sie
bei weitem nicht – zumindest ergibt sich der Eindruck angesichts
der Tatsache, daß die Thematik einzig in den USA ein besonders in den 1980er
Jahren bedientes eigenes kleines Filmgenre hervorgebracht hat. Vor allem in
Komödien wie Ivan Reitmans Genre-Urvater "Babyspeck und
Fleischkößchen" (aka "Meatballs") mit Bill Murray aus dem Jahr
1979, Ron Maxwells "Kleine Biester" (1980) oder dem TV-Film "Das
total ausgeflippte Sommercamp" (1985) mit Michael J. Fox spielten die
Ferienlager mit Abenteuern in der Wildnis und unbeholfenen Teenager-Romanzen oft eine
Hauptrolle (oder eine prägende Nebenrolle wie in "American Pie"
…), aber auch gelegentlich in Horrorfilmen wie "Freitag der 13." –
und der beste Ferienlager-Film aller Zeiten ist sowieso Wes Andersons unvergleichlicher
"Moonrise Kingdom"! Mit anderen Worten: Es gibt genügend
amerikanische Sommer-Camp-Filme, um eine Parodie zu rechtfertigen. Das dachten
sich um die Jahrtausendwende herum auch die Komiker Michael Showalter und David
Wain ("Wanderlust"), die – sicherlich inspiriert durch den großen
Erfolg der im Jahr 2000 veröffentlichten Horrorfilm-Parodie "Scary
Movie" – "Wet Hot American Summer" als Autoren,
Regisseur (Wain) und Hauptdarsteller (Showalter) verantworteten. Die Kritiker
waren von dem manchmal gewitzten, manchmal arg platten Werk wenig angetan und
in den USA floppte es, im Rest der Welt kam es größtenteils nicht einmal in die
Kinos. Und doch entwickelte sich in Amerika im Laufe der Jahre eine immer
größere Anhängerschaft von "Wet Hot American Summer" – vermutlich
auch dadurch bedingt, daß eine erstaunlich große Anzahl der Darsteller nach und
nach eine große Bekanntheit erlangte, einige sogar zu echten Weltstars
wurden.
Zu Beginn ist es gar nicht so einfach, "Wet Hot
American Summer" als Parodie zu erkennen; klar, die Figuren sind
überzeichnet (und die älteren Jugendlichen werden von so
offensichtlich deutlich zu alten Schauspielern verkörpert, daß es eigentlich
nur Absicht sein kann), aber es könnte sich auch einfach um eine sehr alberne
Komödie handeln. Daß der Humor dabei, sagen wir mal, nicht unbedingt hochgradig
intellektuell daherkommt und zwischen gelegentlichen Slapstick-Einlagen und
dummen Macho-Sprüchen schwankt, dürfte bereits etliche Zuschauer abschrecken – wenngleich
immerhin auf Fäkalhumor weitgehend verzichtet wird und die meist
harmlosen Gags vergleichsweise selten unter die Gürtellinie gehen. Erst, wenn
die zahlreichen Charaktere alle vorgestellt wurden, nehmen ab dem zweiten
Drittel die parodistischen Elemente deutlich zu. Bestes Beispiel dafür ist
der sich (neben Paul Rudds selbstverliebtem Andy) als Scenestealer erweisende hartgesottene Koch und Kriegs-Veteran Gene, dessen
offensichtliche posttraumatische Belastungsstörung sich nicht nur in einer sprechenden Konservendose als imaginärem Freund manifestiert, sondern auch in eigenwilligen sexuellen Vorlieben. Christopher
Meloni, sonst lange eher für seriöse Rollen wie seinen Detective Stabler in der
langlebigen TV-Serie "Law & Order: Special Victims Unit" bekannt,
zeigte in dieser Rolle bereits früh auf, daß er auch so richtig durchgeknallte
Typen wunderbar schräg interpretieren kann (wer mehr davon sehen will, dem kann
ich die leider nur zwei Staffeln umfassende Serie "Happy!"
empfehlen, in der er als Ex-Cop von einem imaginären blauen Plüsch-Einhorn tatkräftig im Kampf
gegen das Böse unterstützt wird …).
Auch ansonsten nimmt "Wet Hot American Summer" ab dem
Mittelteil zunehmend treffsicher Klischees (nicht nur) des
Sommer-Camp-Filmgenres auf die Schippe, wie beispielsweise der sehr unerwartete
Verlauf eines traditionellen Baseball-Spiels gegen die Kinder eines anderen
Ferienlagers beweist. Auch präpubertäre Kids, die der noch unter ihrer Scheidung leidenden Gail (Molly Shannon, "Ricky Bobby") mit großer Ernsthaftigkeit bei ihren Beziehungsproblemen helfen oder
hormongetriebene jugendliche Betreuer, die sich selbst durch ertrinkende Kinder nicht vom leidenschaftlichen Knutschen abhalten lassen, sind nicht alltäglich. Irgendwann spielt auch noch ein das ganze Camp bedrohendes
abstürzendes Teil einer NASA-Raumstation eine Rolle und die Auflösung der
zentralen, wechselhaften Liebesgeschichte zwischen Coop und Katie ist so
wunderbar fies, daß man eigentlich nur applaudieren kann (zumindest wenn man,
wie ich, einen gewissen Hang zum Zynismus aufweist …). Das klingt jetzt alles sehr positiv, aber ich will nicht verschweigen, daß der im Verlauf der
eineinhalb Stunden deutlich steigenden Qualität zum Trotz die Trefferquote der Gags
bis zum Schluß recht durchwachsen bleibt und sich durchaus einige echte Rohrkrepierer
darunter befinden. Doch die guten Einfälle und das spielfreudige, im Rückblick außergewöhnlich stargespickte Ensemble – dem in kleineren Parts
auch OSCAR-Nominee Bradley Cooper ("A Star Is Born"), Elizabeth Banks
("Mädelsabend") und der spätere "The Big Bang Theory"-Star
Kevin Sussman angehören – sorgt dafür, daß die positiven Aspekte dieser Parodie
die negativen überwiegen. Die Starbesetzung dürfte übrigens auch Hauptgrund dafür gewesen sein, daß Netflix im Jahr 2015 die achtteilige
Prequel-Miniserie "Wet Hot American Summer: First Day of Camp"
produzierte, die – nomen est omen – am ersten Tag des Ferienlagers spielt und für die fast alle der
inzwischen erheblich prominenteren (und älteren …) Original-Darsteller
zurückkehrten. Das gilt ebenso für die zwei Jahre später folgende Fortsetzung
"Wet Hot American Summer: Ten Years Later", wenngleich dort Cooper
fehlte.
Fazit: "Wet Hot American Summer" ist eine
erkennbar liebevoll gemachte Parodie eines sehr US-spezifischen Mini-Genres,
die zäh beginnt und mit betont albernem Humor mit Sicherheit nicht
jedermanns Geschmack trifft, aber dank einiger richtig guter Einfälle und einer
namhaften Besetzung durchaus Spaß macht.
Wertung: 6,5 Punkte.
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