Regie: Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett, Drehbuch:
Guy Busick und R. Christopher Murphy, Musik: Brian Tyler
Darsteller: Samara Weaving, Mark O'Brien, Adam Brody, Henry
Czerny, Andie MacDowell, Nicky Guadagni, John Ralston, Melanie Scrofano, Kristian
Bruun, Elyse Levesque, Nat Faxon (Stimme)
FSK: 16, Dauer: 96 Minuten.
Als Grace (Samara Weaving, "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri") und Alex (Mark O'Brien, "Arrival") auf dem noblen Familienanwesen von Alex' stinkreichen Eltern Tony (Henry Czerny,"Fido") und Becky Le Domas (Andie MacDowell, "Vier Hochzeiten
und ein Todesfall") heiraten, soll das der schönste Tag ihres Lebens
werden. Und obwohl Alex seine Braut vor seiner Familie – mit der er in den
letzten Jahren bewußt wenig Kontakt hatte – gewarnt hat und einige Mitglieder
wie die finster dreinblickende Tante Helene (Nicky Guadagni, "Silent Hill") in der Tat recht merkwürdig wirken, läuft die Hochzeit harmonisch ab. Von der Hochzeitsnacht kann man das nicht behaupten, denn als
Grace sich mit Alex in ihr Zimmer zurückziehen will, enthüllt dieser ihr, daß
sie sich zuerst einer alten Tradition der durch Brettspiele zu Vermögen
gekommenen Familie unterziehen müsse: Um neue Familienmitglieder einzuführen,
müssen diese um Punkt Mitternacht eine Karte ziehen und an jenem Spiel
teilnehmen, dessen Name dort steht. Klingt harmlos genug; was Alex seiner Braut aber verschweigt: Wenn sie die Karte "Verstecken" zieht, beginnt
eine gnadenlose Jagd auf Grace, an deren Ende sie rituell geopfert werden soll.
Natürlich zieht Grace genau diese Karte, doch als sie begreift, was
geschieht, weigert sie sich, einfach nur ein wehrloses Opfer zu sein …
Kritik:
Jedes Jahr kommt, sobald es auf Halloween zugeht, eine ganze
Reihe von Horrorfilmen und Horrorkomödien in die Kinos – zusätzlich gibt es
noch mehr direkte Heimkinoveröffentlichungen von meist zweifelhafter
Qualität – und viele davon erzielen kommerziell ordentliche Ergebnisse, zumal
sich die Produktionskosten solcher Genrefilme meist in Grenzen halten.
Längerfristig in (guter) Erinnerung bleiben allerdings nur wenige dieser Werke
und die meisten davon werden dann zu langlaufenden Reihen (z.B.
"Halloween", "Freitag, der 13.", "Nightmare on Elm
Street", "Saw", "Final Destination", "Conjuring" oder
"Insidious"). Ob der kanadisch-US-amerikanische "Ready or Not", nach dem eher
mißglückten "Devil's Due" der zweite Langfilm des Regieduos Matt
Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett (die aber durch ihre Beiträge zu den Horror-Anthologien
"V/H/S" und "Southbound" sehr genreerfahren sind), eine
Fortsetzung erhalten wird, ist aktuell noch nicht bekannt. Angesichts eines globalen Einspielergebnisses, welches das bescheidene Budget von $6 Mio. um
ein Vielfaches übertrifft, darf man aber davon ausgehen, daß es nicht lange bis
zur Verkündung eines Sequels dauern wird. Und das wäre absolut verdient, denn
"Ready or Not" ist auch ohne nennenswerte Innovationen ein sehr
spaßiger Party-Horrorfilm mit guter Besetzung.
Selbstredend ist die Prämisse mit der Brettspiel-Dynastie
und ihrer ganz besonderen Art der Familieneinführung reichlich ballaballa, aber das
ist offensichtlich allen Beteiligten völlig klar, weshalb sich der Film gar
nicht erst um einen Anschein von Seriosität bemüht, sondern die Absurdheit der
Geschichte stolz zelebriert. So ist die Klischeehaftigkeit der Familienmitglieder
unübersehbar, die das komplette Spektrum von "wir glauben nicht an den
Mist und wollen auch gar nicht mitmachen" bis "Juhu, endlich wieder
was zum Abschlachten!" abdecken. Letztere Fraktion wird vorrangig von der
von Nicky Guadagni mit lustvollem Overacting verkörperten Tante Helene und
Alex' leicht dümmlicher, aber bewundernswert enthusiastischer Schwester Emilie (Melanie Scrofano, TV-Serie "Wynonna Earp") vertreten, während
Alex' zu Zynismus neigender großer Bruder Daniel (Adam Brody, "Mr. & Mrs. Smith") am liebsten
woanders wäre. Der Rest sortiert sich irgendwo dazwischen ein, wobei Emilies
Ehemann Fitch (Kristian Bruun, TV-Serie "Orphan Black") sich beeindruckend pragmatisch zeigt und erstmal
auf seinem Smartphone ein Youtube-Video anschaut, das die Handhabung einer
Armbrust erklärt. Obwohl es relativ wenige große Lacher gibt, wird "Ready
or Not" durch die immer wieder betonte Absurdität der ganzen Situation von
Humor durchzogen, der zum Glück nur selten plump ausfällt und das zunehmend blutige
Geschehen effektiv kontrastiert. Serienfans bekommen übrigens sogar einen
kleinen Mehrwert, denn die Figuren von Adam Brody und Henry Czerny sind ihren
bekanntesten TV-Rollen (Seth Cohen in "O.C., California" respektive Conrad
Grayson in "Revenge") prinzipiell gar nicht so unähnlich, wenn auch
natürlich ins Groteske übersteigert; wobei, daß Conrad Grayson zum Machterhalt
in satanistischen Ritualen Zuflucht sucht, erscheint vielleicht gar nicht mal so
weit hergeholt ... und Andie MacDowell, der das ungewohnte Genre sichtlich Freude
bereitet, hätte auch locker statt Madeleine Stowe als Conrads Gattin Victoria
besetzt werden können.
Im Zentrum von "Ready or Not" steht aber natürlich
das auserkorene Opfer Grace, das so gar nicht einsieht, warum sie sich kampflos
ergeben sollte – nicht nur das weckt Erinnerungen an Adam Wingards modernen House
Invasion-Klassiker "You're Next", und das australische Ex-Model
Samara Weaving verkörpert die wehrhafte Braut in ihrem – ja, diese Symbolik ist
etwas sehr plakativ – immer blutbefleckteren weißen Hochzeitskleid sehr
überzeugend. Man nimmt ihr das anfängliche Unverständnis, das schnell in nackte
Panik umschlägt, ebenso ab wie dann das langsame Umschwenken auf grimmigen
Trotz und die Entschlossenheit, diese Nacht um jeden Preis lebendig zu überstehen. Beide
Seiten gehen dank der gut gefüllten Waffenkammer der Le Domas' zunehmend
rabiat zur Sache, wobei Grace vor allem mit dem loyalen Butler Stevens (John
Ralston, TV-Serie "Bitten") einige intensive Auseinandersetzungen überstehen muß. Auch die musikalische Untermalung durch die rasanten Melodien von Brian Tyler ("Iron Man 3"), gemischt mit einigen dramatischen klassischen Einsprengseln von Wagner und van Beethoven sowie dem ziemlich gruseligen "Hide and Seek Song", trägt ihren Teil zum Gelingen des Films bei. Obwohl die
Story sehr vorhersehbar erscheint, gibt es doch einige Wendungen, wenngleich
manche davon kaum überraschen können und auch nicht jede völlig glaubwürdig
rüberkommt. Das ist aber halb so wild, denn das Tempo des auf angenehme gut 90 Minuten Laufzeit begrenzten Films ist ebenso wie der
Unterhaltungsgrad hoch genug, daß man kaum dazu kommt, über solche
Nebensächlichkeiten nachzudenken – wobei langes Nachdenken in diesem Genre
sowieso nicht unbedingt das Beste ist, was man tun kann. Im Vordergrund steht
schließlich der Spaß und davon gibt es bei "Ready or Not" reichlich,
zumal das schön fiese Finish nicht enttäuscht.
Fazit: "Ready or Not" ist eine recht
blutige Horrorkomödie, die ihre eigentlich alberne Prämisse lustvoll ausspielt und
nicht zuletzt dank einer gut aufgelegten Besetzung auch ohne größere Neuerungen für
gute Laune sorgt.
Wertung: 7,5 Punkte.
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