Regie: Chad Stahelski, Drehbuch: Derek Kolstad, Musik: Tyler
Bates und Joel J. Richard
Darsteller:
Keanu Reeves, Riccardo Scamarcio, Ian McShane, Common, Ruby Rose, Laurence
Fishburne, Lance Reddick, John Leguizamo, Claudia Gerini, Tobias Segal, Thomas
Sadoski, Bridget Moynahan, Peter Serafinowicz, Peter Stormare, Franco Nero
FSK: 18, Dauer: 123 Minuten.
Nachdem der frühere Auftragskiller John Wick (Keanu Reeves, "47 Ronin") den russischen Gangsterboß Tarasov und seine Schergen in einem
beispiellosen Rachefeldzug beseitigt hat, will er sich eigentlich wieder und endgültig in das Privatleben zurückziehen. Seine
kurzzeitige Rückkehr in die Welt des organisierten Verbrechens blieb allerdings nicht
unbemerkt, und so taucht nur wenige Tage später der Mafioso Santino D'Antonio
(Riccardo Scamarcio, "To Rome with Love") bei ihm auf und fordert
eine alte Schuld ein. John weigert sich zunächst, doch die Regeln der Unterwelt
sind klar: Er muß Santinos früheren Gefallen erwidern oder er wird zum
Geächteten. So willigt John schließlich widerwillig ein. Der Auftrag
hat es in sich: John soll in Rom Santinos Schwester Gianna (Claudia
Gerini, "Die Passion Christi") ermorden, die seinen Machtbestrebungen im
Wege steht. Da John und Gianna aber eine gemeinsame Vergangenheit haben, will er sie
eigentlich nicht töten, doch letztlich muß er sich entscheiden: Soll er
Santino trotzen und ein hohes Kopfgeld auf sich in Kauf nehmen, das alle
Auftragskiller von Rang auf ihn hetzen wird? Oder soll er den Auftrag erfüllen
und Gianna töten, was ihm mit Sicherheit den Rachedurst ihres Leibwächters
Cassian (Common, "The Tale") – ein weiterer alter Bekannter von John –
einbringen wird?
Kritik:
"Bigger, Better, Faster, More!" – so heißt nicht
nur das offensichtlich vom olympischen Motto "citius, altius,
fortius" ("schneller, höher, stärker") inspirierte einzige
Studioalbum der 1990er Jahre-Band 4 Non Blondes (deren Sängerin Linda Perry in
den 2000ern eine der erfolgreichsten Songwriterinnen der Branche wurde), so
könnte man auch "John Wick: Kapitel 2" beschreiben. Denn nach dem
nach einem soliden Kinolauf so richtig erst im Heimkinogeschäft verwirklichten
großen Erfolg des geradlinigen Rache-Actionthrillers "John Wick" ist deutlich erkennbar, daß die Filmemacher bei der Fortsetzung
größere Ambitionen hatten. Das zeigt sich bereits beim verdoppelten Budget (wobei
$40 Mio. für eine Hollywood-Produktion sich immer noch relativ bescheiden ausnehmen),
das dem nun alleinigen Regisseur Chad Stahelski (sein Regiepartner bei Teil 1, David Leitch, ging mit "Atomic Blonde" und "Deadpool 2" eigene Wege) wiederum noch spektakulärere, aufwendigere und
umfangreichere Actionsequenzen ermöglichte. Doch vor allem wird anhand eines
weit komplexeren und ambitionierten Drehbuchs (wiederum von Derek Kolstad)
deutlich, wie viel sich das Team vorgenommen hat. Nicht alles geht hundertprozentig auf, aber insgesamt tut der gestiegene inhaltliche
Anspruch diesem zweiten Kapitel sehr gut und sorgt dafür, daß es den direkten
Vorgänger qualitativ knapp übertrumpft.
Die Story des ersten "John Wick" war bekanntlich sehr geradlinig und ohne große Schlenker konstruiert, sie legte allerdings
mit ein paar spannenden Hintergrundinformationen die Basis für die deutlich
weiter verzweigte Handlung der Fortsetzung. War in "John Wick" das
von Winston (Ian McShane, "Pirates of the Caribbean 4") geführte "Continental Hotel", in dem
Auftragskiller aus der ganzen Welt unter Einhaltung strenger Regeln
Unterschlupf finden, kaum mehr als ein Gimmick ohne größere inhaltliche
Bedeutung, spielt es in "Kapitel 2" eine ziemlich zentrale
Rolle. Da es sich nicht allein um ein singuläres Hotel in New York handelt, sondern um
eine weltumspannende Kette, steigt John in Rom ebenfalls in einem ab
(dessen Manager Julius von der italienischen Filmlegende Franco Nero verkörpert
wird) und im Laufe der mit einigen – nicht immer wirklich überraschenden, aber
stets unterhaltsamen – Wendungen gewürzten Handlung erhalten wir noch ein paar
mehr Informationen über die Welt des organisierten Verbrechens im "John
Wick"-Universum. Besonders die Regel, wonach es absolut verboten ist, im
Continental jemanden zu töten, gerät zunehmend in den Mittelpunkt, denn
naturgemäß läßt die sich auch nutzen respektive mißbrauchen, um einer gerechten
Bestrafung zu entgehen – und ob John oder andere Killer es dann tatsächlich
wagen, die Regel zu brechen und zu Outlaws innerhalb der
Verbrecher-Gemeinschaft zu werden, ist eine folgenreiche und mutmaßlich unumkehrbare
Entscheidung, die sehr gut durchdacht sein will.
Die komplexere Handlung mit internationalen Schauplätzen
und das verstärkte "Worldbuilding" tun "John Wick: Kapitel
2" sehr gut, selbst wenn auf diese Weise auch ein paar altbekannte
Klischees bemüht werden. Ein Nachteil der "Wir machen alles größer!"-Devise
ist, daß Johns Kämpfe gegen Dutzende Gegner das Terrain der
Glaubwürdigkeit endgültig verlassen. Im ersten Film war Johns Rachefeldzug ja noch
halbwegs nachvollziehbar, auch dank der Unterstützung des von Willem
Dafoe verkörperten Scharfschützen, der in den kritischsten Momenten eingriff.
In "Kapitel 2" gilt das nicht mehr, hier überlebt John Wick in erster
Linie deshalb, weil er selbst wie ein Superheld wirkt und weil seine Gegner sich
entweder dämlich verhalten und ihre klare Überzahl nicht stragegisch nutzen,
oder weil sie sehr treffsicher vorbeischießen. Selbstredend ist
"John Wick: Kapitel 2" bei weitem nicht der erste actionlastige Film,
der so vorgeht (wir erinnern uns etwa an die Hochzeit des US-Westerns in den 1940er
bis 1960er Jahren, in der die jeweiligen Antagonisten – ob Indianer oder
Banditen – allzu oft kein Scheunentor trafen), und da die Kampfchoreographie
erneut ausgezeichnet ist und die Umgebung (zum Beispiel die verwinkelten Katakomben
unter Rom) gekonnt miteinbezieht, werden Fans des Genres das gerne verzeihen. Etwas
problematischer ist hingegen, daß die Kämpfe zwar (schon aufgrund der um 20
Minuten erhöhten Laufzeit) noch zahlreicher und länger geworden sind, dabei aber weniger
abwechslungsreich ausfallen als im Vorgänger. Während dort Schießereien und
Martial Arts-Nahkämpfe recht gut austariert waren, dominieren in "Kapitel
2" eindeutig die Shootouts, was auf Dauer bei aller inszenatorischen
Finesse doch ein klein wenig ermüdend wirken kann. Dafür fallen die Kämpfe übrigens noch einmal blutiger aus als im Vorgänger, was eine von 16 auf 18 Jahre erhöhte Altersfreigabe in Deutschland zur Folge hat.
Um wieder zu den Pluspunkten umzuschwenken: Die Rückkehr einiger Nebenfiguren aus dem ersten Teil (John Leguizamo als
Werkstattbesitzer Aurelio, Lance Reddick als Portier Charon),
deren Rollen etwas ausgebaut wurden, funktioniert gut. Dazu kommen interessante, prägnant besetzte
Neuzugänge wie der "Bettlerkönig" (Laurence Fishburne, "Ant-Man and the Wasp"), Viggo Tarasovs Bruder Abram (Peter Stormare, "22 Jump Street"), der erwähnte Cassian oder Santinos kampfstarke rechte
Hand Ares (Ruby Rose, TV-Serie "Orange is the New Black"). Riccardo
Scamarcio und Claudia Gerini als verfeindete Geschwister und (mehr oder weniger
direkte) Gegenspieler von John Wick sind weniger namhaft als im
ersten Teil Mikael Nyqvist und Alfie Allen (als Vater und Sohn Tarasov),
verkörpern ihre Parts aber überzeugend, wobei vor allem Gerinis Rolle als
Gianna schön ambivalent gestaltet ist; Scamarcios Santino ist dagegen eher ein
klischeehafter Bösewicht. Und Keanu Reeves zeigt derweil erneut, daß der stoische,
unwillige Killer mit dem lakonischen Humor eine echte Paraderolle für ihn ist –
zwar geht durch das Fehlen des persönlichen Rache-Motivs ein wenig
Emotionalität verloren, aber das hohe Tempo des Films sorgt dafür, daß man
sowieso kaum Zeit hat, um darüber nachzudenken. Das Ende bereitet dann gleich
das dritte Kapitel der Sage von John Wick vor und macht das so gut, daß man am
liebsten gleich die Fortsetzung sehen möchte …
Fazit: "John Wick: Kapitel 2" ist in jeder
Hinsicht ambitionierter als der Vorgänger, was dem Actionspektakel
erfreulicherweise in den meisten Aspekten sehr gut tut – ein paar Klischees und
unrealistischere, überzeichnete Kampfszenen lassen sich dank der spannenden
Szenerie, erstklassiger Choreographie und eines Keanu Reeves in einer Paraderolle
locker verschmerzen.
Wertung: 8 Punkte.
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