Originaltitel:
Thor: Ragnarok
Regie:
Taika Waititi, Drehbuch: Eric Pearson, Craig Kyle und Christopher L. Yost,
Musik: Mark Mothersbaugh
Darsteller:
Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Cate Blanchett, Mark Ruffalo, Anthony
Hopkins, Idris Elba, Tessa Thompson, Jeff Goldblum, Karl Urban, Rachel House,
Taika Waititi, Benedict Cumberbatch, Tadanobu Asano, Ray Stevenson, Zachary
Levi, Clancy Brown (Stimme), Matt Damon, Sam Neill, Luke Hemsworth, Taylor
Hemsworth, Ken Watanabe, Scarlett Johansson, Stan Lee
FSK: 12, Dauer: 131 Minuten.
Thor (Chris Hemsworth, "Im Herzen der See")
bricht seine zwei Jahre währende Suche nach weiteren "Infinity Stones" erfolglos ab, als ihn düstere Visionen und eine Drohung des riesigen
Feuerdämons Surtur (in der Originalfassung gesprochen von Clancy Brown, dem
Darsteller des Bösewichts Kurgan aus "Highlander") zurück nach Asgard treiben: Ragnarök, der prophezeite Weltuntergang, droht, über Thors Heimat hereinzubrechen!
Wie sich herausstellt, kann selbst Thor das nicht so einfach verhindern, denn
seine ihm bisher unbekannte Schwester Hela (Cate Blanchett,
"Carol"), die von ihrem Vater Odin (Sir Anthony Hopkins,
"Noah") vor langer Zeit verbannte Göttin des Todes, bringt Feuer und
Verderben über Asgard und schleudert Thor und seinen Halbbruder Loki (Tom
Hiddleston, "Gefährten") auf den unwirtlichen Planeten Sakaar am
anderen Ende der Galaxis. Dort wird Thor von einer zornigen Ex-Walküre (Tessa
Thompson, "Creed") gefangengenommen und bald dem exzentrischen Grandmaster
(Jeff Goldblum, "Grand Budapest Hotel") übergeben, der ständig neue
Kreaturen für seine brutalen Gladiatorenkämpfe benötigt. Irgendwie muß Thor die Freiheit zurückgewinnen, um vielleicht noch rechtzeitig nach Asgard
zurückzukehren und Hela aufzuhalten – doch zuerst muß er einen sehr überraschend
auftauchenden, leicht verwirrten alten Bekannten besiegen, dessen Hilfe
er zur Verhinderung von Ragnarök sehr gut gebrauchen könnte …
Kritik:
Die Thor-Filme waren bislang ein
bißchen das Stiefkind des Marvel Cinematic Universe: Zwar durchaus beliebt,
aber irgendwie doch hinter den Geschwistern zurückstehend,
zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Dabei war der von Sir Kenneth Branagh
inszenierte "Thor" ein solider Auftakt und Alan Taylors
"Thor – The Dark Kingdom" fand ich trotz seiner Mängel sogar
ausgesprochen unterhaltsam – generell gilt er jedoch als einer der
schwächsten MCU-Vertreter (was angesichts der immer mindestens guten Kritiken relativ ist). Doch mit dem in Deutschland unglücklich generisch betitelten
dritten Film "Thor: Tag der Entscheidung" (als ob hierzulande weniger
Menschen etwas mit Ragnarök anfangen könnten als in den USA …) meldet sich der
Donnergott lautstark und voller Selbstvertrauen zu Wort und liefert ein echtes
Highlight ab. Und so ganz nebenbei wird auch noch der über die Jahre bei vielen
verfestigte Eindruck entkräftet, daß MCU-Mastermind Kevin Feige die Zügel so
fest in den Händen hält, daß die Regisseure der einzelnen Filme kaum noch ihre
eigene Note einbringen könnten. Sicher, es gab öfters Differenzen und auch den
Austausch von Regisseuren (am meisten Schlagzeilen machte der Abschied des
ursprünglich für "Ant-Man" eingeplanten "Baby Driver"-Schöpfers Edgar Wright) und es ist
offensichtlich, daß die einzelnen MCU-Teile dank Feige weitaus konsistenter und
harmonischer durchgeplant sind als es beim Konkurrenten aus dem DC Extended
Universe der Fall ist; aber bei "Thor: Tag der Entscheidung" zeigt der
erstmals bei einer Großproduktion eingesetzte und vielfach preisgekrönte
neuseeländische Filmemacher Taika Waititi ("5 Zimmer, Küche, Sarg",
"Wo die wilden Menschen jagen"), daß man auch im MCU sehr wohl
deutlichen Einfluß auf das Endprodukt haben kann. In Waititis Fall bedeutet das ein
Humorfeuerwerk auf "Guardians of the Galaxy"-Niveau, was insgesamt
bemerkenswert gut funktioniert und Waititis Blockbuster-Debüt trotz kleiner
Schwächen zu einem verdienten Kritiker- und Publikumsliebling macht.
Nun ist es nicht so, daß Thor bislang völlig
humorresistent gewesen wäre – doch an sich ist der Donnergott natürlich eher
ein ernster, gravitätischer Charakter, der abgesehen von ein paar trockenen
One-Linern vor allem durch die Culture Clash-Elemente während seiner
Erd-Besuche für Lacher sorgte. Jetzt darf Chris Hemsworth erstmals wirklich sein
Komikertalent beweisen und erstaunlicherweise gelingt ihm das richtig
gut. Die Drehbuch-Autoren Eric Pearson (TV-Serie "Marvel's Agent
Carter"), Christopher Yost und Craig Kyle (beide seit langem als
Comic-Autoren tätig) liefern ein wahres Gagfeuerwerk ab, das Taika Waititi mit seinem
Sinn für leicht schrulligen Humor mit perfektem Timing in Szene setzt.
Erwartungsgemäß funktionieren nicht alle Gags in gleichem Maße und für meinen
Geschmack gleitet der Humor speziell zu Beginn mitunter etwas zu sehr ins
Kindische ab, aber es läßt sich nicht leugnen, daß es die gesamten zwei Stunden
hindurch jede Menge zu Lachen gibt. Daß Hemsworth das viel Spaß macht, ist
unübersehbar, und so ist es auch nur passend, daß der – obwohl eigentlich höchst
simple – in meinen Augen beste Gag des gesamten Films (Thors erste Begegnung
mit dem Grandmaster) komplett auf seine Kappe geht. Da kann selbst der als Loki
wie immer extrem unterhaltsame Tom Hiddleston nur neidisch zuschauen, obwohl er
immerhin den zweitgrößten Lacher erhält (eine wunderbare Fortsetzung des
kultigen "mickriger Gott!"-Moments aus "The Avengers").
Einige der neuen Figuren tragen klar Waititis Handschrift, allen
voran der herrlich exzentrische Grandmaster – eine Paraderolle für Jeff
Goldblum – und dessen grimmige Leibwächterin Topaz (verkörpert von Waititis
Stammschauspielerin Rachel House) sowie der Stein-Gladiator mit der sanften
Stimme Korg (von Waititi gesprochen und per Motion Capturing gespielt). Und mit
der von Tessa Thompson ebenso amüsant wie kampfstark verkörperten
trinkfreudigen Ex-Walküre gibt es noch einen Neuzugang, der vermutlich länger
Teil des MCU bleiben wird. Generell gibt es so viele witzige Szenen – etwa eine
mit Cameos gespickte Schauspiel-Aufführung von Lokis vorgeblicher Todesszene in
"The Dark Kingdom" –, daß man gar nicht alle würdigen kann.
Aus all diesen amüsanten Momenten ergibt sich nur ein, jedoch recht gewichtiges Problem: Sie wollen so gar nicht zu der Gefahr passen, die von Hela und dem von ihr vorangetriebenen Ragnarök ausgeht!
Über weite Strecken wirkt es nach der überraschend schnellen Auflösung des
"The Dark Kingdom"-Cliffhangers (bei dem der totgeglaubte Loki in der Gestalt Odins die Herrschaft über Asgard übernahm) so, als würden wir parallel zwei
Filme sehen, da ja Hela bei ihrem ersten Auftritt Thor und Loki gleich ans
andere Ende des Universums befördert. Fortan gibt es verdammt viel zu Lachen in
den klar dominierenden Thor-Sequenzen (wen er auf Sakaar trifft, will ich hier nicht spoilern, auch wenn Marvel im Vorfeld nie einen Hehl
daraus machte und es sogar auf dem Filmposter zu sehen ist) – und überhaupt nichts zu Lachen in den spärlich eingestreuten
Szenen, in denen Hela Asgard und seine bedauernswerten Bewohner durch die Mangel dreht. Angesichts
des insgesamt extrem hohen Unterhaltsamkeitsgrades des Films haben viele
Zuschauer damit offensichtlich kein großes Problem, aber objektiv betrachtet
ist es definitiv ein großer Kritikpunkt, daß "Thor: Tag der Entscheidung"
sich einer erstaunlich großen Anzahl von teilweise seit dem ersten Film
vertretenen Nebenfiguren auf höchst unzeremonielle Weise entledigt. Natürlich kann man das
damit rechtfertigen, daß die beinahe nebensächlich wirkenden Tode beliebter und
kampferprobter Charaktere auf die Schnelle die gewaltige Gefahr etablieren sollen, die
von Hela ausgeht. Doch erstens hätten die Betroffenen trotzdem deutlich
Besseres verdient – ihr Opfer wird nicht einmal von Thor gewürdigt
beziehungsweise er erfährt in einigen Fällen noch nicht einmal davon! – und
zweitens ist das letztlich nur das sichtbare Zeichen für eine mangelhafte
Figurenzeichnung Hela betreffend. Denn die ist letztlich auch kein besser
geschriebener Antagonist es als es bislang fast alle MCU-Bösewichte waren (von
denen ja eigentlich nur Loki bleibenden Eindruck hinterließ, der aber bekanntlich
seit "Thor – The Dark Kingdom" kein wirklicher Bösewicht mehr ist), sie
wirkt nur deshalb eindrucksvoller, weil Cate Blanchett sie mit einer derart
arroganten Präsenz und Intenstität ausstattet, daß es eine wahre Freude ist. Trotzdem:
Hela ist keine außerordentlich gute Antagonistin, dafür hat sie zu wenige
Szenen und eine zu einfallslose Motivation.
Daß Hela dennoch eindrucksvoll rüberkommt, hat neben
Blanchetts Können vor allem mit ihrer Entourage und den durchweg herausragenden
Spezialeffekten (sowie Kostümen) zu tun. Helas sich fließend ändernde Erscheinung
wirkt sehr natürlich, ist aber fast schon vernachlässigbar im Vergleich zu
ihren Schergen – neben dem opportunistischen Krieger Skurge ("Star Trek"-Darsteller Karl Urban in
einer relativ undankbaren Rolle, aus der er jedoch das Bestmögliche herausholt) sind
das eine Untotenarmee und der gigantische Fenriswolf!
Bedauerlicherweise ist Letzterer gar nicht allzu häufig zu sehen, dabei ist er
ebenso überzeugend und furchteinflößend gestaltet und (buchstäblich) zum Leben
erweckt wie die untoten Krieger. Gerade im Vergleich zum fast parallel in den
Kinos gestarteten DC-Flaggschiff "Justice League" ist es fast schon
demütigend, daß die Computereffekte in "Thor: Tag der Entscheidung" mindestens
eine Liga höher spielen. Mein Favorit ist übrigens der Feuerdämon Surtur, aber
auch die Darstellung von Thors sich weiterentwickelnden göttlichen Kräften ist
höchst eindrucksvoll und OSCAR-würdig gestaltet. Der 3D-Einsatz ist
ebenso weitaus überzeugender als in "Justice League" (und vielen
anderen Hollywood-Blockbustern), besonders im spektakulär
choreographierten, bildgewaltigen Showdown. Dazu tut sich "Tag der
Entscheidung" mit der Musik von Mark Mothersbaugh ("21 Jump Street") hervor, der erfreulicherweise einen ganz anderen Ansatz wählt als
seine Kollegen bei den zumeist eher zweckdienlichen bisherigen MCU-Scores und vor allem in den
Sakaar-Sequenzen mit ungewöhnlichen, von den 1980er Jahren (und nach
eigener Aussage speziell von Jean-Michel Jarre) inspirierten, sich
bemerkenswert harmonisch einfügenden Synthesizer-Klängen beeindruckt. Bei allem
Humor überkam mich am Ende übrigens doch eine gewisse Wehmut, denn man merkt, daß das bislang so harmonische und fast ohne Umbesetzungen
auskommende Marvel Cinematic Universe sich schnellen Schrittes auf das
wahrscheinliche Ende einer Ära zubewegt – nach dem Ende April 2018 anlaufenden
"Avengers: Infinity War" oder spätestens nach dem 2019 folgenden
vierten "Avengers"-Film wird es mit Sicherheit große Veränderungen und
den Abschied einiger populärer Charaktere geben. Ich hoffe nicht, daß Thor oder Loki dazugehören, vom Alter her könnten Hemsworth und Hiddleston die Rollen auf jeden Fall
noch einige Jahre spielen. Trotzdem: Ich wünschte, die aktuelle, qualitativ
dank Filmen wie "Captain America 3", "Spider-Man: Homecoming" oder "Doctor Strange"
sehr ergiebige Phase des MCU würde noch ein wenig länger andauern ...
Fazit: Der fast völlig ohne irdische Szenen
auskommende "Thor: Tag der Entscheidung" ist einer der
unterhaltsamsten Superhelden-Filme überhaupt, der mit schrägen Figuren sowie viel
Situationskomik und Wortwitz ein großes Vergnügen ist, allerdings auf der
dramatischen Seite etwas schwächelt und einige Nebencharaktere ziemlich
unwürdig verabschiedet.
Wertung: 8,5 Punkte.
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