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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 23. November 2017

THOR: TAG DER ENTSCHEIDUNG (3D, 2017)

Originaltitel: Thor: Ragnarok
Regie: Taika Waititi, Drehbuch: Eric Pearson, Craig Kyle und Christopher L. Yost, Musik: Mark Mothersbaugh
Darsteller: Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Cate Blanchett, Mark Ruffalo, Anthony Hopkins, Idris Elba, Tessa Thompson, Jeff Goldblum, Karl Urban, Rachel House, Taika Waititi, Benedict Cumberbatch, Tadanobu Asano, Ray Stevenson, Zachary Levi, Clancy Brown (Stimme), Matt Damon, Sam Neill, Luke Hemsworth, Taylor Hemsworth, Ken Watanabe, Scarlett Johansson, Stan Lee
Thor: Tag der Entscheidung
(2017) on IMDb Rotten Tomatoes: 93% (7,6); weltweites Einspielergebnis: $855,3 Mio.
FSK: 12, Dauer: 131 Minuten.

Thor (Chris Hemsworth, "Im Herzen der See") bricht seine zwei Jahre währende Suche nach weiteren "Infinity Stones" erfolglos ab, als ihn düstere Visionen und eine Drohung des riesigen Feuerdämons Surtur (in der Originalfassung gesprochen von Clancy Brown, dem Darsteller des Bösewichts Kurgan aus "Highlander") zurück nach Asgard treiben: Ragnarök, der prophezeite Weltuntergang, droht, über Thors Heimat hereinzubrechen! Wie sich herausstellt, kann selbst Thor das nicht so einfach verhindern, denn seine ihm bisher unbekannte Schwester Hela (Cate Blanchett, "Carol"), die von ihrem Vater Odin (Sir Anthony Hopkins, "Noah") vor langer Zeit verbannte Göttin des Todes, bringt Feuer und Verderben über Asgard und schleudert Thor und seinen Halbbruder Loki (Tom Hiddleston, "Gefährten") auf den unwirtlichen Planeten Sakaar am anderen Ende der Galaxis. Dort wird Thor von einer zornigen Ex-Walküre (Tessa Thompson, "Creed") gefangengenommen und bald dem exzentrischen Grandmaster (Jeff Goldblum, "Grand Budapest Hotel") übergeben, der ständig neue Kreaturen für seine brutalen Gladiatorenkämpfe benötigt. Irgendwie muß Thor die Freiheit zurückgewinnen, um vielleicht noch rechtzeitig nach Asgard zurückzukehren und Hela aufzuhalten – doch zuerst muß er einen sehr überraschend auftauchenden, leicht verwirrten alten Bekannten besiegen, dessen Hilfe er zur Verhinderung von Ragnarök sehr gut gebrauchen könnte …

Kritik:
Die Thor-Filme waren bislang ein bißchen das Stiefkind des Marvel Cinematic Universe: Zwar durchaus beliebt, aber irgendwie doch hinter den Geschwistern zurückstehend, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Dabei war der von Sir Kenneth Branagh inszenierte "Thor" ein solider Auftakt und Alan Taylors "Thor – The Dark Kingdom" fand ich trotz seiner Mängel sogar ausgesprochen unterhaltsam – generell gilt er jedoch als einer der schwächsten MCU-Vertreter (was angesichts der immer mindestens guten Kritiken relativ ist). Doch mit dem in Deutschland unglücklich generisch betitelten dritten Film "Thor: Tag der Entscheidung" (als ob hierzulande weniger Menschen etwas mit Ragnarök anfangen könnten als in den USA …) meldet sich der Donnergott lautstark und voller Selbstvertrauen zu Wort und liefert ein echtes Highlight ab. Und so ganz nebenbei wird auch noch der über die Jahre bei vielen verfestigte Eindruck entkräftet, daß MCU-Mastermind Kevin Feige die Zügel so fest in den Händen hält, daß die Regisseure der einzelnen Filme kaum noch ihre eigene Note einbringen könnten. Sicher, es gab öfters Differenzen und auch den Austausch von Regisseuren (am meisten Schlagzeilen machte der Abschied des ursprünglich für "Ant-Man" eingeplanten "Baby Driver"-Schöpfers Edgar Wright) und es ist offensichtlich, daß die einzelnen MCU-Teile dank Feige weitaus konsistenter und harmonischer durchgeplant sind als es beim Konkurrenten aus dem DC Extended Universe der Fall ist; aber bei "Thor: Tag der Entscheidung" zeigt der erstmals bei einer Großproduktion eingesetzte und vielfach preisgekrönte neuseeländische Filmemacher Taika Waititi ("5 Zimmer, Küche, Sarg", "Wo die wilden Menschen jagen"), daß man auch im MCU sehr wohl deutlichen Einfluß auf das Endprodukt haben kann. In Waititis Fall bedeutet das ein Humorfeuerwerk auf "Guardians of the Galaxy"-Niveau, was insgesamt bemerkenswert gut funktioniert und Waititis Blockbuster-Debüt trotz kleiner Schwächen zu einem verdienten Kritiker- und Publikumsliebling macht.

Nun ist es nicht so, daß Thor bislang völlig humorresistent gewesen wäre – doch an sich ist der Donnergott natürlich eher ein ernster, gravitätischer Charakter, der abgesehen von ein paar trockenen One-Linern vor allem durch die Culture Clash-Elemente während seiner Erd-Besuche für Lacher sorgte. Jetzt darf Chris Hemsworth erstmals wirklich sein Komikertalent beweisen und erstaunlicherweise gelingt ihm das richtig gut. Die Drehbuch-Autoren Eric Pearson (TV-Serie "Marvel's Agent Carter"), Christopher Yost und Craig Kyle (beide seit langem als Comic-Autoren tätig) liefern ein wahres Gagfeuerwerk ab, das Taika Waititi mit seinem Sinn für leicht schrulligen Humor mit perfektem Timing in Szene setzt. Erwartungsgemäß funktionieren nicht alle Gags in gleichem Maße und für meinen Geschmack gleitet der Humor speziell zu Beginn mitunter etwas zu sehr ins Kindische ab, aber es läßt sich nicht leugnen, daß es die gesamten zwei Stunden hindurch jede Menge zu Lachen gibt. Daß Hemsworth das viel Spaß macht, ist unübersehbar, und so ist es auch nur passend, daß der – obwohl eigentlich höchst simple – in meinen Augen beste Gag des gesamten Films (Thors erste Begegnung mit dem Grandmaster) komplett auf seine Kappe geht. Da kann selbst der als Loki wie immer extrem unterhaltsame Tom Hiddleston nur neidisch zuschauen, obwohl er immerhin den zweitgrößten Lacher erhält (eine wunderbare Fortsetzung des kultigen "mickriger Gott!"-Moments aus "The Avengers"). Einige der neuen Figuren tragen klar Waititis Handschrift, allen voran der herrlich exzentrische Grandmaster – eine Paraderolle für Jeff Goldblum – und dessen grimmige Leibwächterin Topaz (verkörpert von Waititis Stammschauspielerin Rachel House) sowie der Stein-Gladiator mit der sanften Stimme Korg (von Waititi gesprochen und per Motion Capturing gespielt). Und mit der von Tessa Thompson ebenso amüsant wie kampfstark verkörperten trinkfreudigen Ex-Walküre gibt es noch einen Neuzugang, der vermutlich länger Teil des MCU bleiben wird. Generell gibt es so viele witzige Szenen – etwa eine mit Cameos gespickte Schauspiel-Aufführung von Lokis vorgeblicher Todesszene in "The Dark Kingdom" –, daß man gar nicht alle würdigen kann.

Aus all diesen amüsanten Momenten ergibt sich nur ein, jedoch recht gewichtiges Problem: Sie wollen so gar nicht zu der Gefahr passen, die von Hela und dem von ihr vorangetriebenen Ragnarök ausgeht! Über weite Strecken wirkt es nach der überraschend schnellen Auflösung des "The Dark Kingdom"-Cliffhangers (bei dem der totgeglaubte Loki in der Gestalt Odins die Herrschaft über Asgard übernahm) so, als würden wir parallel zwei Filme sehen, da ja Hela bei ihrem ersten Auftritt Thor und Loki gleich ans andere Ende des Universums befördert. Fortan gibt es verdammt viel zu Lachen in den klar dominierenden Thor-Sequenzen (wen er auf Sakaar trifft, will ich hier nicht spoilern, auch wenn Marvel im Vorfeld nie einen Hehl daraus machte und es sogar auf dem Filmposter zu sehen ist) – und überhaupt nichts zu Lachen in den spärlich eingestreuten Szenen, in denen Hela Asgard und seine bedauernswerten Bewohner durch die Mangel dreht. Angesichts des insgesamt extrem hohen Unterhaltsamkeitsgrades des Films haben viele Zuschauer damit offensichtlich kein großes Problem, aber objektiv betrachtet ist es definitiv ein großer Kritikpunkt, daß "Thor: Tag der Entscheidung" sich einer erstaunlich großen Anzahl von teilweise seit dem ersten Film vertretenen Nebenfiguren auf höchst unzeremonielle Weise entledigt. Natürlich kann man das damit rechtfertigen, daß die beinahe nebensächlich wirkenden Tode beliebter und kampferprobter Charaktere auf die Schnelle die gewaltige Gefahr etablieren sollen, die von Hela ausgeht. Doch erstens hätten die Betroffenen trotzdem deutlich Besseres verdient – ihr Opfer wird nicht einmal von Thor gewürdigt beziehungsweise er erfährt in einigen Fällen noch nicht einmal davon! – und zweitens ist das letztlich nur das sichtbare Zeichen für eine mangelhafte Figurenzeichnung Hela betreffend. Denn die ist letztlich auch kein besser geschriebener Antagonist es als es bislang fast alle MCU-Bösewichte waren (von denen ja eigentlich nur Loki bleibenden Eindruck hinterließ, der aber bekanntlich seit "Thor – The Dark Kingdom" kein wirklicher Bösewicht mehr ist), sie wirkt nur deshalb eindrucksvoller, weil Cate Blanchett sie mit einer derart arroganten Präsenz und Intenstität ausstattet, daß es eine wahre Freude ist. Trotzdem: Hela ist keine außerordentlich gute Antagonistin, dafür hat sie zu wenige Szenen und eine zu einfallslose Motivation.

Daß Hela dennoch eindrucksvoll rüberkommt, hat neben Blanchetts Können vor allem mit ihrer Entourage und den durchweg herausragenden Spezialeffekten (sowie Kostümen) zu tun. Helas sich fließend ändernde Erscheinung wirkt sehr natürlich, ist aber fast schon vernachlässigbar im Vergleich zu ihren Schergen – neben dem opportunistischen Krieger Skurge ("Star Trek"-Darsteller Karl Urban in einer relativ undankbaren Rolle, aus der er jedoch das Bestmögliche herausholt) sind das eine Untotenarmee und der gigantische Fenriswolf! Bedauerlicherweise ist Letzterer gar nicht allzu häufig zu sehen, dabei ist er ebenso überzeugend und furchteinflößend gestaltet und (buchstäblich) zum Leben erweckt wie die untoten Krieger. Gerade im Vergleich zum fast parallel in den Kinos gestarteten DC-Flaggschiff "Justice League" ist es fast schon demütigend, daß die Computereffekte in "Thor: Tag der Entscheidung" mindestens eine Liga höher spielen. Mein Favorit ist übrigens der Feuerdämon Surtur, aber auch die Darstellung von Thors sich weiterentwickelnden göttlichen Kräften ist höchst eindrucksvoll und OSCAR-würdig gestaltet. Der 3D-Einsatz ist ebenso weitaus überzeugender als in "Justice League" (und vielen anderen Hollywood-Blockbustern), besonders im spektakulär choreographierten, bildgewaltigen Showdown. Dazu tut sich "Tag der Entscheidung" mit der Musik von Mark Mothersbaugh ("21 Jump Street") hervor, der erfreulicherweise einen ganz anderen Ansatz wählt als seine Kollegen bei den zumeist eher zweckdienlichen bisherigen MCU-Scores und vor allem in den Sakaar-Sequenzen mit ungewöhnlichen, von den 1980er Jahren (und nach eigener Aussage speziell von Jean-Michel Jarre) inspirierten, sich bemerkenswert harmonisch einfügenden Synthesizer-Klängen beeindruckt. Bei allem Humor überkam mich am Ende übrigens doch eine gewisse Wehmut, denn man merkt, daß das bislang so harmonische und fast ohne Umbesetzungen auskommende Marvel Cinematic Universe sich schnellen Schrittes auf das wahrscheinliche Ende einer Ära zubewegt – nach dem Ende April 2018 anlaufenden "Avengers: Infinity War" oder spätestens nach dem 2019 folgenden vierten "Avengers"-Film wird es mit Sicherheit große Veränderungen und den Abschied einiger populärer Charaktere geben. Ich hoffe nicht, daß Thor oder Loki dazugehören, vom Alter her könnten Hemsworth und Hiddleston die Rollen auf jeden Fall noch einige Jahre spielen. Trotzdem: Ich wünschte, die aktuelle, qualitativ dank Filmen wie "Captain America 3", "Spider-Man: Homecoming" oder "Doctor Strange" sehr ergiebige Phase des MCU würde noch ein wenig länger andauern ...

Fazit: Der fast völlig ohne irdische Szenen auskommende "Thor: Tag der Entscheidung" ist einer der unterhaltsamsten Superhelden-Filme überhaupt, der mit schrägen Figuren sowie viel Situationskomik und Wortwitz ein großes Vergnügen ist, allerdings auf der dramatischen Seite etwas schwächelt und einige Nebencharaktere ziemlich unwürdig verabschiedet.

Wertung: 8,5 Punkte.


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