Regie: Steven Soderbergh, Drehbuch: Rebecca Blunt, Musik:
David Holmes
Darsteller: Channing Tatum, Adam Driver, Daniel Craig, Riley
Keough, Hilary Swank, Farrah Mackenzie, Katie Holmes, David Denman, Katherine
Waterston, Brian Gleeson, Jack Quaid, Seth MacFarlane, Sebastian Stan, Jim
O'Heir, Dwight Yoakam, Macon Blair, Jeff Gordon, Mike Joy,
Darrell Waltrip, Kyle Busch, Carl Edwards, Danielle Trotta, Adam Alexander, LeAnn Rimes
FSK: 12, Dauer: 119 Minuten.
West Virginia, einer der ärmsten und konservativsten
Bundesstaaten der USA, dominiert von Landwirtschaft und Bergbau. Jimmy Logan
(Channing Tatum, "Jupiter Ascending"), einstmals College-Football-Star
mit großen Erwartungen, der von einer schweren Knieverletzung gestoppt wurde, verliert
wegen seines Hinkens den Job als Bauarbeiter – was besonders schwerwiegend
ist, weil er am gleichen Tag erfährt, daß seine Ex-Frau Bobbie Jo (Katie Holmes,
"Pieces of April") mit ihrem neuen Mann und ihrer und Jimmys kleiner
Tochter Sadie (Farrah Mackenzie) in den Nachbarstaat ziehen will. Jimmy
beschließt daher, gemeinsam mit seinem Bruder Clyde (Adam Driver, "Silence") – einem als Folge einer Kriegsverletzung einarmigen Barkeeper –
und seiner jüngeren Schwester Mellie (Riley Keough, "Mad Max: Fury Road") die
örtliche NASCAR-Rennstrecke auszurauben, denn durch seine Bauarbeiter-Tätigkeit
glaubt er zu wissen, wie sie unbemerkt in den Tresorraum gelangen können. Dafür
benötigen sie allerdings die Hilfe des Tresorknackers Joe Bang (Daniel Craig,
"Skyfall"), der dummerweise noch fünf Monate lang im Knast sitzt.
Also wird noch ein Plan geschmiedet, ihn am Tag des geplanten Raubzugs für
einige Stunden aus dem Gefängnis zu schmuggeln, ohne daß es irgendjemand
mitbekommt …
Kritik:
Nur vier Jahre, nachdem er nach dem Thriller-Verwirrspiel
"Side Effects" seinen Abschied vom Kinogeschäft verkündete (danach
aber im TV-Bereich mit dem Film "Liberace" und den Serien "The
Knick" und "The Girlfriend Experience" sehr fleißig war), meldet
sich Steven Soderbergh auf der großen Leinwand zurück. Das Genre, eine
Gaunerkomödie, ist für den Regisseur der "Ocean's"-Trilogie mit
George Clooney, Brad Pitt und Matt Damon natürlich nicht neu, doch "Logan
Lucky" bietet eine interessante Variation der altbekannten Thematik an. Denn
sollte es irgendwo auf der Welt jemanden geben, der sich schon einmal gefragt
hat, wie wohl "Ocean's Eleven" aussähe mit ungebildeten Rednecks
anstelle eleganter Gentleman-Ganoven in den Hauptrollen, erhält er hiermit die
Antwort. Das mag zunächst nach einem relativ lahmen Aufguß klingen,
unterscheidet sich trotz der ähnlichen Prämisse jedoch sowohl in der bodenständigen Ausführung als auch dem Setting und den Details mehr als
genügend, um als eigenständiger und ziemlich spaßiger Film durchzugehen, der
sich qualitativ auf Augenhöhe mit "Ocean's Thirteen" (dem zweitbesten
Film der Triloge) befindet – was auch an einem Daniel Craig in Bestform liegt,
der wieder einmal zeigt, daß er weit mehr kann als "nur" James Bond.
Anders als bei der kunterbunt – aber harmonisch – zusammengewürfelten
"Ocean's"-Truppe konzentriert sich bei "Logan Lucky" alles
auf zwei Familien. Während Jimmy der Anführer ist, der die Pläne austüftelt,
stehen ihm Clyde und die als Friseurin tätige Mellie treu zur Seite. Ähnlich
sieht es bei den Bangs aus, bei denen Joe auch vom Gefängnis aus ohne jeden
Zweifel das Gehirn ist, aber von seinen ziemlich genau die klassischen, nicht
allzu schmeichelhaften Redneck-Klischees erfüllenden Brüdern Sam (Brian
Gleeson, "mother!") und Fish (Jack Quaid, "Die Tribute von Panem: The Hunger Games") bedingungslos unterstützt wird. Anders als ihre
"Ocean's"-Kollegen muß diese Gruppierung ohne ernsthafte
finanzielle Mittel und damit auch ohne raffinierte technische Hilfsmittel
auskommen, was sich logischerweise in ihrem konkreten Vorgehen niederschlägt.
Hier wirkt alles bodenständiger, statt mit eloquenter Weltgewandtheit
und auf jede eventuelle Schwierigkeit vorbereiteten Plänen stehen vielmehr Bauernschläue
und Unverfrorenheit im Vordergrund. Das ist amüsant anzuschauen, zumal sich
Soderbergh gar nicht (oder sagen wir: nur vereinzelt – und dann meist auf Sam
und Fish begrenzt) über seine Protagonisten lustig macht, sondern sie und ihre Nöte
und Sorgen ernstnimmt. Das erinnert durchaus ein wenig an David Mackenzies in
einem ähnlichen Post-Weltwirtschaftskrise-Setting auf dem Land angesiedelten Thriller "Hell or High Water",
nur daß "Logan Lucky" das Thema eben von der humoristischen Seite
angeht.
Was den Coup betrifft, so ist dieser von
Drehbuch-Autorin Rebecca Blunt recht überzeugend ausgetüftelt, wenn er auch
nicht die Raffinesse der "Ocean's"-Raubzüge erreicht (wobei das
angesichts des Settings aber natürlich Sinn ergibt) und in der Ausführung etwas
zu häufig auf pures Glück angewiesen ist. Da Blunt ein absolut
unbeschriebenes Blatt in der Branche ist, dachten viele zunächst, es handele
sich wieder einmal um ein Pseudonym von Soderbergh selbst, der in seinen Werken
seit jeher gerne verschiedene Funktionen unter falschem Namen erfüllt,
beispielsweise steckt er hinter dem Kameramann Peter Andrews. Soderbergh
beteuert jedoch, Blunt sei sehr wohl eine reale Person. Zu den Stärken ihres
Drehbuchs gehören auf jeden Fall die sehr authentisch wirkenden Figuren. Selbst die
beiden ungehobelten jüngeren Bang-Brüder wirken irgendwie sympathisch, wenn sie
etwa als bekennende NASCAR-Fans die Rennstrecke nur für einen guten Grund
ausrauben wollen, sich dann aber mit einer sehr, sehr dünnen Begründung
zufrieden geben. Noch deutlich mehr Sympathien entwickelt man schnell für die
Logan-Geschwister, die aus einfachen Verhältnissen kommen und versuchen, unter den
widrigen Bedingungen das Beste aus ihrem Leben zu machen – bis sie sich durch Jimmys
Entlassung und den Umzug seiner Ex-Frau (die übrigens zwar ein wenig biestig,
aber auch nicht wirklich unsympathisch rüberkommt) eben dazu gezwungen
fühlen, zu unlauteren Mitteln zu greifen. Ein bißchen problematisch ist derweil, daß
man über einige Elemente des Raubs erst im Nachhinein nähere Informationen
erhält – zwar nicht unüblich für das Genre, in "Logan Lucky" aber für
mein Empfinden etwas holprig umgesetzt.
Für Abwechslung angesichts des nicht übermäßig spektakulären
Überfalls selbst sorgen einige Nebenhandlungsstränge, die zwar dramaturgisch
nicht wirklich notwendig sind, dafür jedoch umso unterhaltsamer. Speziell der
irrwitzige Gefängnisaufstand, der (mit einer vorgeschobenen "Game
of Thrones"-Begründung!) als Ablenkung für Joes vorübergehende Flucht
angezettelt wird und den Gefängnisdirektor Burns (Dwight Yoakam, "Panic
Room") aus Prestigegründen unbedingt geheimhalten will, sorgt für zahlreiche Lacher; aber auch der großspurige NASCAR-Rennstallbesitzer Mal
Chilblain (Seth MacFarlane, "A Million Ways to Die in the West") und
sein überkonzentrierter Star-Fahrer Dayton White (Sebastian Stan, "Captain America") sind amüsant eingebaut, während die FBI-Agentin Sarah
Grayson (Hilary Swank, "Black Dahlia") mit ihren Ermittlungen für die
nötige Spannung sorgt. Es läßt sich allerdings nicht leugnen, daß unter dieser
Vielzahl von Storyfäden der Erzählfluß ein wenig leidet, so richtig wie aus
einem Guß wirkt die Handlung nicht. Dafür merkt man merkt sämtlichen
Darstellern ihren Spaß an den Rollen an, wobei neben Riley Keough (als stets gelassenes Logan-Nesthäkchen Mellie) am meisten Daniel Craig beeindruckt mit
seiner leidenschaftlichen Personifizierung einer Figur, die ziemlich weit von
dem entfernt ist, was er sonst spielt. Soderbergh und sein Team nutzen zudem
die Kooperation mit der NASCAR-Serie nicht nur für etliche Cameo-Auftritte,
sondern auch für einige gut eingefangene Rennszenen und interessante Blicke
hinter die Kulissen der Rennstrecke. All das sorgt dafür, daß "Logan
Lucky" durchgehend unterhält, ohne allerdings jemals zu begeistern.
Fazit: "Logan Lucky" ist eine durchwegs amüsante Low
Tech-Gaunerkomödie, deren Stärke in den liebenswert-schrulligen, aber
authentisch wirkenden Figuren und in einem betont schrägen Humor liegt – die
Handlung selbst ist dagegen ein wenig zerfasert und läßt echte Höhepunkte
vermissen.
Wertung: Gut 7 Punkte.
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