Regie: Robert Zemeckis, Drehbuch: Steven Knight, Musik: Alan
Silvestri
Darsteller:
Brad Pitt, Marion Cotillard, Jared Harris, Simon McBurney, Lizzy Kaplan, Matthew Goode, Daniel
Betts, August Diehl, Josh Dylan, Anton Lesser
FSK: 12, Dauer: 125 Minuten.
Casablanca, 1942: Der gerade vor Ort eingetroffene kanadische Nachrichtenoffizier Max
Vatan (Brad Pitt, "Herz aus Stahl") soll gemeinsam mit der nach der Auslöschung ihrer Gruppe
aus Paris geflohenen französischen Widerstandskämpferin Marianne Beauséjour (Marion Cotillard,
"Macbeth") den deutschen Botschafter töten. Während sich die beiden als
zum Vichy-Regime loyales Ehepaar ausgeben, um nah genug an den Botschafter
heranzukommen, verlieben sie sich Hals über Kopf ineinander. Und so sorgt Max
nach dem Abschluß ihrer Mission dafür, daß Marianne zu seinem neuen Einsatzort London
einreisen darf, worauf sie heiraten und ein Kind bekommen. Dann wird Max allerdings
über den Verdacht der Spionageabwehr informiert, daß Marianne in Wirklichkeit
eine deutsche Doppelagentin ist. Um den Verdacht zu bestätigen oder
auszuräumen, wird Marianne eine Falle gestellt – während Max auf eigene Faust
verzweifelt versucht, die Wahrheit über die große Liebe seines Lebens
herauszufinden …
Kritik:
Nein, so hatte sich Starregisseur Robert Zemeckis
("Zurück in die Zukunft", "Forrest Gump") seine Rückkehr
zum Realfilm nach einer Dekade, in der er sich auf kommerziell
erfolgreiche, aber qualitativ nur bedingt überzeugende Animationsfilme
("Der Polarexpress", "Beowulf", "Eine
Weihnachtsgeschichte") konzentrierte, sicher nicht vorgestellt: Nachdem
das Drama "Flight" dank niedriger Produktionskosten noch ein recht schöner
Erfolg war, scheiterte "The Walk" trotz hoher Qualität ziemlich
krachend an den globalen Kinokassen. Und nun liefert er mit dem romantischen Kriegsdrama
"Allied – Vertraute Fremde" bereits seinen zweiten Flop in Folge ab,
der auch noch zu den schwächsten Filmen seiner glanzvollen Karriere zählt. Dabei war die
Idee einer modernen "Casablanca"-Hommage durchaus reizvoll,
schließlich werden solche Filme – aus Sicht eines Cineasten: leider – schon
lange nicht mehr gedreht. Unglücklicherweise hat "Allied" trotz
etlicher handwerklicher Stärken zu viele schwerwiegende Mängel, um überzeugen
zu können.
Genau genommen hat "Allied" hat zwei große, grundlegende
Probleme: Erstens liefert die laut Drehbuch-Autor Steven Knight ("Tödliche Versprechen", TV-Serie "Peaky Blinders") auf wahren Geschehnissen
basierende Geschichte einfach nicht genügend Substanz für ein zweistündiges
Hochglanz-Kinoepos, zumal – und das ist ein echter Kardinalfehler – die beiden
Protagonisten ab dem zweiten Filmdrittel fast zu besseren Statisten verkommen, die
weitgehend zu Passivität gezwungen sind. Bei Max versucht das Knight zwar durch
einige arg aktionistisch wirkende detektivische Taten zu überspielen, aber gerade
Marianne hat fast gar nichts mehr zu tun, was umso ärgerlicher ist, als
Marion Cotillard ihre ambivalente Rolle viel einnehmender verkörpert als Brad Pitt
den eher eindimensionalen Max. Es ist einfach so, daß nicht jede interessante
historische Randnotiz – so dramatisch
die Geschehnisse für die realen Vorbilder auch gewesen sein mögen – automatisch einen guten Filmstoff ergibt. Und zweitens
gelingt es Zemeckis und seinen Stars nicht, die ach so epische zentrale Liebesgeschichte
glaubwürdig rüberzubringen. Dafür mangelt es dem Skript an Raffinesse und dem
Darsteller-Gespann an Chemie. Gerade im ersten Filmakt in Marokko – wo sich
der Vergleich mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergman in Michael Curtiz'
"Casablanca" natürlich besonders aufdrängt – bleiben die sich
doch angeblich so schnell und stark entwickelnden Gefühle zwischen Max und Marianne
eine Behauptung, sie ergeben sich nicht harmonisch aus der Handlung und aus dem
Verhalten der Figuren heraus. Speziell Pitt tut sich erstaunlich schwer, an die
Ausstrahlung eines Humphrey Bogart reicht er bei weitem nicht heran (auch wenn er keineswegs schlecht spielt); hingegen ist Cotillard mit Charisma und geheimnisvoller Aura der eindeutige Star des
Films.
Ein nicht ganz so großes, aber gleichfalls nicht zu unterschätzendes Manko
ist das Fehlen spannender Nebenfiguren. Wenn schon die eigentlichen
Protagonisten zwei Drittel des Films über wenig bis nichts zu tun bekommen,
dann müßte man das wenigstens mit interessanten Nebenfiguren kompensieren. Doch
die bleiben fast ausnahmslos blaß, speziell Lizzy Caplan ("Die Unfaßbaren 2") als Max' lesbische Schwester hat eigentlich keinerlei
Bedeutung für die Handlung, auch Jared Harris ("Pompeii") als
Max' Freund und Vorgesetzter, Simon McBurney ("Mission: Impossible – Rogue Nation") als gegen Marianne ermittlender Geheimdienstoffizier oder Matthew
Goode ("Stoker") als Mariannes leidgeprüfter früherer Kontaktmann bekommen
viel zu wenig zu tun, um allzu positiv im Gedächtnis zu bleiben. Zumindest die
bedrückende Kriegsatmosphäre bekommt Zemeckis in London besser vermittelt als
es zuvor in Casablanca der Fall war, wo "Allied" kein Vergleich ist
zur fiebrigen, hektischen, von permanenter latenter Gefahr durchzogenen
Stimmung, die Curtiz einst so meisterhaft in "Casablanca" erzeugte.
In "Allied" sorgen in London die durchaus beklemmend (jedoch wie der gesamte Film
weitgehend unblutig) und mit ein paar erinnerungswürdigen Sequenzen dargestellten
ständigen Luftangriffe der Nazis und die überzeugend in Szene gesetzten
verzweifelten Versuche der Zivilbevölkerung, die beständige Todesangst durch
wildes, trotziges Feiern zu übertünchen, dafür, daß man sich tatsächlich ein
Stück weit in die Haut der handelnden Figuren hineinversetzen kann.
An der mangelnden emotionalen Verbindung zu dem in immer
größere Turbulenzen geratenden Paar Max und Marianne ändert das freilich nicht viel,
weshalb die zunehmende Dramatik des Handlungsverlaufs auch nicht die gewünschte
Wirkung erzielt. Vielmehr lenken Max' hektische Versuche, die Unschuld seiner
Frau zu beweisen, sogar eher von dem Verhältnis zwischen ihm und Marianne ab,
das eigentlich den Kern der Geschichte bildet und deshalb auch noch stärker im Fokus des Films stehen sollte. Daß der vom Geheimdienst
angezettelte Gesinnungstest für Marianne doch ziemlich leicht manipulierbar
erscheint, ist auch nicht unbedingt hilfreich (auf die Schnelle konnte ich
nicht herausfinden, wie historisch akkurat das gezeigte Vorgehen ist – ich vermute,
es handelt sich um eine simplifizierte Form des tatsächlichen Vorgangs).
Angesichts dieser dramaturgischen Probleme kann am Ende selbst der für sich
genommen stark in Szene gesetzte und hochemotionale Showdown – wie in
"Casablanca" auf einem Flugfeld stattfindend – nicht mehr allzu viel
retten.
Fazit: Das romantische Kriegsdrama "Allied –
Vertraute Fremde" ist ein Film der verschenkten Möglichkeiten – elegant inszeniert,
gut aussehend und mit einer wie so oft stark aufspielenden Marion Cotillard, jedoch mit zu
oberflächlicher Figurenzeichnung und erzählerisch bestenfalls Mittelmaß.
Wertung: 5,5 Punkte.
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