Regie: David O. Russell, Drehbuch: Eric Warren Singer und
David O. Russell, Musik: Danny Elfman
Darsteller: Christian Bale, Amy Adams, Bradley Cooper,
Jennifer Lawrence, Jeremy Renner, Robert De Niro, Louis C.K., Michael Peña, Elisabeth
Röhm, Shea Whigham, Saïd Taghmaoui, Jack Huston, Anthony Zerbe
FSK: 6, Dauer: 138 Minuten.
New York, 1978: Der nicht mehr ganz junge Irving Rosenfeld
(Christian Bale, "The Dark Knight") lebt dank raffinierter
Betrügereien in Saus und Braus, finanziell geht es ihm sogar so gut, daß er
einige legale Geschäfte betreibt. Lediglich privat ist er nicht glücklich in
seiner Ehe mit der selbstsüchtigen, ziemlich durchgeknallten Rosalyn (Jennifer
Lawrence, "Die Tribute von Panem – Catching Fire"), bei der er nur
bleibt, um seinem Adoptivsohn weiterhin ein guter Vater sein zu können. Als
Irving bei einer Party die attraktive Mittdreißigerin Sydney (Amy Adams,
"Man of Steel") kennenlernt, entdecken beide schnell, daß sie
Seelenverwandte sind. Fortan ist sie seine Geliebte und auch ihre Betrügereien
betreiben sie gemeinsam. Zumindest so lange, bis sich eines ihrer Opfer, der
quirlige Lockenkopf Richie DiMaso (Bradley Cooper, "Hangover"), als
FBI-Agent entpuppt. Um nicht ins Gefängnis zu müssen, erklärt sich das Paar
bereit, Richie einige andere Betrüger ans Messer zu liefern. Doch dann findet der ehrgeizige Agent heraus, daß auch respektierte Politiker und selbst der allseits beliebte
Bürgermeister von New Jersey, Carmine Polito (Jeremy Renner, "Das Bourne Vermächtnis"), via Annahme von Schmiergeldern in Irvings Geschäfte verwickelt sind.
Während Richie mit Feuereifer die Möglichkeit verfolgt, große Fische hinter
Gitter zu bringen, ahnt Irving, daß ihnen die Geschichte bald über den Kopf
wachsen wird und sucht verzweifelt nach einem Ausweg für sich und Sydney ...
Kritik:
Nur ein Jahr nach seiner wunderbar schrägen Tragikomödie
"Silver Linings" bringt Regisseur und Drehbuch-Autor David O. Russell
schon seinen nächsten Film in die Kinos – und wird dafür mit zehn
OSCAR-Nominierungen belohnt. Das sind sogar noch einmal zwei mehr als bei
"Silver Linings", was allerdings nicht bedeutet, daß "American
Hustle" der bessere Film ist. Ich würde sogar behaupten, daß er inhaltlich
eindeutig schwächer ist. Allerdings ist er schauspielerisch, inszenatorisch und
handwerklich so gut, daß die zehn Nominierungen letztlich gerechtfertigt
sind – und dabei fehlt sogar eine für Make-Up und Hairstyling, was insofern
recht kurios ist, als die herrlich geschmacklosen 1970er Jahre-Frisuren der
Darsteller so etwas wie der heimliche Star des Films sind ...
Nicht ohne Grund beginnt "American Hustle" sogar
damit, wie der von Christian Bale gespielte, deutlich übergewichtige Irving
Rosenfeld kunstvoll seine nicht mehr allzu zahlreichen Haare so drapiert, daß
sie seine gesamte Kopfhaut bedecken. Und bereits diese wortlose, ausführlich
präsentierte Szene drückt deutlich aus, worum es in dieser Geschichte geht: Um
den schönen Schein, um das Vorspiegeln falscher Tatsachen, letztlich um: Betrug
(inklusive Ehe-Betrug). Ein Stück weit gilt das auch für den Film selbst; nicht,
daß "American Hustle" Betrug am Zuschauer darstellen würde, aber er
ist eindeutig mehr Schein als Sein, "style over substance" lautet die offenkundige Devise. Das muß man nicht
unbedingt als Schwachpunkt des Films werten, schließlich ist es sehr
offensichtlich, daß Russell und sein ganzes Team "American Hustle"
als große Spielwiese für Erwachsene betrachten, in der sie sich mal so richtig
schön austoben können. Aber bevor man das Kinoticket löst, sollte man eben wissen, daß hier keine tiefgehende, emotional ergreifende Geschichte mit
gesellschaftskritischem Anspruch erzählt wird, sondern "nur" eine für
das Genre erstaunlich geradlinige, launige Gaunerfarce, im Grunde genommen
ein umgekehrtes "Ocean's Eleven".
Zunächst läßt ein ziemlich zäher Beginn nicht gerade
Begeisterung aufkommen. In der ersten halben Stunde werden Irving, Sydney und
ihre gemeinsamen Trickbetrüger-Machenschaften ebenso ausführlich vorgestellt
wie ihre Liebesbeziehung, die durch den verdeckten FBI-Agenten
Richie schnell zur Dreiecksbeziehung wird (und in dieser Rechnung ist Irvings Ehefrau noch gar
nicht berücksichtigt). Das Problem ist nur, daß keine der zahlreichen
Liebeskonstellationen des Films echtes romantisches Knistern hervorbringt, mit
Ausnahme vielleicht von einer oder zwei kurzen Szenen. Dafür erhalten die
Figuren niemals genügend Tiefe, auch die "romantische Chemie"
zwischen den fantastisch agierenden Schauspielern ist nicht allzu
ausgeprägt. Das sorgt dafür, daß die regelmäßig eingestreuten Beziehungsszenen
den Unterhaltungswert und das Tempo des mit deutlich über zwei Stunden etwas zu
lang geratenen Films immer wieder ausbremsen; denn jene Sequenzen, die
direkt oder indirekt (etwa einige furiose Partyszenen) mit den immer riskanter werdenden Betrügereien zu tun
haben, sind richtig gut geworden, phasenweise sogar begeisternd. Die
"Operation Abscam" des FBI gab es übrigens wirklich, sie dient für den Film
allerdings nur als eher lose Inspirationsquelle, wie schon die ganz zu Beginn eingeblendeten
Worte "Einiges hiervon ist tatsächlich geschehen" verdeutlichen.
Wenn Irving und Sydney gemeinsam mit ihrem aufgezwungenen
Partner Richie versuchen, Bürgermeister Carmine Polito durch einen vorgeblichen Scheich,
der viele Millionen in das heruntergekommene New Jersey investieren will, der
Korruption zu überführen, dann ist das einfach herrlich anzuschauen. Weil es
von Russell grandios zu einem schmissigen 1970er Jahre-Soundtrack (u.a. Tom
Jones, Donna Summer, Bee Gees, America, Elton John, Paul McCartney) in Szene
gesetzt ist; weil es jede Menge absurden Humors zu bestaunen gibt – ein Running
Gag ist beispielsweise die Interaktion des hyperaktiven Richie mit seinem von
Comedian Louis C.K. ("Blue Jasmine") verkörperten und über Richies
über seinen Kopf hinweg etablierte Operation alles andere als erfreuten
Vorgesetzten; weil die Frisuren aller Beteiligten ein steter Quell der
Erheiterung sind. Und vor allem, weil sich die Darsteller allesamt die Seele
aus dem Leib spielen. Vollkommen zurecht wurden aus dem zentralen Quintett vier
Akteure für einen OSCAR nominiert, nur der arme Jeremy Renner wurde übergangen.
Dabei hat er mich sogar am meisten begeistert, gemeinsam mit Christian Bale,
dem es am besten gelingt, seiner Rolle – die mit dem Verlauf der Geschehnisse
eigentlich als einzige überhaupt nicht glücklich ist – mit trockenem Humor und
unterkühltem Charisma Leben einzuhauchen. Dazu präsentiert sich Amy Adams so
sexy wie in keinem Film zuvor, und das "Silver Linings"-Paar
Bradley Cooper und Jennifer Lawrence, das in der ersten Filmhälfte etwas
blaß bleibt, läuft im letzten Akt auch noch zu ganz großer Form auf. Nicht zu
vergessen: In einem tollen Gastauftritt darf Robert De Niro (der als Coopers Vater ebenfalls zum
"Silver Linings"-Cast zählte) endlich mal wieder einen brutalen,
brandgefährlichen Mafioso spielen. Und wenn diese schauspielerischen
Schwergewichte gewissermaßen "all in" gehen, dann sieht man als
Zuschauer auch mal gerne darüber hinweg, daß die eigentliche Story eher
mickrig und dramaturgisch wenig anspruchsvoll ist.
Fazit: "American Hustle" ist eine
handwerklich nahezu perfekte Betrügerfarce, die mit einem sensationellen, spielfreudigen Schauspieler-Ensemble und seiner authentisch eingefangenen 1970er
Jahre-Atmosphäre begeistert, unter der hell glänzenden Oberfläche aber
storytechnisch nicht wirklich viel zu bieten hat.
Wertung: 7,5 Punkte.
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