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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 17. Mai 2018

DEADPOOL 2 (2018)

Regie: David Leitch, Drehbuch: Rhett Reese, Paul Wernick und Ryan Reynolds, Musik: Tyler Bates
Darsteller: Ryan Reynolds, Josh Brolin, Julian Dennison, Morena Baccarin, Zazie Beetz, Stefan Kapičić, Brianna Hildebrand, Shioli Kutsuna, Leslie Uggams, T.J. Miller, Karan Soni, Brad Pitt, Eddie Marsan, Bill Skarsgård, Rob Delaney, Terry Crews, Lewis Tan, Jack Kesy, Mike Dopud, Alan Tudyk, Matt Damon, Nicholas Hoult, James McAvoy, Evan Peters, Tye Sheridan, Kodi Smit-McPhee, Alexandra Shipp, Hugh Jackman, Rhett Reese, Paul Wernick
 Deadpool 2
(2018) on IMDb Rotten Tomatoes: 84% (7,1); weltweites Einspielergebnis: $786,7 Mio.
FSK: 16, Dauer: 120 Minuten.

Das vergleichsweise sorgenfreie Leben von Wade Wilson (Ryan Reynolds, "The Voices") alias Deadpool als ein weltweit tätiger Söldner und Bösewicht-Killer, der zu Hause stets von seiner liebenden und sehr verständnisvollen Freundin Vanessa (Morena Baccarin, "Serenity") erwartet wird, nimmt nach zwei Jahren ein jähes Ende, als ihm ein Auftrag gründlich mißlingt. Sein alter Mutanten-Kumpel Colossus (Stefan Kapičić) nimmt sich Wades an und versucht einmal mehr, ihn zu einem echten Superhelden zu formen. Auch seine Zeit als X-Men-Azubi endet jedoch rekordverdächtig schnell und sehr blutig, weshalb er in ein Mutanten-Hochsicherheitsgefängnis namens "Eisbox" befördert wird. An seiner Seite ist dabei der übergewichtige Teenager Russell (Julian Dennison), der in einem sektenartigen Waisenhaus für Mutanten aufwuchs und bittere Rachegedanken gegen den Heimleiter (Eddie Marsan, TV-Miniserie "River") mit sich trägt. Und dieser Russell ist zu Deadpools Erstaunen zudem das Ziel von Cable (Josh Brolin, "Sicario"), einem zeitreisenden Cyborg-Mutanten-Söldner aus der Zukunft, der in die Eisbox einbricht …

Kritik:
Anfang 2016 bewies "Deadpool" den zahlreichen Skeptikern in den großen Filmstudios, daß auch Superhelden-Filme, die sich nicht an die gesamte Familie richten, das Zeug zum Welthit haben. "Deadpool" war – wie die Marvel-Comicvorlage – brutal und zynisch und geizte nicht mit Witzen unterhalb der Gürtellinie. Das Resultat war eine schwarzhumorige, trotz einer ziemlich generischen Story und einiger Gag-Rohrkrepierer sehr unterhaltsame Superhelden-Parodie, die mal eben das Dreizehneinhalbfache ihres überschaubaren Budgets von $58 Mio. einspielte – wobei das sicher auch der grandiosen Marketing-Kampagne und dem unermüdlichen Einsatz von Titeldarsteller Ryan Reynolds geschuldet war. Mit "Logan" zog ein Jahr darauf ein weiterer Vertreter aus 20th Century Fox' X-Men-Universum mit einem ebenso an etwas ältere Zuschauer gerichteten Film nach, was sogar eine OSCAR-Nominierung für das Drehbuch nach sich zog. Wieder ein Jahr später setzt "Deadpool 2" den Trend fort und bezieht sich dabei witzigerweise zu Beginn sogar explizit auf ebenjenen "Logan" – was gleich in mehrfacher Hinsicht ein Meta-Gag ist, denn Ryan Reynolds macht aus seinem Herzenswunsch keinen Hehl, nach dem eher mißglückten "X-Men Origins: Wolverine" aus dem Jahr 2009 (mit einem noch vergleichsweise extrem zahmen Deadpool) ein "richtiges" Crossover-Abenteuer mit Deadpool und Wolverine zu realisieren (was leider unwahrscheinlich ist, da Hugh Jackman ja "Logan" zu seinem Abschied von der Rolle erklärt hat). Dieser Auftakt zeigt früh die Marschroute von "Deadpool 2" an, der das olympische Motto ein wenig variiert und zu "schneller, brutaler, spektakulärer, witziger und besser" ausbaut und damit seinen Vorgänger noch übertrifft.

Das gilt allerdings nicht für die eigentliche Handlung, denn die ist nicht weniger zweckmäßig gestaltet als beim ersten Film. Immerhin macht sich Deadpool, der wiederum sehr gerne die vielbeschworene "vierte Wand" durchbricht und direkt zum Publikum spricht, selbst wiederholt darüber lustig, was zwar etwas Alibihaftes an sich hat, aber trotzdem viel Spaß macht. Und "Spaß" ist das entscheidende Wort, wenn es um "Deadpool 2" geht. Der Protagonist selbst bezeichnet ihn zwar als einen Familienfilm (nachdem der erste Teil ein Liebesfilm war …) und auf verquere Weise stimmt das sogar irgendwie; in allererster Linie ist der diesmal von "Atomic Blonde"- und (gemeinsam mit Chad Stahelski) "John Wick"-Regisseur David Leitch dynamisch in Szene gesetzte Film aber eine Komödie. Eine Komödie, die sich nach Herzenslust über das eigene Genre und speziell über die Superhelden-Filme von Marvel wie auch DC lustig macht und darüber hinaus mit so vielen popkulturellen Referenzen um sich wirft, daß man beinahe das Niveau von Spielbergs "Ready Player One" erreicht. Bei einem solchen Gag- und Zitategewitter trifft naturgemäß nicht jeder Pfeil ins Schwarze und letzten Endes hängt viel vom individuellen Humorgeschmack und dem jeweiligen Erkennen der zahllosen Anspielungen ab – in meinen Augen ist die Trefferquote der Witze und One-Liner jedoch erheblich höher als im Vorgänger. Tatsächlich kann ich sogar behaupten, schon seit Jahren selbst bei "echten" Komödien nicht mehr so viel und ausdauernd im Kino gelacht zu haben wie hier! Absoluter Höhepunkt ist in meinen Augen eine wohl 10- bis 15-minütige Phase im Mittelteil, in der Deadpool mit seinem Kumpel Weasel (T.J. Miller, "Cloverfield") eine eigene (aus den Comics bekannte) Superhelden-Truppe namens "X-Force" aufbaut und mit dieser prompt zu einem ersten Einsatz aufbricht, um Russell vor Cable zu schützen. Dramaturgisch ist diese Eskapade vollkommen überflüssig, aber in dieser Viertelstunde kulminiert der schiere Wahnwitz des Drehbuchs an dem Ryan Reynolds diesmal selbst mit dem Autoren-Duo von Teil 1 (Rhett Reese und Paul Wernick) gearbeitet hat und das eine unfaßbare Aneinanderreihung haarsträubender und teilweise sehr fieser Slapstick-Situationen beinhaltet, die man so garantiert in keinem anderen Superhelden-Film jemals zu Gesicht bekommen würde …

Die meiste Screentime innerhalb der X-Force erhält Domino (Zazie Beetz, TV-Serie "Atlanta"), deren Superkraft schlicht und ergreifend Glück ist – was wiederholt herrliche Szenenabfolgen hervorbringt, wenn Göttin Fortuna sich nach Kräften anstrengen muß, um Domino heil aus den entsprechenden Situationen herauszubekommen. Grundsätzlich muß man aber zugeben, daß sämtliche Figuren außer Deadpool recht kurz kommen. Neben der von der gebürtigen Berlinerin Beetz sympathisch-lässig verkörperten Domino haben Russell – gespielt von Julian Dennison, dem jugendlichen Star der hochgelobten neuseeländischen Abenteuerkomödie "Wo die wilden Menschen jagen" von "Thor 3"-Regisseur Taika Waititi –, Cable und mit Abstrichen Colossus einigermaßen große Rollen, doch sie alle spielen ganz klar die zweite oder dritte Geige bei der atemlosen One-Man-Show des Titel(anti)helden. Bei Cable ist das ein bißchen enttäuschend, denn Josh Brolin zeigt kurz nach seiner grandiosen Leistung als MCU-Oberbösewicht Thanos in "Avengers: Infinity War" wiederum, wie souverän und kraftvoll er eine ultracoole Badass-Figur verkörpern kann – davon hätte man gerne etwas mehr zeigen dürfen. Daß man darüber jedoch nicht allzu sehr meckern kann, liegt einfach daran, daß Deadpool für Ryan Reynolds weiterhin die Rolle seines Lebens ist, die er mit vollem Körpereinsatz und mit seinem ganzen Charisma und vorlauten Witz ausfüllt. Natürlich, nach den gängigen Regeln der Filmkritik ist "Deadpool 2" – wie schon der erste Teil – kein wirklich guter Film; dafür fehlt es der Handlung eindeutig an Eigenständigkeit und Anspruch und den Nebencharakteren an Tiefe, ja sogar die am Computer generierten Spezialeffekte reichen nicht an die Qualität der teureren Genrekollegen heran (dafür muß man ausnahmsweise mal keinen 3D-Aufpreis zahlen …), auch wenn speziell die an "Final Destination" erinnernden Domino-Actionsequenzen sehenswert choreographiert sind. Aber wer Comicverfilmungen und Superhelden-Abenteuer auch nur ein bißchen mag und mit derbem, oft zynischen Humor, literweise spritzendem Blut und abgetrennten Körperteilen kein Problem hat, für den ist "Deadpool 2" mit seinem Füllhorn an Gags und Ironie (inklusive eines gagreichen – man achte etwa darauf, wer angeblich für die Kameraführung zuständig war – Vorspanns im James Bond-Stil mitsamt dem dazu passenden Song "Ashes" von Celine Dion) sowie der wohl längsten Sterbeszene der Filmgeschichte ein wahrer Hit. Zugegeben, Deadpools Attitüde ist natürlich nicht mehr ganz so originell wie im ersten Film; je nach Geschmack mag sie bereits erste Abnutzungserscheinungen an den Tag legen, bei mir ist das aber nicht der Fall, weshalb ich sehr auf einen dritten Film hoffe. Oder gar einen "Deadpool & Wolverine"-Ableger? Achja, ein Tip noch: Während des Abspanns unbedingt sitzenbleiben!

Fazit: "Deadpool 2" baut die Stärken des unkonventionellen Vorgängers gekonnt aus und bietet Comicfans ein noch haarsträubenderes, wahnwitzigeres und durchgeknallteres Gag-, Slapstick- und Zitatengewitter, in dessen zentraler Rolle Ryan Reynolds erneut voll aufgeht – für manchen mag das allerdings schon ein bißchen zu viel des Guten sein, zumal die Handlung ziemlich nebensächlich ist.

Wertung: 8,5 Punkte (ein Kompromiß zwischen meiner etwas höheren subjektiven Bewertung und meiner etwa einen Punkt niedrigeren objektiven Bewertung).


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