Regie: Joss Agnew und Stephen Woolfenden, Drehbuch: Debbie
Horsfield, Musik: Anne Dudley
Darsteller:
Aidan Turner, Eleanor Tomlinson, Jack Farthing, Heida Reed, Gabriella Wilde, Luke
Norris, Caroline Blakiston, Harry Richardson, Tom York, Ellise Chappell,
Christian Brassington, Harry Marcus, Josh Whitehouse, Beatie Edney, Tristan
Sturrock, Sean Gilder, John Hopkins, John Hollingworth, James Wilby, Pip
Torrens, Turlough Convery, Ed Browning, Richard Hope, Esme Coy, Ciara
Charteris, Ruby Bentall, John Nettles, Richard McCabe, Robin Ellis
Ende der 1790er Jahre: Die französische Revolution ist immer
noch im vollen Gange, was im britischen Empire in mindestens zweierlei Hinsicht
die Sorgen schürt. Erstens davor, daß die geknechtete, von wiederholten Ernteausfällen
geplagte Landbevölkerung sich inspiriert fühlen und ebenfalls
rebellieren könnte und zweitens davor, daß die französischen Revolutionäre eine
Invasion Großbritanniens starten – wovon Cornwall wohl als erstes
betroffen wäre. Während der kriegserfahrene Ross Poldark (Aidan Turner,
"Der Hobbit") die Ausbildung einer Art Bürgerwehr übernimmt und der
fortschrittliche Abgeordnete Sir Francis Bassett (John Hopkins, TV-Reihe
"Inspector Barnaby") Verbündete im Kampf gegen Vetternwirtschaft und
Eliten-Korruption sucht – am liebsten wäre ihm Ross, der aber auf keinen Fall
Politiker werden will –, hat Ross' bester Freund Dr. Dwight Enys (Luke Norris)
auf einem Kriegsschiff angeheuert. Als er wie viele seiner Kameraden nach einem
schweren Gefecht in Gefangenschaft der französischen Revolutionäre gerät, macht
sich Ross mit einigen Getreuen auf den Weg, um ihn zu retten. Derweil muß sich
seine tüchtige Ehefrau Demelza (Eleanor Tomlinson, "Colette") um die
Poldark-Ländereien und ihre Bewohner kümmern und außerdem noch um ihre beiden
Brüder Sam (Tom York, TV-Serie "Olympus") und Drake (Harry Richardson,
"Dunkirk"), die einen Neuanfang suchen und dabei komplizierte
potentielle Romanzen finden. Das gilt speziell für Drake, der sich ausgerechnet
in Morwenna (Ellise Chappell) verliebt, Gouvernante des jungen Geoffrey
Charles (Harry Marcus, "Die Schöne und das Biest") – Sohn von Ross'
Ex-Verlobter Elizabeth (Heida Reed, "Zwei an einem Tag") und
Stiefsohn seines Rivalen George Warleggan (Jack Farthing, "The Riot
Club"), der unterdessen seine Macht auch wegen Ross' Untätigkeit immer
weiter ausbauen kann …
Kritik:
Nachdem mich die zweite Staffel der wildromantischen britischen
Historien- und Abenteuerserie "Poldark" vor allem in der zweiten Hälfte mit
unzähligen unfaßbar dämlichen Entscheidungen fast aller Protagonisten genervt
hatte (dabei aber trotzdem stets unterhaltsam blieb), tritt in der dritten Staffel
glücklicherweise die erhoffte Besserung ein. Zwar trifft speziell Ross noch
immer häufig denkbar schlechte Entscheidungen, diese rühren diesmal jedoch vorwiegend aus
seiner Sturheit her und dem Unwillen, über seinen Schatten zu springen und seine
Komfortzone zu verlassen, und sind somit charakterlich durchaus passend und
glaubwürdig. Schließlich haben wir Ross Poldark von Anfang an als einen
aufrechten und weitestgehend prinzipientreuen Mann kennengelernt, der sich der
einfachen Bevölkerung eigentlich stärker verbunden fühlt als seinen allzu oft
abgehobenen, korrupten und mitleidlosen Mitadeligen – da macht es absolut Sinn,
daß Ross weder Magistrat (als der er über seine Mitbürger richten müßte) noch
Politiker werden möchte, selbst im Wissen, daß sein jeweiliger Ersatz mit Sicherheit eine erheblich schlechtere Wahl
für die Allgemeinheit sein wird. Tatsächlich ist das der rote Faden, welcher die
gesamte Staffel durchzieht: Ross soll (noch) mehr Verantwortung übernehmen, weigert
sich, wird aber von immer mehr Freunden und Bekannten gedrängt, seine Meinung
zu ändern. Und dieser rote Faden – so frustrierend er angesichts Ross' Sturheit
phasenweise sein kann – tut der Staffel gut, er etabliert gekonnt die Grundlage für
eine vierte Staffel, in der Ross hoffentlich endlich mal so richtig
loslegt.
Die dritte Staffel bietet viel Gewohntes, ist aber auch
von starken Veränderungen durchzogen, speziell, was die Besetzung betrifft. Das
sorgt einerseits für frischen Wind, andererseits ist es aber traurig,
daß man auf beliebte Figuren verzichten muß – teilweise wohl nur vorübergehend,
teilweise für immer. Ross' unzuverlässiger und versoffener, letztlich aber doch
loyaler Diener Jud beispielsweise fehlt komplett, was in einem Nebensatz
erklärt wird – Darsteller Phil Davis war anderweitig beschäftigt, schließt eine
Rückkehr zur Serie allerdings nicht aus. Andere Figuren haben storybedingt nur kurze
Auftritte, darunter Ross' Cousine Verity (Ruby Bentall) und leider auch John "Inspector Barnaby"
Nettles' Ray Penvenen, stinkreicher Onkel von Dwights frisch angetrauter Caroline
(Gabriella Wilde, "Die drei Musketiere"). Apropos Dwight: Auch der
macht sich zu Beginn der Staffel rar, während seiner
Kriegsgefangenschaft muß er sich meist mit ein oder zwei kurzen Szenen pro
Episode begnügen. Umgekehrt sind Ross' alte Kriegskameraden und Freunde Zacky
Martin (Tristan Sturrock, TV-Serie "Doc Martin") und Capt. Henshaw
(John Hollingworth, "Transformers: The Last Knight") vorwiegend in
der ersten Hälfte zu sehen. Diese Absenzen ergeben naturgemäß viel Raum für
andere Figuren, alte wie neue. Daß Caroline eine noch etwas größere Rolle
spielt als in der zweiten Staffel – sie ist inzwischen Demelzas beste Freundin –, ist beispielsweise eine sehr erfreuliche Entwicklung.
Doch auch die Neuzugänge wissen überwiegend zu gefallen; ich war zunächst
skeptisch bei der Einführung von Demelzas frömmlerischen Brüdern, doch beide
bereichern "Poldark" eindeutig. Besonders die vermeintlich zum
Scheitern verdammte, aber umso romantischere Liebe des jüngeren Drake zur
reizenden Morwenna entwickelt sich rasch zum emotionalen Zentrum der Staffel
(was aber auch damit zusammenhängt, daß es zwischen Ross und Demelza weiterhin ein wenig kriselt), zumal die beiden und der meist
ebenfalls involvierte Geoffrey Francis-Darsteller Harry Marcus wunderbar
miteinander harmonieren. Sam bleibt dagegen eine Nebenfigur, die in der
zweiten Staffelhälfte aber einen der amüsantesten Handlungsstränge erhält, als der fromme Methodisten-Prediger sich ausgerechnet in die unflätige und wenig
keusche Emma (Ciara Charteris, "Mary Shelley") verguckt. Die
wiederum ist die Tochter von Tholly Tregirls (Sean Gilder, "The Fall"),
einem alten Seebären und früheren Weggefährten von Ross' Vater, der mit seinen Schmuggler-Kontakten bei der Suche nach Dwight in Frankreich
hilft.
Wie gesagt, es hat sich viel verändert in der Welt von
"Poldark". Anderes ist hingegen gleich geblieben, neben den gewohnt großartigen Landschaftsaufnahmen und der stimmigen Musik allem voran die zentrale
Fehde zwischen Ross und George sowie Ross' Unfähigkeit, endgültig von
Elizabeth abzulassen – wobei es natürlich nicht hilfreich ist, daß Elizabeth' und
Georges neugeborener Sohn das Resultat ihrer letzten Begegnung mit Ross in
Staffel 2 sein könnte ... Das vermutet jedenfalls die immer noch rüstige Tante Agatha (Caroline
Blakiston, "Scoop"), die inzwischen an der Schwelle ihres 100. Geburtstages
steht und ihre Zeit neben dem Legen von Tarotkarten weiterhin am allerliebsten
damit verbringt, George mit ihren spitzen Bemerkungen zur Weißglut zu treiben. Dieses Hobby
ist auch für die Zuschauer steter Quell der Erheiterung, wenngleich man
ehrlich zugeben muß, daß Agatha mit ihren ständigen Provokationen
Georges Unmenschlichkeit nur noch weiter antreibt und ihm außerdem immer
öfter überraschend gute Konter gelingen. Das ist zumindest so etwas wie
eine Entwicklung beim großen Serienunhold, der ansonsten bedauerlicherweise wie in der zweiten Staffel allzu karikaturhaft böse
gezeichnet wird. Ich hatte ihn bereits in der vorherigen Staffel mit Donald
Trump verglichen, diesmal werden die Parallelen sogar noch offensichtlicher. George hat kein Gewissen, keine Skrupel und keine Moral; bei allem, was er tut, denkt er allein an sich. Damit
ist er natürlich weiterhin ein guter Widersacher für Ross, ohne neue Facetten
wird die Figur allerdings zunehmend langweilig bis nervig. Immerhin im Staffelfinale
überrascht er doch mit einem Moment echter Menschlichkeit und
Verletzlichkeit, was mir ein bißchen Hoffnung für die viertel Staffel gibt –
allerdings wirklich nur ein bißchen. Dabei hätte sich durchaus die Gelegenheit
ergeben, George zumindest ein wenig von seinem Fieslings-Sockel
herunterzuholen, denn mit dem sexsüchtigen und brutalen Reverend Osborne
Whitworth (Christian Brassington, "Elizabeth – Das goldene Königreich")
– den George wegen seiner noblen Verwandtschaft zum künftigen Gatten Morwennas
auserkoren hat – wird jemand eingeführt, der nicht weniger verachtenswert
agiert als George. Gut, für den neuen Hauptschurken ist "Ossie"
wahrscheinlich ein bißchen zu dämlich, aber man hätte ihn zumindest nutzen
können, um die Last der Bösartigkeit etwas besser zu verteilen.
Mehr Sorgfalt hätte ich mir auch bezüglich der Darstellung
von Elizabeth gewünscht, nachdem man sie in der vorigen Staffel innerhalb
kürzester Zeit von einer selbstbewußten, intelligenten Frau zu einem
beinahe willenlosen Püppchen gemacht hat, das sich problemlos von George manipulieren
läßt. Daran hat sich leider nicht viel geändert: Es gibt zwar ein paar
erhellende Momente, aber insgesamt fehlt weiterhin eine echte Erklärung dafür,
daß sie sich so oft von Georges berechnendem, menschenverachtenden Verhalten
anstecken läßt, selbst wenn dieses ihre eigenen Verwandten trifft. Natürlich, man muß
ihr die Stellung als Frau im 18. Jahrhundert zugutehalten und die Angst um ihre
Zukunft und die ihrer Kinder nach dem Tod ihres ersten Mannes Francis, aber für mich
reicht das alleine nicht aus. Andernorts ist es angesichts ihrer exzellenten Chemie zusammen derweil bedauerlich, daß Ross und Demelza relativ wenig Zeit gemeinsam
verbringen. Ross ist ja immer mal wieder unterwegs zwecks
Dwights Befreiung, doch auch anschließend bleibt die Beziehung recht kühl.
Demelza fühlt sich (nicht zu Unrecht) von Ross nicht genügend wertgeschätzt,
weshalb sie umso empfänglicher wird für die schönen Augen, die ihr der junge,
fesche und künstlerisch veranlagte Lieutenant Hugh Armitage (Josh Whitehouse)
macht, mit dem sich Dwight in der Kriegsgefangenschaft angefreundet hat. Zwar
wirkt dieser Handlungsstrang ein wenig repetitiv, da Demelza bereits in der Vorstaffel damit liebäugelte, Ross' Fehltritt auf gleiche Weise zu
bestrafen – in der konkreten Ausgestaltung ist diese neue Variante jedoch
unterschiedlich und auch gefühlvoll genug, um ihre Berechtigung zu haben. Eine gute Nachricht ist zudem, daß die weiterhin
famose Demelza-Darstellerin Eleanor Tomlinson das Publikum in den neun Episoden
der Staffel (die erste umfaßte acht, die zweite zehn) mindestens drei Mal mit
ihrer wunderbaren Gesangsstimme beglücken darf. Letztlich wirkt die dritte
Staffel von "Poldark" – die besser ist als die zweite, aber nicht ganz an die erste heranreicht – ein wenig wie eine Übergangsstaffel: Es werden etliche
alte Gesichter aussortiert und viele neue (meist vielversprechende) etabliert,
zudem wird der Grundstein für eine wohl deutlichere Wandlung von Ross
gelegt, die ab der vierten Staffel ihre Früchte tragen sollte. Da läßt sich
verschmerzen, daß die politischen, wirtschaftlichen (Ross' Mine spielt diesmal
kaum eine Rolle) und gesellschaftlichen Aspekte der Story arg an den Rand
gedrängt werden, denn gerade durch Ross' neue Rolle sollten sie in Zukunft
wieder weit nach vorne rücken. Und darauf freue ich mich!
Fazit: Die dritte Staffel von "Poldark"
hält weitestgehend an den Stärken der wildromantischen Abenteuerserie fest, mistet im beachtlichen Ensemble schwungvoll aus und bereitet zukünftige Ereignisse geschickt vor –
auch wenn die Story angesichts der zahlreichen abgehandelten Storyfäden
mitunter etwas den Fokus verliert und die Figurenzeichnung etwas zu
skizzenartig ausfällt.
Wertung: 8 Punkte.
Die dritte Staffel von "Poldark" erscheint am 6. April 2018 von Edel:Motion auf DVD und Blu-ray. Zum umfangreichen Bonusmaterial zählen drei Sammelkarten, insgesamt knapp eine Stunde Interviews und Featurettes sowie (nicht untertitelte) Audiokommentare zu zwei Schlüsselfolgen. Mein Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Glücksstern-PR zur Verfügung gestellt.
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