Originaltitel:
War for the Planet of the Apes
Regie: Matt Reeves, Drehbuch: Mark Bomback und Matt Reeves,
Musik: Michael Giacchino
Darsteller: Andy Serkis, Woody Harrelson, Karin Konoval,
Terry Notary, Steve Zahn, Michael Adamthwaite, Amiah Miller, Judy Greer, Ty
Olsson, Sara Canning, Gabriel Chavarria, Timothy Webber, Aleks Paunovic, Alessandro Juliani,
Max Lloyd-Jones, Dean Redman, Chad Rook, Devyn Dalton, Roger Cross, Toby Kebbell
FSK: 12, Dauer: 140 Minuten.
Caesars (Andy Serkis, "Der Hobbit") Rivale Koba
ist tot, doch der von ihm angezettelte Krieg gegen die Reste der Menschheit ist
auch zwei Jahre später noch im Gange. Da der weiterhin auf
Frieden zwischen den Spezies hoffende Caesar sich mit den meisten Affen in die
Wälder zurückgezogen hat und nur zur Selbstverteidigung kämpft, sieht es aus, als könnten die vom fanatischen Colonel (Woody Harrelson, "Die Tribute von Panem") angeführten und von einigen verbliebenen Getreuen
Kobas unterstützten Menschen gewinnen. Nachdem Caesars versteckte Basis aufgeflogen ist, schickt er die Affen auf den Weg zu einem
geschützt gelegenen und menschenleeren Ort, den sein Sohn Blue Eyes (Max Lloyd-Jones) und
Caesars Stellvertreter Rocket (Terry Notary, "Kong: Skull Island")
auf einer Erkundungstour gefunden haben. Caesar selbst will derweil den Colonel aufsuchen und so die
Aufmerksamkeit der Menschen auf sich lenken. Begleitet von seinen engsten
Freunden Rocket und Maurice (Karin Konoval) sowie dem kampfstarken Gorilla Luca
(Michael Adamthwaite) bricht er auf, doch der Colonel ist bereits
in den Norden gezogen, scheinbar um sich mit noch mehr Soldaten zu
treffen. Während sie den Soldaten folgen, treffen Caesar und seine Gefährten
auf den ortskundigen Schimpansen Bad Ape (Steve Zahn, "Dallas Buyers Club"), der ihnen hilft, aber immer wieder auch auf Menschen,
die die Fähigkeit zum Sprechen verloren zu haben scheinen – unter ihnen ein junges
Mädchen (Amiah Miller, "Lights Out"), das sie auf Maurices Drängen
hin mitnehmen, da es alleine sicher sterben würde …
Kritik:
Als 2010 ein Prequel zur altehrwürdigen "Planet
der Affen"-Reihe aus den 1960er und 1970er Jahren angekündigt wurde, waren
die Reaktionen im allgemeinen bestenfalls verhalten. Das 21. Jahrhundert wimmelt nur so vor
Remakes, Reboots und auch Prequels zu Filmklassikern, doch wenige erreichen
auch nur ansatzweise die Qualität des jeweiligen Vorbilds. Bei Rupert Wyatts "Planet der Affen: Prevolution" ist das anders, er ist ein seriöser, mutiger, gut
durchdachter und dabei den Geist des Originals ehrender Film, der sich über
weite Strecken als ein intelligentes Charakterdrama präsentiert; und zudem natürlich
mit brillanten Spezialeffekten aufwartet, allen voran dem von Andy Serkis per
Motion Capture verkörperten intelligenten Gorilla Caesar. Die Fortsetzung
"Planet der Affen: Revolution" erhielt mit Matt Reeves ("Let
Me In") einen
neuen Regisseur und fiel actionbetonter aus, konnte aber ebenfalls auf der ganzen Linie überzeugen, gilt vielen sogar als noch besser als der direkte
Vorgänger und wurde dafür mit deutlich höheren Einspielergebnissen belohnt. Nun steht
mit "Planet der Affen: Survival", erneut von Matt Reeves inszeniert, das große Finale der Geschichte vom Aufstieg der Affen
und dem tiefen Fall der Menschheit ins Haus (zwar ist ein vierter Film bereits
angekündigt worden, der wird dann aber voraussichtlich eine ganz neue Story
erzählen) – und liefert einen großartigen Trilogieabschluß ab, der
vor allem in der ersten Hälfte nahe an der erzählerischen und
filmtechnischen Perfektion ist!
Über den ästhetischen Wert der recht generischen
deutschen Titel dieser Prequel-Trilogie kann man sicher streiten, in dem
Fall muß man jedoch konstatieren, daß der "deutsche" Untertitel
"Survival" deutlich näher bei der Wahrheit bleibt als der
Originaltitel "War for the Planet of the Apes". Der suggeriert einen
großen Krieg zwischen Menschen und Affen, was ein Versprechen ist, das die
örtlich recht begrenzte Story nicht halten kann. Zwar gibt es zwei große
Schlachten (eine zu Beginn, eine am Ende), von einem echten Kriegsfilm ist
"Survival" aber – zum Glück – weit entfernt. Stattdessen funktioniert
die erste Filmhälfte als atemberaubend unterhaltsames, ebenso spannendes wie
intelligentes Abenteuerkino, stets begleitet von einer unübersehbaren
melancholischen Note. Daß es zu diesem Zeitpunkt speziell für die auf eigene
Angriffsaktionen verzichtenden Affen buchstäblich ums Überleben geht, macht
schon die anfängliche Schlacht klar, bei deren Inszenierung sich Matt
Reeves erkennbar von Vietnam-Filmen wie "Platoon", "Die durch
die Hölle gehen" und ganz besonders "Apocalypse Now" (auf den es
später sogar eine direkte Anspielung gibt) hat inspirieren lassen. Das paßt
schon optisch, da sich Caesar und seine Anhänger tief in die nordamerikanischen
Urwälder zurückgezogen haben, aber auch inhaltlich, weil es sich um einen
sinnlosen Krieg handelt, in dem es eigentlich keine Gewinner geben kann.
Aber wie gesagt, "Survival" ist trotz dieses
kriegerischen Auftakts (und Endes) kein Kriegsfilm, sondern zeichnet sich
vielmehr durch eine ungeheure Vielfalt aus. Es gibt eine hochspannende
Einbruchssequenz, herzzerreißende Momente, kluge, zum Nachdenken animierende
Dialoge, glaubwürdige Figuren und speziell nach dem Aufbruch Caesars zu seiner
Ablenkungsmission einige epische Momente voll purer Kinomagie! Einen großen Anteil
an dieser Kinomagie haben der Kameramann und der Komponist. Die Kameraarbeit
des erfahrenen Neuseeländers Michael Seresin ("Angel Heart",
"Harry Potter und der Gefangene von Askaban") ist von herausragender
Qualität, wiederholt begeistern – auch in der 2D-Fassung, die ich gesehen
habe – sensationell atmosphärische Bildkompositionen, die außerdem immer wieder
(wie etwa in der wunderbaren Strandszene) dem Original-"Planet der Affen"
aus dem Jahr 1968 Hommage zollen. Sogar noch besser ist die Musik von
Michael Giacchino, die ich gar als den besten Score seiner an starken Kompositionen
wahrlich nicht armen Filmkarriere ("Cloverfield", "Star Trek", "Jurassic World", "Zoomania", "Rogue One", ein OSCAR für "Oben") einschätze! Seine Melodien sind sogar
noch abwechslungsreicher als der Film selbst, sie klingen episch und melancholisch
wie bei James Horner ("Braveheart"), schwelgerisch und monumental wie
bei Dimitri Tiomkin ("Red River") und Maurice Jarre ("Doktor
Schiwago", "Lawrence von Arabien"), so sehnsüchtig wie bei Nino
Rota ("Der Pate"), spannungsgeladen wie bei Jerry Goldsmith
("Planet der Affen", "Star Trek: Der Film"),
zärtlich-melodisch wie bei Ennio Morricone ("Es war einmal in
Amerika") sowie treibend wie Basil Poledouris ("Conan der Barbar", die klare Inspirationsquelle für den großartigen Track "Planet of the
Escapes" und einige Passagen während des Abspanns). Das ist wirklich nicht
übertrieben: Giacchino vereint in seinem Score das Beste von diesen Meistern
der Filmmusik, verpaßt seinen Kompositionen aber wohlgemerkt dennoch seine ganz
eigene Note.
Bedauerlicherweise kann die zweite Hälfte von
"Survival" wegen einer gewissen storybedingten Statik – die
Handlung findet nun fast komplett in einer einzigen Örtlichkeit samt
unmittelbarer Umgebung statt – nicht ganz mithalten und hat zwischendurch sogar
ein paar kleinere Längen zu verzeichnen; um ein paar Minuten hätte man den deutlich
über zwei Stunden langen Film an dieser Stelle sicherlich kürzen können. Dafür ist
die Konfrontation zwischen Caesar und dem namenlos bleibenden Colonel
allerdings extrem spannungsgeladen, wobei Woody Harrelsons fiebrige
Interpretation des Antagonisten deutlich an Marlon Brandos
Kultrolle als Colonel Kurtz in Francis Ford Coppolas Anti-Kriegsklassiker
"Apocalypse Now" angelehnt ist. Es funktioniert, weil Harrelson
bekanntlich ein sehr guter Schauspieler ist und seine Figur nicht als reinen Irren
verkörpert. In einem aufschlußreichen Dialog mit Caesar erläutert der Colonel
sogar ausführlich seine Motivation, die irgendwie sogar halbwegs logisch
und nachvollziehbar ist – und im Grunde genommen durch die nur dem
Publikum aus dem Original-"Planet der Affen" bekannte, wenig rosige
Zukunft der Menschheit unter dem Affenregime sogar bestätigt wird. Die
Zuschauer sind so gezwungen, sich selbst mit unangenehmen moralischen Fragen auseinanderzusetzen,
auf die es keine klaren oder einfachen Antworten gibt; wie es bekanntlich sehr oft der
Fall ist, auch wenn gerade Politiker (speziell an den Rändern des politischen
Spektrums) gern das Gegenteil behaupten. Matt Reeves und sein Co-Autor Mark
Bomback ("Wolverine – Weg des Kriegers") legen es auf solche Interpretationen übrigens gezielt an, wie anhand des wiederholt auffälligen Symbolismus klar wird, wenn etwa die Behandlung der
gefangenen (und auch der kaum besser gestellten übergelaufenen) Affen deutlich an
die Sklaverei erinnert, während die vom Colonel angeführte "Alpha
Omega"-Militärsekte mit den gehirnwäscheartig verwendeten Parolen an den
Ku-Klux-Klan gemahnt und nebenbei durch die Integration von US-Flagge und -Hymne
auf den grassierenden Nationalismus nicht nur in den USA angespielt wird. Wer
keine Lust auf solche gesellschaftspolitischen Untertöne hat, der braucht sich jedoch nicht zu grämen, denn dieser Symbolismus läuft doch meist im Hintergrund
ab und lenkt nicht wirklich von der eigentlichen Handlung ab.
Interessanterweise und passend zur Namenlosigkeit
bleibt der Colonel letztlich eine Nebenfigur, ein – wenn auch schillerndes – Mittel
zum Zweck, denn während es in den beiden Vorgängern noch wichtige menschliche
Protagonisten als Identifikationsfiguren für das Publikum gab, traut sich
"Survival" erstmals, ganz klar die Affen ins Zentrum zu stellen. Allein
deshalb ist es auch konsequent, daß die überlebenden menschlichen Figuren aus
"Revolution" nicht mehr erwähnt werden – was natürlich
trotzdem schade ist; ich bin sicher nicht der einzige, der schon gerne erfahren
hätte, was aus den von Jason Clarke und Keri Russell gespielten Figuren
geworden ist. Dennoch muß man sagen: Diese Vorgehensweise funktioniert, da die
Reihe das Publikum bereits ausreichend an den Gedanken gewöhnt hat, daß hier die
Affen die Protagonisten sind, sodaß man an ihrer Seite kämpfende Menschen nicht vermißt – zumal dafür die Interaktion von Maurice, Luca, Rocket, Bad Ape
und Caesar mit dem herzallerliebsten Menschenmädchen für ein paar
emotionale Sternstunden sorgt. Die Motion Capture-Technik, die bereits in
"Revolution" nahezu perfekt schien, wurde noch einmal verfeinert (die
reitenden Affen wirken beispielsweise viel natürlicher) und ermöglicht
den Schauspielern zahllose mimische Nuancen – eine OSCAR-Nominierung für
Andy Serkis ist inzwischen fraglos überfällig, denn sein Caesar ist eine
derart lebensechte, nuanciert dargestellte Person, wie man sie selten in
Hollywood-Großproduktionen zu sehen bekommt! Der loyale, sanftmütige Orang-Utan
Maurice behält derweil seine Stellung als Publikumsliebling, während Steve Zahn
dafür sorgt, daß man auch den exzentrischen, aber hilfreichen Neuzugang
Bad Ape rasch ins Herz schließt. "Planet der Affen: Survival"
begeistert also beinahe auf der ganzen Linie und lange war ich mir ziemlich
sicher, daß ich endlich einmal wieder die Höchstwertung würde vergeben können.
Dafür reicht es letzten Endes aber nicht, da, wie angesprochen, die zweite
Hälfte nicht mehr so vielfältig und energetisch ist wie die erste; zudem ist es
sogar ziemlich ärgerlich, daß es gegen Ende zunächst einen extrem praktischen
Zufall und etwas später auch noch einen sehr dummen Menschen braucht, um
die Handlung in die von den Autoren gewünschte Richtung voranzutreiben. So
hervorragend das Drehbuch alles in allem auch geschrieben ist – das sorgt dann doch
für Abzüge in der B-Note.
Daß "Survival" kommerziell nicht an den Erfolg speziell von "Revolution" anknüpfen kann, ist ob der hohen Qualität und der
exzellenten Kritiken auf den ersten Blick erstaunlich, allerdings gibt es
einige Erklärungsmöglichkeiten: Möglicherweise haben ja doch die fehlenden
menschlichen Bezugspersonen manche Zuschauer abgeschreckt, auch der relativ pessimistische Grundton könnte ein Grund sein und speziell in Amerika die
gesellschafts- und USA-kritischen Untertöne (was aber natürlich nicht erklären
würde, warum die Einspielergebnisse sich im Rest der Welt fast identisch
entwickelt haben). Es bleibt zu hoffen, daß 20th Century Fox sich davon nicht
doch noch von dem bereits Ende 2016 angekündigten vierten Teil der Reihe
abhalten läßt. Denn mit der Caesar-Trilogie ist dem Studio etwas gelungen, das in der Filmlandschaft selten genug ist: ein Reboot, das das Original (bei der fünfteiligen Reihe konnten die vier Fortsetzungen das Niveau des ersten Films bei weitem nicht halten) qualitativ übertrifft!
Fazit: "Planet der Affen: Survival" ist
großes und technisch perfektes Hollywood-Kino im besten Sinne, vor allem die
abwechslungsreiche erste Hälfte begeistert mit einer intelligenten Handlung und
Momenten purer Kinomagie, während die statischere zweite Hälfte mit ein paar
kleineren Drebhuch-Schwächen klarkommen muß.
Wertung: 9 Punkte.
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