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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 11. Mai 2017

KING ARTHUR: LEGEND OF THE SWORD (3D, 2017)

Regie: Guy Ritchie, Drehbuch: Joby Harold, Lionel Wigram und Guy Ritchie, Musik: Daniel Pemberton
Darsteller: Charlie Hunnam, Jude Law, Astrid Bergés-Frisbey, Djimon Hounsou, Aidan Gillen, Eric Bana, Craig McGinlay, Freddie Fox, Kingsley Ben-Adir, Neil Maskell, Bleu Landau, Peter Ferdinando, Tom Wu, Annabelle Wallis, Geoff Bell, Mikael Persbrandt, Katie McGrath, Michael McElhatton, Poppy Delevingne, Rob Knighton, Jacqui Ainsley, David Beckham
 King Arthur: Legend of the Sword
(2017) on IMDb Rotten Tomatoes: 30% (4,7); weltweites Einspielergebnis: $203,9 Mio.
FSK: 12, Dauer: 127 Minuten.

Bevor der edle englische König Uther Pendragon (Eric Bana, "Hulk") von seinem machtgierigen Bruder Vortigern (Jude Law, "Grand Budapest Hotel") – einem Schüler des mächtigen Magiers Mordred – ermordet wird, kann er seinen kleinen Sohn Arthur in einem Ruderboot in Sicherheit schicken. Der Junge wird ohne Gedächtnis von Prostituierten in Londinium gefunden und bei ihnen im Bordell aufgezogen, mehr als 20 Jahre später leitet Arthur (Charlie Hunnam, "Die versunkene Stadt Z") das Freudenhaus, ist aber eher geschäftstüchtiger Beschützer der Frauen denn klassischer Zuhälter. So kommt es, daß er sich wegen eines mißhandelten Mädchens unwissentlich mit Männern anlegt, die unter dem Schutz des tyrannischen Königs Vortigern stehen. Seinen Häschern kann Arthur dank seiner loyalen Freunde knapp entgehen, dennoch hat sein Leben eine heftige Wendung genommen, die sich noch um ein Vielfaches verstärkt, als er zu seiner eigenen Überraschung feststellt, daß er das magische Schwert Excalibur aus dem Stein ziehen kann, in dem es seit Uthers Tod steckte – auf diese Weise erfährt Vortigern, daß der einzige, der ihm gefährlich werden kann, noch am Leben ist und nun die mächtige Waffe gegen ihn führt …

Kritik:
Mehrere Terminverschiebungen; diverse Titeländerungen; ein Presseembargo bis unmittelbar vor dem Kinostart. Alles ziemlich sichere Anzeichen für einen mißglückten Film. Von daher waren meine Erwartungen mäßig, als ich – noch ohne Kenntnis der (in der Tat überwiegend negativ ausgefallenen) US-Kritiken – ins Kino ging, um die neueste Variation der berühmten Artussage zu sehen. Und entsprechend groß war meine Freude, daß "King Arthur: Legend of the Sword" mir ziemlich gut gefallen hat. Klar, ein Meisterwerk ist "Legend of the Sword" nicht, dafür ist er tonal zu unentschlossen (und uneigenständig) und hat inhaltlich und technisch zu viele Mängel, zudem hat die Geschichte bis auf ein paar Namen nur sehr, sehr wenig mit der Artussage zu tun – ehrlich gesagt wäre "Robin Hood und seine fröhlichen Gesellen" wohl ein passenderer Titel gewesen, denn genau so fühlt sich der Guerrilla-Krieg von Arthur und seinen Freunden gegen den bösen König Vortigern allzu häufig an. Doch trotz aller Schwächen und trotz aller Anleihen bei Werken wie "Der Herr der Ringe" oder "300" sorgt "Legend of the Sword" dank der typischen Qualitäten des britischen Regisseurs Guy Ritchie ("Snatch", "Bube, Dame, König, GrAs", "RocknRolla") für zwei Stunden solide Fantasy-Unterhaltung mit rasant geschnittenen Kampfszenen und amüsanten, in hohem Tempo ausgetragenen Dialog-Duellen.

Wie man es von Guy Ritchie gewohnt ist, folgt sein "King Arthur" einer recht unkonventionellen Erzählstruktur, die zwar mitunter ein wenig holprig ausfällt, aber eine erfrischende Abwechslung vom sonstigen dramaturgischen Blockbuster-Einerlei ist. Das beginnt mit dem recht langen Prolog, der gleich in medias res geht und das Ende des Krieges zwischen den Menschen und den von Mordred angeführten Magiern zeigt. Und dieser Krieg ist wahrlich spektakulär in Szene gesetzt, denn die Magier haben hochhaushohe Kriegselefanten geschaffen (offensichtlich von den riesigen Olifanten aus "Der Herr der Ringe" inspiriert), die für Tod und Zerstörung sorgen. Nach dem Abschluß des Prologs mit dem Königsmord schildert Ritchie im Zeitraffer, wie sich Arthur in den folgenden Jahren entwickelt hat, wobei die exzellente musikalische Untermalung von Daniel Pemberton ("Steve Jobs") ihre Qualitäten ausspielen kann. Sein actionreicher Score klingt wie eine (gelungene) Mischung aus Altmeister Hans Zimmer und Tom Holkenborg alias Junkie XL (die ja auch schon mehrfach zusammengearbeitet haben, allen voran bei "Batman v Superman") und glänzt vor allem zu Beginn mit hohem Tempo, lobenswerter Variabilität und leicht exotisch anmutenden, aber sehr eingängigen Melodien. Später im Film wird die Musik zwar bedauerlicherweise etwas weniger abwechslungsreich, bleibt aber stets hörenswert. Auch der Cutter kann sich früh im Film richtig austoben, denn Guy Ritchie setzt einmal mehr auf extrem schnell geschnittene Collagen (ich frage mich ja, ob man als Cutter automatisch einen Gehaltszuschlag bekommt, wenn man für Ritchie arbeitet …), die im Zusammenspiel mit den mitunter fast maschinengewehrartigen Redegefechten einiges an Konzentration vom Zuschauer einfordern. Wenn man die aufbringt, kann man sich dafür an den ebenfalls so typischen Ritchie-Dialogen voller Wortwitz erfreuen, wenn Arthur etwa in einem wiederholt von Nachfragen und Anmerkungen unterbrochenen Verhör genau die Ereignisse des Tages schildern soll.

Damit wären wir allerdings auch schon bei einem der vielen kleineren Mankos von "King Arthur: Legend of the Sword": Dieser ganz typische Guy Ritchie-Stil wirkt in dieser Fantasy-Mittelalter-Geschichte gar nicht selten anachronistisch. Das war bis zu einem gewissen Grad schon bei seinen beiden "Sherlock Holmes"-Filmen so, doch waren die zeitlich natürlich nicht gar so weit in der Vergangenheit angesiedelt, weshalb es zumindest mich kaum störte. Bei "King Arthur" ist es dagegen schon problematischer, wenn die Akteure einer vor über 1500 Jahren spielenden Handlung immer wieder so sprechen, als würden sie im 21. Jahrhundert leben. Ich will nicht behaupten, daß es die Atmosphäre kaputtmacht, aber es ist definitiv gewöhnungsbedürftig und wird nicht jedem gefallen. Ein weiteres Problem ist die Figurenzeichnung, was für Hollywood-Blockbuster bekanntlich (leider) nicht ungewöhnlich ist. Ritchie und seinen beiden Co-Autoren gelingt es immerhin, die wichtigsten der in den allermeisten Fällen glasklar in "gut" oder "böse" eingeteilten Figuren einprägsam genug zu gestalten, daß man sie auseinanderhalten kann und auch zumindest ein bißchen mit ihnen mitzittert, wenn sie in Gefahr geraten … mehr aber auch nicht. Gerade Arthur selbst bleibt in Charlie Hunnams charismatischer, allerdings mitunter arg hemdsärmeliger Interpretation recht schablonenhaft, für meinen Geschmack auch zu cool, zu modern – und daß die Magierin (Astrid Bergés-Frisbey, "Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten"), die Arthurs Schicksal entscheidend beeinflußt und einzige bedeutende Frauenfigur des Films ist, bis zum Schluß namenlos bleibt (meine Vermutung: Es handelt sich um Morgan Le Fay aka Morgana), ist für ihre Profilierung auch nicht unbedingt von Vorteil. Am besten zur Geltung kommen auf der Helden-Seite Aidan Gillen ("Sing Street") als Ausbruchsspezialist und Bogenschütze Goosefat Bill und Djimon Hounsou ("Guardians of the Galaxy") als Sir Bedivere, ein Vertrauter von Arthurs Vater. Bei den Bösewichten spielt neben einigen blaß bleibenden Nebenfiguren (darunter Ex-Fußball-Star David Beckham als einer der Anführer der königlichen Schergen!) nur König Vortigern wirklich eine Rolle. Jude Law – in Ritchies "Sherlock Holmes"-Filmen als Dr. Watson noch einer der Helden – gibt einen exzellenten Bösewicht ab, kann aber auch nicht viel gegen die überschaubar originelle Motivation seiner Figur (Machtgier) oder das speziell im Vergleich zum Prolog merkwürdig antiklimaktische und zudem nicht überragend glaubwürdig eingeleitete Finale ausrichten. Gerade weil Jude Law seine relativ wenigen Szenen so gut und ausdrucksstark spielt, ist das ausgesprochen bedauerlich.

Trotz eines Budgets von angeblich $175 Mio. kann "King Arthur" auch in technischer Hinsicht nicht vollends überzeugen. Während die Spezialeffekte und die Actionsequenzen alles in allem solide geraten sind, gibt es einigen sehr nett gestalteten Kreaturen zum Trotz doch wenig, was richtig eindrucksvoll ausfällt. Zudem ist die Qualität der nachträglichen, für mich mit etwas zu vielen Pop Out-Effekten ausgestatteten 3D-Konvertierung sehr wechselhaft: Meist gibt es wenig zu beanstanden, in einigen (meist dunklen) Szenen sind jedoch Ghosting-Effekte zu erkennen und selten wirken einzelne Gesichter oder Gegenstände regelrecht verpixelt – ein irritierender Effekt, den ich so bisher noch nicht erlebt habe und der meines Erachtens für eine schlampige Konvertierung spricht (sofern es nicht ein technisches Problem im Kino war, was ich aber nicht glaube). Es gibt also, wie gesagt, viele Probleme bei "King Arthur: Legend of the Sword", zu denen übrigens auch gehört, daß manche Figuren (speziell die Wikinger, deren Anführer von Mikael Persbrandt aus "The Salvation" verkörpert wird) keinen rechten Zweck erfüllen und wohl lediglich als Aufbau für mögliche Fortsetzungen integriert wurden. Aber auch wenn sich diese Probleme doch ziemlich summieren, ist letztlich nichts wirklich Schwerwiegendes dabei. Wenn man sich damit abfinden kann, daß der Film so gut wie nichts mit der altbekannten Artussage zu tun hat und generell "nur" temporeiche Action-Fantasy-Unterhaltung ohne Tiefgang bieten will, dann kann man absolut Gefallen an Ritchies Werk finden – meines Erachtens etwas mehr als beim letzten "King Arthur" 13 Jahre zuvor, der ebenfalls (mit mäßigem Erfolg) versuchte, die bewährte Geschichte durch einen ganz neuen Kniff zu revolutionieren. Im Idealfall soll "Legend of the Sword" übrigens den Auftakt zu einer sechsteiligen "Knights of the Round Table"-Reihe bilden, angesichts der exorbitanten Produktionskosten und der zu erwartenden nur verhaltenen Resonanz in den USA müßten für einen zweiten Teil die internationalen Einspielergebnisse aber schon sehr, sehr gut ausfallen.

Fazit: "King Arthur: Legend of the Sword" ist ein ziemlich irreführender Titel für einen Fantasy-Mittelalterfilm, der wenig mit der Artussage zu tun hat, aber auch ohne nennenswerten Tiefgang oder denkwürdige Charaktere gute, temporeiche und amüsante Hollywood-Unterhaltung bietet.

Wertung: Knapp 7 Punkte.


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