Regie: Jordan Vogt-Roberts, Drehbuch: Dan Gilroy, Max
Borenstein, Derek Connolly, Musik: Henry Jackman
Darsteller:
Tom Hiddleston, Brie Larson, Samuel L. Jackson, John Goodman, John C. Reilly,
Corey Hawkins, Jing Tian, Jason Mitchell, Shea Whigham, John Ortiz, Thomas
Mann, Richard Jenkins, Miyavi, Toby Kebbell, Terry Notary
Im Jahr 1973 ist der Vietnam-Krieg aus amerikanischer Sicht
im Grunde genommen verloren, die US-Truppen werden aus dem Land abgezogen. Auch
die Hubschrauber-Einheit von Lt. Col. Packard (Samuel L. Jackson, "The Hateful 8") freut sich auf die langersehnte Heimkehr – doch sie freut sich
zu früh, denn die Soldaten erhalten in letzter Minute noch einen
Spezialauftrag: Sie sollen eine wissenschaftliche Expedition zu einer bislang
unentdeckten Insel im Südpazifik eskortieren und sie dort schützen. Teil der Expedition
sind Bill Randa (John Goodman, "Argo"), Leiter der umstrittenen
geheimen Regierungsorganisation Monarch, der britische Veteran und Fährtenleser
James Conrad (Tom Hiddleston, "Thor") und die (Anti-)Kriegsphotographin Mason Weaver (Brie Larson, "Raum"). Kaum
ist "Skull Island" erreicht, werfen die Soldaten aus der Luft Bomben ab, um die These der mitgereisten Wissenschaftler zu
untersuchen, daß es unter der Oberfläche große Hohlräume gibt. Der auf der
Insel heimischen Fauna und Flora gefällt das Vorgehen naturgemäß nicht so gut, vor allem
einer ist stinksauer: Kong, ein hochhausgroßer Riesengorilla, der die
Helikopter scheinbar spielerisch vom Himmel holt. Die weit verstreuten Überlebenden versuchen,
sich durch die feindliche Umgebung zum vereinbarten
Treffpunkt am anderen Ende der Insel durchzuschlagen, an dem sie in zwei Tagen wieder abgeholt werden
sollen – doch Packard sinnt auf Rache an Kong …
Kritik:
Einen neuen King Kong-Film zu machen, ist eine äußerst
anspruchsvolle Aufgabe – immerhin gibt es mit dem tricktechnisch immer noch
beeindruckenden "King Kong und die weiße Frau" aus dem Jahr 1933 und
Peter Jacksons epischer Neuinterpretation "King Kong" (2005) bereits zwei meisterliche Werke über den gigantischen Gorilla mit Blondinen-Faible auf seiner
von der Welt vergessenen kleinen Insel irgendwo im Pazifik. Vielleicht versuchen Regisseur Jordan Vogt-Roberts und das zu zwei Drittel
monstererfahrene Autoren-Trio Derek Connolly ("Jurassic World"), Max
Borenstein ("Godzilla") und Dan Gilroy ("Nightcrawler") deshalb gar nicht erst, den Vorbildern inhaltlich und
stilistisch nachzueifern. Stattdessen haben sie sehr selbstbewußt einen (mordsmäßig
teuren) Exploitation-B-Film geschaffen, der mehr mit den alten japanischen
Godzilla-Filmen (in denen Kong auch gelegentlich vorbeischaute, wenn er gerade Zeit hatte) gemein hat als mit der üblichen
Hollywood-Sommerblockbuster-Kost. So wirkt der – als erste US-Großproduktion
seit dem Krieg – zu einem großen Teil in Vietnam gedrehte "Kong: Skull Island" fast so, als hätte Quentin Tarantino entschieden, einen Vietnamkriegs-Film
zu drehen, um dann irgendwann auf die Idee zu kommen, daß das Ganze mit
riesigen Urzeit-Monstern doch viel lustiger wäre! Das Resultat, das wir mit
"Kong" zu Gesicht bekommen, ist definitiv gewöhnungsbedürftig und
absolut nicht ernst zu nehmen (und unterscheidet sich tonal deutlich vom
Vorgänger "Godzilla"), aber durchaus unterhaltsam und visuell sehr
eindrucksvoll.
Interessanterweise beginnt "Kong" so, wie
Monsterfilme sonst gerne enden: Mit einer riesigen Schlacht zwischen den
Soldaten in ihren Helikoptern und Kong. Dabei ist dieser Kong noch deutlich
größer als die Versionen, die wir bisher (aus US-Filmen) kannten. Er ist nicht
einfach nur ein Gorilla, der wie in Jacksons "King Kong" ein paar Mal
so groß ist wie ein normaler Artgenosse; nein, der König von Skull Island ist
so groß wie ein Hochhaus – am Empire State Building könnte er dementsprechend schwer hochklettern … Angesichts dieser gigantischen Größe kann es Kong
eben auch mit einem Dutzend bewaffneten Kriegshelikoptern gleichzeitig
aufnehmen. Nach dieser ungleichen Schlacht unterteilt sich der Film mit den
Überlebenden der Konfrontation in zwei längere Zeit parallel verlaufende
Handlungsstränge, die sich so deutlich voneinander unterscheiden, daß
Hollywood-Newcomer Vogt-Roberts (der für das Kino zuvor nur den Indie-Coming of
Age-Film "Kings of Summer" realisierte) im Grunde genommen zwei Filme
drehte. Der eine ist relativ konventionell gehalten und zeigt, wie vor allem die Zivilisten rund um Conrad, Weaver, den jungen Wissenschaftler Houston Brooks (Corey Hawkins, "Straight Outta Compton") und den seit drei Jahrzehnten auf der Insel verschollenen Weltkriegs-Veteran Hank
Marlow (John C. Reilly, "Das Märchen der Märchen") bei Eingeborenen Schutz suchen und dort versuchen, sich
ein Transportmittel zusammenzubauen, mit dem sie in Sicherheit gelangen. Die
Parallel-Handlung ist dagegen ziemlich durchgeknallt und hebt sich gleich in mehrfacher
Hinsicht ab, denn sobald es zu dem zunehmend irre wirkenden Lt. Col. Packard und
seinen Männern geht, wird die Musik von Henry Jackman ("Captain Phillips") leicht psychedelisch und
auch die Farbgebung paßt sich entsprechend an. Das ist durchaus passend, denn dieser Teil der
Story nimmt den Zuschauer auf einen ziemlichen Trip mit, in dem der erkennbar
von seinen Vietnam-Erlebnissen traumatisierte Packard (für ihn haben die USA den
Krieg nicht verloren, sondern beendet) stark an den von Marlon Brando
verkörperten, verrückt gewordenen Col. Kurtz in "Apocalypse Now"
erinnert und seine Männer entsprechend in das Herz der Finsternis führen will,
um Kong zu töten. Jordan Vogt-Roberts kennt sich offensichtlich aus mit der
überwiegend durch Hollywood-Filme gespeisten Ikonographie des Vietnam-Krieges,
denn er zitiert wiederholt berühmte Szenen und Bilder – die zu Beginn das
Eiland zur Freude der johlenden Soldaten bombardierenden Helikopter lassen einen etwa nur
darauf warten, daß irgendjemand "Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen"
schwärmt (wie einst Robert Duvall in "Apocalypse Now"), auch durch
Sumpfgelände watende GIs oder ein in Heiland-Pose á la Willem Dafoe in
"Platoon" dem Feind entgegentretender Soldat sind gute Beispiele
dafür.
Wie es sich für einen B-Film gehört, haben die Dialoge
nicht wirklich literaturpreisverdächtiges zu bieten – ganz im Gegenteil
beschränken sie sich über weite Strecken auf markige Sprüche und trockene
Oneliner. Gute Voraussetzungen für interessante Charaktere und
spannende Figurenkonstellationen sind das natürlich nicht und tatsächlich hat
"Kong" in dieser Hinsicht – wiederum typisch für ein B-Movie – nicht
viel mehr zu bieten als Stereotype. Selbst die beiden Sympathieträger Conrad (der sicher nicht grundlos den gleichen Nachnamen hat wie "Herz der Finsternis"-Autor Joseph Conrad) und Weaver
bleiben einem fremd, Tom Hiddleston und die OSCAR-Gewinnerin Brie Larson sind in
den Rollen eigentlich verschenkt. Tiefere Einsichten hat generell keine der
Figuren zu bieten, auch die Wissenschaftler bleiben enttäuschend blaß, was
besonders bei John Goodmans Bill Randa eine echte Verschwendung ist. Am ehesten
ist es noch Marlow, der seinen neuen Freunden und damit ebenso dem Publikum zumindest ein
paar Hintergrundinformationen über die Insel und ihre Eigenheiten vermitteln
darf und neben seinem nachvollziehbar exzentrischen Verhalten sogar fast so etwas
wie Profil entwickeln darf. Bei den Soldaten sieht das deutlich schlechter aus:
Mit Mills (Jason Mitchell, "Keanu") und Cole (Shea Whigham, "American Hustle") gibt es immerhin zwei Kumpels, die immer für einen Spruch
gut sind, aber letztlich dominiert Packard diesen Handlungsstrang klar. Da es bekanntlich immer eine amüsante Erfahrung ist, Samuel L. Jackson im
vollen Badass-Modus zu erleben, ist das jedoch gar nicht mal so schlecht, wenngleich
er es mit seiner Kurtz-Hommage manchmal doch ein wenig übertreibt und die
Grenze zum Overacting überschreitet.
Ob der ungewöhnlich großen Menge an
Expeditionsteilnehmern, viele davon kampferfahrene Soldaten, kann man sich
schon denken, daß hier jede Menge Kanonenfutter für Kong und die anderen
Kreaturen herumläuft. Und genau so kommt es dann auch, wobei ein Großteil
bereits die erste Begegnung nicht überlebt. Leider verhalten sich die Soldaten ausnahmslos ziemlich dämlich und durchstreifen dermaßen sorglos die exotische
Umgebung, als würde es sich um die heimischen Rocky Mountains handeln. Das kann
man zwar als eine weitere Vietnamfilm-Referenz interpretieren (selbstherrliches
Verhalten und die schlechte Vorbereitung des Militärs wurden häufig als
Hauptgründe für das Scheitern benannt, ein gutes filmisches Beispiel dafür ist
Walter Hills allegorischer "Die letzten Amerikaner"), wirkt aber so
übertrieben, daß es schon wieder ärgerlich ist. Anders formuliert: Wer
sich wie Kanonenfutter verhält, der darf sich auch nicht beschweren, wenn er
als Kanonenfutter endet! Besagtes Verenden ist häufig erstaunlich
brutal in Szene gesetzt; es gibt definitiv einige harte Todesszenen (wenn auch nie aus nächster
Nähe gezeigt), die mich etwas über die deutsche FSK 12-Freigabe staunen lassen.
Gerade wie beiläufig etliche Soldaten und Wissenschaftler speziell im
ersten Filmdrittel "entsorgt" werden, ist schon bemerkenswert und wird
von manchen Kritikern nicht vollkommen zu Unrecht als menschenverachtend
gebrandmarkt. Immerhin muß man "Kong" dafür loben, daß hier anders als
bei zahlreichen ähnlich strukturierten Filmen nicht von Beginn an klar ist, wer
überleben wird. Gleichzeitig wird dieses Lob aber dadurch relativiert, daß die
schwache Figurenzeichnung dafür sorgt, daß es einem relativ egal ist, wer
überlebt und wer nicht. Das ist kein Vergleich zu Peter Jacksons "King
Kong", in dem selbst Nebenfiguren vergleichsweise sorgfältig gezeichnet sind,
sodaß man als Zuschauer mit jedem (potentiellen) Opfer mitleidet.
Bei allem, was man an "Kong" kritisieren kann und
muß und bei aller Gewöhnungsbedürftigkeit des offensiven B-Movie-Ansatzes steht
aber eines außer Frage: In technischer Hinsicht handelt es sich um einen
richtig guten Film. Kong, der per Motion Capture von den "Planet der Affen"-erfahrenen Toby Kebbell und Terry Notary verkörpert wird, wirkt überzeugend und lebensecht – allerdings darf auch er kaum
echte Persönlichkeit entwickeln, was vor allem daran liegen dürfte, daß sein Faible
für weiße Frauen hier nur angedeutet wird. Gerade bei Jacksons "King
Kong" hat man gesehen, wie wichtig die Szenen zwischen Kong und der von
Naomi Watts gespielten Ann waren, um Kong von einem übergroßen Tier zu einer
echten, authentischen Person werden zu lassen. Eine entsprechende emotionale Bindung
fehlt in "Kong: Skull Island" fast völlig, weshalb auch Kongs Kämpfe gegen
andere, ebenfalls eindrucksvoll (laut Vogts-Roberts nach dem Vorbild von
Hayao Miyazakis Zeichentrickkreaturen aus Filmen wie "Chihiros Reise ins Zauberland" oder "Prinzessin Mononoke") gestaltete Urzeitviecher – darunter eine
besonders gefährliche Art von Echsenwesen – nicht die Wirkung erzielen, die
möglich wäre. So wuchtig die Kämpfe auf dem abgesehen von seinen
menschenfressenden Bewohnern idyllischen Eiland choreographiert und inszeniert
sind, mit Kongs epischem Kampf auf Leben und Tod gegen eine ganze T. Rex-Familie
in Jacksons "King Kong" können sie einfach nicht mithalten. Trotzdem
macht die letzte halbe Stunde, in der es Action satt gibt, zugegebenermaßen
mächtig Laune, zumal die 3D-Konvertierung recht gut gelungen ist und die
rockige 1970er Jahre-Songauswahl (Creedence Clearwater Revival, Jefferson
Airplane, The Stooges, Black Sabbath, David Bowie) schön einheizt.
Normalerweise bin ich ja eher ein Kritiker der verbreiteten Angewohnheit von Hollywood-Blockbustern,
im Showdown auf Nonstop-Action zu setzen, hier ist das angesichts der
Flachheit der Charaktere und der Story jedoch wohl die beste Option. "Kong:
Skull Island" ist übrigens der zweite Teil des neuen "MonsterVerse"
von Legendary, das im Jahr 2014 mit Gareth Edwards' "Godzilla" seinen Anfang nahm.
Als nächstes steht 2019 dessen Fortsetzung "Godzilla: King of the
Monsters" an, ehe 2020 Kong und Godzilla aufeinandertreffen sollen.
Fraglich ist, ob wir die Überlebenden von "Skull Island" noch einmal
wiedersehen werden – eine zusätzliche Szene nach dem Abspann deutet darauf hin,
da "Godzilla" jedoch in der Gegenwart spielt und "Kong"
mehr als 40 Jahre früher, stellt sich die Frage, wie genau das funktionieren
sollte. Nunja, wir werden es schon noch erfahren und auch, wenn ich von
"Kong" etwas mehr Qualität erhofft hatte, freue ich mich auf die
weiteren Teile des MonsterVerse.
Fazit: "Kong: Skull Island" ist ein
sündhaft teures B-Movie, das das brutale Aufeinandertreffen von Vietnamkriegs-Soldaten,
Kong und diversen Urzeitkreaturen ohne jeden Tiefgang, dafür mit viel
überdrehter Action und starker Optik schildert.
Wertung: 7 Punkte.
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Toller Blog!
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