Originaltitel:
The Huntsman: Winter's War
Regie:
Cedric Nicolas-Troyan, Drehbuch: Evan Spiliotopoulos und Craig Mazin, Musik:
James Newton Howard
Darsteller:
Chris Hemsworth, Jessica Chastain, Emily Blunt, Charlize Theron, Sheridan
Smith, Nick Frost, Rob Brydon, Alexandra Roach, Sam Claflin, Sope Dirisu, Colin Morgan, Sophie Cookson, Sam Hazeldine,
Ralph Ineson
Mehrere Jahre vor ihrer erbitterten und letztlich für sie
tödlich verlaufenden Auseinandersetzung mit Snow White herrscht die böse
Magierin Ravenna (Charlize Theron, "Mad Max: Fury Road") bereits über
zahlreiche Königreiche und erobert immer weitere. Ihr einziger Schwachpunkt ist
ihre deutlich sanftere kleine Schwester Freya (Emily Blunt,
"Looper"), bei der sich das große magische Talent, das in der Familie
liegt, noch nicht gezeigt hat. Erst ein schrecklicher Verrat ändert das, Freya
trennt sich von ihrer Schwester und errichtet als "Ice Queen" im
Norden selbst ein frostiges Königreich. Ihr einziges Ziel: Die Auslöschung der
Liebe. So zieht sie sich mit Zwangsrekruten, die bereits als Kinder geraubt und
ganz im buchstäblich lieblosen Sinne der Ice Queen zu loyalen und gefühlskalten
"Huntsmen" erzogen werden, um dann als Freyas Armee weitere Länder zu
erobern, in ihr Schloß zurück. Doch ausgerechnet ihre beiden besten Krieger, Eric (Chris Hemsworth,
"Im Herzen der See") und Sara (Jessica Chastain, "Zero Dark Thirty"),
verlieben sich ineinander …
Kritik:
Obwohl das Spin-Off zu dem von mir nicht allzu geschätzten
"Snow White and the Huntsman" ursprünglich als Prequel angekündigt
wurde, ist das nicht einmal die halbe Wahrheit. Obige kurze Inhaltsangabe
bezieht sich nämlich lediglich auf die erste halbe Stunde; anschließend gibt es
einen Zeitsprung um etliche Jahre, der "The Huntsman & The Ice
Queen" unvermittelt zu einer echten Fortsetzung macht – wenn auch einer
ohne die ursprüngliche Hauptfigur (die nur einmal kurz von hinten zu sehen
ist). Überhaupt ist vieles neu an diesem Film, inklusive der Drehbuch-Autoren
und des Regisseurs. Der Franzose Cedric Nicolas-Troyan war allerdings bereits
am Vorgänger als Experte für die visuellen Effekte maßgeblich beteiligt und
erhielt für seine Arbeit sogar eine OSCAR-Nominierung. Von daher ist die Beförderung in den Regiestuhl durchaus nachvollziehbar, wenngleich die
Vergangenheit gezeigt hat, daß selbst die besten Spezialeffekt-Experten noch
lange nicht automatisch auch gute Regisseure sind. Bei Nicolas-Troyan enthalte
ich mich noch eines abschließenden Urteils, denn wenngleich sein Regiedebüt
einige erzählerische Schwächen aufweist, läßt sich schwer sagen, ob das mehr an
ihm oder am Drehbuch liegt – immerhin hatte der von Rupert Sanders inszenierte
"Snow White and the Huntsman" sehr änliche Mängel. Visuell ist dieses
Prequel-Sequel jedenfalls eine Augenweide und auch in Sachen Besetzung
hat man noch einmal eine qualitative Schippe draufgelegt – das Resultat ist ein
solider Fantasy-Märchenfilm für die ganze Familie; nicht mehr, nicht
weniger. Im Vergleich zum Vorgänger ist das allerdings eine deutliche
Steigerung.
Das Gute an der Sache mit dem Zeitsprung ist zunächst
einmal, daß sich die anfängliche Irritation über das Alter der Huntsmen schnell erledigt, denn während Eric logischerweise älter aussehen muß als im
ersten Film (da selbst Australier noch nicht die ewige Jugend gemeistert haben;
wobei ich zugeben muß, daß Hemsworth durchaus noch als Twen durchgehen würde), wirkt es schon seltsam, daß auch seine Kameraden fast kollektiv von
Mittdreißigern gespielt werden, obwohl sie eher Anfang 20 sein sollten. Der
offensichtliche Nachteil des Zeitsprungs ist, daß Ravenna, die dank Charlize
Therons leidenschaftlicher Darbietung ohne jeden Zweifel das Highlight von
"Snow White and the Huntsman" war, zwangsläufig eine deutlich
kleinere Rolle spielt als man das bei einem Prequel hätte erhoffen dürfen. Zwar
ist Emily Blunt als Ice Queen ein wirklich guter Ersatz, ob der relativ
unterkühlten Natur ihrer Rolle kann sie jedoch nicht so als Bösewicht glänzen
wie Ravenna. Das sieht bei Jessica Chastain als furchtloser Kriegerin Sara
anders aus, die sowohl in den akrobatischen Kampfszenen begeistert als auch durch ihre
Ausdruckskraft in intimen Momenten mit Eric. Überhaupt ist es
bemerkenswert, daß Nicolas-Troyan es geschafft hat, drei der besten
Schauspielerinnen ihrer Generation für seinen Film vor der Kamera zu vereinen.
Umso bedauerlicher ist es, daß erstens das Drehbuch es (trotz anderer Autoren)
wie schon im Vorgänger an Charaktertiefe mangeln läßt und zweitens es am Ende
doch fast immer Huntsman Eric ist, der die Situation retten muß – wie man das
besser macht, hat "Star Wars Episode VII" in
beispielhafter Art und Weise vorgeführt.
Eines der größeren Probleme von "Snow White and the
Huntsman" war es, daß sich der Film nicht für ein Genre, einen Tonfall entscheiden konnte: Märchen? Fantasy? Schlachtengemälde?
Oder doch ein kindgerechter Familienfilm mit klamaukigem Humor? "The
Huntsman & The Ice Queen" macht das etwas besser, kann die tonale
Unebenheit aber ebenfalls bei weitem nicht völlig abschütteln. Die
Inspirationsquellen reichen von den üblichen Verdächtigen wie
"Der Herr der Ringe" und "Die Chroniken von Narnia" bis zu
"Der goldene Kompaß" und vor allem zu Beginn sogar "Conan der
Barbar", wirklich flüssige Übergänge gelingen Nicolas-Troyan jedoch
selten. Entsprechend ist mein favorisierter Teil des Films der erste Akt, der
Freyas, Erics und Saras Vorgeschichte erzählt und dabei konsequent als relativ
düsterer, ernsthafter Fantasyfilm daherkommt. Damit ist es leider aus, sobald
nach dem Zeitsprung die Zwerge auftauchen, die wieder einmal als
"comic relief" herhalten müssen. Kindern gefällt dieser Klamauk vermutlich
und ich gebe zu, daß sich zumindest die resolute Zwergin Mrs. Bromwyn
(Sheridan Smith, "In guten Händen") schnell in mein Herz gespielt hat, aber vor allem die beiden
männlichen Zwerge (darunter Nick Frost als Nion, der einzige Zwergen-Rückkehrer
aus dem ersten Film) sind einfach "too much" und stören mit ihren
Sprüchen eher die Atmosphäre als daß sie für echte Erheiterung sorgten –
wiewohl manche Gags und verbale Schlagabtäusche zugegebenermaßen recht witzig sind. Der spitzbübische Charme von Huntsman Eric hätte in Sachen Humorgehalt meines Erachtens aber vollkommen ausgereicht.
Abgesehen von diesem Problem zeigen sich im langen
Mittelteil des Films auch wieder ganz ähnliche Handlungsschwächen wie im
Vorgänger. Die Story – Eric muß für Snow White und Prinz William (ein weiterer
Rückkehrer für wenige Szenen: Sam Claflin, "Die Tribute von Panem – Catching Fire") den verschwundenen magischen Spiegel
finden und zerstören, um dessen zerstörerische Kraft endgültig zu vernichten –
ist weitgehend 08/15, die Dialoge sind banal bis langweilig und die
Verhaltensweisen der Figuren oft wenig nachvollziehbar. Letzteres wird noch
nicht mal konsequent durchgezogen, denn während Freya jahrelang eisern an ihrer
Verbitterung festhält (was zwar psychologisch arg oberflächlich ist, für ein
Märchen aber reicht), wechseln viele andere Charaktere die
Gesinnung häufiger als ihre Unterwäsche. Positiv betrachtet sorgt das
wenigstens dafür, daß es neben zahlreichen erwartbaren Storywendungen auch ein
paar etwas überraschendere gibt; die sind dann zwar wenig glaubwürdig, aber
immerhin sorgen sie für etwas Abwechslung. Dennoch muß es klar gesagt werden:
Die Handlung ist keine Stärke von "The Huntsman & The Ice Queen".
Das ist die Figurenzeichnung auch nicht, aber das wird durch die spielfreudigen Darsteller genügend kompensiert, um nicht allzu negativ ins Gewicht zu
fallen.
Trotz der OSCAR-Nominierung waren die visuellen Effekte in
"Snow White and the Huntsman" ein zweischneidiges Schwert. Einerseits
war die Umsetzung der Fantasywelt weitestgehend gelungen und konnte sogar mit ein
paar richtig tollen visuellen Einfällen aufwarten; andererseits wirkten die
Computereffekte speziell bei nichtmenschlichen Kreaturen eher unharmonisch.
In dieser Hinsicht gibt es bei "The Huntsman & The Ice Queen" deutlich weniger Grund zur Klage, lediglich die affenartigen
"Kobolde" (in der Originalfassung sind es Goblins, was definitiv die
treffendere Bezeichnung ist) sind grenzwertig. Dafür kann die Gestaltung
der Landschaften – Freyas Eiskönigreich, aber auch eine
urwaldartige Feenlandschaft – auch dank gelungener, nicht aufdringlicher
3D-Effekte auf der ganzen Linie überzeugen, sogar noch besser hat mir die
visuelle Umsetzung der magischen Kräfte von Freya und Ravenna gefallen. Und
James Newton Howard ist wiederum ein passender, sehr melodiöser orchestraler
Fantasy-Score gelungen, der zudem erfreulicherweise eigenständiger wirkt als im ersten Film.
Fazit: "The Huntsman & The Ice Queen"
ist ein solider Märchen-Fantasyfilm, der zwar wie sein viel schwächerer
Vorgänger tonal etwas uneben daherkommt und klare Handlungsschwächen aufweist,
aber mit Weltklasse-Besetzung und einer hervorragenden visuellen und akustischen
Ausgestaltung für eine überzeugende Atmosphäre sorgt.
Wertung: Knapp 6 Punkte.
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