Originaltitel:
The Three Must-Get-Theres
Regie und Drehbuch: Max Linder
Darsteller:
Max Linder, Bull Montana, Frank Cooke, Caroline Rankin, Jobyna Ralston, Charles
Mezzetti, Jack Richardson, Clarence Wertz, Jean de Limur
Der großspurige junge Dart-In-Again (Max Linder) bricht auf
seinem (nicht so wirklich) loyalen Maulesel gen Paris auf, um sich dort den
berühmten Musketieren anzuschließen. Kaum dort angekommen, wird er jedoch gleich in
mehrere Duelle verstrickt, zudem verliebt er sich in die schöne Hofdame Constance
(Jobyna Ralston, "Wings") und wird in ein Komplott des sinistren Kardinal Richie-Loo
(Bull Montana, "Die verlorene Welt") gegen Königin Anne (Caroline Rankin) verwickelt. Nur
Dart-In-Again und die drei Musketiere Octopus (Charles Mezzetti), Walrus (Jack
Richardson) und Porpoise (Clarence Wertz) können Frankreich vor tiefgehenderem
Schaden bewahren …
Kritik:
Im 21. Jahrhundert haben Parodiefilme einen ziemlich
schlechten Ruf. Den haben sie vor allem Keenan Ivory Wayans' noch ansatzweise
erträglicher "Scream"-Veralberung "Scary Movie" zu
verdanken, die unzählige richtig miese Fortsetzungen und Nachahmer nach sich
zog, die sich neben einem eklatanten Mangel an Humor vor allem durch Geschmack-
und Niveaulosigkeit auszeichnen. Im 20. Jahrhundert sah das ganz anders aus. In
den 1990er Jahren sorgten etwa die beiden "Hot Shots!"-Filme mit Charlie Sheen für zwar nicht überragend anspruchsvolle, aber doch ziemlich kreative und vor allem
sehr lustige Leinwandmomente, in den 1980ern blühte das Genre sogar dank der
ZAZ-Gagfabrik (Zucker, Abrahams & Zucker), die für heutige Klassiker wie
"Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" und die "Die
nackte Kanone"-Reihe verantwortlich zeichnen. Und das geht immer so weiter,
Jahrzehnt für Jahrzehnt kann man richtig tolle Filmparodien aufzählen: In den
1970ern Monty Pythons "Das Leben des Brian" und "Die Ritter der
Kokosnuß", Mel Brooks' "Frankenstein Junior" oder "The Rocky Horror Picture Show", in den 1960ern die britische "Ist
ja irre / Carry On"-Reihe und Mel Brooks' "Frühling für Hitler",
in den 1940ern und 1950ern die "Abbott und Costello"-Reihe. Eine der
ersten großen Filmparodien war jedoch "Max und die drei Musketiere"
vom französischen Stummfilmstar Max Linder, die einerseits Alexandre Dumas'
legendären Abenteuerroman auf die Schippe nahm, andererseits auch das
Genre des Mantel-und-Degen-Films sowie ganz konkret Fred Niblos großen Filmhit
"Die drei Musketiere" mit Douglas Fairbanks aus dem Jahr 1921.
An dieser Stelle mag der geneigte Leser fragen: "Max wer?"
Die Frage ist durchaus berechtigt, denn dieser Pionier der Stummfilm-Komödie ist
in den letzten Jahrzehnten leider ziemlich in Vergessenheit geraten –
vielleicht auch eine Folge seines frühen Todes im Jahr 1925 im Zuge eines
Selbstmordpaktes mit seiner Frau. Dabei stand Linder im frühen 20. Jahrhundert
nicht nur auf einer Stufe mit den US-Größen Charles Chaplin, Buster Keaton und
Harold Lloyd, er war sogar deren Vorreiter und eine speziell von Chaplin offen
benannte Inspirationsquelle. Denn bereits vor dem Ersten Weltkrieg, als
Hollywood gerade seine allerersten Babyschritte hin zu der weltweit
dominierenden Traumfabrik machte, die es heute ist, war Max Linder ein Weltstar –
dafür war natürlich von Vorteil, daß es in Stummfilmen keinerlei
Verständnisschwierigkeiten gab, solange die Zwischentexte korrekt übersetzt
wurden. Weil er so erfolgreich und populär war, ließ sich Linder schließlich auch
nach Amerika locken, wo seine Werke allerdings fast kollektiv floppten – wohl
auch als Folge seiner Erlebnisse als Soldat im Ersten Weltkrieg, die ihn
physisch und psychisch dauerhaft zeichneten und nicht mehr ganz an jene
unbeschwerte Ausgelassenheit seiner frühen Werke anknüpfen ließen. Rückblickend
gelten seine nur drei US-Filme, von denen "Max und die drei Musketiere"
sein letzter war, aber als echte Klassiker.
Tatsächlich ist "Max und die drei Musketiere" noch
heute sehr amüsant (da hilft natürlich, daß vermutlich jeder zumindest die
Grundzüge der Story kennt und man nicht Fred Niblos Adaption kennen muß, um die
parodistischen Elemente wertschätzen zu können), wenngleich Qualität und Niveau
des Humors doch schwanken. Einiges kommt eher wie Holzhammer-Humor daher
(angefangen bei den albernen Wortspielen bei den Namen der Figuren), vieles ist
klassischer, zeitloser, aber nicht übermäßig inspiriert wirkender
Stummfilm-Slapstick, manche Szenen sind dafür sehr gewitzt und schlicht
unheimlich komisch – ironischerweise auch eine
"Holzhammer-Szene" (in der der Kardinal seinen Untergegebenen
anweist, Dart-In-Again mit einem riesigen Holzhammer niederzuschlagen, wenn er
als Signal ein Taschentuch fallen läßt – dummerweise bückt sich der höfliche
Dart-In-Again dann aber jedes Mal, um das Tuch aufzuheben, womit der Hammer
stets auf dem Kopf des Kardinals landet …).
Da der Film keine Stunde dauert, droht er nie langweilig zu
werden, womit es auch kein echtes Problem ist, daß Handlung und Figuren komplett nebensächlich sind und die Choreographie der turbulenten
Fechtszenen nicht ganz an den ungebremsten Witz vergleichbarer Highlight-Momente
bei Chaplin, Keaton oder Lloyd heranreicht. Die berühmtesten Stationen des
Buches – die zeitgleichen Duelle, der "verlorene" Schmuck der
Königin oder die Reise nach England – werden auch mithilfe meist amüsanter,
manchmal aber etwas bemüht wirkender Zwischentexte pflichtgemäß abgearbeitet,
dienen aber letztlich nur dazu, den nächsten Gag einzuleiten. Das ist
selbstverständlich keine intellektuelle Herausforderung für das Publikum, macht
allerdings durchgängig Laune. Für die damalige Zeit ziemlich innovativ ist außerdem die
Vermengung der historischen Story mit "modernen" Gerätschaften, so
flitzt Dart-In-Again schon einmal mit dem Motorrad durch die Szenerie und
ruft die Musketiere per Telefon zu Hilfe. Auch sonst gibt es einige Scherze, die
man gerne in Erinnerung behält und gerade die parodistischen Elemente könnte
man auch heute noch wunderbar anwenden, wenn beispielsweise in Anspielung auf die
traditionelle Beinahe-Unverwundbarkeit von
Abenteuer- oder Actionfilm-Heroen der Kommandeur der drei Musketiere sich darüber
beschwert, daß seine Männer bei ihrem letzten Abenteuer nur 99 Gardisten des
Kardinals getötet haben, wo sich doch genau wissen, daß es erst bei 100 einen
Rabatt beim Beerdigungsinstitut gibt …
Fazit: "Max und die drei Musketiere" ist
eine harmlose, aber lustige Mantel-und-Degen-Parodie, die auch solchen Zuschauern Freude
bereiten dürfte, die sonst mit Stummfilmen eher wenig anfangen können.
Wertung: 7,5 Punkte.
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