Regie und Drehbuch: Zak Hilditch, Musik: Cornel Wilczek
Darsteller:
Nathan Phillips, Angourie Rice, David Field, Jessica De Gouw, Kathryn Beck, Daniel Henshall,
Sarah Snook, Lynette Curran
FSK: 16, Dauer: 87 Minuten.
Als ein großer Meteorit irgendwo im Atlantik einschlägt, ist
es um das Leben auf der Erde geschehen: Ein gewaltiger, alles verzehrender
Feuersturm breitet sich von der Einschlagstelle aus und überzieht nach und nach
alle Kontinente. Als letztes ist Australien an der Reihe, 12 Stunden Zeit
bleiben den Menschen, um sich auf ihr Ende vorzubereiten. Manche wollen gar nicht
so lange warten und bringen sich lieber gleich um; andere koksen sich das
Gehirn weg; einige plündern und brandschatzen sich ungehindert durch die Gegend;
wieder andere bilden Gebetskreise und bitten Gott bis zum Schluß um Gnade für
ihre Seelen; manche rennen mit der Machete durch die Gegend und hacken
wahllos Menschen die Köpfe ein. James (Nathan Phillips, "Wolf Creek") will seine letzten
Stunden auf einer ekstatischen Party verbringen, doch auf dem Weg
dorthin begegnet er dem eben erwähnten Macheten-Schwinger. Mit viel Glück kann
er sich vor dem Irren retten, der ihm allerdings sein Auto klaut. Als James
wenig später sieht, wie zwei wenig vertrauenerweckend aussehende Männer ein
etwa 10-jähriges, hübsches Mädchen (Angourie Rice, "Dinosaurier 3D – Im Reich der Giganten") aus ihrem Auto zerren, will
er eigentlich nur selbiges stehlen. Doch als er die panischen Schreie der
Kleinen vernimmt, kann er einfach nicht anders, als ihr zu Hilfe zu kommen …
Kritik:
Endzeitfilme haben mich schon immer fasziniert. Ich kann gar
nicht genau sagen, warum eigentlich; vielleicht ist der Grund, daß man sich mit
etwas Vorstellungskraft so gut in die Lage derjenigen hineinversetzen kann,
die in der mehr oder weniger nahen Zukunft tatenlos dem Weltuntergang in die
Augen blicken oder – je nach Szenario – nach dem dann doch nicht vollkommenen
Weltuntergang unter widrigsten Umständen überleben müssen. Man überlegt sich
unwillkürlich: Was würde ich in dieser Situation tun? Würde ich mich auf den
Boden hocken und weinen? Oder würde ich ungeahnte Kräfte und Überlebensinstinkte
entwickeln im Angesicht der Katastrophe? Alles ist möglich. Und ganz
offensichtlich bin ich nicht der einzige, den diese düsteren Szenarien reizen,
wie die große Anzahl von Filmen, Büchern, TV-Serien und Videospielen zum Thema
zeigt. Und was haben wir nicht alleine im Filmbereich schon alles miterleben
dürfen? Charlton Heston, der zum Sklaven sprechender Affen wird ("Planet
der Affen"); Charlton Heston, der die Vorzüge des Massen-Nahrungsmittels
Soylent Green genießt ("Jahr 2022 … die überleben wollen"); Charlton
Heston als vermeintlich einziger verbliebener Mensch auf Erden ("Der
Omega-Mann", in der Neuverfilmung "I Am Legend": Will Smith);
Charlt … äh, nein: Mel Gibson, der sich mit wilden Punk-Autokriegern
herumschlägt ("Mad Max"); Natalie Portman im Kampf gegen den Neo-Faschismus
("V wie Vendetta"); Keanu Reeves in der "Matrix"; Arnold
Schwarzenegger als "Terminator"; ach, und nicht zu vergessen: unzählige
Zombiefilme. "These Final Hours" des australischen Filmemachers Zak
Hilditch ist ebenfalls ein Endzeitfilm, allerdings doch ein etwas anderer, da
er sich ganz konkret und mit einem ziemlich pessimistischen Menschenbild auf
die finalen Stunden der letzten Menschen auf Erden vor der Vernichtung allen Lebens auf dem Planeten konzentriert. Und das macht er ziemlich gut.
Die Australier scheinen recht fasziniert zu sein von der
Vorstellung, daß sie als letzte von den Auswirkungen einer weltzerstörenden
Katastrophe betroffen sein könnten, die ihren Ausgang irgendwo in Europa
oder Amerika nimmt. Jedenfalls hat der Romanautor Nevil Shute dieses Szenario bereits in seinem 1957 erschienenen Roman "On the Beach" durchgespielt, der zwei Jahre später von Hollywood unter der Regie von Stanley
Kramer und mit dem deutschen Titel "Das letzte Ufer" verfilmt wurde;
darin sucht eine US-amerikanische U-Boot-Besatzung unter Führung von Gregory Peck nach
einem nuklearen Atomkrieg Zuflucht in Australien – dem einzigen Ort, an
dem Menschen noch leben können. Die Betonung liegt auf "noch", denn
die nukleare Verseuchung nähert sich langsam, aber unaufhaltsam auch dem
fünften Kontinent. Zak Hilditch beschleunigt dieses Szenario in "These
Final Hours" deutlich, indem er die alles zerstörende Feuerwalze
Australien innerhalb eines halben Tages erreichen läßt – somit sind nutzlose Rettungsversuche wie in "Das letzte Ufer" von
vornherein ausgeschlossen und man kann sich auf das Wesentliche konzentrieren,
auf die einzige noch verbleibende Frage: Wie will ich die letzten Stunden meines Lebens verbringen?
James beantwortet diese Frage für sich nach kurzem Zögern
edelmütiger, als er es selbst von sich erwartet hätte. Schließlich ist er, der
neben seiner Freundin auch noch eine schwangere Geliebte (Jessica de Gouw, TV-Serie "Dracula") hat, nicht gerade ein
Superheld. Dennoch sagt ihm sein Gewissen, daß er Rose zunächst retten und dann
zu ihrem Vater bringen muß, damit sie den unausweichlichen Tod nicht einsam
erleidet. Das Verhältnis, das sich zwischen James – Typ "raue Schale, weicher
Kern" – und der liebenswerten Rose innerhalb dieser wenigen Stunden
entwickelt, skizziert Hilditch mit großer Einfühlsamkeit. Auch dank der
glaubwürdigen Darstellung durch Nathan Phillips und die junge Angourie Rice
funktioniert diese ungewöhnliche Beziehung auf Zeit hervorragend und
trotz zahlreicher anrührender Momente weitgehend frei von Kitsch. Daß James, den es eher aufgeregt hat, daß seine
Geliebte ihm kurz vor dem Ende der Welt enthüllt, daß er in einer besseren
Zukunft ein Kind bekäme, nun gegenüber Rose echte väterliche Gefühle entwickelt, ist
natürlich nicht gerade ein Ausbund an Subtilität, aber erneut gilt: Es
funktioniert einfach. Die beiden sind ein ungemein sympathisches Gespann, das
sich aneinander aufrichtet und die Perversitäten dieser
untergehenden Zivilisation gemeinsam etwas besser erträgt als alleine.
Entsprechend ist "These Final Hours" dann
am besten, wenn sich die Geschichte auf James und Rose konzentriert. Wobei, das
stimmt nicht ganz: Richtig stark sind die ersten Minuten des Films, in denen
James in seinem Auto – begleitet von der eindringlichen, sonoren Stimme eines
für seine verbliebenen Hörer tapfer bis zum Schluß ausharrenden Radiosprechers
(David Field, "The Rover") – durch die bereits großteils verlassenen Straßen fährt, auf dem
Weg zur großen Weltuntergangsparty. Die bizarren Szenen, die sich ihm und uns
Zuschauern dabei bieten, erinnern ein wenig an die grandiose Eingangssequenz
von Zack Snyders "Dawn of the Dead"-Remake, nur weniger actionreich.
Leider endet dieser sehr gelungene Auftakt mit einem ersten Schwachpunkt des
Films, denn James' Flucht vor dem Macheten-Mann wird von einem Heavy Metal-Song
untermalt. Wenn man das liest, mag es gar nicht so unpassend erscheinen –
verzweifelte Flucht vor einem Irren, aggressive Metal-Musik, ja doch … kann man
sich vorstellen. Nur daß es hier nicht wirkt. Bilder und Musik harmonieren
einfach nicht miteinander, vielmehr wird man als Zuschauer durch den Song
gnadenlos aus der bis dahin so gekonnt aufgebauten melancholischen Atmosphäre
herausgerissen.
Ähnlich sieht es später aus, als James – mit Rose im
Schlepptau – doch noch die Mega-Party seines Kumpels Freddy (Daniel
Henshall, "Snowtown") erreicht und sich vorübergehend von seinem neuen, verängstigten Schützling trennt,
um mit seiner Freundin Vicky (Kathryn Beck, TV-Serien "Nachbarn" und "Wentworth") rumzumachen. An sich sind
sowohl James' als auch Roses "Solo-Szenen" nicht schlecht gemacht und
erfüllen durchaus einen inhaltlichen Sinn; dennoch wirken sie im Vergleich zum
Rest des Films übertrieben, konstruiert und auch zu sehr in die Länge gezogen.
Letzteres kann sehr wohl der Hauptgrund dafür sein, daß Hilditch diese
Party-Passage überhaupt integriert hat, denn mit 87 Minuten inklusive Abspann
ist "These Final Hours" sowieso schon ziemlich kurz, ohne die Party
wären es vielleicht noch 75 Minuten. So ist es jedenfalls eine echte Befreiung, als es zur Wiedervereinigung von James und Rose kommt und die
beiden sich aufmachen, um in der angesichts des Szenarios geradezu
boshaft idyllisch gefilmten, sonnendurchfluteten australischen Landschaft Roses
Verwandte zu finden. Diese beiden sind schlicht und ergreifend Zentrum und Herz
des Films.
Fazit: "These Final Hours" ist ein
gelungenes australisches Weltuntergangs-Drama, das mit einer pessimistisch-glaubwürdigen Atmosphäre
zwischen Hysterie und Melancholie punktet und einfühlsam
die Geschichte einer Zufallsbegegnung zwischen einem kleinen Mädchen und einem
erwachsenen, nicht sehr verantwortungsvollen Mann erzählt, die sich in
ihren letzten Stunden gegenseitig Halt geben.
Wertung: 7,5 Punkte.
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