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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Freitag, 6. September 2013

MEMORIES OF MURDER (2003)

Originaltitel: Salinui chueok
Regie: Bong Joon-ho, Drehbuch: Kim Kwang-rim und Bong Joon-ho, Musik: Tarô Iwashiro
Darsteller: Song Kang-ho, Kim Sang-kyung, Kim Roe-ha, Song Jae-ho, Byeon Hie-bong, Park No-shik, Ko Seo-hie, Park Hae-il, Choi Jong-ryol, Jeon Mi-seon
Salinui chueok
(2003) on IMDb Rotten Tomatoes: 95% (8,2); Zuschauerzahl in Südkorea: 5,1 Millionen.
FSK: 16, Dauer: 131 Minuten.
Südkoreanische Provinz, 1986 und damit noch zur Zeit der Militärdiktatur (bis 1988): Mehrere Frauen wurden grausam ermordet, stets an Regentagen, immer trugen sie ein rotes Kleid. Die dortigen Polizisten, allen voran Kommissar Park (Song Kang-ho, "The Host"), haben keine Scheu, Beweisstücke zu fälschen und Geständnisse zu erfoltern, wenn sie glauben, den Täter zu haben. Doch als der junge, aber gut ausgebildete Kommissar Seo (Kim Sang-kyung) aus der Hauptstadt Seoul anreist und an dem schwierigen Fall mitarbeitet, werden nicht nur die polizeilichen Ermittlungen professioneller, es kommt auch zu einigen Konflikten zwischen dem distanziert wirkenden Großstädter und den rauhbeinigen heimischen Polizisten ...

Kritik:
Der düstere südkoreanische Thriller "Memories of Murder" ist ein wenig vergleichbar mit David Finchers "Zodiac" – beides Filme über wahre Serienmörder-Fälle, die nie final aufgeklärt werden konnten (in diesem Fall handelt es sich sogar um den historischen ersten Serienmörder im Staat Südkorea), entsprechend darf man auch in beiden Fällen keine klassische Auflösung erwarten. Die Gemeinsamkeiten der beiden Thriller enden an dieser Stelle allerdings schon wieder weitgehend, denn während in "Zodiac" professionelle und akribische Polizeiarbeit im Mittelpunkt steht, wird "Memories of Murder" vor allem in der ersten Hälfte von Dilettantismus und Polizeigewalt dominiert. Im Sinne der koreanischen Bevölkerung kann man nur hoffen, daß Regisseur Bong Joon-ho ("Mother") aus dramaturgischen Gründen übertreibt. Klar, es ist tiefste südkoreanische Provinz und das Jahr 1986, aber die Inkompetenz, die die Polizei nicht nur vereinzelt zur Schau stellt, ist schon bemerkenswert. Zumal selbst Kommissar Seo mitunter ziemlich lang braucht, um Zusammenhänge herzustellen, auf die der krimierfahrene Zuschauer wesentlich schneller kommen kann.

Darunter leidet die erste Filmhälfte etwas, zumal das Erzähltempo eher getragen ist. Die von düsteren und verregneten nächtlichen Straßen dominierte zweite Hälfte, in der zunehmend eine von Kameramann Kim Hyung-ku kongenial bebilderte beklemmende Atmosphäre á la "Sieben" entsteht, ist dafür umso beeindruckender, phasenweise sogar mitreißend. Dabei flicht Bong, der auch maßgeblich am Drehbuch beteiligt war, immer wieder kurze humorige Elemente ein, die die ansonsten ziemlich deprimierende Handlung etwas auflockern – wie die Eigenart des Kommissars Cho, der Verdächtige grundsätzlich erst einmal mit einem eingesprungenen Kung Fu-Tritt niederstreckt! Interessant und dabei sehr glaubwürdig dargestellt ist die Entwicklung der Charaktere, die eine der großen Stärken von "Memories of Murder" ist. Während die Dorfpolizisten, allen voran Kommissar Park, in ihrem Handeln zunehmend souveräner werden, gleitet der Polizist aus Seoul – dessen genaue Motivation dafür, daß er sich wegen dieses Falles eigens hat in die Provinz versetzen lassen, leider nicht näher thematisiert wird – immer stärker in die Gewalttätigkeit ab. Beide Seiten "lernen" also voneinander, wenn auch eher unfreiwillig, und nähern sich in ihrer Art an – dieser schleichende Prozeß ist stark inszeniert und gespielt und weit entfernt von klischeehaften Buddy-Komödien, die ja meist eine ähnliche Gegensatz-Prämisse aufweisen.

Etwas störend, zumindest wenn man westliche Krimis gewöhnt ist, wirkt das Fehlen eines wirklichen Bösewichts oder auch nur eines angemessen bedrohlichen Hauptverdächtigen. Zwar stehen nach und nach zahlreiche Männer im Fokus der polizeilichen Untersuchungen, aber das Böse bekommt lange Zeit kein Gesicht. Wie gesagt, das ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber sicher nicht per se negativ, sondern eher Geschmacksfrage. Man kann schließlich genauso gut argumentieren, daß diese nagende Ungewißheit dazu führt, daß man umso stärker mit den ermittelnden Polizeibeamten mitfiebert. Die Südkoreaner sahen das offensichtlich so, denn dort wurde "Memories of Murder" mit rund 5,1 Millionen Zuschauern zum erfolgreichsten heimischen Film des Jahres 2003.

Fazit: "Memories of Murder" ist ein recht unkonventioneller, aber guter Serienmörder-Thriller mit einer etwas langatmigen ersten Hälfte, auf die aber eine starke zweite folgt, deren Auflösung man nicht so schnell vergißt.

Wertung: 7,5 Punkte.


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