Regie: Vincenzo Natali, Drehbuch: Brian King, Musik: Alex
Khaskin
Darsteller: Abigail Breslin, Peter Outerbridge, Michelle
Nolden, Peter DaCunha, David Hewlett, Stephen McHattie, Sarah Manninen,
Samantha Weinstein, Eleanor Zichy, David Knoll, Martine Campbell
Rotten Tomatoes: 50% (5,1); weltweites Einspielergebnis: $1,5 Mio.FSK: 12; Dauer: 101 Minuten.
Irgendwo in der kanadischen Provinz, Mitte der 1980er
Jahre: Das Leben von Lisa Johnson (Abigail Breslin, "Little Miss Sunshine") ist wahrlich grauenvoll. Am Sonntagmorgen spielt
sie mit ihrem kleinen Bruder das Videospiel "Pac-Man", anschließend
muß sie etwas Hausarbeit verrichten, nach dem Mittagessen übt sie auf der
Klarinette Prokofjews "Peter und der Wolf" und abends steht im
Fernsehen "Mord war ihr Hobby" an. Wie jetzt, das klingt gar nicht so
grauenvoll? Okay, zugegeben, für sich genommen klingt es einfach nur nach
Alltag – ein bißchen langweilig vielleicht, aber weißgott nicht schlimm. Lisas
Problem ist, daß sie diesen langweiligen Sonntag wieder und wieder und wieder
und wieder erlebt! Und ganz besonders fies ist das, da es sich
ausgerechnet um den Tag vor ihrem 16. Geburtstag handelt. Von wegen, "Vorfreude ist die schönste Freude" ... Natürlich hat Lisa
versucht, ihren Eltern die Situation klarzumachen, aber verständlicherweise
reagieren die stets mit Befremden auf die Enthüllung. So gesehen ist Lisa fast
schon erleichtert, als eines Tages die Routine durchbrochen wird: Sie hört
seltsame Geräusche, dann sogar eine leise Stimme, die aus weiter Ferne ihren
Namen zu rufen scheint. Doch noch ehe Lisa der Sache auf den Grund gehen kann,
erhält sie von einem mysteriösen Fremden (Stephen McHattie, "Krieg der Götter") die Warnung, daß es für sie und ihre Familie böse enden werde,
wenn Lisa die Geräusche nicht einfach ignoriert ...
Kritik:
Obwohl der meist in Kanada arbeitende
Vincenzo Natali als Regisseur – inklusive "Haunter" – erst drei
Filme gedreht hat (dazu kommen Tätigkeiten als Autor, Produzent und Storyboard
Artist), hat er sich bei Genrefreunden einen guten Ruf erarbeitet: Der clevere,
klaustrophobische Horrorfilm "Cube" entwickelte sich spätestens mit
der Heimkinoauswertung zu einem kleinen Kulthit, sein erst 12 Jahre später
folgender zweiter Spielfilm "Splice" mit Adrien Brody und Sarah
Polley wurde ebenfalls recht wohlwollend aufgenommen. Nun steht die
Spukgeschichte "Haunter" ins Haus und damit ein weiterer Beitrag aus
dem Horror-/Mystery-Bereich. Meine Reaktion auf "Haunter" ähnelt der auf die beiden Vorgänger: Ich fühlte mich sehr ordentlich
unterhalten, habe ich mich wohlig gegruselt, echte Begeisterung kam jedoch nie
auf.
Geistergeschichten sind in letzter Zeit ja wieder richtig
"in": "Insidious", "Die Frau in Schwarz" und
"Conjuring – Die Heimsuchung" waren in den Jahren 2012 und 2013 allesamt Hits, die auch
qualitativ zu überzeugen wußten, dazu gesellten sich zahlreiche Nachahmer.
"Haunter" reiht sich da paßgenau ein und enthüllt
stilistische Parallelen auch zu weiteren Werken wie "Silent Hill",
"The Others" und ganz besonders offensichtlich Harold Ramis'
Komödienklassiker "... und täglich grüßt das Murmeltier" mit Bill
Murray. Dennoch haben Vincenzo Natali und Drehbuch-Autor Brian King keinen
reinen Abklatsch alter Geistergeschichten geschaffen – was bei kompetenter
Umsetzung sehr wohl großen Spaß machen kann, wie "Conjuring" bewies
–, stattdessen gelingt es ihnen lobenswerterweise tatsächlich, aus den einzelnen
Versatzstücken eine interessante, sogar halbwegs innovative und damit nie
gänzlich vorhersehbare Handlung zu konstruieren. Gegen Ende wirkt zwar manche
Entwicklung etwas gezwungen, dennoch geht einem die schaurig-schöne Story durchaus zu Herzen.
Dabei ist Natali die inhaltliche Nähe zu anderen Filmen sehr
wohl bewußt, weshalb er zwar unvermeidliche Szenen wie buchstäblich wie von Geisterhand
zuschlagende Türen oder die Benutzung eines Ouija-Bretts zur Kommunikation mit den Toten einbaut, dies aber
ziemlich schnell abhandelt, um sich anschließend dem widmen zu können, das ihn
wirklich interessiert: die traurige Handlung und ihre Protagonisten. Auch die
Parallelen zu "... und täglich grüßt das Murmeltier" will der Regisseur
möglichst gering halten, was angesichts der Prämisse keine einfache Aufgabe ist. Natali löst sie, indem er das Vorspiel sehr kurz hält und sich nicht
großartig damit aufhält zu zeigen, was Lisa in all ihren Wiederholungen dieses
einen Tages gemacht hat. Stattdessen präsentiert "Haunter" einen Durchlauf
und bereits beim zweiten beginnen die unheimlichen Geschehnisse. Dieses
Vorgehen ist allerdings so ein bißchen eine zweischneidige Angelegenheit:
Einerseits kann man "Haunter" auf diese Weise sicherlich nicht vorwerfen, ein
dreistes Plagiat von Ramis' Film zu sein – andererseits wirkt Lisas Verhalten
nicht ganz glaubwürdig. Man fragt sich einfach die ganze Zeit über, warum sie
nicht einmal dies versucht oder jenes; oder auch, warum sich ihr
Klarinettenspiel allem Üben zum Trotz nicht zu verbessern scheint. Dadurch wird
man immer wieder etwas aus der Handlung herausgerissen, zumal Natalis betont
getragene Erzählweise mit etwas zu vielen inhaltlichen Wiederholungen dem
Zuschauer reichlich Zeit zum Nachdenken läßt. Durch eine ausführlichere
Einleitung hätte sich das vermeiden lassen.
Zum Glück sorgt neben der stimmungsvollen Atmosphäre auch die gelungene Besetzung dafür, daß
man sich nicht allzu sehr über dieses Manko grämt. Der mittlerweile
17-jährigen Abigail Breslin scheint der schwierige Übergang vom niedlichen
Kinderstar, der sie 2006 in "Little Miss Sunshine" war, zur vollwertigen
Schauspielerin recht problemlos zu gelingen, "Haunter" trägt sie als
Hauptdarstellerin jedenfalls mit einer vielleicht nicht überragenden, aber sehr
soliden Leistung. Die Nebendarsteller spielen klar die zweite Geige, machen
ihre Sache aber ebenfalls gut, allen voran Peter Outerbridge ("Silent Hill: Revelation") und Michelle Nolden ("Die Frau des
Zeitreisenden") als Lisas Eltern sowie Stephen McHattie, der wieder einmal
einen wunderbaren Fiesling spielt und dabei (in der Originalversion) seine bedrohlich knarzende Stimme perfekt zur Geltung bringt.
Fazit: "Haunter" ist eine stimmige,
aber etwas zu gemächlich erzählte Geistergeschichte, die weniger mit
Schockeffekten als mit einer gruseligen Atmosphäre und einer gefühlvollen, relativ
innovativen Story punktet.
Wertung: 7 Punkte.
Wertung: 7 Punkte.
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