Originaltitel: Los amantes pasajeros; Englischsprachiger Titel: I'm So Excited!
Regie und Drehbuch: Pedro Almodóvar, Musik: Alberto Iglesias
Darsteller: Javier Cámara, Carlos Areces, Raúl Arévalo,
Antonio de la Torre, Lola Dueñas, Hugo Silva, José Luis Torrijo, José María
Yazpik, Guillermo Toledo, Cecilia Roth, Miguel Á. Silvestre, Carmen Machi, Blanca Suárez, Susi Sánchez, Paz Vega, Penélope Cruz, Antonio Banderas
FSK: 16, Dauer: 91 Minuten.
Ein Interkontinentalflug von Spanien nach Mexiko fliegt
Endlosschleifen über dem spanischen Toledo, da beim Start die Bremsklappe eines
Fahrwerks nicht wie vorgesehen geöffnet wurde. Eine Notlandung ist daher
unvermeidlich, dummerweise findet sich auf die Schnelle aber keine freie Landebahn.
Um das Ausbrechen einer Panik zu vermeiden, betäubt das Flugpersonal kurzerhand
die gesamte Economy Class, während das gute halbe Dutzend Passagiere der
Business Class zunächst einfach unwissend belassen wird. Doch die bunte Gruppe
– darunter ein jungfräuliches Medium (Lola Dueñas, "Das Meer in mir"), eine Edeldomina, ein
bekannter Schauspieler, ein mysteriöser Mexikaner, ein Geschäftsmann auf der
Flucht vor der Justiz und ein frisch verheiratetes Ehepaar auf Hochzeitsreise –
kommt schließlich hinter die Täuschung, nicht zuletzt deshalb, weil die drei
unfaßbar schwulen Flugbegleiter stark nach Tequila riechen. Um die Passagiere zu beruhigen, werden sie ebenfalls mit reichlich Alkohol
versorgt und sogar unter Drogen gesetzt, die schnell dafür sorgen, daß alle
Hemmungen fallen ...
Kritik:
In den 1980er Jahren wurde der exzentrische spanische
Regisseur Pedro Almodóvar durch eine Reihe intelligenter, aber hysterisch
übertriebener Komödien mit so bezeichnenden Titeln wie "Frauen am Rande
des Nervenzusammenbruchs" oder "Das Kloster zum heiligen
Wahnsinn" international bekannt. Die Mischung aus schriller Komik und
einfühlsamer Figurenzeichnung brachte dem von Beginn an offen
schwulen Regisseur nicht nur in der homosexuellen Szene früh Kultstatus ein.
Das nutzte er weidlich aus und wandte sich ab den 1990er Jahren deutlich
ernsteren und anspruchsvolleren Filmen wie "Feßle mich!" oder
"Alles über meine Mutter" zu, ohne dabei seinen ganz eigenen Stil zu
verlieren. Die besten Schauspieler Spaniens standen bei Almodóvar Schlange und
mit seinem Meisterwerk "Sprich mit ihr" kam er 2003 sogar zu
hochverdienten OSCAR-Ehren. Nachdem er in den letzten Jahren teils recht
düstere Filme wie "Die Haut, in der ich wohne" oder "La mala
educación" inszeniert hat, wagt Almodóvar mit "Fliegende
Liebende" nun die Rückkehr zu seinen schrill-frivolen Anfängen.
Unglücklicherweise jedoch, ohne deren Qualität zu erreichen.
"Fliegende Liebende" hat eigentlich genau die
richtigen Zutaten für eine Almodóvar-Komödie: Eine witzig-absurde Prämisse, ein
kunterbuntes, extrem schräges Figurenensemble und eine engagiert aufspielende
Top-Besetzung. Im Trailer sah das auch noch sehr vielversprechend aus. Als
kompletter Film funktioniert es leider nicht so richtig. Hauptgrund dafür ist,
daß Almodóvars Drehbuch ungewohnte Schwächen aufweist – und zwar sowohl beim
Humor als auch bei der Figurenzeichnung. Die hysterischen, wie gewohnt sexuell
aufgeladenen und mitunter ziemlich derben Dialoge verleiten die meiste Zeit
über höchstens zum Schmunzeln; zu sehr erinnern sie an müde Kopien der
schwungvollen, intelligenten Wortgefechte aus Frühwerken Almodóvars wie
"Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs".
Dies ist umso ungünstiger, als die Charaktere allesamt viel
zu oberflächlich skizziert sind, um echtes Interesse wecken zu können.
Natürlich, die klischeehaft überzeichneten stockschwulen Stewards sind amüsant
anzuschauen, aber es gelingt ihnen mangels Tiefe nicht, die Empathie des Publikums zu
wecken. Gleiches gilt eigentlich für alle anderen Figuren in dieser Komödie. Selbstverständlich
ist es schwierig, in einem eineinhalbstündigen Film mit einem großen, relativ
gleichberechtigt eingesetzten Ensemble glaubhafte oder gar erinnerungswürdige Charaktere zu erschaffen –
aber Almodóvar hat ja schon öfters bewiesen, daß er das kann. Hier beschränkt
sich die Demonstration seines Könnens auf wenige Highlights wie die
grandiose Musical-Einlage der drei Flugbegleiter mit dem Song "I'm so
excited" von den Pointer Sisters, mit der die Passagiere von der
bedrohlichen Situation abgelenkt werden sollen. Auch die Geschichte des leicht abgehalfterten Schauspielers Ricardo (Guillermo Toledo, "Ein ferpektes Verbrechen"), der eigentlich seine depressive
Ex-Freundin Alba (Paz Vega, "Spanglish") anrufen will, aber, nachdem diese das Handy versehentlich
von einer Brücke fallen läßt, letztlich ausgerechnet bei deren
Vorgängerin Ruth (Blanca Suárez, "Die Haut, in der ich wohne") landet, weckt vorüber-gehend etwas mehr Interesse. Aber
Almodóvar gelingt es nicht, die wenigen Stärken seines Drehbuchs so gut
herauszuarbeiten, daß sie nachhaltig über das ansonsten vorherrschende
Mittelmaß hinausragen könnten.
Immerhin weiß die verspielte Musik von Alberto Iglesias zu gefallen, außerdem muß man den Schauspielern zugutehalten, daß sie
wirklich das Beste aus ihren klischeebehafteten Figuren herausholen. Vor allem Javier
Cámara (Hauptdarsteller von "Sprich mit ihr"), Carlos Areces
("Game of Werewolves") und Raúl Arévalo ("Dunkelblaufastschwarz")
geben in den Rollen der schambefreiten Flugbegleiter alles. Die dereinst von
Almodóvar bekannt gemachten Antonio Banderas ("Haywire") und Penélope Cruz ("To Rome with Love") sind übrigens
auch mit von der Partie, aber von der Werbung mit ihnen für den Film sollte
sich niemand verleiten lassen: Beide absolvieren lediglich einen Kurzauftritt
ganz zu Beginn.
Fazit: "Fliegende Liebende" ist eine
derb-frivole Komödie, die abgesehen von einer herrlichen Musicaleinlage trotz
Topbesetzung in beliebiger Mittelmäßigkeit erstickt.
Wertung: 5,5 Punkte.
Wertung: 5,5 Punkte.
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